Denkbrühe (I): Safranski - Zwischentöne im Deutschlandfunk - : O Gott! was ich gerochen!
Gestern hörte ich mal wieder - was zuweilen lohnend ist - die Zwischentöne imDeutschlandfunk:
Der Schriftsteller Rüdiger Safranski im Gespräch mit Joachim Scholl
[Sonntag, 22. November 2015 13:30 - Hören bis: 30.05.2016 14:30 -> Direkter Link zur Audiodatei] In der Ankündigung heißt es:
Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski. Er ist geistreich und gehört zu den klügsten Köpfen in Deutschland: der Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Rüdiger Safranski. Geboren 1945, hat er sich mit zahlreichen Büchern über Geistesgrößen ersten Ranges profiliert, von Nietzsche über Heidegger bis zu Goethe.
Da hatte ich schon meine Zweifel, aber ich fand den Gedanken, an dem er sich gerade abmühte, als ich einschaltete, recht interessant. Es ging da um Gleichzeitigkeit (sein gerade erschienenes Buch trägt den Titel Zeit, was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen) und zwar am Ende des 18. Jahrhunderts, als die Erfahrung von Gleichzeitigkeit noch auf den unmittelbaren Sinneskreis beschränkt und die zwischen raumentfernten Punkten noch nicht möglich war. Dort war das Feld der Verspätung. Was wir heute Globalisierung nennen, so Safranski, war abstrakt.
Nun ja, dachte ich, vielleicht etwas holzschnittartig gedacht und verquast formuliert, - ist aber wohl was dran.
Dann kommt Schiller ins Spiel: Wenn Schiller sagt Seid umschlungen, Millionen, dann war das ein erhabener Gedanke. Heute in der Zeit der wirklichen Globalisierung nähmen wir Millionen/Milliarden und ihre Schicksale in Echtzeit wahr.
Was will uns der Schriftsteller-Philosoph damit sagen? Dass der erhabene Gedanke - immerhin via Beethoven Teil des Textes der Hymne der Europäischen Union - sich vor der Wirklichkeit der Globalisierung als naiv blamiert, weil auf fehlender Konkretion der Wahrnehmug raumentfernter Punkte beruhend? Ich mache mal den Versuch einer Übersetzung: Wenn der Schiller, hätte es schon Telekommunikation gegeben, gewusst hätte, mit wem er sich da konkret verbrüdert, hätte er das wohl gelassen! Alle Menschen werden Brüder?
Eine solche und die folgenden Schlussfolgerungen aus dem unvollständigen - das immerhin mag man ihm nachsehen bei einem Live-Gepräch - Gedankengang drängen sich auf, fügt man seine Sonntagsrede hier zusammen mit Äußerungen, die Matthias Matussek zitiert (in einem Artikel in der WELT vom 28.09.15 -als der da noch nicht rausgeflogen war und in dem er davon berichtet, wie er Safranski angeblich beim Denken zugesehen hat):
Die jetzigen Flüchtlingsströme (!) sind einerseits Folge dieser entsetzlichen Geschichten da im Nahen Osten ... aber auch mit initiiert durch die Bilder, also d.h. wir erscheinen den Menschen dort ja durch die Bilder, die medial erzeugt werden. Die finden sich ja schon halb zuhause hier, das ist wie ein Paradies gegenwärtig. Das ist Gleichzeitigkeit und so entstehen Wanderungsbewegungen, das was wir Völkerwanderungen nennen. Das wäre so nicht möglich, wenn es nicht diese kommunikative Anwesenheit derer in der Ferne hier und wir hier in der Ferne. (ziemlich wörtlich, vgl. hier ab ca 0:34:00) ... Eine Verbindung, die jetzt auch physische Formen annimmt.
Man muss das nachhören und auch geschrieben sehen; - beim ersten Anhören kann man nur mal stutzen, aber keinem schrägen Gedanken genauer auf die Spur kommen:
Von Finessen des Denkens, die ihm das Feuilleton der FAZ zum 70sten andichtete, ist hier nichts zu bemerken:
Das ist Arschdenk, billiges Zitat aller gängigen Denkmuster - um nicht zu sagen: Stammtisch - , hochgejazzt mit Anspielungen auf mehr oder weniger aktuelle, aber nicht begriffene Diskurse und einige eigentlich unverständliche - der neue Bildungsbürger mag es für Philosophie halten - Wortspiele à la kommunikative Anwesenheit derer in der Ferne hier und wir hier in der Ferne:
= Phrasenauswurf und Wortkotze, syntaktisch hemmungslos und mit schwach verankerten Sinngeländern.
Micha Brumlik hat im Übrigen schon in seiner Rezension zu Safranskis Das Böse oder das Drama der Freiheit (in der ZEIT vom 19. September 1997) all die Schludrigkeiten, Denkfehler und Anmaßungen nachgewiesen, die sich - offensichtlich - auch heute noch in Safranskis Auswurf finden.
Bleibt nur noch die Frage, wie einer, der eigentlich eine typische Karriere eines ehemaligen Gründungsmitglieds der Kommunistischen Partei Deutschlands/Aufbauorganisation (KPD/AO) hingelegt hat - wissenschaftlicher Assistent, Promotion mit Studien zur Entwicklung der Arbeiterliteratur in der Bundesrepublik, Mitherausgeber und Redakteur, Dozent in der Erwachsenenbildung ... - es schaffen konnte, zu einem der Meisterdenker der neuen Republik zu werden. Das sagt vermutlich mehr über diese Republik aus als über ihn selbst.
Er ist geistreich und gehört zu den klügsten Köpfen in Deutschland ???? - Fuck me running!
Man könnte ja sogar dem einen oder anderen Gedanken folgen - wenn er z.B. auf Heine sich bezieht -, aber auch dieser potentiell kluge Gedanke versinkt in der Denkbrühe von Safranski & Matussek
Abgesehen davon, dass man nicht genau weiß, was des Autors und was des Zitierten Position ist (aber das ist bei Safranskis Texten genauso!) : Ein Assimilations-Kurzschluss, Heinrich Heine schwer missbraucht als Portalfigur (??) deutscher Leitkultur , die Angst des ehemaigen Maoisten wie des ehemaligen Jesuisten vor der negativen Dialektik und die wirre Verbindung mit dem Islamismus, - so widerlich-blöde wie Matusseks Smiley . Wie ich schon häufiger feststellen musste:
Heinrich Heine zur Denkbrühe von Safranski & Matussek:
Das ist ein Zauberkessel, worin
Die magischen Kräfte brauen,
Und steckst du in die Ründung den Kopf,
So wirst du die Zukunft schauen –
Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier,
Gleich wogenden Phantasmen,
Doch schaudre nicht, wenn aus dem Wust
Aufsteigen die Miasmen!«
Sie sprach's und lachte sonderbar,
Ich aber ließ mich nicht schrecken,
Neugierig eilte ich, den Kopf
In die furchtbare Ründung zu stecken.
Was ich gesehn, verrate ich nicht,
Ich habe zu schweigen versprochen,
Erlaubt ist mir zu sagen kaum,
O Gott! was ich gerochen! – – –
Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen - Kapitel 27
Der Schriftsteller Rüdiger Safranski im Gespräch mit Joachim Scholl
[Sonntag, 22. November 2015 13:30 - Hören bis: 30.05.2016 14:30 -> Direkter Link zur Audiodatei] In der Ankündigung heißt es:
Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski. Er ist geistreich und gehört zu den klügsten Köpfen in Deutschland: der Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Rüdiger Safranski. Geboren 1945, hat er sich mit zahlreichen Büchern über Geistesgrößen ersten Ranges profiliert, von Nietzsche über Heidegger bis zu Goethe.
Da hatte ich schon meine Zweifel, aber ich fand den Gedanken, an dem er sich gerade abmühte, als ich einschaltete, recht interessant. Es ging da um Gleichzeitigkeit (sein gerade erschienenes Buch trägt den Titel Zeit, was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen) und zwar am Ende des 18. Jahrhunderts, als die Erfahrung von Gleichzeitigkeit noch auf den unmittelbaren Sinneskreis beschränkt und die zwischen raumentfernten Punkten noch nicht möglich war. Dort war das Feld der Verspätung. Was wir heute Globalisierung nennen, so Safranski, war abstrakt.
Nun ja, dachte ich, vielleicht etwas holzschnittartig gedacht und verquast formuliert, - ist aber wohl was dran.
Dann kommt Schiller ins Spiel: Wenn Schiller sagt Seid umschlungen, Millionen, dann war das ein erhabener Gedanke. Heute in der Zeit der wirklichen Globalisierung nähmen wir Millionen/Milliarden und ihre Schicksale in Echtzeit wahr.
Was will uns der Schriftsteller-Philosoph damit sagen? Dass der erhabene Gedanke - immerhin via Beethoven Teil des Textes der Hymne der Europäischen Union - sich vor der Wirklichkeit der Globalisierung als naiv blamiert, weil auf fehlender Konkretion der Wahrnehmug raumentfernter Punkte beruhend? Ich mache mal den Versuch einer Übersetzung: Wenn der Schiller, hätte es schon Telekommunikation gegeben, gewusst hätte, mit wem er sich da konkret verbrüdert, hätte er das wohl gelassen! Alle Menschen werden Brüder?
Eine solche und die folgenden Schlussfolgerungen aus dem unvollständigen - das immerhin mag man ihm nachsehen bei einem Live-Gepräch - Gedankengang drängen sich auf, fügt man seine Sonntagsrede hier zusammen mit Äußerungen, die Matthias Matussek zitiert (in einem Artikel in der WELT vom 28.09.15 -als der da noch nicht rausgeflogen war und in dem er davon berichtet, wie er Safranski angeblich beim Denken zugesehen hat):
- "Gemessen an unserem ökonomischen und vor allem demokratischen Lebensstandard wäre weit über die Hälfte der Weltbevölkerung bei uns asylberechtigt. Man wird also das Thema Asyl neu durchdenken müssen."
Die jetzigen Flüchtlingsströme (!) sind einerseits Folge dieser entsetzlichen Geschichten da im Nahen Osten ... aber auch mit initiiert durch die Bilder, also d.h. wir erscheinen den Menschen dort ja durch die Bilder, die medial erzeugt werden. Die finden sich ja schon halb zuhause hier, das ist wie ein Paradies gegenwärtig. Das ist Gleichzeitigkeit und so entstehen Wanderungsbewegungen, das was wir Völkerwanderungen nennen. Das wäre so nicht möglich, wenn es nicht diese kommunikative Anwesenheit derer in der Ferne hier und wir hier in der Ferne. (ziemlich wörtlich, vgl. hier ab ca 0:34:00) ... Eine Verbindung, die jetzt auch physische Formen annimmt.
Man muss das nachhören und auch geschrieben sehen; - beim ersten Anhören kann man nur mal stutzen, aber keinem schrägen Gedanken genauer auf die Spur kommen:
Von Finessen des Denkens, die ihm das Feuilleton der FAZ zum 70sten andichtete, ist hier nichts zu bemerken:
Das ist Arschdenk, billiges Zitat aller gängigen Denkmuster - um nicht zu sagen: Stammtisch - , hochgejazzt mit Anspielungen auf mehr oder weniger aktuelle, aber nicht begriffene Diskurse und einige eigentlich unverständliche - der neue Bildungsbürger mag es für Philosophie halten - Wortspiele à la kommunikative Anwesenheit derer in der Ferne hier und wir hier in der Ferne:
= Phrasenauswurf und Wortkotze, syntaktisch hemmungslos und mit schwach verankerten Sinngeländern.
Micha Brumlik hat im Übrigen schon in seiner Rezension zu Safranskis Das Böse oder das Drama der Freiheit (in der ZEIT vom 19. September 1997) all die Schludrigkeiten, Denkfehler und Anmaßungen nachgewiesen, die sich - offensichtlich - auch heute noch in Safranskis Auswurf finden.
Bleibt nur noch die Frage, wie einer, der eigentlich eine typische Karriere eines ehemaligen Gründungsmitglieds der Kommunistischen Partei Deutschlands/Aufbauorganisation (KPD/AO) hingelegt hat - wissenschaftlicher Assistent, Promotion mit Studien zur Entwicklung der Arbeiterliteratur in der Bundesrepublik, Mitherausgeber und Redakteur, Dozent in der Erwachsenenbildung ... - es schaffen konnte, zu einem der Meisterdenker der neuen Republik zu werden. Das sagt vermutlich mehr über diese Republik aus als über ihn selbst.
Er ist geistreich und gehört zu den klügsten Köpfen in Deutschland ???? - Fuck me running!
Man könnte ja sogar dem einen oder anderen Gedanken folgen - wenn er z.B. auf Heine sich bezieht -, aber auch dieser potentiell kluge Gedanke versinkt in der Denkbrühe von Safranski & Matussek
Abgesehen davon, dass man nicht genau weiß, was des Autors und was des Zitierten Position ist (aber das ist bei Safranskis Texten genauso!) : Ein Assimilations-Kurzschluss, Heinrich Heine schwer missbraucht als Portalfigur (??) deutscher Leitkultur , die Angst des ehemaigen Maoisten wie des ehemaligen Jesuisten vor der negativen Dialektik und die wirre Verbindung mit dem Islamismus, - so widerlich-blöde wie Matusseks Smiley . Wie ich schon häufiger feststellen musste:
Denkbrühe, Phrasenauswurf und Wortkotze, syntaktisch hemmungslos und mit schwach verankerten Sinngeländern
Heinrich Heine zur Denkbrühe von Safranski & Matussek:
Das ist ein Zauberkessel, worin
Die magischen Kräfte brauen,
Und steckst du in die Ründung den Kopf,
So wirst du die Zukunft schauen –
Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier,
Gleich wogenden Phantasmen,
Doch schaudre nicht, wenn aus dem Wust
Aufsteigen die Miasmen!«
Sie sprach's und lachte sonderbar,
Ich aber ließ mich nicht schrecken,
Neugierig eilte ich, den Kopf
In die furchtbare Ründung zu stecken.
Was ich gesehn, verrate ich nicht,
Ich habe zu schweigen versprochen,
Erlaubt ist mir zu sagen kaum,
O Gott! was ich gerochen! – – –
Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen - Kapitel 27
gebattmer - 2015/11/23 19:55
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