Der Frettchen-Cayenne-Krimi
Er hat seinem Ruf als profitabelster Autohersteller der Welt mal wieder alle Ehre gemacht: Der Sportwagenbauer Porsche hat im abgelaufenen Geschäftsjahr seinen Vorsteuergewinn auf 5,857 Milliarden Euro nach 2,110 Milliarden Euro im Vorjahr gesteigert. Das teilte das Unternehmen heute nach einer Aufsichtsratssitzung in Stuttgart mit.
Dazu beigetragen haben vor allem die Aktionsoptionsgeschäfte und der erfolgreiche Einstieg bei Volkswagen , die allein rund 3,6 Milliarden Euro vom Vorsteuerergebnis ausmachten. Porsche ist aktuell mit knapp 31 Prozent größter Einzelaktionär von Volkswagen. Es wird erwartet, dass Porsche seinen Anteil an Europas größtem Fahrzeughersteller aufstocken wird. Der Europäische Gerichtshof hatte vor kurzem wichtige Teile des VW-Gesetzes gekippt.
Der Konzernjahresüberschuss verdreifachte sich auf rund 4,2 Milliarden Euro (Vorjahr rund 1,4 Milliarden Euro). Porsche hatte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 7,4 Milliarden Euro erzielt - damit lagen Umsatz und Gewinn diesmal nicht mehr weit auseinander.
Morgen will Porsche nun die neue Porsche Holding SE in das Handelsregister eintragen lassen, die neben dem Sportwagengeschäft auch den Anteil an VW hält. Sie ist umstritten, weil sich die VW-Betriebsräte für den Fall einer Übernahme von VW durch Porsche im Aufsichtsrat der Holding unterrepräsentiert fühlen. Obwohl wesentlich größer, sollen VW-Arbeitnehmervertreter dann wie Porsche-Arbeitnehmervertreter jeweils drei Aufsichtsräte stellen. Dagegen hatte der VW-Betriebsrat geklagt, war aber zunächst unterlegen.
Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück hatte sich laut der Mitteilung von Porsche in der Aufsichtsratssitzung vom Montag dafür bedankt, dass sich alle Anteilseigner klar für die umstrittene Mitbestimmungsvereinbarung der künftigen Holding ausgesprochen hatten - also auch VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. "Dieses eindeutige Bekenntnis zeigt mir, dass die Vereinbarung den vollen Rückhalt der Familiengesellschafter Porsche und Piëch hat."
SPIEGEL ONLINE
Zur Vorgeschichte:
18.08.2007
"Die Porsche-Holding"
"Die Familien Piech und Porsche bündeln ihre Unternehmensbeteiligungen in der Porsche-Holding, die den Clans zu 100 Prozent gehört. Formal ist die Porsche-Holding ein Fahrzeughändler mit Sitz im österreichischen Salzburg. Inzwischen haben die Familien auch ihre VW-Beteiligungen in die Holding integriert. Gewerkschafter befürchten, dass auf diesem Umweg eines Tages die deutsche Mitbestimmung bei Volkswagen ausgehebelt werden könnte."
RP vom 18. August 2007
18.08.2007
"Das Phänomen Porsche - Rund fünf Milliarden Euro hat der Sportwagenbauer sich die Machtübernahme beim Wolfsburger VW-Konzern kosten lassen. Wie kann Porsche einen fünfzehnmal größeren Konzern in die Knie zwingen? Eine Analyse."
Für ihren Anteil von jetzt über 30 Prozent an Volkswagen hat Porsche insgesamt fünf Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Dafür dürfen die Familien Piech und Porsche, denen der Sportwagenbauer gehört, als größter Einzelaktionär jetzt auch in Wolfsburg nach Belieben schalten und walten.
Woher nimmt ein Stuttgarter Familienunternehmen eigentlich das Geld, einen fünfzehnmal größeren Konzern zu kontrollieren? Die Antwort heißt Wendling Wiedeking. Der Vorstandschef hat aus dem einstigen Sanierungsfall Porsche in den vergangenen 15 Jahren den profitabelsten Autobauer der Welt gemacht.
Das Rückgrat von Wiedekings Erfolg ist seine äußerst disziplinierte Markenstrategie. …
Porsche kreiert aus bemerkenswert wenigen Zutaten Modellpaletten, für die andere Hersteller ganze Heere von Entwicklern bezahlen.
Beispiel Porsche 911: Zwei Karosserievarianten (Coupé und Cabrio), zwei Antriebsachsen (Heck und Allrad), vier Performance-Varianten (Carrera, Carrera S, Turbo, Turbo S) ergeben zwölf Modelle, die Porsche zwischen 80 000 und über 150 000 Euro verkaufen kann.
Betriebswirtschaftlich brillierte Wiedeking, indem er als einer der ersten Kapazitätsrisiken systematisch an Zuliefer-Firmen ausgelagert hat. Denn nichts ruiniert einen Autohersteller schneller als Überkapazitäten: Die teuren Bänder müssen vollständig rollen. Also baut Porsche vereinfacht gesagt nur das selbst zusammen, was so gut wie immer gebraucht wird. Die meist ausländischen Partner „atmen“ hingegen die Kapazität. Geht die Nachfrage nach einem Fahrzeug einmal zurück, bleiben die Partner auf ihren Fixkosten sitzen – nicht aber Porsche. Der Cayenne zum Beispiel wird zu zwei Dritteln im Ausland gebaut. Im Leipziger Porsche-Werk erfolgt praktisch nur die Endmontage. Mit dieser internationalen Arbeitsteilung – dort die Produktion, hier die Veredelung – kann Porsche zudem die Kostenvorteile der Produktionsverlagerung ins Ausland nutzen. …
RP vom 18. August 2007
Herr Dudenhöfer hat das mal genau ausgrechnet, sagt aber über den Cayenne-Deal auch nichts. Von dem weiß der ehemalige Chef der Salzgitter-AG, Herr Selenz, was, aber der verklagt immer den Piech und war auch mal bei Schills PRO. Und Schill ist ja auch wieder da, während Marrakesch-Wolfgang längst weg ist (Ende Januar 2007 verließ Bernhard den VW-Vorstand und arbeitet seitdem als Berater für Cerberus Capital Management, das sich im Mai eine 80-Prozent-Mehrheit bei Chrysler sicherte), und Volkerts und Gabriel sind auch weg, während Osterloh noch da ist. Jedenfalls behauptet der Selenz, das Ganze hinge mit dem Cayenne-Deal zusammen:
Osterloh weiß inzwischen, das Geld, mit dem Porsche VW kauft, stammt von VW. Von den VW-Werkern selbst erarbeitet. VW baut für den Konkurrenten Porsche den Geländewagen Cayenne. Für Porsche war dies technologisches Neuland. Neben dem Wissen fehlten 1999 auch
die finanziellen Mittel für ein solches SUV-Projekt. Das gibt Hück offen zu. Der Porsche- Cayenne basiert auf der Plattform des VW-Touareg. Gebaut wird er in Bratislava. Selbstverständlich auf einer VW-Anlage. Nur Reifen und Motor installiert man in Leipzig. Ein gigantisches Täuschungsmanöver - nicht nur für die Porsche-Kunden. Aber extrem profitabel. In der Slowakei zahlt Porsche nur 1/6 der deutschen Löhne. Bei einem Cayenne Turbo S verbleiben somit bis zu 50.000 Euro Profit in der Porsche-Kasse. Osterloh weiß, dass es für VW strategisch sinnvoller und außerdem sehr viel profitabler gewesen wäre, den hochpreisigeren SUV ebenfalls im VW- Konzern zu belassen. Z. B. bei der VW-Tochter Audi. Die Milliardengewinne wären so bei VW geblieben. Nun kauft sich Konkurrent Porsche mit den Milliarden, die von VW stammen, nicht nur bei VW ein. Das Weltunternehmen VW wird sogar zur Porsche-Filiale degradiert. ... Im Aufsichtsrat begleiteten auch die jeweiligen Ministerpräsidenten den für den Konzern extrem schädlichen Cayenne-Deal. Bar jeder Managementerfahrung dürfen sie dort dilettieren.
Find ich spannend: vielleicht kriegt ja noch mal jemand raus, wie die Re-Privatisierung des KdF-Konzerns gelaufen ist und wer alles daran beteiligt war. Immerhin weiß man so schon mal, dass ein mit einem Preis von 61 000 € ausgezeichneter Durchschnitts-Cayenne nach gängigen Kalkulationsmethoden zu Fertigungskosten von 34 000 € hergestellt wird. Da Porsche einen Fertigungsanteil von 12% nennt, kommen also 30 000 € des Cayennes aus Bratislava und 4 000 € aus Leipzig.
Hat Dudenhöfer ausgerechnet, aber wie stellten wir kürzlich fest:
Die Werte der Waren sind direkt proportional den auf ihre Produktion angewandten Arbeitszeiten und umgekehrt proportional der Produktivkraft der angewandten Arbeit: Karl Marx: Lohn, Preis und Profit ...
Aktuell 15.11.:
Volkert sagt im Prozess, was auch schon in der ARD-Dokumentation dazu (wen es interessiert: dort anzufordern: das Sendemanuskript als .pdf!) zu hören war: Piech war's ...
gebattmer - 2007/11/13 19:44
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