Das deutsche Dispositiv (III): Die Grundrechte und die Aufklärung: Immanuel Kants Physische Geographie, der Neger und der Vertriebene. - Displaced Persons
Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 hieß es:
Art. 16. (2) ... Politisch verfolgte genießen Asylrecht.
Fakten:
- Flüchtlinge: Der inszenierte Notstand. Von Marei Pelzer; Blätter für deutsche und internationale Politik 09/15
- Lassen Sie uns doch einmal über das Thema „Flüchtlinge“ reden. Von Jens Berger; Der Spiegelfechter
La blanche et la noire (1913) de Félix Vallotton
Wir, die wir - im Unterschied zum Moslem - durch die Aufklärung gegangen sind, wissen doch seit Kant: Die Neger werden weiß geboren außer ihren Zeugungsgliedern und einem Ringe um den Nabel, die schwarz sind. Also: Irgendwie sind wir doch alle gleich! Jedenfalls mal gewesen. So what?
Problematischer wird's da schon, wenn einer wie der Lobo bei der Illner meint, man solle die Flüchtlinge besser Vertriebene nennen. Da sagt der Herrmann (was seltsamerweise nicht solch Erregungspotenzial hat):
"Ich hoffe, Sie meinen es nicht so bös', aber es ist eine Beleidigung der Vertriebenen, der wirklich damals vor 70 Jahren Vertriebenen, die in diesen Kontext zu stellen."
Das - die Aussage und die ausbleibende Erregung daüber - ist ein schönes Beispiel für das deutsche Dispositiv: Wer zum Vertriebenen geadelt wird, bestimmen wir. Entscheidend ist der völkische Abstammungnachweis (wie der der Erika Steinbach).
Es lohnte, diesen Satz genauer zu analysieren im Hinblick auf all die üblen Konnotationen, die angespielt werden, - aber er ist mir einfach zu widerlich ...
Ich schlage i.Ü. vor, den Begriff Displaced Persons zu verwenden. Das Hauptquartier der alliierten Streitkräfte (SHAEF) verstand im Zweiten Weltkrieg unter DPs „alle Zivilisten außerhalb der Grenzen ihrer Heimatstaaten“, die zu ihrem Aufenthalt in der Fremde durch Kriegseinwirkung im weitesten Sinn gekommen waren und die alliierte Hilfe brauchten, um heimzukehren oder sich in einem anderen Land ansässig zu machen.... Die alliierten Armeen rechneten 1944 mit 11,3 Millionen DPs. [wikipedia]
Die Verwendung dieses Begriffs würde die üblen Konnationen des Schmuddelbegriffs Vertriebene vermeiden und auch die Dimension des Problems deutlicher werden lassen: Nach Angaben des UNHCR befinden sich derzeit weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht (die i.Ü. auch hier als forcibly displaced bezeichnet werden).
Art. 16. (2) ... Politisch verfolgte genießen Asylrecht.
- Das alte Asylgrundrecht war ein Leuchtturm im Hafen der Verfassung. Dieser Leuchtturm wurde 1993 abgeschaltet und durch ein Teelicht ersetzt. Die Politik glaubte damals, die Flüchtlinge kämen deswegen nach Deutschland, weil es dieses große und leuchtende Asylgrundrecht gibt. Sie glaubte daher, wenn man das Grundrecht ausschaltet, schalte man das Flüchtlingsproblem aus. An die Stelle des alten Artikels 16 Absatz 2 wurde daher der Artikel 16 a Grundgesetz gesetzt, der aus dem großen Asyl ein ganz kleines machen wollte.
Deutschland habe nun lange genug unter seiner geographischen Lage im Herzen Europas gelitten, so hieß es zu Beginn der neunziger Jahre. Man könne nicht, so hieß es damals landauf landab, "alles Leid der Welt aufnehmen" (die Flüchtlingszahlen lagen damals bei einem Fünftel der heutigen). Man solle sich, hieß es, in der Flüchtlingsfrage diese Lage Deutschlands in der Mitte Europas doch einmal zunutze machen - und die Staaten, die Deuschland wie ein Ring umgeben, zur Auffangzone für Flüchtlinge erklären.
Das tat der neue Artikel 16 a Grundgesetz. Er erklärte, dass künftig nicht Deutschland, sondern vor allem die Nachbarstaaten für die Flüchtlinge zuständig sein sollten. Die Nachbarstaaten wurden zu sicheren Drittländern erklärt; Deutschland umgab sich mit einem Cordon sanitaire, mit einer selbstgezogenen Sicherheitszone, und setzte dieses Modell auch auf europäischer Ebene durch; in der Dublin-Verordnung wurde das festgeschrieben...
Fakten:
- Flüchtlinge: Der inszenierte Notstand. Von Marei Pelzer; Blätter für deutsche und internationale Politik 09/15
- Lassen Sie uns doch einmal über das Thema „Flüchtlinge“ reden. Von Jens Berger; Der Spiegelfechter
Immanuel Kant: Physische Geographie (1802)
- Zweiter Theil.
Besondere Beobachtung dessen, was der Erdboden in sich faßt.
Erster Abschnitt.
Vom Menschen.
§. 1.
Der Unterschied der Bildung und Farbe der Menschen in den verschiedenen Erdstrichen.
... Man kann sagen, daß es nur in Afrika und Neuguinea wahre Neger
07 giebt. Nicht allein die gleichsam geräucherte schwarze Farbe, sondern auch
08 die schwarzen, wollichten Haare, das breite Gesicht, die platte Nase, die
09 aufgeworfenen Lippen machen das Merkmal derselben aus, ingleichen
10 plumpe und große Knochen.
§. 2.
Einige Merkwürdigkeiten von der schwarzen Farbe der Menschen.
... 1. Die Neger werden weiß geboren außer ihren Zeugungsgliedern
30 und einem Ringe um den Nabel, die schwarz sind. Von diesen Theilen
31 aus zieht sich die Schwärze im ersten Monate über den ganzen Körper.
32 2. Wenn ein Neger sich verbrennt, so wird die Stelle weiß. Auch
33 lange anhaltende Krankheiten machen die Neger ziemlich weiß; aber ein
34 solcher durch Krankheit weiß gewordener Körper wird nach dem Tode noch
35 viel schwärzer, als er es ehedeß war...
La blanche et la noire (1913) de Félix Vallotton
"Ich verwende das Wort sonst überhaupt nicht"
"Robert Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunderbar gefallen hat", hatte der CSU-Politiker Herrmann in der ARD-Sendung zum Thema Flüchtlinge am Montagabend gesagt - und damit umgehend für Aufregung in den sozialen Netzwerken gesorgt. Meldet SPIEGEL-Online. Was soll die Aufregung - in den sozialen Netzwerken - sonst nirgendwo?!Wir, die wir - im Unterschied zum Moslem - durch die Aufklärung gegangen sind, wissen doch seit Kant: Die Neger werden weiß geboren außer ihren Zeugungsgliedern und einem Ringe um den Nabel, die schwarz sind. Also: Irgendwie sind wir doch alle gleich! Jedenfalls mal gewesen. So what?
Problematischer wird's da schon, wenn einer wie der Lobo bei der Illner meint, man solle die Flüchtlinge besser Vertriebene nennen. Da sagt der Herrmann (was seltsamerweise nicht solch Erregungspotenzial hat):
"Ich hoffe, Sie meinen es nicht so bös', aber es ist eine Beleidigung der Vertriebenen, der wirklich damals vor 70 Jahren Vertriebenen, die in diesen Kontext zu stellen."
Das - die Aussage und die ausbleibende Erregung daüber - ist ein schönes Beispiel für das deutsche Dispositiv: Wer zum Vertriebenen geadelt wird, bestimmen wir. Entscheidend ist der völkische Abstammungnachweis (wie der der Erika Steinbach).
Es lohnte, diesen Satz genauer zu analysieren im Hinblick auf all die üblen Konnotationen, die angespielt werden, - aber er ist mir einfach zu widerlich ...
Ich schlage i.Ü. vor, den Begriff Displaced Persons zu verwenden. Das Hauptquartier der alliierten Streitkräfte (SHAEF) verstand im Zweiten Weltkrieg unter DPs „alle Zivilisten außerhalb der Grenzen ihrer Heimatstaaten“, die zu ihrem Aufenthalt in der Fremde durch Kriegseinwirkung im weitesten Sinn gekommen waren und die alliierte Hilfe brauchten, um heimzukehren oder sich in einem anderen Land ansässig zu machen.... Die alliierten Armeen rechneten 1944 mit 11,3 Millionen DPs. [wikipedia]
Die Verwendung dieses Begriffs würde die üblen Konnationen des Schmuddelbegriffs Vertriebene vermeiden und auch die Dimension des Problems deutlicher werden lassen: Nach Angaben des UNHCR befinden sich derzeit weltweit knapp 60 Millionen Menschen auf der Flucht (die i.Ü. auch hier als forcibly displaced bezeichnet werden).
gebattmer - 2015/09/01 18:38
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