Günther, Hans und Rolf (und Imre)
Während sich alle über Oettinger aufregen (schmeckt ja auch wirklich nicht, die Billig-Plörre), weist Otto Köhler (im Freitag von heute) dankenswerterweise auf die wirklich wichtigen Verdienste Filbingers hin:
Reden wir doch nur von den Verdiensten, die er sich beim Wiederaufbau erworben hat, wie vorbildlich er als Ministerpräsident im baden-württembergischen Landtag mit der - sagen wir - rechtskonservativen NPD zusammenarbeitete. Reden wir von der großartigen Sammlungsbewegung, die er nach seinem erzwungenen Rücktritt mit seinem Studienzentrum Weikersheim schuf, der exzellenten Denkfabrik zur "geistig-sittlichen Erneuerung" unseres Staatswesens.
Als einfacher Journalist durfte ich dort Hans Filbinger zweimal als genialen Gesprächsführer erleben. Erstmals 1980, als sein Studienzentrum auf Einladung des Rüstungskonzerns Dornier im Schloss Meersburg tagte. An diesem passenden Ort wurden am Vormittag die Möglichkeiten eines Dritten Weltkriegs beraten und am Nachmittag, wie man der "Exzesse des Sozialstaates" Herr werden könne. Unvergesslich wird mir sein, wie der als Vier-Sterne-General und Oberbefehlshaber der Verbündeten Streitkräfte Europa-Mitte (bis 1968) reaktivierte Wehrmachtsmajor Johann Adolf Graf von Kielmansegg - er hatte Geheime Kommandosachen abgezeichnet wie "Sühneerschießungen von 40 Kommunisten" - die damalige Lage einschätzte: Nach dem Verlust der bis dahin "an den Westen angegliederten Ordnungsmacht Persien" wäre es richtig, wenn die Bundesrepublik "nicht mit ängstlichem Seitenblick nach dem Osten von Solidarität nur reden würde, sondern auch die notwendigen Maßnahmen ergriffe." Der General: "In unserem Grundgesetz steht kein Wort, das wir das nicht dürfen." Als der aufbrausende Beifall verebbt war, sprach Filbinger: "Ich bin überzeugt, dass das, was heute gesagt wurde, eine Folgewirkung haben wird."
Im März 1983 feierte Filbinger mit seinem Studienzentrum Weikersheim im Rittersaal ein Wendefest zum Wahlsieg Helmut Kohls und der mit ihm verbundenen geistig-moralischen Erneuerung. Neben zahlreichen Offizieren der Bundeswehr war auch Rolf Kosiek da, der langjährige NPD-Chefideologe und Stuttgarter Abgeordnete, mit dem Ministerpräsident Filbinger im Landtag hervorragend zusammenarbeiten konnte. Zukunftsweisend war die Rede von Manfred Wörner, der als neuer Verteidigungsminister klagte, er müsse sich bei den christlichen Gemeinden draußen im Land mit ihrem Verständnis vom menschlichen Leben herumschlagen: "eine Verabsolutierung des Überlebens", die kaum mit dem "Grundgehalt des christlichen Glaubens" übereinstimmt.
Filbinger hatte damals die Hoffnung geäußert, dass "von dieser Tagung etwas ausgehen" werde. Ja, in diversen Kriegseinsätzen hat die Bundeswehr inzwischen dafür gesorgt, dass der Grundgehalt des christlichen Glaubens wieder Geltung gewonnnen hat.
In der Ausgabe Nr. 1 Januar 2005 der Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei findet sich ein aufschlussreicher Artikel über Die Netzwerke der rechten Szene:
Mehr über die Truppe hier.
Und auch hier per Selbstauskunft: Die Referenten der
Und Bücher von Kosiek wie dies schon im Titel Unappetitliche ("Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden Auswirkungen") gibt es selbstverständlich auch bei lesen.de
("lesen.de - Ein Geschäftsbereich der jpc-schallplatten Versandhandelsgesellschaft mbH") und bei amazon - mit schönen Kundenrezensionen!
Schon eine nur oberflächliche Suchmaschinen-Recherche ("Filbinger und Kosiek") ermöglicht zudem interessante Einblicke in die Natur der letzten großen Auseinandersetzungen in dieser Republik: Die Liste der Unterzeichner:
Tradition, Kultur und Sprache bewahren, Volksvermögen schützen: Wir kippen die Rechtschreibreform! (... Deutschland in Geschichte und Gegenwart Dr. Rolf Kosiek ... Hans Filbinger Stiftung Dr. Albrecht Jebens ... und wer noch so alles!!)
Herr Grimm von der HAZ könnte auch mal wieder schreiben, dass das doch ein schöner Tabubruch des Redenschreibers von Oettinger war, der damit nur auf jahrelang politisch vermintem Gelände rumspringen wollte, um zu demonstrieren, dass die Antifaschisten endlich das Maul zu halten haben. Nicht ganz gelungen, aber nach rechts verschiebt's die politische Öffentlichkeit trotzdem immer weiter (weil immer das Falsche zum Skandal (34 responses to “Der Fall Gröger - ein Justizmord”) gemacht wird, der sich aber sowieso nächste Woche erledigt hat - ).
Nachtrag- nochwas für Imre:
50 Jahre Vertreibung - im gleichen Verlag erschienen wie das Schmuddelwerk oben - u.a. mit einem Beitrag von Kosiek, in dem er unter der Überschrift
"Die Massenausraubung des Deutschen Volkes" den Siegerstaaten über den NS eine Rechnung praesentiert: eine Summe von 34000 Mrd DM. Jahrzehntelang politisch vermintes Gelände ... Ich weiß schon : man darf das Thema nicht den Rechten überlassen. Aber manchmal beschleicht mich eine leise Trauer, das es sowas wie das Народный комиссариат внутренних дел nicht mehr gibt ... Aber den Gedanken schüttle ich selbstverständlich sofort ab!
Noch ein Nachtrag: Worum sich Imre mal kümmern könnte:
Paul Karl Schmidt alias Paul Carell (1911-1997 --> s.o. Netzwerk) hat mit seinen Bestsellern zum Zweiten Weltkrieg das Bild vom Krieg der Wehrmacht als sauberen, kameradschaftlichen und heldenhaften Kampf geprägt. Als politischer Journalist schrieb er u.a. 1954 in der ZEIT zu den Ursachen beider Weltkriege, 1957 im SPIEGEL zum Reichstagsbrandprozess und 1979 in der WELT zur Verteidigungsdoktrin der Bundeswehr; hier forderte er eine Wandlung in Richtung einer angeblich möglichen präventiven Kriegführung. Bis zum Tode des Verlegers Axel Springer 1985 war er dessen enger Berater und Sicherheitschef. Vor 1945 agierte Schmidt als jüngster Gesandter I. Klasse bzw. Ministerialdirigent im NS-Regime. Er leitete seit 1939/40 die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes und hatte wesentlichen Anteil an der Auslandspropaganda des Regimes. In diesem Zusammenhang machte er propagandistische Vorschläge zur Rechtfertigung der Deportation der Budapester Juden 1944. (Benz)
Benz behandelt auch die Rolle Schmidt-Carells und des SPIEGEL bei der Durchsetzung der Alleintäterthese van der Lubbes beim Reichstagsbrand. Wo hab ich neulich genaueres darüber gelesen?
Update:
redblog hat zwei extra 3 Clips zu Filb&Oettinger.
Oettinger ist Mitglied in rechtem Studienzentrum (update 21.04.: jetzt nicht mehr.)
Zwischen dem "Studienzentrum Weikersheim" und dem Staatsministerium lassen sich Verbindungslinien ziehen, die noch auf Erwin Teufels Amtszeit zurückreichen. So fing im Jahr 2002 der Redenschreiber Michael Grimminger in Referat 43 Grundsatzabteilung an. Grimminger schrieb schließlich jene Trauerrede auf Filbinger, die den aktuellen Eklat ausgelöst hat. Einst war Grimminger Mitarbeiter des konservativen Publizisten Günter Rohrmoser.
Bernt Engelmann hat bereits in KONKRET 3/76 alles über Filbinger gesagt!
Reden wir doch nur von den Verdiensten, die er sich beim Wiederaufbau erworben hat, wie vorbildlich er als Ministerpräsident im baden-württembergischen Landtag mit der - sagen wir - rechtskonservativen NPD zusammenarbeitete. Reden wir von der großartigen Sammlungsbewegung, die er nach seinem erzwungenen Rücktritt mit seinem Studienzentrum Weikersheim schuf, der exzellenten Denkfabrik zur "geistig-sittlichen Erneuerung" unseres Staatswesens.
Als einfacher Journalist durfte ich dort Hans Filbinger zweimal als genialen Gesprächsführer erleben. Erstmals 1980, als sein Studienzentrum auf Einladung des Rüstungskonzerns Dornier im Schloss Meersburg tagte. An diesem passenden Ort wurden am Vormittag die Möglichkeiten eines Dritten Weltkriegs beraten und am Nachmittag, wie man der "Exzesse des Sozialstaates" Herr werden könne. Unvergesslich wird mir sein, wie der als Vier-Sterne-General und Oberbefehlshaber der Verbündeten Streitkräfte Europa-Mitte (bis 1968) reaktivierte Wehrmachtsmajor Johann Adolf Graf von Kielmansegg - er hatte Geheime Kommandosachen abgezeichnet wie "Sühneerschießungen von 40 Kommunisten" - die damalige Lage einschätzte: Nach dem Verlust der bis dahin "an den Westen angegliederten Ordnungsmacht Persien" wäre es richtig, wenn die Bundesrepublik "nicht mit ängstlichem Seitenblick nach dem Osten von Solidarität nur reden würde, sondern auch die notwendigen Maßnahmen ergriffe." Der General: "In unserem Grundgesetz steht kein Wort, das wir das nicht dürfen." Als der aufbrausende Beifall verebbt war, sprach Filbinger: "Ich bin überzeugt, dass das, was heute gesagt wurde, eine Folgewirkung haben wird."
Im März 1983 feierte Filbinger mit seinem Studienzentrum Weikersheim im Rittersaal ein Wendefest zum Wahlsieg Helmut Kohls und der mit ihm verbundenen geistig-moralischen Erneuerung. Neben zahlreichen Offizieren der Bundeswehr war auch Rolf Kosiek da, der langjährige NPD-Chefideologe und Stuttgarter Abgeordnete, mit dem Ministerpräsident Filbinger im Landtag hervorragend zusammenarbeiten konnte. Zukunftsweisend war die Rede von Manfred Wörner, der als neuer Verteidigungsminister klagte, er müsse sich bei den christlichen Gemeinden draußen im Land mit ihrem Verständnis vom menschlichen Leben herumschlagen: "eine Verabsolutierung des Überlebens", die kaum mit dem "Grundgehalt des christlichen Glaubens" übereinstimmt.
Filbinger hatte damals die Hoffnung geäußert, dass "von dieser Tagung etwas ausgehen" werde. Ja, in diversen Kriegseinsätzen hat die Bundeswehr inzwischen dafür gesorgt, dass der Grundgehalt des christlichen Glaubens wieder Geltung gewonnnen hat.
In der Ausgabe Nr. 1 Januar 2005 der Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei findet sich ein aufschlussreicher Artikel über Die Netzwerke der rechten Szene:
Mehr über die Truppe hier.
Und auch hier per Selbstauskunft: Die Referenten der
Und Bücher von Kosiek wie dies schon im Titel Unappetitliche ("Die Frankfurter Schule und ihre zersetzenden Auswirkungen") gibt es selbstverständlich auch bei lesen.de
("lesen.de - Ein Geschäftsbereich der jpc-schallplatten Versandhandelsgesellschaft mbH") und bei amazon - mit schönen Kundenrezensionen!
Schon eine nur oberflächliche Suchmaschinen-Recherche ("Filbinger und Kosiek") ermöglicht zudem interessante Einblicke in die Natur der letzten großen Auseinandersetzungen in dieser Republik: Die Liste der Unterzeichner:
Tradition, Kultur und Sprache bewahren, Volksvermögen schützen: Wir kippen die Rechtschreibreform! (... Deutschland in Geschichte und Gegenwart Dr. Rolf Kosiek ... Hans Filbinger Stiftung Dr. Albrecht Jebens ... und wer noch so alles!!)
Herr Grimm von der HAZ könnte auch mal wieder schreiben, dass das doch ein schöner Tabubruch des Redenschreibers von Oettinger war, der damit nur auf jahrelang politisch vermintem Gelände rumspringen wollte, um zu demonstrieren, dass die Antifaschisten endlich das Maul zu halten haben. Nicht ganz gelungen, aber nach rechts verschiebt's die politische Öffentlichkeit trotzdem immer weiter (weil immer das Falsche zum Skandal (34 responses to “Der Fall Gröger - ein Justizmord”) gemacht wird, der sich aber sowieso nächste Woche erledigt hat - ).
Nachtrag- nochwas für Imre:
50 Jahre Vertreibung - im gleichen Verlag erschienen wie das Schmuddelwerk oben - u.a. mit einem Beitrag von Kosiek, in dem er unter der Überschrift
"Die Massenausraubung des Deutschen Volkes" den Siegerstaaten über den NS eine Rechnung praesentiert: eine Summe von 34000 Mrd DM. Jahrzehntelang politisch vermintes Gelände ... Ich weiß schon : man darf das Thema nicht den Rechten überlassen. Aber manchmal beschleicht mich eine leise Trauer, das es sowas wie das Народный комиссариат внутренних дел nicht mehr gibt ... Aber den Gedanken schüttle ich selbstverständlich sofort ab!
Noch ein Nachtrag: Worum sich Imre mal kümmern könnte:
Paul Karl Schmidt alias Paul Carell (1911-1997 --> s.o. Netzwerk) hat mit seinen Bestsellern zum Zweiten Weltkrieg das Bild vom Krieg der Wehrmacht als sauberen, kameradschaftlichen und heldenhaften Kampf geprägt. Als politischer Journalist schrieb er u.a. 1954 in der ZEIT zu den Ursachen beider Weltkriege, 1957 im SPIEGEL zum Reichstagsbrandprozess und 1979 in der WELT zur Verteidigungsdoktrin der Bundeswehr; hier forderte er eine Wandlung in Richtung einer angeblich möglichen präventiven Kriegführung. Bis zum Tode des Verlegers Axel Springer 1985 war er dessen enger Berater und Sicherheitschef. Vor 1945 agierte Schmidt als jüngster Gesandter I. Klasse bzw. Ministerialdirigent im NS-Regime. Er leitete seit 1939/40 die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes und hatte wesentlichen Anteil an der Auslandspropaganda des Regimes. In diesem Zusammenhang machte er propagandistische Vorschläge zur Rechtfertigung der Deportation der Budapester Juden 1944. (Benz)
Benz behandelt auch die Rolle Schmidt-Carells und des SPIEGEL bei der Durchsetzung der Alleintäterthese van der Lubbes beim Reichstagsbrand. Wo hab ich neulich genaueres darüber gelesen?
Update:
redblog hat zwei extra 3 Clips zu Filb&Oettinger.
Oettinger ist Mitglied in rechtem Studienzentrum (update 21.04.: jetzt nicht mehr.)
Zwischen dem "Studienzentrum Weikersheim" und dem Staatsministerium lassen sich Verbindungslinien ziehen, die noch auf Erwin Teufels Amtszeit zurückreichen. So fing im Jahr 2002 der Redenschreiber Michael Grimminger in Referat 43 Grundsatzabteilung an. Grimminger schrieb schließlich jene Trauerrede auf Filbinger, die den aktuellen Eklat ausgelöst hat. Einst war Grimminger Mitarbeiter des konservativen Publizisten Günter Rohrmoser.
Bernt Engelmann hat bereits in KONKRET 3/76 alles über Filbinger gesagt!
gebattmer - 2007/04/19 18:55
Trackback URL:
https://gebattmer.twoday.net/stories/3626175/modTrackback