Re: The Red Baron vs The Dude: Eine mörderische Entscheidung
Vorab: Ich halte den Film für großartig gelungen. Ich halte allerdings die Klassifizierung als "Doku-Drama" für völlig verfehlt. Als solches wird der Film gerade eben bei Frau Will missverstanden und entsprechend verfehlt diskutiert, so dass dann in der Einsatz- bzw. Militärtlogik gefangene Arschdenker sich äußern dürfen und es selbst dem (gewendeten) Herrn Todenhöfer nicht gelingt, die dem Film angemessene Ebene der Auseinandersetzung durchzusetzen.
Um dem Film gerecht zu werden und um sich selbst damit auseinaderzusetzen, muss man ihn mE nicht als Dokumentation sehen, sondern als klassisches Drama. Das Drehbuch von Raymond Ley und Hannah Ley ist doch auch so angelegt, wenn es einen klassischen Helden in einem sich anbahnenden klassischen Konflikt exponiert und darum Figuren gruppiert, die dessen Dilemma befeuern. Nun muss man gleich sagen, dass auch das nur funktioniert, weil Matthias Brandt so überzeugend einen Klein gibt, bei dessen Darstellung immer deutlich ist, dass es nicht um Klein geht, sondern um Dilemmata, die prinzipiell nicht zu lösen sind. Brandts ganz große Leistung hier ist die, eine Figur gleichzeitig zu verkörpern und sich von ihr zu distanzieren, mithin auszustellen, dass es für einen Soldaten keine richtige Entscheidung geben kann. Das Soldat-Sein ist das Falsche, nicht die einzelne Entscheidung. Sehr überzeugend wird das deutlich in der letzten Szene der Anhörung, wo darauf angespielt wird, dass Klein benutzt wurde . (Im Übrigen ein schöner Hinweis darauf, dass "humanitäre Interventionen" regelmäßig dazu verkommen, die eingesetzten Kampfbomber zur Luftwaffe einer Partei werden zu lassen.) Zu loben sind überdies die anderen Schauspieler, insbesondere Axel Milberg, denen es wie Brandt gelingt, gleichzeitig die Rolle zu spielen und sie im Spiel zu kommentieren. Großartig!
Nochmal: Man wird diesem großartigen Film nur gerecht und kann ihn nur dann mit Gewinn sehen, wenn man ihn als Kunstwerk betrachtet, das eine aus der Auseinandersetzung mit dem konkreten Ereignis gewonnene fundamentale Einsicht gestaltet - und das auch noch mit angemessenen künstlerischen MItteln. Die Erkenntnis, die sich beim Zuschauer einstellen kann, ist eben die, dass der Krieg als solcher das Falsche ist. Und gelungen ist z.B. ein Film, wenn sich diese Erkenntnis einstellen kann, ohne dass die ausgesprochen wird; - weil die Figuren sie ja auch gar nicht aussprechen könnten, durch die Art ihrer Darstellung es aber dem Zuschauer ermöglicht wird, mehr zu wissen als die Figuren ....
... und mehr zu wissen als in der anschließenden Talkshow thematisiert wird, die denn doch nur dem Einbruzzeln des verstötrenden Potentials des Films auf das herrschende Bla-Format dient.
Zur Sache:
Investigativer Journalismus, öffentlich-rechtlich
Meesmann: ... Dass es verletzte und auch tote Zivilisten gegeben hat, wird jetzt allerdings immer wahrscheinlicher.
Man muss aber auch berücksichtigen, dass Bilder lügen können: Aufnahmen aus Krankenhäusern, auf denen angeblich verletzte Zivilisten zu sehen sind, beweisen nichts. Das können ebenso gut Taliban sein, die sich als Zivilisten ausgeben. Da ist größte Vorsicht geboten, bevor man zu endgültigen Urteilen kommt.
tagesschau.de: Diese Unterscheidung zwischen Taliban und Zivilisten ist aber auch in der Nacht und aus der Luft sehr schwierig.
Meesmann: Die Bundeswehr hat uns versichert, dass man sich um größtmögliche Vorsicht bemüht hat und dass man sich an die neuen ISAF-Einsatzrichtlinien gehalten hat ...
Interview zum Luftangriff in Kundus mit dem ARD-Korrespondenten Meesmann:
"Es herrscht Wut - aber auch Zustimmung"
The Red Baron vs The Dude - featuring the Baron Of Hearts
Nach SPIEGEL-Informationen erzählte Oberstleutnant Lance "Gipper" Bunch, Kommandeur der 335th Fighter Squadron Unit, bei seiner Vernehmung, dass es während des Einsatzes Meinungsunterschiede über die Frage gegeben hat, wie viele Bomben abgeworfen werden sollten. Der Fliegerleitoffizier des deutschen Obersts Georg Klein, der den Codenamen "Red Baron" trägt, habe sechs Bomben gefordert. Die Besatzung der F-15 widersprach ausdrücklich.
"The crew told him that this was not going to happen" - dies werde nicht passieren, war die Antwort. Es seien nur zwei Bomben nötig.
Darüber hinaus zeigen Auszüge des Funkverkehrs zwischen dem US-Piloten "Dude" und dem deutschen Fliegerleitoffizier, dass die Besatzung nicht nur ein- oder zweimal warnende Tiefflüge vorgeschlagen habe, sondern gleich fünfmal. "F-15 recommended a SHOW OF FORCE five times throughout the mission in order to disperse the people", steht in dem Bericht - die F-15 habe im Verlauf dieses Einsatzes fünfmal eine solche Machtdemonstration empfohlen, um die Leute an den Tanklastern auseinanderzutreiben. Doch "Red Baron" antwortete: "Negativ. Das Ziel soll sofort angegriffen werden."
Vgl. Archäologie C: Kunduz, 4. September 2009
Um dem Film gerecht zu werden und um sich selbst damit auseinaderzusetzen, muss man ihn mE nicht als Dokumentation sehen, sondern als klassisches Drama. Das Drehbuch von Raymond Ley und Hannah Ley ist doch auch so angelegt, wenn es einen klassischen Helden in einem sich anbahnenden klassischen Konflikt exponiert und darum Figuren gruppiert, die dessen Dilemma befeuern. Nun muss man gleich sagen, dass auch das nur funktioniert, weil Matthias Brandt so überzeugend einen Klein gibt, bei dessen Darstellung immer deutlich ist, dass es nicht um Klein geht, sondern um Dilemmata, die prinzipiell nicht zu lösen sind. Brandts ganz große Leistung hier ist die, eine Figur gleichzeitig zu verkörpern und sich von ihr zu distanzieren, mithin auszustellen, dass es für einen Soldaten keine richtige Entscheidung geben kann. Das Soldat-Sein ist das Falsche, nicht die einzelne Entscheidung. Sehr überzeugend wird das deutlich in der letzten Szene der Anhörung, wo darauf angespielt wird, dass Klein benutzt wurde . (Im Übrigen ein schöner Hinweis darauf, dass "humanitäre Interventionen" regelmäßig dazu verkommen, die eingesetzten Kampfbomber zur Luftwaffe einer Partei werden zu lassen.) Zu loben sind überdies die anderen Schauspieler, insbesondere Axel Milberg, denen es wie Brandt gelingt, gleichzeitig die Rolle zu spielen und sie im Spiel zu kommentieren. Großartig!
Nochmal: Man wird diesem großartigen Film nur gerecht und kann ihn nur dann mit Gewinn sehen, wenn man ihn als Kunstwerk betrachtet, das eine aus der Auseinandersetzung mit dem konkreten Ereignis gewonnene fundamentale Einsicht gestaltet - und das auch noch mit angemessenen künstlerischen MItteln. Die Erkenntnis, die sich beim Zuschauer einstellen kann, ist eben die, dass der Krieg als solcher das Falsche ist. Und gelungen ist z.B. ein Film, wenn sich diese Erkenntnis einstellen kann, ohne dass die ausgesprochen wird; - weil die Figuren sie ja auch gar nicht aussprechen könnten, durch die Art ihrer Darstellung es aber dem Zuschauer ermöglicht wird, mehr zu wissen als die Figuren ....
... und mehr zu wissen als in der anschließenden Talkshow thematisiert wird, die denn doch nur dem Einbruzzeln des verstötrenden Potentials des Films auf das herrschende Bla-Format dient.
Zur Sache:
Investigativer Journalismus, öffentlich-rechtlich
Meesmann: ... Dass es verletzte und auch tote Zivilisten gegeben hat, wird jetzt allerdings immer wahrscheinlicher.
Man muss aber auch berücksichtigen, dass Bilder lügen können: Aufnahmen aus Krankenhäusern, auf denen angeblich verletzte Zivilisten zu sehen sind, beweisen nichts. Das können ebenso gut Taliban sein, die sich als Zivilisten ausgeben. Da ist größte Vorsicht geboten, bevor man zu endgültigen Urteilen kommt.
tagesschau.de: Diese Unterscheidung zwischen Taliban und Zivilisten ist aber auch in der Nacht und aus der Luft sehr schwierig.
Meesmann: Die Bundeswehr hat uns versichert, dass man sich um größtmögliche Vorsicht bemüht hat und dass man sich an die neuen ISAF-Einsatzrichtlinien gehalten hat ...
Interview zum Luftangriff in Kundus mit dem ARD-Korrespondenten Meesmann:
"Es herrscht Wut - aber auch Zustimmung"
The Red Baron vs The Dude - featuring the Baron Of Hearts
Nach SPIEGEL-Informationen erzählte Oberstleutnant Lance "Gipper" Bunch, Kommandeur der 335th Fighter Squadron Unit, bei seiner Vernehmung, dass es während des Einsatzes Meinungsunterschiede über die Frage gegeben hat, wie viele Bomben abgeworfen werden sollten. Der Fliegerleitoffizier des deutschen Obersts Georg Klein, der den Codenamen "Red Baron" trägt, habe sechs Bomben gefordert. Die Besatzung der F-15 widersprach ausdrücklich.
"The crew told him that this was not going to happen" - dies werde nicht passieren, war die Antwort. Es seien nur zwei Bomben nötig.
Darüber hinaus zeigen Auszüge des Funkverkehrs zwischen dem US-Piloten "Dude" und dem deutschen Fliegerleitoffizier, dass die Besatzung nicht nur ein- oder zweimal warnende Tiefflüge vorgeschlagen habe, sondern gleich fünfmal. "F-15 recommended a SHOW OF FORCE five times throughout the mission in order to disperse the people", steht in dem Bericht - die F-15 habe im Verlauf dieses Einsatzes fünfmal eine solche Machtdemonstration empfohlen, um die Leute an den Tanklastern auseinanderzutreiben. Doch "Red Baron" antwortete: "Negativ. Das Ziel soll sofort angegriffen werden."
Vgl. Archäologie C: Kunduz, 4. September 2009
gebattmer - 2013/09/04 21:53
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