Archäologie (DXX): Die beiden Grenadiere (Heine/Schumann)
Ich darf morgen einer Unterrichtsstunde beiwohnen, in der es um Schumanns Verarbeitung der Marseillaise in seiner Vertonung von Heines Gedicht Die Grenadiere geht.
Nun weiß man, dass beide - Heine und Schumann - Napoleon-Bewunderer waren und dass Schumann auch die Marseillaise sehr schätzte, beide aber damit umgehen mussten, dass - verkürzt gesagt - die Idee einer Befreiung Europas im Geiste der Französischen Revolution mit dem Russlandfeldzug 1812 gescheitert war. Wie also wird das in Text und Musik verarbeitet?
Heine:
Was schert mich Weib, was schert mich Kind?
Ich trage weit bess’res Verlangen;
Lass sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind, –
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!
Gewähr’ mir, Bruder, eine Bitt’:
Wenn ich jetzt sterben werde,
So nimm meine Leiche nach Frankreich mit,
Begrab’ mich in Frankreichs Erde.
Das Ehrenkreuz am rothen Band
Sollst du aufs Herz mir legen;
Die Flinte gib mir in die Hand,
Und gürt’ mir um den Degen.
So will ich liegen und horchen still
Wie eine Schildwacht, im Grabe,
Bis einst ich höre Kanonengebrüll
Und wiehernder Rosse Getrabe.
Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab,
Viel Schwerter klirren und blitzen;
Dann steig’ ich gewaffnet hervor aus dem Grab, –
Den Kaiser, den Kaiser zu schützen.
Was ist das? Nur Selbstaufgabe des Soldaten? Unterwerfung? Oder doch so etwas wie Verheißung, dass die Idee der Befreitung weiter wirken kann?
Schumann thematisiert das mit seinem Zitat der Marseillaise zu diesen letzen Versen, vor allem aber mit dem Klaviernachspiel, - durch gebundene, halbtaktige Akkorde und verminderte Klänge in tiefer Lage, mit denen das Stück in verringertem Tempo verlischt.
Großartig, wie dieser musikalische Kommentar den begründeten und begründbaren Heroismus bricht.
Dieses Brechen wird (ich weiß nicht viel von dieser Art von Musik) sinnfällig in der Interpretation von Samuel Hasselhorn.
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Achten Sie hier mal ab 2'20 ff. auf das Zitat der Marseillaise und des Sängers Mimik, wenn das Kaviernachspiel einsetzt!
Begegnet sind sich Heine und Schumann nur ein einziges Mal, 1828 in München. Da war Schumann gerade 17 Jahre alt und, im Gegensatz zu Heine, noch nicht berühmt. Sie sprachen nicht nur über Kunst, sondern auch über Politik, zum Beispiel über Napoleon, von dem Schumann anschließend notiert, dass er begonnen habe, "unsern europäischen Augiasstall von dem obskuranten Pfaffen und Papstthum zu reinigen". (Von bösen Liedern - Der Tagesspiegel vom 23.07.2006)
Jimi Hendrix haben die beiden nie getroffen. Hätten sich aber wohl was zu sagen gehabt: Star Spangled Banner at Woodstock
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Jimi Hendrix: The Star Spangled Banner (1969) - Arsch-Gitarristen wie Slash oder James Hetfield and Kirk Hammett of Metallica nehmen in ihren Banners die Spannung von protest and patriotism, die Hendrix' Spiel auszeichnet, zurück.
Und vgl. auch GBlog: No More Pomp and Circumstance und Torturing James Hetfield!
Arbeitsauftrag:
Nun weiß man, dass beide - Heine und Schumann - Napoleon-Bewunderer waren und dass Schumann auch die Marseillaise sehr schätzte, beide aber damit umgehen mussten, dass - verkürzt gesagt - die Idee einer Befreiung Europas im Geiste der Französischen Revolution mit dem Russlandfeldzug 1812 gescheitert war. Wie also wird das in Text und Musik verarbeitet?
Heine:
Was schert mich Weib, was schert mich Kind?
Ich trage weit bess’res Verlangen;
Lass sie betteln gehn, wenn sie hungrig sind, –
Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen!
Gewähr’ mir, Bruder, eine Bitt’:
Wenn ich jetzt sterben werde,
So nimm meine Leiche nach Frankreich mit,
Begrab’ mich in Frankreichs Erde.
Das Ehrenkreuz am rothen Band
Sollst du aufs Herz mir legen;
Die Flinte gib mir in die Hand,
Und gürt’ mir um den Degen.
So will ich liegen und horchen still
Wie eine Schildwacht, im Grabe,
Bis einst ich höre Kanonengebrüll
Und wiehernder Rosse Getrabe.
Dann reitet mein Kaiser wohl über mein Grab,
Viel Schwerter klirren und blitzen;
Dann steig’ ich gewaffnet hervor aus dem Grab, –
Den Kaiser, den Kaiser zu schützen.
Was ist das? Nur Selbstaufgabe des Soldaten? Unterwerfung? Oder doch so etwas wie Verheißung, dass die Idee der Befreitung weiter wirken kann?
Schumann thematisiert das mit seinem Zitat der Marseillaise zu diesen letzen Versen, vor allem aber mit dem Klaviernachspiel, - durch gebundene, halbtaktige Akkorde und verminderte Klänge in tiefer Lage, mit denen das Stück in verringertem Tempo verlischt.
Großartig, wie dieser musikalische Kommentar den begründeten und begründbaren Heroismus bricht.
Dieses Brechen wird (ich weiß nicht viel von dieser Art von Musik) sinnfällig in der Interpretation von Samuel Hasselhorn.
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Achten Sie hier mal ab 2'20 ff. auf das Zitat der Marseillaise und des Sängers Mimik, wenn das Kaviernachspiel einsetzt!
Begegnet sind sich Heine und Schumann nur ein einziges Mal, 1828 in München. Da war Schumann gerade 17 Jahre alt und, im Gegensatz zu Heine, noch nicht berühmt. Sie sprachen nicht nur über Kunst, sondern auch über Politik, zum Beispiel über Napoleon, von dem Schumann anschließend notiert, dass er begonnen habe, "unsern europäischen Augiasstall von dem obskuranten Pfaffen und Papstthum zu reinigen". (Von bösen Liedern - Der Tagesspiegel vom 23.07.2006)
Jimi Hendrix haben die beiden nie getroffen. Hätten sich aber wohl was zu sagen gehabt: Star Spangled Banner at Woodstock
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Jimi Hendrix: The Star Spangled Banner (1969) - Arsch-Gitarristen wie Slash oder James Hetfield and Kirk Hammett of Metallica nehmen in ihren Banners die Spannung von protest and patriotism, die Hendrix' Spiel auszeichnet, zurück.
Und vgl. auch GBlog: No More Pomp and Circumstance und Torturing James Hetfield!
Arbeitsauftrag:
Gestalten Sie eine Szene, in der Heinrich Heine, Jimi Hendrix und Robert Schumann das Thema Nationalhymnen und ihre Verarbeitung in eigenen Werken diskutieren.
Binnendifferenzierung - erhöhtes Anforderungsniveau -: Begrüßen Sie James Hetfield in der Runde!
gebattmer - 2016/05/12 19:13
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