Archäologie (CCCLXIV)/Regionalgeschichte: Die langersehnte Landung des A400M in Wunstorf. Ein voller Erfolg der Luftwaffe ... Invocación, 1937
- Mit vier Jahren Verspätung ist am Freitag die erste Transportmaschine vom Typ A400M an ihrem neuen Heimatstandort gelandet - dem Bundeswehr-Fliegerhorst in Wunstorf (Region Hannover)... Der A400M sorgte wegen Verzögerungen und Kostensteigerungen immer wieder für Negativ-Schlagzeilen. Der Stückpreis erhöhte sich im Laufe der Jahre von 125 auf 175 Millionen Euro... Von voller Einsatzfähigkeit kann keine Rede sein ... Das Schutzsystem für Einsätze in gefährlichen Krisenregionen wird erst 2016 nachgerüstet. Menschen und Material aus der Luft absetzen kann die neue Maschine auch noch nicht.
Dennoch ist das neue Transportflugzeug gegenüber dem in die Jahre gekommenen Vorgänger deutlich leistungsstärker. In den Rumpf der "Atlas" passt doppelt so viel Material. Auch Hubschrauber und Panzer kann die Bundeswehr zukünftig auf dem Luftweg verlegen...
Wunstorf wird der Standort von Deutschlands einzigem A400M-Geschwader sowie eines multinationalen Ausbildungszentrums für die Maschine. Der Umbau des in den 1930er-Jahren gebauten Platzes wird auf eine knappe halbe Milliarde Euro veranschlagt und gilt als größtes Infrastrukturprojekt der Luftwaffe. (ndr-niedersachsen-nachrichten 19.12. und 27.11.2014)
Und wahrscheinlich müssen wir dann- wenn die 40 x 175 Mio + 500 Mio = 7,5 Mrd. € investiert sind - nicht mehr melden:
Gelungener Tabubruch: Russisch-ukrainische Bundeswehrmaschine mit nicht tödlichen Ausrüstungsgegenständen erreicht Erbil ... - oder Antonow An-124 vs. McDonnell Douglas KDC-10 : " Deutsche Hilfe für Kurden im Irak...."
Möglicherweise wäre die Verlängerung des Leasingvertrags für die russisch-ukrainischen Antonows doch günstiger gewesen ...
Interessant ist die Geschichte des in den 1930er-Jahren gebauten Platzes, wo auch damals schon gern investiert wurde; - startete doch von hier die Legion Condor zu den Angriffen auf Guernica am 26. April 1937 (und am 1. September 1939 zu den Luftangriffen auf Warschau ...)! Darüber wird von der Luftwaffe nicht so gern gesprochen.
Der Arbeitskreis Regionalgeschichte hat hierzu Bemerkenswertes veröffentlicht:
Hier finden Sie eine Dokumentation zur Ausstellung
und hier den sehr lesenswerten Aufsatz Vom Fliegerhorst Wunstorf auf die Schlachtfelder der Welt von Hubert Brieden. Der Text basiert auf:
Brieden, Hubert / Dettinger, Heidi / Hirschfeld, Marion: „Ein voller Erfolg der Luftwaffe“, die Vernichtung Guernicas und deutsche Traditionspflege, Wunstorf – Pforzheim – Bonn; Neustadt 1997 (vergriffen). Eine Leseprobe:
- 26. April 1937: Bodenperspektiven
„Es war ein wunderbarer (…) Tag, der Himmel war weich und klar. Wir kamen in den Vororten von Guernica gegen 5 Uhr an. In den Straßen war viel Betrieb, es war Markttag. Plötzlich hörten wir die Sirene, und wir bekamen Angst. Die Leute liefen in alle Richtungen davon und ließen alles stehen und liegen, um Schutz zu suchen. Manche rannten auch in die Berge. (…) Kurz darauf sah ich sieben Flugzeuge, auf die sechs weitere folgten, dann kamen noch einmal fünf. Alle waren Junkers-Maschinen. Unterdessen war ganz Guernica von einer Panik ergriffen. Mehr als eine Stunde blieben die Maschinen in einer Höhe von wenigen hundert Metern über Guernica, und sie warfen Bombe auf Bombe. Von dem Lärm der einstürzenden Häuser macht man sich keinen Begriff. Sie flogen über Straßenzüge hin. Sehr viele Bomben fielen. Scheinbar überall, später sahen wir die Krater. Sie hatten einen Durchmesser von sechzehn Metern und waren acht Meter tief. Gegen 7 Uhr flogen die Maschinen ab, und nun kam eine neue Welle, die diesmal in sehr großer Höhe flog. Die zweite Welle warf Brandbomben auf unsere gemarterte Stadt. Das zweite Bombardement dauerte fünfunddreißig Minuten, aber es reichte hin, um den ganzen Ort in einen gewaltigen Feuerofen zu verwandeln.
Der Angriff und die Zerstörung der Stadt hielten noch weitere zwei Stunden und fünfundvierzig Minuten an. Als das Bombardement vorbei war, kamen die Leute aus ihren Schutzräumen. Keiner weinte. Verwunderung stand auf ihren Gesichtern. Einfach keiner von uns konnte begreifen, was er das sah.“
So der baskische Priester Alberto de Onaíndia.
26. April 1937: Luftperspektiven
„Die K88 griff im Gruppenkeil Guernica an. Hierbei war meine I./K88 mit dem Kommandeur Fuchs in meiner Führungsmaschine an Bord die Führungsstaffel. Das Ziel wurde in einem Anflug mit 50 kg-Bomben m.V. (enger Reihenabstand) - Angriffshöhe l .500 NN - angegriffen. Wetter: blauer Himmel, Angriffsrichtung: von der Biskaya-Küste eindrehend von N nach S. Durch wohl NO-Schiebewind Verlagerung der Bombenreihen nach Westen, so dass z.T. der Ortsrand des Ortes getroffen wurde.“ So erinnerte sich Oberleutnant von Knauer Jahrzehnte später an seinen Einsatz über Gernika. Vor seinem Einsatz als Kampfflieger der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg war er auf dem Fliegerhorst Wunstorf in der 6. Staffel 154 Kampfgeschwader Boelcke stationiert gewesen. In einem Bericht an den für den Spanieneinsatz zuständigen Sonderstab W. urteilte Oberst Jaenecke: „An und für sich war Guernica ein voller Erfolg der Luftwaffe.“ Und Legion-Condor-Kommandeur v. Richthofen notierte am 30.4.1937 in sein Tagebuch: „Guernica, Stadt von 5000 Einwohnern, buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. Angriff erfolgte mit 250 kg- und Brandbomben, letztere etwa 1/3. Als die 1. Ju’s kamen war überall schon Qualm (…), keiner konnte mehr Straßen-, Brücken- und Vorstadtziel erkennen und warf nun mitten hinein. Die 250er warfen eine Anzahl Häuser um und zerstörten die Wasserleitung. Die Brandbomben hatten nun Zeit, sich zu entfalten und zu wirken. Die Bauart der Häuser: Ziegeldächer und Holzfachwerkhäuser, führte zur völligen Vernichtung. – Einwohner waren größtenteils eines Festes wegen außerhalb, Masse des Restes verließ die Stadt gleich zu Beginn. Ein kleiner Teil kam in den getroffenen Unterständen um. – Bombenlöcher auf Straßen noch zu sehen, einfach toll.“
und: Picasso and Guernica - History of a painting
Am Freitagmorgen flog der Leiter des Teams, Oberstleutnant Christian Schott, die Maschine von Spanien nach Wunstorf. Zu dem Empfang in Wunstorf kam auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die sich von Schott das Cockpit zeigen ließ....
Davon gibt es kein Foto (wie dies).
Wenn früher Flugzeuge in Wunstorf starteten, gab es anschließend Fotos wie diese; - mal sehen, was wir in Zukunft zu sehen bekommen ...
Das von der Legion Condor zerstörte Gernika
Luftaufnahme des brennenden Warschau, September 1939
Pablo Neruda: Spanien im Herzen - ANRUFUNG (Invocación,1937)
(Übersetzt von Erich Arendt, mit einem Essay von Carlos Rincón, planet lyric)
Um zu beginnen, um über die reine
gespaltene Rose, über den Ursprung
von Himmel und Luft und Erde – hier den Willen eines Gesangs
mit Ausbrüchen, das Verlangen
eines unermeßlichen Gesangs, eines Metalls, das
aufgreift Krieg und nacktes Blut.
Spanien, Kelch-Kristall, nicht Diadem,
aber zermalmter Stein, bekämpfte zärtliche Liebe
von Weizen, Fell und brennendem Tier.
Morgen, jetzt, durch deine Schritte
ein Schweigen, von Hoffnungen ein Staunen
wie eine höhere Luft: ein Licht, ein Mond,
abgenützter Mond, Mond von Hand zu Hand,
von Glocke zu Glocke!
Mutter, heimatlich, Faust gehärteten Hafers,
Planet,
dürr und blutig, der Helden!
gebattmer - 2014/12/19 19:43
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