Wünschenswerte Ungleichheit bei anhaltendem Einfordern von Gleichheit als Projekt
Herr H. hat jetzt seine erste CD herausgebracht. Sie sei allen empfohlen. Herr H. kann seine Geschichten wunderbar vorlesen. Schöner noch wäre es, man könnte ihm dabei zusehen. Aber vielleicht folgt ja demnächst die DVD zur Lesereise ("Live aus der Aula der Bernd-Rosemeyer-Oberschule in Mörfelden" ... erstaunlich übrigens: wenn man zwecks Überprüfung der Schreibung des Namens auf Wikipedia stößt, erfährt man dort, dass R. † 28. Januar 1938 auf der Reichsautobahn Frankfurt–Darmstadt bei Mörfelden ... und Reichsautobahn ist verlinkt auf BAB5 - nicht dass einer auf der Suche nach dem Kreuz Reichsautobahn in sein Navigationsgerät eingibt ...). Das hat jetzt etwas abgeführt; es war Herr H. zu empfehlen:

Hermann Peter Piwitts neuer Roman "Jahre unter ihnen" sei ebenfalls empfohlen. Piwitt ist ein scharfer Denker und ein begnadeter Schreiber (oder umgekehrt - sehr wahrscheinlich hängt das eng zusammen, wie bei Herrn H.).
Was er schreibt, mag der Klappentext verraten:
Als Architekt hat der Bruder ein Leben lang gearbeitet, bevor er "auffällig" wird. Er fälscht Urkunden, überzieht Gerichte mit Klagen, veruntreut Gelder und vertreibt Gerichtsvollzieher mit dem Jagdgewehr. Und weder Banken, Versicherungen, Gläubiger und Behörden noch Richter und Staatsanwälte entnehmen seiner Post die einfache Botschaft, nämlich, dass er längst den Verstand verloren hat. Im Gegenteil, die Regeln, nach denen sie den Fall verwalten, tragen selbst Züge des Wahnsinns. Aus einem halben Dutzend Pappkisten mit Briefschaften rekonstruiert der Erzähler die letzten Lebensjahre des Mannes, der von Kindheit an ein glühender Verehrer Friedrichs des Großen von Preußen gewesen ist und bis zuletzt hofft, etwas Rettendes wie das "Mirakel des Hauses Brandenburg" von 1763 könne auch ihm widerfahren. Der Bruder stirbt an Alzheimer. Seine letzten Klagen gelten dem Staat, dem "kommunistischen" Pfleger, der Forstwirtschaft. In einem fremden Land lebt der Erzähler weiter. Hier ist Arbeit "Mangelware", und in hohem Ansehen steht, wer sie "schafft". Eine Architektin entscheidet sich für ein besseres Leben: als Taxifahrerin. Eine Liebe geht zu Ende und lässt den Erzähler verwüstet zurück. In einem Dorf im Süden freundet er sich mit einer geisteskranken Frau an. Es ist Sommer und Nacht, als auch er das Pferd umarmt. In der einen Welt kommt nur, wer Geld hat, überall hin, aber nicht mehr raus.
... wie er schreibt:
Und wieder rangeklotzt, Jungs. Boden, Arbeit, Kapital: Wer schafft am meisten? Ein Volk, ein Reich, ein Führer. Gott, Christus und der Heilige Geist. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Immer kommen sie zu dritt. Und man ist allein. (S. 23)
... wie er denkt und schreibt:
Von »Improvement«, »Verbesserung«, sprach und schrieb man Anfang des 19. Jahrhunderts in Großbritannien, als man die Menschen aus den schottischen Highlands vertrieb, weil Schafe dort leben zu lassen eine höhere Rendite versprach. Begriffe wie »Landesvater« und »Untertan« waren von unseren Urgroßeltern umgangssprachlich akzeptiert, wie von unseren Vätern und Großvätern »Erzeugungsschlacht« und »Heldentod«. Die Geschichte ist ein Albtraum, aus dem wir hin und wieder zu erwachen versuchen, soll Joyce einmal gesagt haben. Wenn Journalisten heute Begriffe wie »Reform«, »Arbeitnehmer«, »Arbeitgeber« oder »Flexibilität« ohne Anführungsstriche schreiben: Woher nehmen sie die Gewissheit, nicht gerade mal wieder albzuträumen? Zur Räson derer gebracht, die die Macht haben zu definieren, ist das Zugemutete immer schon. Dass das »Wachstum« wiederkehre und uns von der »Geißel der Arbeitslosigkeit« befreie, wird beschworen als eschatologische Gewissheit. Und schon blickt keiner mehr durch, aber jeder weiß Bescheid. Common Sense ist, dass Boden und Geld arbeiten und Arbeit erst geschaffen werden müsse, so, als brauchten wir sie und nicht »Schuhe, Nudeln, Betten, Wohnungen, Musik und Kartoffeln ... Anzüge und Wurst, Bücher und Brot«. (E. A. Rauter)
Alle Fragen sind falsch gestellt; und die Antworten sehen danach aus. (Quelle: taz)
(Wieder-) lesenswert ist auch
... kann man zur Zeit für 0,01 Euro erstehen - Marktwirtschaft bei amazon- neu und gebraucht.
Mal was zu Christian Geissler schreiben.

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Was er schreibt, mag der Klappentext verraten:

... wie er schreibt:
Und wieder rangeklotzt, Jungs. Boden, Arbeit, Kapital: Wer schafft am meisten? Ein Volk, ein Reich, ein Führer. Gott, Christus und der Heilige Geist. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Immer kommen sie zu dritt. Und man ist allein. (S. 23)
... wie er denkt und schreibt:
Von »Improvement«, »Verbesserung«, sprach und schrieb man Anfang des 19. Jahrhunderts in Großbritannien, als man die Menschen aus den schottischen Highlands vertrieb, weil Schafe dort leben zu lassen eine höhere Rendite versprach. Begriffe wie »Landesvater« und »Untertan« waren von unseren Urgroßeltern umgangssprachlich akzeptiert, wie von unseren Vätern und Großvätern »Erzeugungsschlacht« und »Heldentod«. Die Geschichte ist ein Albtraum, aus dem wir hin und wieder zu erwachen versuchen, soll Joyce einmal gesagt haben. Wenn Journalisten heute Begriffe wie »Reform«, »Arbeitnehmer«, »Arbeitgeber« oder »Flexibilität« ohne Anführungsstriche schreiben: Woher nehmen sie die Gewissheit, nicht gerade mal wieder albzuträumen? Zur Räson derer gebracht, die die Macht haben zu definieren, ist das Zugemutete immer schon. Dass das »Wachstum« wiederkehre und uns von der »Geißel der Arbeitslosigkeit« befreie, wird beschworen als eschatologische Gewissheit. Und schon blickt keiner mehr durch, aber jeder weiß Bescheid. Common Sense ist, dass Boden und Geld arbeiten und Arbeit erst geschaffen werden müsse, so, als brauchten wir sie und nicht »Schuhe, Nudeln, Betten, Wohnungen, Musik und Kartoffeln ... Anzüge und Wurst, Bücher und Brot«. (E. A. Rauter)
Alle Fragen sind falsch gestellt; und die Antworten sehen danach aus. (Quelle: taz)

... kann man zur Zeit für 0,01 Euro erstehen - Marktwirtschaft bei amazon- neu und gebraucht.
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gebattmer - 2006/12/03 21:23
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