Update Ukraine / Krim (VIII): Wirrer deutscher Politikzyklus - Politischer Realismus?
Der Politikzyklus (auch: policy-cycle) ist ein aus der US-amerikanischen Politikwissenschaft stammendes Modell, das den Politikprozess in mehrere, meist sechs oder sieben Schritte gliedert und erstmals 1956 von Harold Dwight Lasswell formuliert wurde. Der Ansatz wurde auch in der deutschen Politikwissenschaft aufgegriffen und weiterentwickelt.
Und hat - so ist leider zu ergänzen - auch in die Didaktik der Politischen Bildung und darüber völlig verkürzt als Blödmodell auch in die schulischen Curricula Eingang gefunden. Es ist, das gebe ich zu, nicht für die Analyse der Außenpolitik gedacht, müsste sich aber darauf auch anwenden lassen:
Danach befinden wir uns - was die sog. Krim-Krise im Hinblick auf die deutsche Politik angeht - in der Phase des Agenda-Setting oder der Problemthematisierung.
Arno Klönne (tp 18.03.2014) legt plausibel dar, wie Stellungnahmen im neuen Kalten Krieg zustande kommen: "Der Osten" in deutschen Politikerköpfen: Z. B. so:
... Wenn eine deutsche Politikerin, in parlamentarischer Opposition befindlich zur Bundesregierung, der Bundeskanzlerin vorwirft, diese verfahre zu gnädig um mit dem "Brandstifter" in Moskau, muss das nicht einer näheren Beschäftigung mit den Verhältnissen in der Ukraine, auf der Krim und in Russland entspringen, auch nicht dem Studium geopolitischer Konflikte. Als leitendes Motiv ist naheliegend: Es soll für die eigene Partei Aufmerksamkeit erzielt werden, Anerkennung als "wertorientierte", überall Menschenrechte einklagende Kraft, die gegenwärtige Regierung so übertrumpfend. Für den Blick auf konkrete Folgen einer "harten" Russlandpolitik für die Menschen in dem umstrittenen Terrain lässt eine solche Deklaration möglicherweise gar keine Zeit, Politikauftritte stehen unter Tagesdruck...
Lesenswerte Anmerkungen zum Politikzyklus
So betrachtet läuft schon die Problemthematisierung aufgrund der Strukturen des postdemokratisch deformierten poltischen Systems leer, weil sie nicht in der Lage ist zu leisten, was sie - dem Modell entsprechend leisten müsste - nämlich eine angemessene Problemthematisierung hervorzubringen.
Ein anderes Modell der Poltiikwissenschaft, das ebenfalls Eingang in die Lehrpläne fand und das ebenfalls in sich höchst problematisch ist, das des politischen Realismus, könnte hier begrenzt weiterhelfen, wenn es denn als Hilfe zur Analyse poltischer Prozesse auf internationaler Ebene und nicht als Politikberatungsmodell verstanden würde:
Hans Morgenthau's Principles of Political Realism
Welche Möglichkeiten hat der sog. Westen interest defined in terms of power klar zu definieren?
Und: Wohin führt ein solches Modell der interrnationalen Beziehungen, wenn interest defined in terms of power nicht wenigstens im Horizont einer balance of power gedacht wird.
Henry Kissinger gilt als einer der profiliertesten Vertretrer des Politischen Realismus. Seine Einschätzung der Krim-Krise. Was seine Lösung angeht bereits historisch überholt, aber interessant im Hinblick auf die Analyse des Problems, = s.0. Problemthematisierung !
Nachtrag zu Kissinger:
Und hat - so ist leider zu ergänzen - auch in die Didaktik der Politischen Bildung und darüber völlig verkürzt als Blödmodell auch in die schulischen Curricula Eingang gefunden. Es ist, das gebe ich zu, nicht für die Analyse der Außenpolitik gedacht, müsste sich aber darauf auch anwenden lassen:
Danach befinden wir uns - was die sog. Krim-Krise im Hinblick auf die deutsche Politik angeht - in der Phase des Agenda-Setting oder der Problemthematisierung.
Arno Klönne (tp 18.03.2014) legt plausibel dar, wie Stellungnahmen im neuen Kalten Krieg zustande kommen: "Der Osten" in deutschen Politikerköpfen: Z. B. so:
... Wenn eine deutsche Politikerin, in parlamentarischer Opposition befindlich zur Bundesregierung, der Bundeskanzlerin vorwirft, diese verfahre zu gnädig um mit dem "Brandstifter" in Moskau, muss das nicht einer näheren Beschäftigung mit den Verhältnissen in der Ukraine, auf der Krim und in Russland entspringen, auch nicht dem Studium geopolitischer Konflikte. Als leitendes Motiv ist naheliegend: Es soll für die eigene Partei Aufmerksamkeit erzielt werden, Anerkennung als "wertorientierte", überall Menschenrechte einklagende Kraft, die gegenwärtige Regierung so übertrumpfend. Für den Blick auf konkrete Folgen einer "harten" Russlandpolitik für die Menschen in dem umstrittenen Terrain lässt eine solche Deklaration möglicherweise gar keine Zeit, Politikauftritte stehen unter Tagesdruck...
Lesenswerte Anmerkungen zum Politikzyklus
So betrachtet läuft schon die Problemthematisierung aufgrund der Strukturen des postdemokratisch deformierten poltischen Systems leer, weil sie nicht in der Lage ist zu leisten, was sie - dem Modell entsprechend leisten müsste - nämlich eine angemessene Problemthematisierung hervorzubringen.
Ein anderes Modell der Poltiikwissenschaft, das ebenfalls Eingang in die Lehrpläne fand und das ebenfalls in sich höchst problematisch ist, das des politischen Realismus, könnte hier begrenzt weiterhelfen, wenn es denn als Hilfe zur Analyse poltischer Prozesse auf internationaler Ebene und nicht als Politikberatungsmodell verstanden würde:
Hans Morgenthau's Principles of Political Realism
- 1. Politic's, like society in general, is governed by objective laws that have their roots in human nature which is unchanging: therefore it is possible to develop a rational theory that reflects these objective laws.
2. The main signpost of political realism is the concept of interest defined in terms of power which infuses rational order into the subject matter of politics, and thus makes the theoretical understanding of politics possible. Political realism stresses the rational, objective and unemotional.
3. Realism assumes that interest defined as power is an objective category which is universally valid but not with a meaning that is fixed once and for all. Power is the control of man over man.
4. Political realism is aware of the moral signifigance of political action. it is also aware of the tension between moral command and the requirements of successful political action.
5. Political realsim refuses to identify the moral aspirations of a particular nation with the moral laws that govern the universe. It is the concept fo interest defined in terms of power that saves us from the moral excess and political folly.
6. The political realist maintains the autonomy of the political sphere. He asks "How soes this policy affect the power of the nation?" Political realism is based on a pluralistic conception of human nature. A man who was nothing but "political man" would be a beast, for he would be completely lacking in moral restraints. But, in order to develop an autonomous theory of political behavior, "political man" must be abstracted from other aspects of human nature.
Welche Möglichkeiten hat der sog. Westen interest defined in terms of power klar zu definieren?
Und: Wohin führt ein solches Modell der interrnationalen Beziehungen, wenn interest defined in terms of power nicht wenigstens im Horizont einer balance of power gedacht wird.
Henry Kissinger gilt als einer der profiliertesten Vertretrer des Politischen Realismus. Seine Einschätzung der Krim-Krise. Was seine Lösung angeht bereits historisch überholt, aber interessant im Hinblick auf die Analyse des Problems, = s.0. Problemthematisierung !
Nachtrag zu Kissinger:
- Die Dämonisierung von Wladimir Putin ist keine Politik. Sie ist ein Alibi für die Abwesenheit von Politik.
Henry A. Kissinger: "Eine Dämonisierung Putins ist keine Politik" (IPG)
gebattmer - 2014/03/18 21:57
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