Verlierer und Gewinner (II): Elon Musk im Kosmos Schwitters (aka Dada)
Heute am Maschsee: Die formidable Präsenz eines Start-Ups vor dem sog. Sprengel-Museum (bisschen unscharf: Oben zu sehen: "Kosmos Schwitters"), - farblich schön eingepasst.

Dazu passt: Andrian Kreye über die Ted Conference in Vancouver : Der irre Rausch der Zukunft (Süddeutsche, 06.05.)


Dazu passt: Andrian Kreye über die Ted Conference in Vancouver : Der irre Rausch der Zukunft (Süddeutsche, 06.05.)
- ... Alles sehr beeindruckend. Wo ist das Problem? Das beginnt mit den Grundstückspreisen von Los Angeles, die ähnlich wie in Moskau, London und München dazu geführt haben, dass selbst kleinbürgerliche Wohnverhältnisse nur noch für sehr wohlhabende Menschen bezahlbar sind. In Los Angeles hat das zum Phänomen der Superpendler geführt, die sich das Häuschen mit Garten in einem ordentlichen Schulsprengel irgendwo in der Wüste kaufen müssen und dann Fahrzeiten von bis zu drei Stunden pro Weg in Kauf nehmen. Die schwemmen jeden Tag aus allen drei Himmelsrichtungen in die Stadt und verstopfen die Freeways.
Die betuchten Stadtbewohner ärgert das. Sie sind aber auch diejenigen, die sich heute schon Musks ökologisch korrekte Tesla-Elektroautos und später die Maut für seine Supertunnel leisten können, während sich das Gesindel in den Feinstaubschleudern der traditionellen Autokonzerne weiter in den Straßen stauen wird. Das aber ist der Hauptvorwurf an die Zukunftsfabriken: dass sie in erster Linie an Lösungen für die Probleme einer schmalen, wenn nicht gar winzigen Oberschicht arbeiten. Dass die Innovationskraft in einer Lebensfilterblase entsteht, die gerade jetzt im Zeitalter von Trump die Realitäten ausblendet. Und da schaltet sich seit einiger Zeit die Ted Conference als Ventil dazwischen, das die Weltfremdheit raus- und die Wirklichkeit und moralischen Verpflichtungen reinbläst in diese Welt...
- Der US-Ökonom Peter Temin, Professor am MIT, beschreibt in seinem neuen Buch „The Vanishing Middle Class: Prejudice and Power in a Dual Economy“ einen Vorgang, der seit einigen Jahrzehnten nicht nur in den USA, sondern in allen Industrieländern stattfindet: Die Teilung eines eigentlich reichen Landes in ein produktives, von gut verdienenden Spezialisten bewohntes – und ein armes Entwicklungsland mit Arbeitern im Agrar- und Dienstleistungssektor.
Temin sieht die FTE-Branchen (finance, technology, and electronics) und ihre „Bewohner“ bei etwa 20% der USA-Bevölkerung. Die anderen 80% leben in einem Land ohne wirtschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten, ohne reelle Bildungsschancen und Gesundheitsversorgung und ohne Gerechtigkeit in einer real existierenden Zwei-Klassen-Justiz. Die Wut der von Armut bedrohten weissen Unterschicht wird in Rassimus umgewandelt und dient dazu, den Reichtum der FTE-Bevölkerung auf Kosten aller anderen noch zu vermehren.
Der MIT-Wissenschaftler stützt sich dabei auf die Vorarbeit des karibischen Ökonomen W. Arthur Lewis, der das nach ihm benannte Lewis-Modell aufgestellt hatte, um die prekäre Situation der Entwicklungsländer der Nachkriegszeit zu beschreiben. Heute wird dieselbe wirtschaftliche, politische und kulturelle Apartheid innerhalb der Industrieländer angewendet – hierzulande zuletzt durch die Agenda 2010 und die Umwandlung des Sozialstaates in ein Hartz-IV-Regime, das den Mittelstand erodiert und in einen Billiglohnsektor umwandelt.
Via 11k2: Die USA, ein Entwicklungsland und Vorbild für den Rest der Welt
- ...Obwohl das kritische Untersuchen der Vorgänge im Silicon Valley längst auf der Agenda stehen sollte, genießt das Gebiet weiterhin eine bemerkenswerte Immunität. Seit Jahren äußern Futuristen, Ingenieure und Entwickler die radikalsten Ideologien unter dem Deckmantel der Technologie. So charakterisiert die Idee der Singularität viele Unternehmen und Vordenker des Silicon Valley. Sie zielt auf das Schaffen einer Superintelligenz und eines transhumanistischen Wesens ab, das mithilfe von Technologie von allen Zwängen befreit und grenzenlose Weite, Konnektivität und Potenzial erfahren soll. Eine faszinierende und zugleich abstoßende Vorstellung, die – würde ein politischer Machthaber sie äußern – weltweit für Furore sorgen würde...

gebattmer - 2017/05/05 19:57
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