Katharsis: Die Anstalt - Das Kind - κάθαρσις
Sie können sich gern die gesamte Sendung ansehen, die ja seinerzeit wegen des Absturzes von Flug 4U9525 abgesetzt wurde - es lohnt sich -; ich möchte Ihre Aufmerksamkeit lenken auf den Schluss - ab 45:55
Die Inszenierung der Schlussszene folgt der aristotelischen Wirkungsästhetik der Tragödie; indem sie »Jammer« und »Schaudern« (griechisch »éleos« und »phóbos«) bewirkt, löst sie eine »Reinigung« des Zuschauers »von eben derartigen Affekten« aus. »Jammer« und »Schaudern« waren für Aristoteles in erster Linie psychische Erregungszustände, die sich in heftigen physischen Prozessen äußern. - Die neuzeitliche Diskussion des Katharsisbegriffs setzte mit dem Humanismus ein. Bei der üblichen Wiedergabe von griechisch »éleos« und »phóbos« durch lateinisch »misericordia« (Mitleid) und »metus« (Furcht; neben »terror« Schrecken) handelte es sich im Ansatz um eine Neuinterpretation. Der Begriff wurde ethisch gedeutet als Reinigung von den Leidenschaften, die in der Tragödie zur Darstellung kommen. Diese Umdeutung der aristotelischen Tragödientheorie wurde durch P. Corneille aufgegriffen. G. E. Lessing (»Hamburg. Dramaturgie«, 1768, 73.-78. Stück) übte deshalb wie auch J. C. Gottsched Kritik an der Katharsistheorie des französischen Klassizismus. Der entscheidende Affekt, den die Tragödie beim Zuschauer auslöst, ist nach Lessing das Mitleid; Furcht wird diesem subsumiert, unter Katharsis versteht er die »Verwandlung« der durch die Tragödie erregten Affekte »in tugendhafte Fertigkeiten«. (Universal-Lexikon)
Die Szene - ab 45:55 - vermag einen in der Tat zu Tränen zu rühren und den Wunsch auslösen, dass sich die solchermaßen erregten Affekte »in tugendhafte Fertigkeiten« verwandeln mögen. Allein: Wie könnten die sich konkret äußern? Was folgt daraus?

Die Entschädigungsansprüche von Argyris Sfountouris, der als Vierjähriger 30 Verwandte in Distomo verlor, habe die Deutsche Botschaft in Athen abgelehnt, weil das Massaker als „Maßnahme im Rahmen der Kriegsführung zu werten“ sei. (Focus)
... oder - wenn nichts anderes übrig bleibt - bei einem Trinklied:
Nächtens ward ich trunken
In einem selten Loch
Bin gleich darin versunken
Weiland, trink ich wohl immer noch
Beider Arme Kraft wollt` stemmen
Mich aus des Loches Rund
Wollten trotzig Händ nicht fallen sehen
Lust`gen Becher in den Grund
Aus Loches Schmutz kroch bös Getier
Und eh ichs mir recht beseh
Nagts weg derweil all Fleisch von mir
Blieb nur der blanke Knochen stehen
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Die Inszenierung der Schlussszene folgt der aristotelischen Wirkungsästhetik der Tragödie; indem sie »Jammer« und »Schaudern« (griechisch »éleos« und »phóbos«) bewirkt, löst sie eine »Reinigung« des Zuschauers »von eben derartigen Affekten« aus. »Jammer« und »Schaudern« waren für Aristoteles in erster Linie psychische Erregungszustände, die sich in heftigen physischen Prozessen äußern. - Die neuzeitliche Diskussion des Katharsisbegriffs setzte mit dem Humanismus ein. Bei der üblichen Wiedergabe von griechisch »éleos« und »phóbos« durch lateinisch »misericordia« (Mitleid) und »metus« (Furcht; neben »terror« Schrecken) handelte es sich im Ansatz um eine Neuinterpretation. Der Begriff wurde ethisch gedeutet als Reinigung von den Leidenschaften, die in der Tragödie zur Darstellung kommen. Diese Umdeutung der aristotelischen Tragödientheorie wurde durch P. Corneille aufgegriffen. G. E. Lessing (»Hamburg. Dramaturgie«, 1768, 73.-78. Stück) übte deshalb wie auch J. C. Gottsched Kritik an der Katharsistheorie des französischen Klassizismus. Der entscheidende Affekt, den die Tragödie beim Zuschauer auslöst, ist nach Lessing das Mitleid; Furcht wird diesem subsumiert, unter Katharsis versteht er die »Verwandlung« der durch die Tragödie erregten Affekte »in tugendhafte Fertigkeiten«. (Universal-Lexikon)
Die Szene - ab 45:55 - vermag einen in der Tat zu Tränen zu rühren und den Wunsch auslösen, dass sich die solchermaßen erregten Affekte »in tugendhafte Fertigkeiten« verwandeln mögen. Allein: Wie könnten die sich konkret äußern? Was folgt daraus?

Die Entschädigungsansprüche von Argyris Sfountouris, der als Vierjähriger 30 Verwandte in Distomo verlor, habe die Deutsche Botschaft in Athen abgelehnt, weil das Massaker als „Maßnahme im Rahmen der Kriegsführung zu werten“ sei. (Focus)
Einstweilen bleibt es beim Mitleid ...
... eigentlich das leichteste der Welt... oder - wenn nichts anderes übrig bleibt - bei einem Trinklied:
Nächtens ward ich trunken
In einem selten Loch
Bin gleich darin versunken
Weiland, trink ich wohl immer noch
Beider Arme Kraft wollt` stemmen
Mich aus des Loches Rund
Wollten trotzig Händ nicht fallen sehen
Lust`gen Becher in den Grund
Aus Loches Schmutz kroch bös Getier
Und eh ichs mir recht beseh
Nagts weg derweil all Fleisch von mir
Blieb nur der blanke Knochen stehen
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gebattmer - 2015/04/10 20:27
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