Archäologie CVXVVXXXXII: Das beste Kalifornien, das es nie gab: Natürliche Mängel
Inherent Vice - Thomas Pynchon's New Novel
... „It’s kinda groovy“ verspricht die Trailerstimme, die vielleicht die des Autors ist, vielleicht auch die von einem „Big Lebowski“. So wie Pynchon von Szene zu Szene, von verrückten Namen zu den üblichen Szenen mit korrupten Polizisten, schmierigen Politikern, skrupellosen Immobillionären hüpft, die eine oder andre perverse Sexszene keineswegs verschmäht, ist beste Unterhaltung garantiert. Das allein wäre aber bloß traurig langweilig. Pynchon ist aber einer der wenigen amerikanischen Autoren mit Geschichts- und damit einem politischen Bewusstsein. Schließlich hat er schon 1966 in der New York Times über den Aufstand der Schwarzen im Stadtteil Watts in Los Angeles geschrieben und sich später in bester Thoreau-Tradition geweigert, Steuern für den Vietnamkrieg zu zahlen. Vielleicht nicht Doc Sportello, aber seinem Erfinder blutet das Herz, wenn er nachzeichnet, wie die Gegenkultur nach dem langen kalifornischen Sommer vorzeitig verschied, wie das FBI Hippies umdrehte und als Informanten bezahlte, wie sich im Hintergrund ein quasifaschistischer Machthaber spreizt...
Willi Winkler: Wenn auf dem Surfmobil die Neonlettern blinken - Gegen Nixon war kein noch so gutes Kraut gewachsen: Thomas Pynchon entschlüsselt in seinem neuen Roman die DNS des kalifornischen Paradieses (suedeutsche 5.10.10)
Das müssen Sie lesen! Ein unglaubliches Lesevergnügen!
Zwei Sätze zum Beweis der Genialität des Schreibers:
1. Der Kürzeste:
"Sie seufzte didaktisch." (S. 162)
2. Einer der längsten:
"Glücklicherweise fanden sie Docs Wagen genau an der Stelle, wo sie ihn geparkt hatten ... An der Canyonstraße riss Doc das Steuer nach links herum, sodass sie sich beinahe überschlagen hätten und ein-, zweimal schlingerten, ehe der Wagen sich wieder fing und sie nach Malibu hinunterfuhren, auf einer Straße, die damals noch nicht die mehrspurige vorstädtische Annehmlichkeit späterer Zeiten, sondern eher so etwas wie ein lebensbedrohlicher Albraum voller blinder Ausfahrten und enger Haarnadelkurven war, wo Doc, wie er bald feststellte, von seinen Auffrischungskursen bei der Tex Wiener École de Pilotage profitierte und mit mehr Powerslides und dreipedaligem Zwischengasgeben operierte, als die Konstrukteure bei Chrysler Motors hatten absehen können, während das Radio Here come the Hodads von den Marketts spielte." (S. 176 f.)
Im Übrigen kongenial übersetzt! Die schönere Ausgabe gibt's eigentlich immer bei der Büchergilde!
Nachtrag: Für nur 10 € konnte man bei Konkret die CD mit den kompletten Ausgaben 1974 - 2006 erstehen (ausverkauft!): Eine unglaubliche Fundgrube. Beim Stöbern traf ich auf dieses hier passende Dokument:
Charles Manson
„Was Ihr braucht, ist ein Teufel!"
Schlußwort des Angeklagten Manson vor Gericht, Kalifornien 1970
7602_030_Manson (html, 25 KB)
Manson - The Notorious Crime And Trial
Unfreiwillig passendes Nachwort von David Lee Roth: Das Paradies endgültig im Arsch ... :
gebattmer - 2011/07/22 16:17
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