Splitter: -Parteien (XVII): Wahlen in Zeiten der Postdemokratie
- Zwischen der anschwellenden Kraft der rechtspopulistischen, nationalistischen, rassistischen und anti-demokratischen Bewegungen und der demokratischen, engagierten und kritischen Zivilgesellschaft war eine Mehrheit von Menschen erzeugt werden, die man, missverständlicherweise, als „entpolitisiert“ beschrieben hat. Sie entsprachen weitgehend dem Schreckbild von Platos früher Kritik an der Demokratie: Menschen, die sich um ihre eigenen Angelegenheiten, die eigenen Vergnügungen, die eigenen Freiheiten kümmerten und die Demokratie eigentlich nur als „Mantel“ für ihren Egoismus ansahen. Der entpolitisierten Mehrheit, so sah es die Kritik, war die Demokratie bestenfalls „angenehm“. Würden diese entpolitisierten Hedonisten, sagte Plato, in ihrem Egoismus und ihrer Vergnügungssucht nicht mehr befriedigt, dann würden sie stehenden Fusses in das Lager eines neuen Tyrannen wechseln. Plato hat das übrigens vor ungefähr 2500 Jahren gesagt.
Ist die Demokratie also noch zu retten? Ist eine Zivilgesellschaft zu retten, die nicht nur von rechts unter Druck geraten ist, sondern auch von ihren politischen Repräsentanten, ihren Medien und ihren Intellektuellen im Stich gelassen wurde? Die sich im Kampf gegen ungehemmte Bösartigkeit, Gleichgültigkeit und Ausbeutung auf die eigene Erschöpfung zu bewegt? Hat die Aufklärung einer multiphonen Hysterisierung noch etwas entgegen zu setzen? Soll Europa, als politisch-kulturelles Projekt einer transnationalen Demokratie gescheitert, als hochgerüstete, nationalistisch verschachtelte Festung statt um Demokratie und Menschen- und BürgerInnenrechte um Ober- und Außengrenzen organisiert werden?
Georg Seeßlen, erweiterte Version des Textes in taz 03-02-16 (hier als pdf)
Beste Grüße
Die GBlogSuche nach »Splitter: -Parteien: Wahlen in Zeiten der Postdemokratie« hat 20 Resultate geliefert.
gebattmer - 2016/03/13 18:25
Trackback URL:
https://gebattmer.twoday.net/stories/1022552201/modTrackback