Lynchmord kommt nach 50 Jahren vor Gericht - Ihr Urteil / Eine überzeugende Begründung, warum Bob Dylan der Literatur-Nobelpreis zusteht
- der Preis für »antikommunistischen Realismuskitsch« (»konkret«) - fand ich heute Hinter den Schlagzeilen.
Andererseits ist es im Grunde nie falsch, Bob Dylan einen Preis zu verleihen, und dafür, was er in den 1960ern gemacht hat, auch sicherlich wohlverdient.
Dylans durchaus auch literarisch zu nennende Größe soll anhand der Ballade »The Death of Emmet Till« kurz angerissen werden. Emmet Till war ein afro-amerikanischer Teenager aus Chicago, der, wie es William Faulkner ausdrückte, den tödlichen Fehler beging, keine Angst vor den Weißen in den Südstaaten zu zeigen, was diese nicht dulden konnten. Im festen Glauben daran, dass alle Menschen von Gott gleich geschaffen waren und keiner den anderen zu fürchten brauchte, wurde er von den Rassisten Roy Bryant und J. W. Milam zu Tode gefoltert. Dylan errichtete Till ein eindrucksvolles Denkmal. Es ist realistisch, es mag ein wenig kitschig sein, aber es zeigt, welche Wucht in dieser Kunstgattung steckt und in welche Höhen sie von Dylan getrieben wurde. Der Sänger vereint mit der Beschreibung der Passion des Opfers tiefe Anteilnahme mit wütender Anklage. Sein Werk verbindet die Hörerinnen und Hörer dadurch zugleich mit einem lediglich erzählten Geschehen, das seine Tragik gerade darin hat, dass die Stimme, die verzweifelten Schreie Emmet Tills, ungehört blieben.
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The Legacy of Emmett Till 60 Years Later (Heretic, Rebel, a Thing to Flout, August 28, 2015)
Der Junge hatte etwas getan, was man nicht tun durfte. Zumindest nicht als Schwarzer: Er hatte einer weißen Frau hinterhergepfiffen. Der Junge wurde gelyncht. Seine Mörder wurden freigesprochen. Doch jetzt rollen FBI und Staatsanwälte das Verbrechen an Emmett Till wieder auf. (Roman Heflik, SPON 13.05.2004)
Ich bin nicht sicher, ob nicht Roy Bryant und J. W. Milam wieder freigesprochen würden ...
Zugabe: Bob Dylan - Press Conference 1965
On writing . . . . . and more besides . . . . . .the legendary press conference in San Francisco 1965 - how Bobby ever decided to let this go on for an hour is amazing and later on he would not be so accommodating it seems to me . . . . . . . .as per usual parts are very very funny as to how out of sync such journalists are but also parts are very frank and compelling and deeply interesting . . . .
- [Der Preis, den immer die Falschen bekommen, sagt natürlich wenig über literarische Größe, sondern mehr über den politischen Formwillen der skandinavischen Sozialdemokratie. Diese will zwanghaft nett sein, fürchtet sich aber vor tiefgreifendem Wandel. Die Weltsicht, derer sich mit den Nobelpreisen versichert werden soll, predigt: Was wir (in der »westlichen Welt«) haben, ist so schlecht nicht, deswegen sollten wir es nicht gefährden oder gefährden lassen. Folglich gingen die Ehrungen der letzten Jahre immer an Persönlichkeiten, die sich an einem – aus Sicht der Sozialdemokratie Skandinaviens – richtigen Kampf verschrieben haben. Literarische Fähigkeiten waren hier erkennbar zweitrangig. Dieser Kampf fürs Gute ist einer in Maßen. Unterdrückung, Diskriminierung und Unrecht darf scharf angeprangert werden, insofern es als systemfremd klassifiziert werden kann. Die Frage aber, ob Fortschritt, Industrialisierung, Kapitalismus und dergleichen nicht längst schon einen Weg eingeschlagen haben, der kein Morgen mehr kennt, interessiert die Verwalter des Vermögens eines Sprengstofferfinders nicht.]
Andererseits ist es im Grunde nie falsch, Bob Dylan einen Preis zu verleihen, und dafür, was er in den 1960ern gemacht hat, auch sicherlich wohlverdient.
Dylans durchaus auch literarisch zu nennende Größe soll anhand der Ballade »The Death of Emmet Till« kurz angerissen werden. Emmet Till war ein afro-amerikanischer Teenager aus Chicago, der, wie es William Faulkner ausdrückte, den tödlichen Fehler beging, keine Angst vor den Weißen in den Südstaaten zu zeigen, was diese nicht dulden konnten. Im festen Glauben daran, dass alle Menschen von Gott gleich geschaffen waren und keiner den anderen zu fürchten brauchte, wurde er von den Rassisten Roy Bryant und J. W. Milam zu Tode gefoltert. Dylan errichtete Till ein eindrucksvolles Denkmal. Es ist realistisch, es mag ein wenig kitschig sein, aber es zeigt, welche Wucht in dieser Kunstgattung steckt und in welche Höhen sie von Dylan getrieben wurde. Der Sänger vereint mit der Beschreibung der Passion des Opfers tiefe Anteilnahme mit wütender Anklage. Sein Werk verbindet die Hörerinnen und Hörer dadurch zugleich mit einem lediglich erzählten Geschehen, das seine Tragik gerade darin hat, dass die Stimme, die verzweifelten Schreie Emmet Tills, ungehört blieben.
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The Legacy of Emmett Till 60 Years Later (Heretic, Rebel, a Thing to Flout, August 28, 2015)
Der Junge hatte etwas getan, was man nicht tun durfte. Zumindest nicht als Schwarzer: Er hatte einer weißen Frau hinterhergepfiffen. Der Junge wurde gelyncht. Seine Mörder wurden freigesprochen. Doch jetzt rollen FBI und Staatsanwälte das Verbrechen an Emmett Till wieder auf. (Roman Heflik, SPON 13.05.2004)
Lynchmord kommt nach 50 Jahren vor Gericht - Ihr Urteil
Demnächst in der ARD unter dem Titel "Sexuelle Belästigung - Ihr Urteil"Ich bin nicht sicher, ob nicht Roy Bryant und J. W. Milam wieder freigesprochen würden ...
Zugabe: Bob Dylan - Press Conference 1965
On writing . . . . . and more besides . . . . . .the legendary press conference in San Francisco 1965 - how Bobby ever decided to let this go on for an hour is amazing and later on he would not be so accommodating it seems to me . . . . . . . .as per usual parts are very very funny as to how out of sync such journalists are but also parts are very frank and compelling and deeply interesting . . . .
gebattmer - 2016/10/18 19:52
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