Define: Arbeit
- Robert Kurz: Die Diktatur der abstrakten Zeit.
Arbeit als Verhaltensstörung der Moderne:
Arbeitszeit ist keine
freie Zeit, sondern Zeit der Unterordnung, traditionell Zeit der Busse.
Im Altertum galt Arbeit eines freien Menschen als unwürdig. Trotzdem
wurde sie vom Liberalismus wie vom Kommunismus quasi heilig
gesprochen.Produktionssteigerungen führten so kaum zu weniger Arbeit.
Durch den dadurch bewirkten Preiszerfall muss im Gegenteil immer noch mehr
gearbeitet, produziert, verkauft und verbraucht werden. Ein Teufelskreis,
aus dem wir heute keinen Ausweg sehen, als das Rad noch schneller zu
drehen.Den wichtigsten Effekt des "mehr Arbeitens" übersieht Kurz
allerdings: Je
mehr er Arbeitet und Bildung im Angebot, um so tiefer die Löhne!
(Begründung s.
Spezialisierung und Arbeitsteilung) - Götz Eisenberg: »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen« Zur
Sub- und inneren Kolonialgeschichte der Arbeitsgesellschaft: Die
Heiligung der Arbeit ist weder Gottgegeben noch angeboren. Sie wurde den
(westlichen und ostasiatischen) Menschen über Jahrhunderte andressiert.
Der Wunsch nach Musse musste verschwinden,
insbesondere aber die Vorstellung von Genug/Genügsamkeit. Nur die
"unendlichen Bedürfnisse" der Menschen können die mechanisierte
Geldvermehrungsmaschine befriedigen. Ohne Wachstum, also immer
mehr, kommt sie ins Stottern. - Franz Schandl:
Vom Verwesen der Arbeit: Um etwas zu verdienen, müssen wir
erst dienen.
Die Verhausschweiung des Menschen durch die
Wirtschaft hat so weit geführt, dass wir heute Sätze sagen wie: Man
muss sich halt verkaufen können - ohne dabei rot zu werden.
Hätten Sie das einem Sklaven bei den Griechen, Römern oder im Mittelalter
gesagt, der hätte wohl ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt. Arbeit
macht nicht frei - sie ist Unfreiheit par Excellenze - Arbeit zeichnet den
Menschen nicht aus - sie zeichnet ihn. Das sind Sätze, die jedem
"Bürger" die Zornesröte ins Gesicht treiben - und dennoch sind sie war,
weil wir Auftrags-Arbeit mit dem ehemaligen freien und relativ, nur
relativ, unabhängigen Werken verwechseln. (s.
4.
Sektor) - Roswitha Scholz: Die Müßiggängerinnen schiebt beiseite! Zum
Verhältnis von Geschlecht und Arbeit im Feminismus: Die Marktwirtschaft arbeitet
dort, wo Profite winken. Die Gesellschaft basiert aber auf vielen
Mechanismen, die kosten und nichts abwerfen. Ebenso lässt sich die Natur
nur nachhaltig nutzen, wenn man ihr die entsprechende Pflege zukommen
lässt, also sie kultiviert. Scholz' Fazit ist leider
keine Lösung, sondern der Aufruf, intensiver und qualifizierter über unser
Wirtschaften nachzudenken - und "gute Arbeit" zu schaffen. - Norbert Trenkle: Es rettet Euch kein Billiglohn! Die Illusion vom
Elends- und Dienstleistungskapitalismus: Zwei Utopien dienten als Grundlage des
bestehenden Wirtschaftsmodells - und beide hatten den selben Fehler:
Niemand hat sich je überlegt, womit die Nutzern den
Eintritt ins Schlaraffenland bezahlen sollen. D.h. Say tat es:
Solange die Produktion ausreichend Geld über Löhne an die Konsumenten
brachte, konnten die Produkte auch abgesetzt werden.
Wenn sich die Produzenten mit ihren Löhnen aus der Billigstproduktion
aber nur noch Allerbilligstwaren leisten können, stimmt die
Angebotstheorie eben nicht mehr.- Der technische Fortschritt erleichtert die Arbeit: Sicher, aber
für viele erleichterte er sie derart, dass sie in der Folge weder Arbeit
noch Einkommen hatten. Der Prozess konnte im Westen/Norden durch die
Produktion (und den Export) von Produktionsmaschinen und Infrastruktur
weitgehend aufgefangen werden, wendet sich heute aber gegen die Urheber,
als China in einem Mass exportiert, dem wir kaum Widerstand leisten
können. - Geld arbeitet: Immer mehr Betriebe hängen ab von den
finanzwirtschaftlichen Resultaten, die sie über Tätigkeiten am Finanzmarkt
erzielen. Dieser entfernt sich immer weiter von der reellen Produktion -
für die Investitionen fehlen, weil auch die Absatzmärkte fehlen, weil die
Löhne fehlen.
- Der technische Fortschritt erleichtert die Arbeit: Sicher, aber
- Ernst Lohoff/Martin Massip: Hilfe zur Zwangsarbeit. Aus den Annalen
der bundesdeutschen Sozialverwaltung: Wenn die Wirtschaft Stellen spart,
muss der Staat die Löhne bezahlen. Wenn der Staat bei den Arbeitslosen
spart, müssen Länder und Kommunen die Zeche berappen, über Sozialhilfe.
Wenn bei der Sozialhilfe gespart wird, riskiert man ärger ... also testet
man es an den Rechlosen, den Immigranten. Was sich dort bewährt, kommt
dann, ganz im Sinne der "Gerechtigkeit", bald auch auf die Einheimischen
zu: Kein Recht auf Arbeit - aber ein Recht von
Staat und Wirtschaft, Arbeitszwang zu Tiefstlöhnen und
Drittweltbedingungen einzuführen. - Karl-Heinz Wedel: Der Mensch als Unternehmer seiner Arbeitskraft.
Bildungsdiskussion zwischen Leistungswahn, Standortkonkurrenz und
Individualisierung: (Fehlende) Bildung wird längst verwendet, um denen die sich
umsonst um nicht existierende Stellen bewerben, dennoch die Schuld in die
Schuhe schieben zu können. Bildung ist aber als Selektionssystem, und
Wettbewerb ist immer Selektion! höchst ungeeignet, ja ungerecht, da die
Bildungsfähigkeit vom IQ abhängt und der nun mal normalverteilt ist. D.h.
dass die Hälfte der Bevölkerung nun in Gottes Namen eben einen IQ von
unter 100 hat. Da der IQ vererbt wird,
gibt das weder Politik, noch Gesellschaft noch Wirtschaft das Recht, die
Hälfte oder 3/4 oder 4/5 (= 80/20-Gesellschaft) der Menschen vom
Erwerbsleben auszuschliessen. Bildung wird so nur
zu einem weiteren Zwangsapparat, der die Probleme dieser Wirtschaftsform
aber nie lösen kann, also nie lösen wird. - Gerd Bedszent: Arbeitskult und Wirklichkeit -
Streiflichter aus der real existiert habenden DDR:
Seltsamerweise hat der "unfreie" Kommunismus unsere zwanghafte
Einstellung zur Arbeit weitaus weniger verbreiten können als der
Kapitalismus im "freien" Westen. Das Problem Ostdeutschlands ist also
vermutlich eher zuwenig Arbeitsdressur als zuviel. Beszent sieht darin
noch eine gewissen Chance, dass sich aus den bisher meist negativen
Erfahrungen des Ostens mit der Liberalisierung doch noch ein humaneres
Wirtschaftskonzept entwickeln könnte. - Volker Hildebrandt: Ein Schritt vorwärts, zwei
Schritte rückwärts. Von der »Neuen Arbeit« zurück zur »Alten
Arbeit«: Wie Scholz (s. Punkt 4) die Unwirksamkeit des Rückzugs
auf eine Subsistenzwirtschaft, so kritisiert Hildebrandt hier das eher
spirituelle als wirtschaftliche Konzept der "neuen Arbeit" von Frithjof
Bergmann. Eine Wochenendwirtschaftsform, die zudem meist noch von
staatlichen Subventionen oder wohlwollenden Sponsoren abhängig ist, ist
keine ernst zu nehmende Alternative. - Ernst Lohoff: Zuckerguß für eine bittere
Pille. Zur Diskussion um das garantierte Mindesteinkommen: Der
Grundlohn, eigentlich ein neoliberales Konzept, das dort eher als
Druckmittel dient, jede Arbeit zu jeder Bedingung anzunehmen, wurde von
linken Exponenten oft zu einem
Schlaraffenlandmodell II, in dem alle von den Erträgen der Finanzmärkte
gesäugt werden. (Gutgläubigster Exponent dieser Theorie ist
attac, die alle "Verdammten dieser Erde" an den "verdammten" Tropf einer
verdammten Kapitalverkehrssteuer hängen will. Absurdität in Reinkultur. - Robert Kurz/Norbert Trenkle: Die Aufhebung der Arbeit.
Ein anderer Blick in das Jenseits des Kapitalismus:
pro Tag arbeiten würden? Wie wäre das zu organisieren? Der Ansatz ist
für unsere Zeit absolut absurd und jedem der ihn äussert, droht vermutlich
eine psychiatrische Begutachtung. Gemessen aber an der Wirkung unserer
Produktionswut ist es klar, dass nur solche Ansätze, die das "Genug"
wieder ins Spiel bringen, ernsthaft "nachhaltig" genannt werden können. Hintergründe der geistigen Verwirrung um die Arbeit
gebattmer - 2008/08/23 22:05
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