Höhere Bildungsmotivation in türkischen Familien
Studie: Türkische Grundschulkinder und ihre Familien streben bei gleichen Voraussetzungen wie deutschstämmige Schüler eher die höheren Schularten an

Eine Studie des Soziologen Jörg Dollmann am Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) zeigt, dass es nicht die Motivation der türkischen
Bevölkerungsgruppe ist und auch nicht die Einschätzung der (überwiegend deutschen) Lehrkräfte, die dafür verwantwortlich ist, wie viele türkischer Kinder die jeweiligen Schulformen besuchen. Türkische Kinder würden bei gleichem sozialen Hintergrund und gleicher schulischer Leistung sogar häufiger auf anspruchsvolle Schulformen wechseln als Kinder ohne Migrationshintergrund. Die Hauptschule wird, sofern es die schulischen Leistungen zulassen, gemieden.
... Diese erfreuliche Tendenz erklärt aber nicht den hohen Anteil an Haupt- und Sonderschulen.
... Diesen Umstand beleuchtet eine Studieder Johannes Gutenberg Universität in Mainz aus dem Jahr 2008. Die Vergabe von Noten ist der Studie nach zwar immer noch der Haupt-Einflussfaktor dafür, ob die Empfehlung für ein Gymnasium erteilt wird oder nicht. Betrachtet man aber Kinder mit gleicher Durchschnittsnote, dann bekommen Kinder aus der niedrigsten Bildungs- und Einkommensgruppe mit einer Wahrscheinlichkeit von 76 Prozent eine Gymnasialempfehlung, während in der höchsten Bildungs- und Einkommensgruppe nahezu alle Kinder, nämlich 97 Prozent, eine Empfehlung für das Gymnasium erhalten...
Manfred Podzkiewitz tp 24.08.2010
Meine LieblingsHAZ von heute drückt es anders aus:
Der Stadtteil bestimmt die Bildungschancen
Die Schulempfehlung für Viertklässler spiegelt die Sozialstruktur der Kinder wider: 72,4 Prozent der Viertklässler, die im gut situierten Kirchrode zur Grundschule gingen, haben eine Empfehlung für das Gymnasium bekommen. In der Egestorffschule in Linden-Süd waren es nur 14,3 Prozent...
Linden-Süd ist - damit auch Nicht-Hannoveraner den Witz verstehen - so etwas Ähnliches wie Kreuzberg.
Aufs Gymnasium streben allein reicht eben nicht. Da sei letztlich sogar das BVerG davor:
Ein von Hartz IV lebender Gymnasiast aus dem Raum Ludwigshafen hatte versucht, Geld für seine Schulbücher zu erstreiten. Die Bildungspolitik im SPD-regierten Rheinland-Pfalz verlangte ihm ab, die Lehrwerke selbst zu kaufen...
Im Schuljahr 2005/2006 sollte der Junge Lehrwerke für knapp 200 Euro kaufen. Ein Buchgutschein für bedürftige Familien deckte nur 59 Euro davon ab. Das restliche Geld beantragte der junge Mann bei der ARGE und wurde abgewiesen. Dagegen klagte er, scheiterte nun aber vor dem höchsten Sozialgericht...
Die Kasseler Richter sahen keine Anspruchsgrundlage für Schulbücher im Hartz-IV-System. Sie sahen auch keine Chance, die Situation des Gymnasiasten als Notlage zu werten, sodass der Landkreis als Sozialhilfeträger einspringen müsste. Schulbücher seien ein für Kinder und Jugendliche typischer Bedarf, betonten sie. Der sei zwar verfassungswidrig nicht gedeckt gewesen. Der Kläger müsse das aber hinnehmen, weil Karlsruhe nicht verlangt habe, dies rückwirkend zu reparieren...
Katja Schmidt im FREITAG:
Keine Fahrkarte zum Gymnasium
Nachtrag:
Von den USA lernen heißt siegen lernen: Die Obama-Lösung des Problems: Race To The Top
Beim “Race to The Top” bekommen künftig nur noch Lehrer mit guten Schülern mehr Geld vom Staat. Heute zeigt sich, wer gewinnt. Leistung: “ungenügend” – diese Note wurde 241 Lehrern aus der US-Hauptstadt Washington zum Verhängnis. Weil ihre Schüler in Vergleichstests zu schlecht abgeschnitten hatten, griff die Chefin der Schulbehörde durch. Michelle Rhee feuerte die Pädagogen der öffentlichen Schulen, die Schülern ihrer Meinung nach nicht das gegeben haben, was ihnen zusteht: ordentliche Bildung. Was jahrzehntelang nicht gelang, schafft Präsident Barack Obama mit einem Trick: “Race to the Top”, heißt er. Seit Jahren belegen US-Schüler in internationalen Mathe-Vergleichstests die letzten Ränge. Studien der Universitäten Boston und Chicago ergaben, dass etwa ein Drittel aller Schüler die Highschool ohne Abschluss verlässt. Dies zu ändern war eines von Obamas Wahlversprechen. Staaten, die bereit sind, ihr Schulsystem durch Reformen voranzubringen, werden mit kräftigen Finanzspritzen belohnt. Viele Regierungen haben für den Fall einer Kündigungswelle schon mal vorsorglich Pakte mit den Gewerkschaften geschlossen. Die Schlechten müssen gehen, die Besten bekommen mehr.
“Doch wie findet man die Besten, wenn Lehrer durch das Programm derart eingeschüchtert werden, dass sie vor Angst gelähmt sind?”, fragt die Leiterin einer Grundschule in Washington. Wie viele ihrer Kollegen stand sie grundsätzlich hinter dem Obama-Rennen. “Doch was wir jetzt um uns herum erleben, macht einfach Angst. Man kann doch die Lehrer nicht dafür verantwortlich machen, wenn ihre Schüler in einem sozialen Umfeld aufwachsen, das Lernen einfach unmöglich macht.”
Quelle: taz
Man braucht nicht nur die richtigen Eltern, auch muss man den richtigen Wohnort und den richtigen, sozusagen "guten" Vornamen haben.
So ist das wohl