Wege zur Kritischen Psychologie
Stefan Meretz weist bei keimform.de auf den Themenschwerpunkt »Kritische Psychologie« der »CONTRASTE – Monatszeitschrift für Selbstorganisation« (Ausgabe 318 vom März 2011) hin. Die Schwerpunkt-Artikel wurden außerdem zu einer Sonderausgabe zusammengestellt, die komplett als Download verfügbar ist: hier!
Sehr empfehlenswert als Einführung in die Kritische Psychologie im Anschluss an Klaus Holzkamp! Darüber hinaus seien empfohlen:
Die Literatur- und Linkliste bei Kritische Psychologie Trier
Klaus Holzkamp: Lernen. Subjektwissenschaftliche Grundlegung - Einführung in die Hauptanliegen des Buches (Vortrag im Rahmen des Potsdamer Kolloquiums zur Lern- und Lehrforschung am 23.Februar 1994)
Klaus Holzkamp (1991): Lehren als Lernbehinderung? Für mich ein Schlüsseltext zum Begreifen von Schule. Wie ich schon sagte: Ich würde das Fragezeichen streichen!
Mit der Alternative: Lernen oder bloße Situationsbewältigung ist allerdings die Begründungskonstellation hier noch nicht differenziert genug gekennzeichnet: Wenn man in der Schule lernt, so heißt dies nämlich keineswegs notwendig, daß man damit positiv Gründe sieht, der Lernanforderung im eigenen Interesse - weil man das Zu-Lernende als inhaltlich für sich selbst nützlich oder wissenswert betrachtet - nachzukommen. Außer in solchen (wie wir uns ausdrücken) »expansiven« Lerngründen kann das Lernen vielmehr auch darin begründet sein, daß ich nur durch Lernen bestimmte Nachteile oder Bedrohungen, denen ich sonst ausgesetzt wäre, abwenden zu können meine. Für diesen Fall sprechen wir von »defensiven Lerngründen«. Ein solches defensiv begründetes Lernen wäre also quasi die geschilderte Situationsbewältigung mit den Mitteln des Lernens: Es ist für mich unter bestimmten Prämissen am vernünftigsten, mögliche Nachteile oder Bedrohungen nicht nur durch bloß aktuelle Bewältigungsversuche, sondern auch durch ein gewisses Maß an Lernen abwenden zu wollen. Ganz ohne Lernen die Schule zu überstehen ist offenbar schwierig. Dabei sind Ausmaß und Art eines solchen defensiven Lernens nicht primär am Lerngegenstand orientiert, sondern werden letztlich daran bemessen, wieweit sie für die Vermeidung der antizipierten Nachteile und Bedrohungen taugen. Das Lernen ist hier also quasi bewältigungszentriert, wobei man, soweit möglich, sich der Situationsbewältigung ohne Lernen anzunähern versuchen wird. Da hier zwar irgendwie und irgendwas gelernt, aber darin den gestellten Lernanforderungen nach wie vor ausgewichen wird, bleibt das geschilderte »verdeckte Verhältnis« zwischen Lernenden und Lehrenden im Prinzip bestehen, nur wird dabei nicht Lernen überhaupt, sondern interessiert-anforderungsgemäßes Lernen vorgetäuscht - dies nicht notwendigerweise bewußt, sondern quasi aufgrund der Dynamik der Situation (s.u.). Defensiv begründetes Lernen ist somit - indem die Lernanforderung hier sowohl übernommen wie zurückgewiesen wird - auf charakteristische Weise widersprüchlich, in sich gebrochen, halbherzig, ineffektiv und wird deswegen von uns auch als »widerständiges Lernen« bezeichnet...
Klaus Holzkamp zur wissenschaftlichen Begründbarkeit der Besonderheit der menschlichen Psyche (immer noch aktuell für die Auseinandersetzung mit den Hirnforschern):
Sehr empfehlenswert als Einführung in die Kritische Psychologie im Anschluss an Klaus Holzkamp! Darüber hinaus seien empfohlen:
Die Literatur- und Linkliste bei Kritische Psychologie Trier
Klaus Holzkamp: Lernen. Subjektwissenschaftliche Grundlegung - Einführung in die Hauptanliegen des Buches (Vortrag im Rahmen des Potsdamer Kolloquiums zur Lern- und Lehrforschung am 23.Februar 1994)
Klaus Holzkamp (1991): Lehren als Lernbehinderung? Für mich ein Schlüsseltext zum Begreifen von Schule. Wie ich schon sagte: Ich würde das Fragezeichen streichen!
Lernen
... Die Schule stellt den Schüler ja vor eine Reihe von Problemen, durch die er Gründe hat, in seinem Interesse irgendwie tätig zu werden: Angemessene Zensuren bekommen, Versetzt-Werden, Ärger mit dem Lehrer und den Eltern vermeiden, der Blamage vor Lehrer, Eltern und Mitschülern entgehen, etc. Das alles hat zwar mit der schulischen Lernanforderung zu tun. Dies heißt aber nicht, daß der Schüler die jeweilige Problematik, mit der er durch die Lernanforderung konfrontiert ist, nun auch tatsächlich mit den geforderten Lernhandlungen beantworten, also als Lernproblematik übernehmen muß. Da intentionales Lernen ja im normalen Handlungsablauf immer eine Komplikation darstellt, sozusagen einen Umweg oder eine Schleife, um irgendwie mangelnde Handlungsvoraussetzungen einzuholen, muß man nämlich besondere Gründe haben, um auf eine Handlungsproblematik, und sei es in Form einer Lernanforderung, gerade mit Lernen antworten zu wollen. Unter bestimmten Prämissen kann es dagegen für mich besser begründet, quasi »vernünftiger« sein, die Lernanforderung auf eine bloße, in ||8| einer aktuellen Situation sich stellende Bewältigungsproblematik zu reduzieren, die ich -entgegen der gestellten Lernanforderung - mit weniger aufwendigen Mitteln als gerade durch Lernen zu überwinden versuche - so durch die ja bekannten vielfältigen Formen der bloßen Vortäuschung von Lernresultaten. Damit konstituiert sich hier das, was wir als »verdecktes Verhältnis« zwischen Lehrenden und Lernenden bezeichnen (und auf das ich noch zurückkomme).Mit der Alternative: Lernen oder bloße Situationsbewältigung ist allerdings die Begründungskonstellation hier noch nicht differenziert genug gekennzeichnet: Wenn man in der Schule lernt, so heißt dies nämlich keineswegs notwendig, daß man damit positiv Gründe sieht, der Lernanforderung im eigenen Interesse - weil man das Zu-Lernende als inhaltlich für sich selbst nützlich oder wissenswert betrachtet - nachzukommen. Außer in solchen (wie wir uns ausdrücken) »expansiven« Lerngründen kann das Lernen vielmehr auch darin begründet sein, daß ich nur durch Lernen bestimmte Nachteile oder Bedrohungen, denen ich sonst ausgesetzt wäre, abwenden zu können meine. Für diesen Fall sprechen wir von »defensiven Lerngründen«. Ein solches defensiv begründetes Lernen wäre also quasi die geschilderte Situationsbewältigung mit den Mitteln des Lernens: Es ist für mich unter bestimmten Prämissen am vernünftigsten, mögliche Nachteile oder Bedrohungen nicht nur durch bloß aktuelle Bewältigungsversuche, sondern auch durch ein gewisses Maß an Lernen abwenden zu wollen. Ganz ohne Lernen die Schule zu überstehen ist offenbar schwierig. Dabei sind Ausmaß und Art eines solchen defensiven Lernens nicht primär am Lerngegenstand orientiert, sondern werden letztlich daran bemessen, wieweit sie für die Vermeidung der antizipierten Nachteile und Bedrohungen taugen. Das Lernen ist hier also quasi bewältigungszentriert, wobei man, soweit möglich, sich der Situationsbewältigung ohne Lernen anzunähern versuchen wird. Da hier zwar irgendwie und irgendwas gelernt, aber darin den gestellten Lernanforderungen nach wie vor ausgewichen wird, bleibt das geschilderte »verdeckte Verhältnis« zwischen Lernenden und Lehrenden im Prinzip bestehen, nur wird dabei nicht Lernen überhaupt, sondern interessiert-anforderungsgemäßes Lernen vorgetäuscht - dies nicht notwendigerweise bewußt, sondern quasi aufgrund der Dynamik der Situation (s.u.). Defensiv begründetes Lernen ist somit - indem die Lernanforderung hier sowohl übernommen wie zurückgewiesen wird - auf charakteristische Weise widersprüchlich, in sich gebrochen, halbherzig, ineffektiv und wird deswegen von uns auch als »widerständiges Lernen« bezeichnet...
Klaus Holzkamp zur wissenschaftlichen Begründbarkeit der Besonderheit der menschlichen Psyche (immer noch aktuell für die Auseinandersetzung mit den Hirnforschern):
gebattmer - 2011/03/16 19:00
Trackback URL:
https://gebattmer.twoday.net/stories/14879336/modTrackback