Il y a des juges (VI): Normenkontrollverfahren niedersächsischer Lehrkräfte und Schulleiter an Gymnasien überwiegend erfolgreich
Aus der Presseerklärung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts von heute:
Anyway: Wichtig ist das Urteil vor allem Hinblick auf die (zZ desolaten) Einstellungschancen an Gymnasien in Niedersachsen - bei gleichzeitigem fächerspezifischem Mangel an den Schulen. Der dürfte sich nun - wohl schon zum kommenden Schuljahr - signifikant erhöhen. Man darf gespannt sein, wie die Ministerin das in den kommenden Wochen zu regeln gedenkt.
Die GBlog-Suche nach »Il y a des juges« hat 6 Resultate geliefert.
- Gegenstand der Normenkontrollanträge von sieben verbeamteten Gymnasiallehrkräften sowie zwei verbeamteten Leitern von Gymnasien gegen das Land Niedersachsen sind verschiedene Bestimmungen der von der Niedersächsischen Landesregierung erlassenen Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an öffentlichen Schulen vom 4. Juni 2014 (Nds. GVBl. S. 150).
Mit dieser Verordnung hat die Niedersächsische Landesregierung mit Wirkung vom 1. August 2014 die wöchentliche Regelstundenzahl der Lehrkräfte unter anderem an Gymnasien um eine Stunde von zuvor 23,5 auf nunmehr 24,5 Stunden erhöht....
Der 5. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom heutigen Tage mit sieben Urteilen (5 KN 148/14 und sechs andere) die Vorschrift über die Erhöhung der Regelstundenzahl für Lehrkräfte an Gymnasien wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht für unwirksam erklärt....
Der 5. Senat hat die Revision gegen seine neun Urteile nicht zugelassen.
- Auch steht dem Verordnungsgeber bei der Festsetzung des Verhältnisses zwischen der Arbeitszeit zur Erteilung von Unterrichtsstunden und der sich hieraus ergebenden Festsetzung der Arbeitszeit für die Erledigung außerunterrichtlicher Verpflichtungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar ist, ob die Einschätzung des Verordnungsgebers offensichtlich fehlsam, insbesondere willkürlich ist. Der Verordnungsgeber ist jedoch gehalten, die tatsächlichen Grundlagen, die der Ausübung seiner Einschätzungsprärogative zugrunde liegen, in einem transparenten Verfahren sorgfältig zu ermitteln. Dieser - aus dem prozeduralen Aspekt des Art. 33 Abs. 5 GG folgenden - Obliegenheit ist der Verordnungsgeber vor dem Erlass der angegriffenen Vorschrift über die Erhöhung der Regelstundenzahl der verbeamteten Lehrkräfte an Gymnasien nicht hinreichend nachgekommen. Er hätte angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur prozeduralen Absicherung des ebenfalls aus Art. 33 Abs. 5 GG folgenden Alimentationsprinzips (Urteil vom 14.2.2012 - 2 BvL 4/10 - zur Professorenbesoldung; Urteil vom 5.5.2015 - 2 BvL 17/09 und andere - zur Richterbesoldung), die auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar ist, Veranlassung gehabt, jedenfalls vor dem Erlass einer Vorschrift, die - wie hier - mit den Lehrkräften an Gymnasien nur eine bestimmte Gruppe von Lehrkräften herausgreift und deren Unterrichtsverpflichtung erhöht, im Rahmen einer auch empirischen Studie die tatsächliche Belastung der niedersächsischen Lehrkräfte an Gymnasien zu ermitteln. Veranlassung zu dahingehenden Ermittlungen hätte zudem auch mit Blick auf die zahlreichen Änderungen des niedersächsischen Schulsystems in den letzten zehn Jahren, etwa der Abschaffung der Orientierungsstufe, der Einführung des Abiturs nach 8 Jahren, der Einführung der sogenannten Eigenverantwortlichen Schule und der Inklusion, bestanden. Erst wenn die tatsächliche Arbeitsbelastung der Lehrkräfte an niedersächsischen Gymnasien in einem transparenten Verfahren aufgeklärt worden ist, lässt sich feststellen, ob die Einschätzung des Verordnungsgebers - es sei ein Rückgang der außerunterrichtlichen Verpflichtungen der niedersächsischen Gymnasiallehrkräfte erfolgt, so dass die entsprechend „frei" gewordene Arbeitszeit für die Erteilung von Unterricht genutzt werden könne, ohne die Gesamtarbeitszeit zu erhöhen - offensichtlich fehlsam, insbesondere willkürlich ist. Aus dem Vorstehenden folgt zugleich ein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG geregelten Grundsatz der Gleichbehandlung, weil ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung der Lehrkräfte an Gymnasien gegenüber den nicht von einer Erhöhung der Regelstundenzahl betroffenen übrigen verbeamteten Lehrkräften im niedersächsischen Schuldienst nicht feststellbar ist...
- Es besteht kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, dass der Umfang der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung einer Lehrkraft im Beamtenstatus aus Altersgründen ermäßigt werden muss. Vielmehr stellen derartige Ermäßigungsregelungen eine freiwillige Leistung des Dienstherrn dar, die aus haushaltsrechtlichen Erwägungen geändert werden kann.
- Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft wurden zahlreiche Beamte
einer politischen Überprüfung unterzogen und ihrer Ämter enthoben. Mit der so
genannten „Entnazifizierung" sollte das Berufsbeamtentum grundlegend erneuert
werden. Doch die Existenzberechtigung des Berufsbeamtentums war stark umstritten.
Nach dem Willen der alliierten Siegermächte sollte für den öffentlichen
Dienst ein Dienstrecht auf der Grundlage arbeitsrechtlicher Normen geschaffen
werden. So sahen es auch die Verfassungen von Hessen, Groß-Berlin und
Bremen vor. Die Verfassungen aller süddeutschen Länder garantierten dagegen
das Berufsbeamtentum auch weiterhin. Trotz vielfacher Kritik entschied sich der
Parlamentarische Rat schließlich, am Berufsbeamtentum festzuhalten...
In der DDR gab es hingegen kein Berufsbeamtentum. Hier galt für alle Werktätigen
das Arbeitsgesetzbuch. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der staatlichen
Organe gab es darüber hinaus zusätzliche Vorschriften. Nach der Wiedervereinigung
sind die beamtenrechtlichen Vorschriften der alten Bundesländer im
Wesentlichen auch von den neuen Ländern übernommen worden...
Anyway: Wichtig ist das Urteil vor allem Hinblick auf die (zZ desolaten) Einstellungschancen an Gymnasien in Niedersachsen - bei gleichzeitigem fächerspezifischem Mangel an den Schulen. Der dürfte sich nun - wohl schon zum kommenden Schuljahr - signifikant erhöhen. Man darf gespannt sein, wie die Ministerin das in den kommenden Wochen zu regeln gedenkt.
Die GBlog-Suche nach »Il y a des juges« hat 6 Resultate geliefert.
gebattmer - 2015/06/09 18:55
Trackback URL:
https://gebattmer.twoday.net/stories/1022444143/modTrackback