Die letzte Reise des Karl Marx/Die FAZ macht sich Sorgen
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von Hans-Jürgen Krysmanski, emeritierter Professor für Soziologie an der Universität Münster ...
Und die FAZ referiert Allensbach:
„Kürzlich sagte uns jemand: ,Ich frage mich, was das für eine Freiheit sein soll, in der Millionen arbeitslos sind, immer mehr Leute von Sozialhilfe leben müssen und die Großindustrie Rekordgewinne macht. Auf so eine Freiheit kann ich verzichten.’ Würden Sie das auch sagen, empfinden Sie das auch so, oder würden Sie das nicht sagen?“ „Das sehe ich auch so“, sagen im Juli 2007 62 Prozent der Befragten. Vor fünf Jahren sagten das 53 Prozent.

Es fällt auf, dass sich im Bewusstsein der Bevölkerung die
Erinnerung an die SED-Diktatur und die Grundeinstellung zum
gesellschaftlichen Ideal des Sozialismus voneinander entfernen. Seit
1991 stellt das Allensbacher Institut regelmäßig die Frage:
„Halten Sie den Sozialismus für eine gute Idee, die schlecht
ausgeführt wurde?“ Unmittelbar nach Erreichen der deutschen
Einheit stimmten 30 Prozent der westdeutschen Bevölkerung der
Aussage zu, 45 Prozent wiesen diese These von sich. In den neuen
Bundesländern überwog dagegen von Anfang an die Annahme, dass
der Sozialismus als solcher eigentlich eine gute Idee und nur seine
Umsetzung gescheitert sei. Inzwischen haben sich die Westdeutschen
langsam, aber beharrlich dem ostdeutschen Meinungsbild angepasst.
Das Idealbild des Sozialismus ist unbeschadet
Heute sagen 45 Prozent der Bürger in den alten Bundesländern, der Sozialismus sei eine gute Idee, die nur schlecht umgesetzt worden sei, nur noch 27 Prozent widersprechen. Angesichts dieser Entwicklung müssen Hinweise darauf, dass der Sozialismus in der DDR gescheitert sei, mehr und mehr ins Leere laufen.
Na jetzt wird's aber eng für die Arschdenker.
Um dem zu begegnen, hatte das von SPD-Minister Steinbrück geleitete Finanzministerium eine Studie über das "Vermittlungsproblem" der "Reformpolitik" in Auftrag gegeben, die in Auszügen unter dem Titel Psychologie, Wachstum und Reformfähigkeit vorliegt. Zu sehr geht – auch bei ihm – inzwischen die Sorge vor alsbaldiger Abwahl aus der Regierungsverantwortung um. Mit der Studie beauftragt war das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, das den neoliberalen Kurs der Reformen befürwortet.
Selbst das Handelsblatt konnte sich ob dieser Tatsache sowie der Ergebnisse der Studie eines zynischen Kommentares nicht mehr enthalten, denn:
Die Ökonomen nehmen das (ihre Studie sowie die gewünschten Reflexionen also) aber nicht als Anlass, einen Blick auf die Qualität des eigenen Expertenrats zu werfen, sondern führen es ("Reformprobleme" also) auf die Halsstarrigkeit des Publikums zurück. […] Bei der Beurteilung dessen, was eine gute Reform ist, belassen die Forscher es beim Zerrbild des materialistischen, individualistischen Homo oeconomicus, für den nur das Geld und nur der eigene Vorteil zählt. Das ist nicht konsistent und nicht zielführend.
Das ist es auch deshalb nicht, weil das wirtschaftswissenschaftliche Theorem vom Menschen als "homo oeconomicus", der, stets nur auf den eigenen Vorteil bedacht, zweckrational handelt, seit Jahren und momentan zunehmend starker Kritik ausgesetzt und wissenschaftlich eigentlich kaum länger haltbar ist. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz formulierte dies in einem Interview vor ein paar Jahren so:
Die Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Vernon L. Smith haben zum Glück herausgefunden, dass viele ökonomische Theorien realitätsfremd sind.
Wieso?
Weil die Menschen offenbar systematisch unsystematisch handeln. Die beiden haben bewiesen, dass die meisten Menschen weit weniger egoistisch sind, als die Ökonomen annahmen.
Dann sind die momentanen Wirtschaftsmodelle also allesamt falsch?
Man muss leider annehmen, dass sie die Wahrheit verfehlen.
via tp
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