We aren't talking about passports. Wir sind Rassisten. Der dog whistler sagt, dass wir das dürfen.
Was den Passport (s. u.) angeht, steht doch wohl außer Frage: Jérôme Agyenim Boateng (* 3. September 1988 in Berlin) ist ein deutscher Fußballspieler und Brillendesigner.
Sagen Sie jetzt nichts, Jérôme Boateng.
Wenn dann jemand öffentlich äußert (bzw. zitiert wird, womit er rechnen konnte),
der in Berlin geborene und aufgewachsene Fußballspieler, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat, [werde] zwar als Spieler in der deutschen Nationalmannschaft geschätzt, doch das bedeute nicht, dass er nicht als fremd empfunden werde und dieser Zeitung sagt: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
... dann ist das eine subjektive Einschätzung eines möglichen Empfindens von kleinen (xenophoben) Teilen der Bevölkerung, die gleichmal mit der gesamten Bevölkerung* gleichsetzt werden, von der er spricht und von der er sich nicht distanziert. Und im Übrigen sagt er auch nicht: "Aber sie wollen Boateng nicht als Nachbarn haben." (- was auch noch keine Beleidigung Boatengs wäre, sondern ggfs. eine derer, die ihn nich als Nachbarn haben wollen.) ... Sondern er sagt: "Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
Was aber ist ein Boateng:
- ein Spieler in der deutschen Nationalmannschaft?
- ein Spieler in der deutschen Nationalmannschaft, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat?
- ein Mensch, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat?
- ein Schwarzer, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat?
- ein Schwarzer?
- einer, der hier nicht hingehört?
- einer, den der Staat uns vom Halse schaffen müsste? Und wenn der das nicht tut:
- einer, den wir schlagen dürfen?
- einer, den wir totschlagen dürfen?
Der so spricht: "Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ hat nicht eine Person beleidigt. Als der hannoversche Gauleiter Hartmann Lauterbacher (der übrigens später lange für den BND gearbeitet hat und dann offizieller Berater des Sultans von Oman, Qabus ibn Said, in Jugendfragen war) so um 1937 sagte, die Leute in Hannover wollen am Horst-Wessels-Platz keine jüdischen Geschäfte, hat er ja auch nicht Juden beleidigt, sondern die Reichspogromnacht vorbereitet.
Und so hat der Gauland mit dem kleinen gemeinen "einen Boateng" dem alltäglichen Rassismus nochmal etwas mehr Legitimation zu verschafft, womit der, der so spricht, zumindest billigend in Kauf nimmt, dass eliminatorischer Rassismus weiter aus dem fruchtbaren Schoß des alltäglichen kriecht. ("Teilverrohung der Gesellschaft" - Gewalt gegen Flüchtlinge wächst weiter, n-tv, 28.05.2016) - Ein klitzekleiner, aber ekliger Trick, - die feine Drehung der Sprache von der Information zur Propaganda.
Andrian Kreye analysiert das (heute in der Süddeutschen: ) sehr differenziert:
So kann, wer so spricht, sich schuldig machen nach Strafgesetzbuch (StGB) § 130 Volksverhetzung, kann aber vermutlich nicht belangt werden.
Man muss wohl feststellen, dass die Strategie der Vordenker der neuen Rechten, sich an Antonio Gramscis Strategie der "kulturellen Hegemonie" zu orientieren, erstmal erfolgreich ist, weil Sie offenbar ziemlich gut sind darin, mit den kleinen fiesen Injektionen in die Alltagssprache Diskurse (die dadurch keine mehr sind) zu verschieben.
Die Linke kann das nicht; - ich vermute oder hoffe - weil sie sich aus guten Gründen und historischen Erfahrungen scheut, Menschen auf diese Weise zu instrumentalisieren.
Bernd Rausch: Eliminatorischer Rassismus
____________________________________________________
* "Die Leute" - Es sei denn, er meint das wie Werner Enke, als der ein bisschen fummelt und auf Schätzchens Hinweis, da seien Menschen, antwortet: "Das sind keine Menschen, das sind Leute." - Aber das glaube ich nicht.)
Sagen Sie jetzt nichts, Jérôme Boateng.
Wenn dann jemand öffentlich äußert (bzw. zitiert wird, womit er rechnen konnte),
der in Berlin geborene und aufgewachsene Fußballspieler, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat, [werde] zwar als Spieler in der deutschen Nationalmannschaft geschätzt, doch das bedeute nicht, dass er nicht als fremd empfunden werde und dieser Zeitung sagt: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
... dann ist das eine subjektive Einschätzung eines möglichen Empfindens von kleinen (xenophoben) Teilen der Bevölkerung, die gleichmal mit der gesamten Bevölkerung* gleichsetzt werden, von der er spricht und von der er sich nicht distanziert. Und im Übrigen sagt er auch nicht: "Aber sie wollen Boateng nicht als Nachbarn haben." (- was auch noch keine Beleidigung Boatengs wäre, sondern ggfs. eine derer, die ihn nich als Nachbarn haben wollen.) ... Sondern er sagt: "Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“
Was aber ist ein Boateng:
- ein Spieler in der deutschen Nationalmannschaft?
- ein Spieler in der deutschen Nationalmannschaft, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat?
- ein Mensch, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat?
- ein Schwarzer, der einen ghanaischen Vater und eine deutsche Mutter hat?
- ein Schwarzer?
- einer, der hier nicht hingehört?
- einer, den der Staat uns vom Halse schaffen müsste? Und wenn der das nicht tut:
- einer, den wir schlagen dürfen?
- einer, den wir totschlagen dürfen?
Der so spricht: "Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ hat nicht eine Person beleidigt. Als der hannoversche Gauleiter Hartmann Lauterbacher (der übrigens später lange für den BND gearbeitet hat und dann offizieller Berater des Sultans von Oman, Qabus ibn Said, in Jugendfragen war) so um 1937 sagte, die Leute in Hannover wollen am Horst-Wessels-Platz keine jüdischen Geschäfte, hat er ja auch nicht Juden beleidigt, sondern die Reichspogromnacht vorbereitet.
Und so hat der Gauland mit dem kleinen gemeinen "einen Boateng" dem alltäglichen Rassismus nochmal etwas mehr Legitimation zu verschafft, womit der, der so spricht, zumindest billigend in Kauf nimmt, dass eliminatorischer Rassismus weiter aus dem fruchtbaren Schoß des alltäglichen kriecht. ("Teilverrohung der Gesellschaft" - Gewalt gegen Flüchtlinge wächst weiter, n-tv, 28.05.2016) - Ein klitzekleiner, aber ekliger Trick, - die feine Drehung der Sprache von der Information zur Propaganda.
Andrian Kreye analysiert das (heute in der Süddeutschen: ) sehr differenziert:
- ... Das alles soll nicht die Mehrheit überzeugen, sondern trägt zur schrittweisen Kodierung der Alltagssprache bei, es richtet sich an eine Wählerschaft, die eigentlich zu bürgerlich für die AfD ist, aber prinzipiell empfänglich für die Radikalität. Im englischsprachigen Ausland gibt es längst einen Fachbegriff. "Dog whistle politics" nennt man solche Kodierungen, Hundepfeifenpolitik. Das Bild ist griffig. So ähnlich, wie der Mensch die hohen Frequenzen einer Hundepfeife nicht wahrnimmt, Hunde aber sehr wohl, kann die Mehrheit der Bürger den Subtext vermeintlich harmloser Äußerungen nicht entschlüsseln, sondern nur die eingeweihte Zielgruppe.... Auch die AfD will die politische Mitte nur provozieren, weil das Empörungspotenzial des liberalen Konsenses ein zentrales Element ihrer Strategie ist. Das ist aber nur Teil einer rhetorischen Gratwanderung, bei der sie ihre radikale Haltung bewahren muss, ohne an Legitimität zu verlieren. Erschwerend kommt hinzu, dass radikale Äußerungen in Deutschland strafbar sein können, so eine Volksverhetzungsklage würde viel kaputt machen. Lädt man die Alltagssprache für die Stammklientel allerdings mit Subtexten auf, bleibt man als radikale Opposition glaubwürdig, wird weiter in Talkshows eingeladen und kann rassistische Standpunkte in die politische Mitte bringen...
So kann, wer so spricht, sich schuldig machen nach Strafgesetzbuch (StGB) § 130 Volksverhetzung, kann aber vermutlich nicht belangt werden.
- (1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet...
Man muss wohl feststellen, dass die Strategie der Vordenker der neuen Rechten, sich an Antonio Gramscis Strategie der "kulturellen Hegemonie" zu orientieren, erstmal erfolgreich ist, weil Sie offenbar ziemlich gut sind darin, mit den kleinen fiesen Injektionen in die Alltagssprache Diskurse (die dadurch keine mehr sind) zu verschieben.
Die Linke kann das nicht; - ich vermute oder hoffe - weil sie sich aus guten Gründen und historischen Erfahrungen scheut, Menschen auf diese Weise zu instrumentalisieren.
Bernd Rausch: Eliminatorischer Rassismus
____________________________________________________
* "Die Leute" - Es sei denn, er meint das wie Werner Enke, als der ein bisschen fummelt und auf Schätzchens Hinweis, da seien Menschen, antwortet: "Das sind keine Menschen, das sind Leute." - Aber das glaube ich nicht.)
"Es wird böse enden."
gebattmer - 2016/05/31 18:08
Trackback URL:
https://gebattmer.twoday.net/stories/1022572872/modTrackback