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27. Januar: Das Rätsel der Leningrader Symphonie von Schostakowitsch

Meine erste Begegnung mit der Musik Schostakowitschs: die 7. Sinfonie, die bei meinem ersten Besuch in Leningrad (1978) an der Gedenkstätte für die Opfer der Belagerung leise, unaufdringlich, aber eindringlich vom Band lief.
Gedenkst_tte_belagerung

Der Besuch der Gedenkstätte war zu diesem Zeitpunkt noch obligatorischer Bestandteil der Stadtrundfahrten für Westtouristen. Später musste man selbst mit dem Taxi hinfahren (Rücksicht auf Befindlichkeiten im Rahmen der Entspannungspolitik – Heute würde ich empfehlen, den Besuch wieder obligatorisch zu machen; - aber das geht wohl nicht mehr! Der heutige Tourist will Sankt Petersburg sehen. - Ich werde immer als völlig verrückt angesehen, wenn ich sage, dass ich erst wieder dorthin fahre, wenn die Stadt wieder Leningrad heißt. Mag sein, - ich stehe dazu!).

SchostakDiese 7-LP-Box habe ich damals für 9 Rubel 40 Kopeken dort gekauft: Die Sinfonien, dirigiert von Kyril Kondraschin, und die bleibt verbunden mit der Erfahrung des Besuchs der Gedenkstätte.

Die 7. Symphonie entstand während der 900- tägigen Blockade Leningrads durch die faschistische deutsche Wehrmacht. Zur Uraufführung am 5. März 1942 mussten Musiker von der Front abberufen werden. Am 9. August 1942 wurde die Sinfonie unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Leningrad aufgeführt. Lesen Sie unbedingt nach bei

Verena Nees: Das Rätsel der Leningrader Symphonie von Schostakowitsch:

Schostakowitsch hatte die ersten drei Sätze der Symphonie noch in Leningrad im September 1941 niedergeschrieben und seinen engsten Freunden am Klavier vorgeführt. Später erinnert er sich in den Memoiren: „Meine Siebte, die Leningrader Symphonie, schrieb ich rasch. Ich musste sie einfach schreiben. Ringsum war Krieg. Ich war mitten unter dem Volk, ich wollte das Bild unseres kämpfenden Landes in Musik festhalten.“

Schostakowitschs Freund, der Theaterkritiker und -Regisseur Isaak Glikman, berichtet im Vorwort seiner 1998 veröffentlichten Korrespondenz mit Schostakowitsch, dass dieser ihn Anfang August 1941 zu sich gerufen hatte. Er spielte am Flügel „die erhabene, wunderschöne Exposition der Siebten Symphonie und das Variationsthema, das die faschistische Invasion darstellt … Wir versanken in Schweigen. Er unterbrach es mit den folgenden Worten (die ich mir aufgeschrieben habe): ‚Ich weiß nicht, wie sich das Schicksal dieses Stückes entwickeln wird’, und er fügte nach einer Pause hinzu, ‚unausgelastete Kritiker werden mir sicher den Vorwurf machen, dass ich den Bolero von Ravel nachahmen würde. Sollen sie mir den Vorwurf machen, so jedenfalls klingt in meinen Ohren Krieg.“



In der Zeitung Moskovskij bolševik vom 19. April 1942 wird Schostakowitsch mit den Worten zitiert: „Ich wurde benachrichtigt, dass ich die Stadt verlassen sollte. Dies wollte ich auf keinen Fall tun, zumal überall eine kämpferische Stimmung herrschte. Frauen, Kinder und alte Leute zeigten ungewöhnlichen Mut; ich werde ihren Heroismus, den sie im Bombenhagel bewiesen, niemals vergessen. Vor allem die Frauen verhielten sich während der Belagerung der Stadt wundervoll.“

Der Komponist hatte sich zu Beginn der Blockade dreimal erfolglos bemüht, in die Rote Armee aufgenommen zu werden, wurde dann als Feuerwehrmann des Konservatoriums und beim Gräben-Ausheben eingesetzt und letztlich Anfang Oktober mit seiner Familie nach Kuibyschew evakuiert. Dort beendete er die Symphonie im Dezember 1941. Für ihn war klar, auf welcher Seite er stand, er unterstützte die „Gewalt“ der Bevölkerung, die sie zur Verteidigung Leningrads und der Errungenschaften der Oktoberrevolution aufwenden mussten.
„Ich wende mich nur an Menschen, die hören können“

Das Unverständnis für die Siebte Symphonie schlägt sich auch in höchst unterschiedlichen Interpretationen der Dirigenten und Orchester nieder: Die erste Aufführung im Ausland unter Arturo Toscanini, die der Forderung nach einer heroischen Kriegssymphonie nachkam, wurde von Schostakowitsch wütend mit den Worten bedacht: „Alles falsch“. In der Nachkriegszeit gibt es Interpretationen von emotionslos bis übertrieben pathetisch, von forsch-fröhlich bis todtraurig, oder auch einfach zu glatt und oberflächlich, wie beispielsweise manche heutige Aufnahmen aus der ehemaligen Sowjetunion – in den meisten Fällen ist vom Kampfgeist der Leningrader Bevölkerung nicht mehr viel zu spüren, ebenso wenig wie von der Tragik der sowjetischen Geschichte.

Am besten sei die Interpretation von Jewgeni Mrawinski mit den Leningrader Philharmonikern, sagte Schostakowitsch selbst. Sie sei präzise und entspräche seinen Intentionen...


Die können Sie hier hören:
Dmitri Shostakovich: Symphony No.7 in C major, Op.60 "Leningrad"

I. Allegretto (00:00)
II. Moderato (poco allegretto) (26:56)
III. Adagio (37:04)
IV. Allegro non troppo (56:06)

Leningrad Philharmonic Orchestra
Yevgeny Mravinsky, conductor

February 26, 1953
Large Studio of Moscow Radio

    "Die 'Leningrader Sinfonie' ist Symbol des Sieges der besten menschlichen Eigenschaften. Geschrieben in Leningrad, ist sie bis zu den Ausmaßen eines Meisterwerkes von Weltrang gewachsen; man versteht sie auf jedem Längen- und Breitengrad, denn sie schildert die Wahrheit über den Menschen in einem ungewöhnlichen Augenblick seines Unglücks und seiner Erfahrung."
    (Alexej Tolstoi)
In der Zeit der Leningrader Blockade vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944, in der die Wehrmacht auf Befehl Hitlers keine Eroberung Leningrads versuchte, sondern stattdessen die Stadt systematisch von jeglicher Versorgung abschnitt, starben über eine Million Zivilisten. Eine geheime Weisung des Oberkommandos der Wehrmacht vom 23. September 1941 lautete: Der Führer ist entschlossen, die Stadt Petersburg vom Erdboden verschwinden zu lassen. Es besteht nach der Niederwerfung Sowjetrusslands keinerlei Interesse am Fortbestand dieser Großsiedlung. Ausdrücklich mit eingeschlossen war damit der Genozid an den etwa drei Millionen Einwohnern, sie hätten in dem gemäß dem Generalplan Ost neu zu schaffenden deutsch besiedelten Ingermanland keinen Platz mehr gehabt.
Nahrungsmittel zur Versorgung der Millionenstadt konnten nur unter großen Gefahren per Flugzeug oder im Winter über den vereisten Ladogasee per Bahn und LKW nach Leningrad gebracht werden. Die Route über den See lag im Schussfeld der Wehrmacht, im Schnitt kam von drei gestarteten LKW einer in Leningrad an. Besonders dramatisch war die Situation im Jahr 1941. Durch Luftangriffe wurde ein Großteil der Nahrungsmittelvorräte vernichtet, zudem brach der Winter ungewöhnlich früh ein. Der Abwurf gefälschter Lebensmittelbezugsscheine aus Flugzeugen der Wehrmacht tat ein übriges. Die Rationen sanken im Oktober auf 400 Gramm Brot für Arbeiter, 200 Gramm für Kinder und Frauen. Am 20. November 1941 wurden sie auf 250 Gramm, respektive 125 Gramm reduziert. Zudem herrschten Temperaturen von bis zu –40 Grad Celsius in einer Stadt, in der Heizmaterial äußerst knapp war. Allein im Dezember 1941 starben circa 53.000 Menschen, viele von ihnen fielen einfach vor Entkräftung auf der Straße um.
Während der Belagerung wurden etwa 150.000 Artilleriegeschosse auf die Stadt abgeschossen, etwa 100.000 Fliegerbomben fielen.
Bei Versuchen der Roten Armee die Belagerung zu sprengen, kamen etwa 500.000 sowjetische Soldaten ums Leben. Versuche 1941 und 1942 scheiterten; die Offensive, die die Stadt befreien sollte, begann am 14. Januar 1944 und konnte am 27. Januar 1944 zum Abschluss gebracht werden.
(Quelle)


Viktor was born in the spring of '44
And never saw his father anymore
A child of sacrifice, a child of war
Another son who never had a father after Leningrad

Went off to school and learned to serve the state
Followed the rules and drank his vodka straight
The only way to live was drown the hate
A Russian life was very sad
And such was life in Leningrad

I was born in '49
A cold war kid in McCarthy time
Stop 'em at the 38th Parallel
Blast those yellow reds to hell
And cold war kids were hard to kill
Under their desk in an air raid drill
Haven't they heard we won the war
What do they keep on fighting for?

Viktor was sent to some Red Army town
Served out his time, became a circus clown
The greatest happiness he'd ever found
Was making Russian children glad
And children lived in Leningrad

But children lived in Levittown
And hid in the shelters underground
Until the Soviets turned their ships around
And tore the Cuban missiles down
And in that bright October sun
We knew our childhood days were done
And I watched my friends go off to war
What do they keep on fighting for?

And so my child, and I came to this place
To meet him eye to eye and face to face
He made my daughter laugh, then we embraced
We never knew what friends we had
Until we came to Leningrad



Billy Joels "Leningrad": Ein weiteres bedeutendes Musikstück, das uns mit Leningrad verbindet: Deutsche Unternehmer: Heute: Karl Amson Joel, Josef Neckermann und Gustav Schickedanz - oder: Archäologie LXXIIa
(- übrigens einer der meistgesuchten Beiträge in diesem Blog!!)


27. Januar - 1944 und 1945


Archäologie L: 27. Januar 1945 - die Rote Armee befreit das KZ Auschwitz
Zuweilen scheint es mir fast nötig zu sein, darauf hinzuweisen: Es war nicht die Bundeswehr, die Auschwitz befreit hat. Und es war nicht die Bundeswehr, die Bergen-Belsen befreit hat!

... und mein Photo
010_09

und Colour Photos of Street Scenes in Leningrad, 1961 + Color Photos of Leningrad in 1972

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Wise Man Says

"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt." Charles Lewinsky, Der A-Quotient

Wise Man Says II

"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater." Frank Zappa

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