Roger Willemsen: «Ich will das innere Ausland finden» - Dieser Blick - Leider ist die Sendezeit zu Ende
Zuweilen bemerkt man erst (wie ich schon häufiger feststellte), wenn man vom Tod eines Menschen erfährt, wie wichtig er einem war. Roger Willemsen ist tot. Er starb im Alter von 60 Jahren. Im August 2015 hatte Willemsen seine Krebserkrankung öffentlich gemacht.
Warum Willemsen so wichtig war, wird deutlich im folgenden historischen Dokument. An die Sendung im Dezember 1997 erinnere ich mich häufig, wenn es um Medienkritik i.w.S. geht (wusste allerdings nicht mehr, dass das schon so lange her ist): Roger Willemsen und Friedrich Küppersbusch erklären uns, was wir seitdem im ÖRFernsehen sehen:
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Wir sehen Willemsen und Küppersbusch bei einem Akt von Medienpiraterie während der letzten Ausgabe von Küppersbuschs „Privatfernsehen“ – einem Politmagazin vor „basisfundamentalistischem Publikum mit politischem Interesse“ (F.K.), das die ARD Ende 1997 absetzte.
Friedrich Küppersbusch (ARD) ließ sich mit Willemsens Woche (zeitgleich im ZDF) zusammenschalten und die beiden überzogen einfach so lange, bis die ARD nach einer knappen Viertelstunde den Hinweis „Leider ist die Sendezeit zu Ende“ ein- und die Sendung ausblendete. Roger „Willemsens Woche“ sollte nur ein halbes Jahr später aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbannt werden. Großes Fernsehen.
Aus dem Fernsehlexikon von Michael Reufsteck und Stefan Niggemeier:
Willemsens Woche: Late-Night-Talkshow mit Roger Willemsen
Weiterführende Informationen:
- Roger Willemsen (1955 – 2016) - 08/02/2016 von allerlei2013riffmaster
- Roger Willemsens Interview mit Helmut Markwort
- Roger Willemsen über Heidi Klum und Germanys next Topmodel
- Roger Willemsen in seinem letzten Interview mit der „Katholischen Nachrichten-Agentur“ (KNA):
Dieser Blick - nehmen wir mal an, er richtet sich auf die Bilder aus Homs (unten) - zeichnet sich aus durch ein gelungenes Verhältnis von Nähe und Distanz: Empathie, verstehen wollen und verstehen können, Wissen, Zweifel und eine feine ironische, aber nicht arrogante Distanz zum Gegenstand der Betrachtung. Eine gelebte Haltung ...
Warum Willemsen so wichtig war, wird deutlich im folgenden historischen Dokument. An die Sendung im Dezember 1997 erinnere ich mich häufig, wenn es um Medienkritik i.w.S. geht (wusste allerdings nicht mehr, dass das schon so lange her ist): Roger Willemsen und Friedrich Küppersbusch erklären uns, was wir seitdem im ÖRFernsehen sehen:
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Wir sehen Willemsen und Küppersbusch bei einem Akt von Medienpiraterie während der letzten Ausgabe von Küppersbuschs „Privatfernsehen“ – einem Politmagazin vor „basisfundamentalistischem Publikum mit politischem Interesse“ (F.K.), das die ARD Ende 1997 absetzte.
Friedrich Küppersbusch (ARD) ließ sich mit Willemsens Woche (zeitgleich im ZDF) zusammenschalten und die beiden überzogen einfach so lange, bis die ARD nach einer knappen Viertelstunde den Hinweis „Leider ist die Sendezeit zu Ende“ ein- und die Sendung ausblendete. Roger „Willemsens Woche“ sollte nur ein halbes Jahr später aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbannt werden. Großes Fernsehen.
Aus dem Fernsehlexikon von Michael Reufsteck und Stefan Niggemeier:
Willemsens Woche: Late-Night-Talkshow mit Roger Willemsen
- Nach einigen Jahren als hochgelobter, aber kaum gesehener Interviewer in 0137 und „Willemsen. der Talk.“ auf Premiere engagierte das ZDF den promovierten Germanisten für den Versuch einer intelligenten Gesprächssendung. Zu den Gästen gehörten Gerhard Schröder, Sting, Yoko Ono, Billy Joel, Jeanne Moreau, Isabelle Huppert, David Copperfield, Isabelle Allende, Jassir Arafat und Joan Baez.
In der ersten Ausgabe interviewte er Madonna und fragte sie u. a., ob sie gut küssen könne – was gleich einen Eindruck von seinem zwischen Intellektualität und Flirt changierenden Gesprächsstil vermittelte. Willemsen wagte anspruchsvolle Interviews, etwa mit Daniel Goldhagen über die Deutschen als „Hitlers willige Vollstrecker“, und lud den psychisch kranken australischen Pianisten David Helfgott ein, Fragmente aus Rachmaninovs 3. Klavierkonzert vorzutragen.
Sondersendungen mit nur einem einzigen Interviewgast gab es mit Isabella Rosselini, Michail Gorbatschow und Peter Ustinov. Er sprach mit seinen Gästen vor Publikum an einer Art Küchentisch, anfangs, je nach Thema, auch in einer Couchecke. Zwischen den Gesprächen spielte der an der Glasknochenkrankheit leidende Jazz-Pianist Michel Petrucciani.
Willemsens Woche polarisierte Zuschauer und Kritiker: Die einen lobten die sonst im Fernsehen fast völlig abwesende Intelligenz der Unterhaltung, andere waren von der Eitelkeit des Gastgebers genervt. Die Quoten waren nur selten gut, fielen aber ins Bodenlose, als das ZDF die Sendung Anfang 1997 vom späten Freitag- auf den noch späteren Donnerstagabend verlegte. Im September des gleichen Jahres machte der Sender den Schritt rückgängig und erklärte, Willemsen von der Quotenvorgabe zu befreien: „Ich bin kein Entertainer mehr, sondern Subkultur“, kommentierte der. Kein Jahr später war dennoch Schluss; im Juni 1998 lief noch ein Best-of.
Willemsen war innerhalb des ZDF auch wegen seiner häufigen Kritik am Medium Fernsehen umstritten. Nachdem er die Doktorarbeit von Bundeskanzler Helmut Kohl als „Leistungsverweigerung“ verspottet hatte, bekam er ebenso Ärger wie nach einem Interview mit der Mutter der RAF-Terroristin Birgit Hogefeld. Schon bald durfte Willemsen keine aktiven deutschen Politiker mehr in die Sendung einladen...
Helmut Markwort konfrontierte Willemsen 1995 mit einem Fehler nach dem anderen aus dessen Zeitschrift „Focus“. Die Abmoderation lautete: „Fakten, Fakten, Fakten. Das war unser Geschenk für zwei Jahre Focus. Herr Markwort, vielen Dank fürs Hiersein.“ Es gab eine Rüge vom Fernsehrat dafür...
Weiterführende Informationen:
- Roger Willemsen (1955 – 2016) - 08/02/2016 von allerlei2013riffmaster
- Roger Willemsens Interview mit Helmut Markwort
- Roger Willemsen über Heidi Klum und Germanys next Topmodel
- Roger Willemsen in seinem letzten Interview mit der „Katholischen Nachrichten-Agentur“ (KNA):
- Wenn Sie nicht gläubig sind, worin besteht für Sie der Sinn des Lebens?
Willemsen: Der Sinn besteht darin, die gegebene Frist sinnvoll zu nutzen. Nicht nur Spaß zu haben.
Und wenn die Frist dann um ist - was ist mit einem Leben nach dem Tod?
Willemsen: Darüber kann ich nichts wissen, und das betrübt mich nicht.
Und wie wollen Sie die Frist nutzen, die Ihnen noch bleibt?
Willemsen: Da für mich zu den größten Glückszuständen der Zustand der Produktivität gehört, also etwas hervorzubringen, richtet sich meine Glücksvorstellung in erster Linie auf das, was ich noch werde hervorbringen können. Das heißt, Bücher, die ich im Kopf habe, Dinge, die ich sinnvoll oder notwendig finde.
"Wahrscheinlich steht die Vorstellung einer weitestgehend ungestörten Kultur dahinter. Doch die ist für alle Staaten verloren. ... ich glaube schon, dass hier die Vorstellung von einem umfriedeten europäischen Land gezüchtet wird, die antiquiert ist. Wir haben uns auf Migrationsbewegungen ganz anderer Art einzurichten." - Roger Willemsen im Feburar 2014
+ Sehr schön: Willi Winkler über Roger Willemsen. Er konnte alles besser als alle (Süddeutsche Zeitung, 8. Februar 2016)Dieser Blick - nehmen wir mal an, er richtet sich auf die Bilder aus Homs (unten) - zeichnet sich aus durch ein gelungenes Verhältnis von Nähe und Distanz: Empathie, verstehen wollen und verstehen können, Wissen, Zweifel und eine feine ironische, aber nicht arrogante Distanz zum Gegenstand der Betrachtung. Eine gelebte Haltung ...
gebattmer - 2016/02/08 18:41
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