Deutsche Leitkultur - Wie man sich ... annähert (II): Nähe und Distanz - Resonanzmuster der Gesellschaft
- Vor mir steht ein Mann. Er kennt meinen Namen. Er kennt mich. Er umarmt mich euphorisch. Ich tue, was ich in solchen Fällen tun muss: Ich strahle ihn an, als hätte ich ihn schon lang vermisst, und umarme zurück. Ich habe keine Ahnung, wer er ist. Aber ich vermute, dass ich ihn eventuell kennen könnte. Sehr theoretisch. Der Mann fragt: «Wie geht’s bei watson? Und reist ihr mal wieder nach Thailand?»
Ich kombiniere: watson gibt’s seit einem Jahr und zehn Monaten. Davor war ich in Thailand. Mindestens so lang sollte ich den Mann also kennen. Aber woher? Immerhin kann ich jetzt mit ihm schon über zwei Dinge reden: watson und Thailand. Das ist im Notfall abendfüllend. Aber zum Glück sind wir an einer Vernissage, und der Mann wendet sich irgendwann andern Menschen zu. «Wer war das?», frage ich meine Freundin. «You tell me!», sagt sie.
Zuhause sehe ich, dass ich mit dem Mann schon seit drei Jahren auf Facebook befreundet bin. Und zwar eng. Also so, dass man einander nicht nur voyeuristisch auf die Timeline schaut, sondern auch gegenseitig Posts kommentiert und im Messenger kommuniziert. Facebook-technisch gesehen ist der Mann mein guter Freund.
Interessant finde ich, dass Wie sich Demenz anfühlen muss in der Rubrik Social Media erscheint.
Kann es sein, dass die kleine Episode mehr verrät über das Problem gesellschaftlicher Öffentlichkeit, das wir gerade haben?
Sascha Lobo beschreibt dies Problem so: Man kann im Netz der Entstehung des Social-Nationalismus zusehen, ausgrenzend, gewalttätig, eskalativ - mit zunehmendem bürgerlichem Rückhalt. (SPON 13.01.2016)
Er umarmt mich euphorisch. Ich tue, was ich in solchen Fällen tun muss: Ich strahle ihn an, als hätte ich ihn schon lang vermisst, und umarme zurück.
Wir stellen fest: Das wird nicht als sexuelle Belästigung wahrgenommen ... zum Glück sind wir an einer Vernissage. Das Milieu determiniert die Wahrnehmung.
- Facebook und Twitter (und Instagram, Pinterest, Tumblr etc. pp.) sind Realitäten. Aber virtuelle. Und also fiktive. Realitäten, in denen auch mein Ich eine Fiktion ist. Weshalb ich dort umso sorgloser (okay, mein Chef hat auch gesagt, wir müssen das), Bindungen mit mir vollkommen Unbekannten eingehe. Ein bisschen wie in einem total abstrakten Swinger-Club. (s.o. Simone Meier)
Distanzzonen und Territorialität - Der Umgang mit Raum [werner stangl]s arbeitsblätter
- Den persönlichen Freiraum eines anderen zu respektieren ist ein fundamentaler Aspekt der sozialen Interaktion unter Menschen und etwas, was Menschen meist automatisch und ohne Anstrengung tun. Non-verbale Kommunikation drückt sich daher besonders stark in den zum Teil während der Sozialisation erlernten Distanzzonen aus:
- Intime Distanz ...
- Persönliche Distanz
- Gesellschaftliche oder soziale Distanz
- Öffentliche Distanz
+ Kulturelle Unterschiede
+ Psychologische Distanz
...
Demenz ([deˈmɛnʦ], lat. dementia, zu demens „unvernünftig“ bzw. mens „Verstand“, de „von – weg“, „abnehmend“) ist ein psychiatrisches Syndrom, das bei verschiedenen degenerativen und nichtdegenerativen Erkrankungen des Gehirns auftritt.
Meine nächste Frage: Welche Auswirkungen hat das auf das auf das Sozialverhalten im virtuellen, vor allem aber im nicht-virtuellen Raum?
Meine These: Das Einbrechen der Distanzzonen im virtuellen Raum, das die eingangs zitierte Episode illustriert, ermöglicht das Einbrechen der Hemmungen, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zuerst dort - im Sinne eines Probehandelns, und wenn das da keine Konsequenzen hat - auch hier und jetzt auszuleben.
Müssen wir also von einem zunehmend verbreiteten psychiatrischen Syndrom ausgehen, das rationales Verhalten außer Kraft setzt?
Prof. Dr. Peter Kruse klärt den Bundestag über unkontrollierbare Bewegungen in Netzwerken auf ...
gebattmer - 2016/01/14 19:06
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