Widersprüche des Systems : Die Krise der Automobilindustrie
Wenn man ein Problem hat und es lösen will, ist es hilfreich zunächst das Problem zu analysieren. Wenn man feststellen muss, dass ein System ein Problem hat (oder mehrere) ist es hilfreich, sich zunächst zu vergewissern, was eigentlich ein System ist:
Luhmann: "Es geht immer um die Differenz von System und Umwelt. Wie reagiert eine Einheit auf alles andere, welche Grenzen werden gebildet und wie filtern Grenzen die Information aus der Umwelt, die im System als Information erlebt und verarbeitet werden. Man hat also mit jedem System sozusagen die ganze Welt im Blick, aber immer gespalten durch die Differenz von System und Umwelt."
Systeme kann man in erster Näherung als einen Zusammenhang von Elementen beschreiben, deren Beziehungen untereinander quantitativ intensiver und qualitativ produktiver sind als ihre Beziehungen zu anderen Elementen. Ihr internes Zusammenwirken bildet die Charakteristik des Systems. Systeme sind füreinander Umwelt.
-> Theorie dynamischer Systeme, d.h. solcher Systeme, die zu Anpassung und
Höherentwicklung fähig sind; d.h. die zu einer neuen Funktion eine optimale Struktur hervorbringen können (structure follows function).
Def. Struktur: die Menge der die Elemente des Systems miteinander verknüpfenden Relationen.
... angewendet auf Gesellschaften (eben als Systeme begriffen), wäre zu fragen, welche Strukturen grundlegend sind, um die Elemente des Systems (hier also die Mitglieder der Gesellschaft) durch Relationen miteinander zu verknüpfen:
Was muß ein dynamisches gesellschaftliches System leisten, wenn es eine neue Funktion erfüllen soll?
Was geschieht, wenn das System die notwendigen Strukturen nicht hervorbringen kann?
-> Krisen:
- eine Strukturkrise:
Neue Funktionen erfordern neue Strukturen im Rahmen des gegebenen Systems.
- eine Systemkrise:
Das System kann die erforderlichen Strukturen nicht hervorbringen, alle Krisenlösungsversuche wirken als neue Krisenverursacher.
(... soweit ein Auszug aus meinem Arbeitsblatt für Politikunterricht Jg 12 ...)
Selten werden die Dimensionen eines Problem so deutlich wie bei der Krise der Atomobilindustrie (schöner Verschreiber - bleibt stehen!); selten werden sie so undeutlich wahrgenommen im öffentlichen Diskurs und selten schön werden alle möglichen Widersprüche so herrlich deutlich:
Im neueren nationalkeynsianischen Diskurs baut der Ami seit Jahren doofe Autos und der Deutsche gute. Das stimmt von vorn bis hinten nicht; - um nur ein Beispiel zu nennen: Die Riesenanzeigen von BMW von heute, wie wenig CO2 die BMWs und Minis in die Luft blasen, sind ein Hohn auf die Selbstverpflichtung der deutschen Automobilindustrie von 1998. Dieser Diskurs hat deutlich den Unterton anklingen lassen, es wäre ja nicht schade, wenn jedenfalls die amerikanischen Mütter pleite gingen (aber nicht die deutschen Töchter!), dann gäbe es ja weniger Spieler auf dem Automobilweltmarkt und wir könnten das ja eben besser (also Autos bauen). Doof ist es, wenn auch die kritischen Ökonomen darauf hereinfallen. Gern wird die Krise mit der Krise erklärt, die daher kommt, dass der Ami Häuser und Autos verkauft hat an Leute, die eigentlich kein Geld hatten, und die faulen Kredite dann verbrieft hat.
Könnte es ein, dass der Deutsche es genauso gemacht hat, nur ein bisschen trickreicher, aber mit den gleichen Folgen für das System?
Schaut man sich die Informationen des KBA genauer an, so findet man:
Der Privatkunde kauft "gebraucht"
Private Fahrzeughalter treten am Neuzulassungsmarkt 2007 immer weiter in den Hintergrund. 1996 waren sie noch mit 60,7 Prozent klar in der Überzahl. Heute bilden sie mit 38,1 Prozent den deutlich kleineren Anteil. Bei den gewerblichen Pkw-Neuzulassungen dominieren zunehmend die Wirtschaftszweige „Kfz-Handel“ (24,3 %) und „Kfz-Vermietung“ (10,3 %). Als so genannte Tageszulassungen und Flottenfahrzeuge werden die Autos dann „neuwertig“ auf dem Gebrauchtmarkt angeboten. Im Gegensatz zu den Neuzulassungen liegt der Privat-Anteil dort bei 94,5 Prozent.
Flensburg, 02.12.2008. Die Pkw-Neuzulassungen sanken im November 17,7 Prozent unter das Vorjahresniveau. Der Anteil der privaten Halter an den 233.772 fabrikneuen Pkw beträgt 38,7 Prozent. Ein Monat vor Jahresfrist liegen die Zulassungen bei insgesamt 2,86 Mio. Pkw, das ist ein Minus von 1,5 Prozent zum Vorjahr.
Fast alle Automobilhersteller sind von der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklung betroffen. Deutliche Einbußen gab es bei Opel (-35,9 %), BMW (-20,8 %) und VW (-18,6 %). Beim Sportwagenhersteller Porsche gingen die Zulassungen ebenfalls stark zurück (-21,4 %). Bei insgesamt zunehmender Nachfrage im Mini-Segment ist der Rückgang bei Smart (-45,7 %) auffällig. Auch bei den Importmarken ist die Lage eingetrübt. Das Führungsquartett Renault (-13,4 %), Skoda (-23,9 %), Toyota (-38,8 %) und Peugeot (-11,0 %) fährt mit angezogener Handbremse dem Jahreswechsel entgegen. Die wenigen Lichtblicke auf dem Automobilmarkt fallen umso deutlicher auf. Gegen den Trend entwickelten sich insbesondere Hyundai mit einem Plus von 74,5 Prozent und Lancia mit 119,4 Prozent.
Bereits 13 Prozent der Pkw weisen 4 Monate nach der Einführung von Euro 5 die hohen Emissionsanforderungen auf. Der durchschnittliche CO2-Wert lag im November bei 163 g/km.
Was folgt nun aus der Tatsache, dass nur noch etwas mehr als ein Drittel ( bei Opel nur noch ca. ein Viertel!) der in Deutschland verkauften Autos auf private Halter zugelassen wird (wo sowieso nur etwa ein Fünftel der hier produzierten Autos auch hier verkauft wird) für die Nachfrage-Frage, die den Nationalkeynsianern der Schlüssel zur Lösung des Problems zu sein scheint?? - In der öffentlichen Debatte - soweit ich sie wahrnehme -: nichts! Selbst Robert Kurz in seiner intelligenten Analyse im Freitag übersieht diesen wichtigen Zusammenhang, dass nämlich die die Binnennachfrage künstlich dadurch hochgehalten wurde, dass die Autokonzerne sich ihre Autos selbst abgekauft haben, um sie über ihre eigenen Händlernetze (in Konkurrenz zu freien Händlern) als Gebrauchtwagen zu verscherbeln oder sie über ihre Leasingfirmen Firmenflotten zu überlassen, um dann Probleme mit der Kalkulation der Restwerte zu bekommen. So erklärt sich auch, warum man so viele relativ neue schwarze Passat und A4-Kombi auf den Autobahnen sieht, in denen Männer in gebügelten Hemden sitzen, die das Sakko hinten auf einem Bügel hängen haben (...aber das hat mehr mit der just-in-time-Ökonomie von AXA und Schlecker zu tun ...). Ich vermute, dass der Rückgang des Anteils der privaten Zulassungen von 60,7% im Jahr 1996 auf gegenwärtig stabil 38% mit einer langfristigen Marktsättigung und mit der massiven Absenkung der Masseneinkommen in eben diesem Zeitraum zu tun hat.
... es handelt sich bei Autos doch schlicht um Produkte, die sich normale Menschen kaum noch leisten können. Schon 2007 kostete ein Neuwagen im Durchschnitt 24.953 Euro. Gleichzeitig lag das Bruttojahreseinkommen von Arbeitnehmern bei durchschnittlich 27.083 Euro. Wie soll das gehen? Genau: Gar nicht.
Tatsächlich sind längst über 60 Prozent der neu zugelassenen Autos Firmenwagen. Die hutzeligen Vernunftautos, die Polos und Puntos, die werden noch ab und zu neu von Privatmenschen gekauft. Aber in der Klasse ab 200 PS werden nach Berechnungen von Greenpeace 70 Prozent der Neuwagen von Firmen angeschafft, einige Modelle sogar zu 100 Prozent. Und wieso können die sich das leisten? Weil die Steuerzahler dafür blechen. Unternehmen und Freiberufler dürfen sämtliche Fahrzeugkosten von der Steuer absetzen... (Der Blog von Adriane Seliger beim - neuen - Freitag)
Der Rückweg aber ist verbaut:
Schon hat VW für seine Autobank Staatsgarantien aus dem Rettungsfonds beantragt. Nicht nur die anderen Autobauer werden folgen, sondern auch die Banken der übrigen Industriekonzerne und der großen Handelsketten, sobald der Dominoeffekt der Krise durchschlägt. Umso mehr stellt sich die Frage, woher der Staat das Geld dafür nehmen soll, wenn der Absatz mit bloßen Bilanzhilfen nicht zu retten ist. Die Autoindustrie ist ins Zentrum einer Systemkrise gerückt, die keinem klassischen Konjunkturzyklus mehr folgt und auch nicht als bloßer Strukturwandel bezeichnet werden kann. (s.o. Kurz)
Und während das auf den Politik- und Wirtschaftseiten mehr oder weniger klar gesehen wird, tobt auf den Motor-Seiten wunderbar der UnderAssistantPromoMan der Süddeutschen, den
Cadillac CTS-V zu bewerben - mit göttlichen Formulierungen wie diesen:
... Der Cadillac mag etwas weniger solide verarbeitet und etwas auffälliger eingekleidet sein, doch bei den Fahrleistungen ist er das Maß der Dinge. Dafür sorgt vor allem der 6,2-Liter-V8-Kompressormotor, der bei 6100/min 564 PS leistet und bei 3800/min ein maximales Drehmoment von 747 Nm anbietet. Das reicht, um in vier Sekunden glatt von null auf 100 km/h zu spurten. Während die Wettbewerber nur gegen Aufpreis die Höchstgeschwindigkeit auf 305 km/h (BMW) beziehungsweise 300 km/h (Mercedes) anheben, läuft der CTS-V mit Schaltgetriebe serienmäßig 308 km/h Spitze. Der Automat stößt aber wegen zu kurzer Übersetzung schon bei 282 km/h an den Begrenzer. Die Tremec-Schaltbox - bekannt und berüchtigt aus Viper und Shelby Mustang - kommt mit dem Jumbo-Drehmoment der Corvette V8 besser klar als erwartet....
Wie in der Corvette sorgt auch im CTS-V die Dämpferverstellung Magnetic Ride für Zucht und Ordnung unter der markant-kantigen Karosserie. Es gibt zwei Stellungen: Touring und Sport, hart und sehr hart. Dieses System behandelt nicht alle Bodenwellen gleich, sondern arbeitet radselektiv und unter Berücksichtigung von Lenkwinkel, Gierrate, Tempo, Gaspedalbewegung, Getriebeposition sowie von Quer- und Längsbeschleunigung....
Gegen den Viersitzer mit dem bösen Xenon-Blick spricht eigentlich nur die Wirtschaftlichkeitsrechnung mit hohen laufenden Kosten (Testverbrauch 15,2 l/ 100 km) und völlig unkalkulierbarem Wiederverkaufswert. Und dass Hochleistung inzwischen generell nur noch schwer vermittelbar ist. Georg Kacher
Der letzte Satz ist widerlich; - spielt er doch im Subtext auf den Sozialneid-Diskurs an! Soll Herr Kacher doch den Hochleistern den Kauf eines CTS-V empfehlen; - was den Wiederverkaufswert angeht kann man nur daran erinnern, dass immer noch gut dasteht, wer heute noch eine Borgward Isabella oder gar einen P 100 hat ...
Ob der Cadillac-Dino in vierzig Jahren noch fährt, ist allerdings fraglich ...
Update:
Schön ist auch der Zirkus um die Abwrackprämie: Es ist kein Zufall, dass das Durchschnittsalter der in Deutschland zugelassenen Autos inzwischen bei 8,5 Jahren liegt. Mehr als jeder zehnte Wagen ist sogar so alt, dass er nur die Abgasnorm Euro eins schafft – oder noch nicht einmal das. (s. o. Seliger)
Also ist es doch nicht völlig blöd, wenn Autohändler jetzt Autos für 5929,- € oder so anbieten ("Incl. staatlicher Umweltprämie") ...
Luhmann: "Es geht immer um die Differenz von System und Umwelt. Wie reagiert eine Einheit auf alles andere, welche Grenzen werden gebildet und wie filtern Grenzen die Information aus der Umwelt, die im System als Information erlebt und verarbeitet werden. Man hat also mit jedem System sozusagen die ganze Welt im Blick, aber immer gespalten durch die Differenz von System und Umwelt."
Systeme kann man in erster Näherung als einen Zusammenhang von Elementen beschreiben, deren Beziehungen untereinander quantitativ intensiver und qualitativ produktiver sind als ihre Beziehungen zu anderen Elementen. Ihr internes Zusammenwirken bildet die Charakteristik des Systems. Systeme sind füreinander Umwelt.
-> Theorie dynamischer Systeme, d.h. solcher Systeme, die zu Anpassung und
Höherentwicklung fähig sind; d.h. die zu einer neuen Funktion eine optimale Struktur hervorbringen können (structure follows function).
Def. Struktur: die Menge der die Elemente des Systems miteinander verknüpfenden Relationen.
... angewendet auf Gesellschaften (eben als Systeme begriffen), wäre zu fragen, welche Strukturen grundlegend sind, um die Elemente des Systems (hier also die Mitglieder der Gesellschaft) durch Relationen miteinander zu verknüpfen:
- wirtschaftliche Strukturen:
Eigentumsverhältnisse, Verfügungsgewalt; Arbeitskräfte, Produktionsmittel
(Stand der Qualifikation, Innovation, Produktivität usw.)
soziale Strukturen:
soziale Beziehungen der Klassen/Schichten/sozialen Gruppen usw.
politische Strukturen:
Macht/Herrschaft, Institutionen, Parteien, Interessenverbände etc;
Ideologische Strukturen:
Legitimation des Systems/Hegemonie; "Weltanschauungen", Normen, Werte, Moral, Religion usw.
Was muß ein dynamisches gesellschaftliches System leisten, wenn es eine neue Funktion erfüllen soll?
Was geschieht, wenn das System die notwendigen Strukturen nicht hervorbringen kann?
-> Krisen:
- eine Strukturkrise:
Neue Funktionen erfordern neue Strukturen im Rahmen des gegebenen Systems.
- eine Systemkrise:
Das System kann die erforderlichen Strukturen nicht hervorbringen, alle Krisenlösungsversuche wirken als neue Krisenverursacher.
(... soweit ein Auszug aus meinem Arbeitsblatt für Politikunterricht Jg 12 ...)
Selten werden die Dimensionen eines Problem so deutlich wie bei der Krise der Atomobilindustrie (schöner Verschreiber - bleibt stehen!); selten werden sie so undeutlich wahrgenommen im öffentlichen Diskurs und selten schön werden alle möglichen Widersprüche so herrlich deutlich:
Im neueren nationalkeynsianischen Diskurs baut der Ami seit Jahren doofe Autos und der Deutsche gute. Das stimmt von vorn bis hinten nicht; - um nur ein Beispiel zu nennen: Die Riesenanzeigen von BMW von heute, wie wenig CO2 die BMWs und Minis in die Luft blasen, sind ein Hohn auf die Selbstverpflichtung der deutschen Automobilindustrie von 1998. Dieser Diskurs hat deutlich den Unterton anklingen lassen, es wäre ja nicht schade, wenn jedenfalls die amerikanischen Mütter pleite gingen (aber nicht die deutschen Töchter!), dann gäbe es ja weniger Spieler auf dem Automobilweltmarkt und wir könnten das ja eben besser (also Autos bauen). Doof ist es, wenn auch die kritischen Ökonomen darauf hereinfallen. Gern wird die Krise mit der Krise erklärt, die daher kommt, dass der Ami Häuser und Autos verkauft hat an Leute, die eigentlich kein Geld hatten, und die faulen Kredite dann verbrieft hat.
Könnte es ein, dass der Deutsche es genauso gemacht hat, nur ein bisschen trickreicher, aber mit den gleichen Folgen für das System?
Schaut man sich die Informationen des KBA genauer an, so findet man:
Der Privatkunde kauft "gebraucht"
Private Fahrzeughalter treten am Neuzulassungsmarkt 2007 immer weiter in den Hintergrund. 1996 waren sie noch mit 60,7 Prozent klar in der Überzahl. Heute bilden sie mit 38,1 Prozent den deutlich kleineren Anteil. Bei den gewerblichen Pkw-Neuzulassungen dominieren zunehmend die Wirtschaftszweige „Kfz-Handel“ (24,3 %) und „Kfz-Vermietung“ (10,3 %). Als so genannte Tageszulassungen und Flottenfahrzeuge werden die Autos dann „neuwertig“ auf dem Gebrauchtmarkt angeboten. Im Gegensatz zu den Neuzulassungen liegt der Privat-Anteil dort bei 94,5 Prozent.
Flensburg, 02.12.2008. Die Pkw-Neuzulassungen sanken im November 17,7 Prozent unter das Vorjahresniveau. Der Anteil der privaten Halter an den 233.772 fabrikneuen Pkw beträgt 38,7 Prozent. Ein Monat vor Jahresfrist liegen die Zulassungen bei insgesamt 2,86 Mio. Pkw, das ist ein Minus von 1,5 Prozent zum Vorjahr.
Fast alle Automobilhersteller sind von der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklung betroffen. Deutliche Einbußen gab es bei Opel (-35,9 %), BMW (-20,8 %) und VW (-18,6 %). Beim Sportwagenhersteller Porsche gingen die Zulassungen ebenfalls stark zurück (-21,4 %). Bei insgesamt zunehmender Nachfrage im Mini-Segment ist der Rückgang bei Smart (-45,7 %) auffällig. Auch bei den Importmarken ist die Lage eingetrübt. Das Führungsquartett Renault (-13,4 %), Skoda (-23,9 %), Toyota (-38,8 %) und Peugeot (-11,0 %) fährt mit angezogener Handbremse dem Jahreswechsel entgegen. Die wenigen Lichtblicke auf dem Automobilmarkt fallen umso deutlicher auf. Gegen den Trend entwickelten sich insbesondere Hyundai mit einem Plus von 74,5 Prozent und Lancia mit 119,4 Prozent.
Bereits 13 Prozent der Pkw weisen 4 Monate nach der Einführung von Euro 5 die hohen Emissionsanforderungen auf. Der durchschnittliche CO2-Wert lag im November bei 163 g/km.
Was folgt nun aus der Tatsache, dass nur noch etwas mehr als ein Drittel ( bei Opel nur noch ca. ein Viertel!) der in Deutschland verkauften Autos auf private Halter zugelassen wird (wo sowieso nur etwa ein Fünftel der hier produzierten Autos auch hier verkauft wird) für die Nachfrage-Frage, die den Nationalkeynsianern der Schlüssel zur Lösung des Problems zu sein scheint?? - In der öffentlichen Debatte - soweit ich sie wahrnehme -: nichts! Selbst Robert Kurz in seiner intelligenten Analyse im Freitag übersieht diesen wichtigen Zusammenhang, dass nämlich die die Binnennachfrage künstlich dadurch hochgehalten wurde, dass die Autokonzerne sich ihre Autos selbst abgekauft haben, um sie über ihre eigenen Händlernetze (in Konkurrenz zu freien Händlern) als Gebrauchtwagen zu verscherbeln oder sie über ihre Leasingfirmen Firmenflotten zu überlassen, um dann Probleme mit der Kalkulation der Restwerte zu bekommen. So erklärt sich auch, warum man so viele relativ neue schwarze Passat und A4-Kombi auf den Autobahnen sieht, in denen Männer in gebügelten Hemden sitzen, die das Sakko hinten auf einem Bügel hängen haben (...aber das hat mehr mit der just-in-time-Ökonomie von AXA und Schlecker zu tun ...). Ich vermute, dass der Rückgang des Anteils der privaten Zulassungen von 60,7% im Jahr 1996 auf gegenwärtig stabil 38% mit einer langfristigen Marktsättigung und mit der massiven Absenkung der Masseneinkommen in eben diesem Zeitraum zu tun hat.
... es handelt sich bei Autos doch schlicht um Produkte, die sich normale Menschen kaum noch leisten können. Schon 2007 kostete ein Neuwagen im Durchschnitt 24.953 Euro. Gleichzeitig lag das Bruttojahreseinkommen von Arbeitnehmern bei durchschnittlich 27.083 Euro. Wie soll das gehen? Genau: Gar nicht.
Tatsächlich sind längst über 60 Prozent der neu zugelassenen Autos Firmenwagen. Die hutzeligen Vernunftautos, die Polos und Puntos, die werden noch ab und zu neu von Privatmenschen gekauft. Aber in der Klasse ab 200 PS werden nach Berechnungen von Greenpeace 70 Prozent der Neuwagen von Firmen angeschafft, einige Modelle sogar zu 100 Prozent. Und wieso können die sich das leisten? Weil die Steuerzahler dafür blechen. Unternehmen und Freiberufler dürfen sämtliche Fahrzeugkosten von der Steuer absetzen... (Der Blog von Adriane Seliger beim - neuen - Freitag)
Der Rückweg aber ist verbaut:
Schon hat VW für seine Autobank Staatsgarantien aus dem Rettungsfonds beantragt. Nicht nur die anderen Autobauer werden folgen, sondern auch die Banken der übrigen Industriekonzerne und der großen Handelsketten, sobald der Dominoeffekt der Krise durchschlägt. Umso mehr stellt sich die Frage, woher der Staat das Geld dafür nehmen soll, wenn der Absatz mit bloßen Bilanzhilfen nicht zu retten ist. Die Autoindustrie ist ins Zentrum einer Systemkrise gerückt, die keinem klassischen Konjunkturzyklus mehr folgt und auch nicht als bloßer Strukturwandel bezeichnet werden kann. (s.o. Kurz)
Und während das auf den Politik- und Wirtschaftseiten mehr oder weniger klar gesehen wird, tobt auf den Motor-Seiten wunderbar der UnderAssistantPromoMan der Süddeutschen, den
Cadillac CTS-V zu bewerben - mit göttlichen Formulierungen wie diesen:
... Der Cadillac mag etwas weniger solide verarbeitet und etwas auffälliger eingekleidet sein, doch bei den Fahrleistungen ist er das Maß der Dinge. Dafür sorgt vor allem der 6,2-Liter-V8-Kompressormotor, der bei 6100/min 564 PS leistet und bei 3800/min ein maximales Drehmoment von 747 Nm anbietet. Das reicht, um in vier Sekunden glatt von null auf 100 km/h zu spurten. Während die Wettbewerber nur gegen Aufpreis die Höchstgeschwindigkeit auf 305 km/h (BMW) beziehungsweise 300 km/h (Mercedes) anheben, läuft der CTS-V mit Schaltgetriebe serienmäßig 308 km/h Spitze. Der Automat stößt aber wegen zu kurzer Übersetzung schon bei 282 km/h an den Begrenzer. Die Tremec-Schaltbox - bekannt und berüchtigt aus Viper und Shelby Mustang - kommt mit dem Jumbo-Drehmoment der Corvette V8 besser klar als erwartet....
Wie in der Corvette sorgt auch im CTS-V die Dämpferverstellung Magnetic Ride für Zucht und Ordnung unter der markant-kantigen Karosserie. Es gibt zwei Stellungen: Touring und Sport, hart und sehr hart. Dieses System behandelt nicht alle Bodenwellen gleich, sondern arbeitet radselektiv und unter Berücksichtigung von Lenkwinkel, Gierrate, Tempo, Gaspedalbewegung, Getriebeposition sowie von Quer- und Längsbeschleunigung....
Gegen den Viersitzer mit dem bösen Xenon-Blick spricht eigentlich nur die Wirtschaftlichkeitsrechnung mit hohen laufenden Kosten (Testverbrauch 15,2 l/ 100 km) und völlig unkalkulierbarem Wiederverkaufswert. Und dass Hochleistung inzwischen generell nur noch schwer vermittelbar ist. Georg Kacher
Der letzte Satz ist widerlich; - spielt er doch im Subtext auf den Sozialneid-Diskurs an! Soll Herr Kacher doch den Hochleistern den Kauf eines CTS-V empfehlen; - was den Wiederverkaufswert angeht kann man nur daran erinnern, dass immer noch gut dasteht, wer heute noch eine Borgward Isabella oder gar einen P 100 hat ...
Ob der Cadillac-Dino in vierzig Jahren noch fährt, ist allerdings fraglich ...
Update:
Schön ist auch der Zirkus um die Abwrackprämie: Es ist kein Zufall, dass das Durchschnittsalter der in Deutschland zugelassenen Autos inzwischen bei 8,5 Jahren liegt. Mehr als jeder zehnte Wagen ist sogar so alt, dass er nur die Abgasnorm Euro eins schafft – oder noch nicht einmal das. (s. o. Seliger)
Also ist es doch nicht völlig blöd, wenn Autohändler jetzt Autos für 5929,- € oder so anbieten ("Incl. staatlicher Umweltprämie") ...
gebattmer - 2008/12/20 21:14
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