GBlog&search

 

GBlog&count



GBlog&listen


Van Morrison
Roll with the Punches


Chilly Gonzales und Jarvis Cocker
Room 29


Blackfield (Aviv Geffen & Steven Wilson)
Blackfield V


Jeff Beck
Loud Hailer




Daniel Hope
Escape to Paradise


Daniel Hope
Spheres


Jonathan Rudess
Explorations


Animals As Leaders
The Joy Of Motion


Colosseum
Valentyne Suite


Jack Bruce
Harmony Row


Spooky Tooth
Spooky Two



Utopia
Ra


Richie Havens
Nobody Left to Crown




Dimitri Schostakowitsch, Mariss Jansons
Sinfonien 1-15


Moondog & the London Saxophoni
Sax Pax for a Sax

GBlog&read - Nutzen Sie die Hinweise zur Orientierung und kaufen Sie dann beim Buchhändler um die Ecke



Uwe Timm
Ikarien



Christoph Ransmayr:
Cox oder Der Lauf der Zeit





Steffen Kopetzky
Risiko


José Saramago
Kain


Eva Menasse
Quasikristalle


Roberto Bolaño
2666


Tschingis Aitmatow
Der erste Lehrer


Uwe Timm
Rot


Leonardo Padura
Adiós Hemingway


Antonio Skarmeta
Mit brennender Geduld


Jose Saramago
Die Stadt der Blinden


Edgar Hilsenrath
Nacht: Roman



Rolf Dubs
Lehrerverhalten

User Status

Du bist nicht angemeldet.

„Beutezug Ost" – Sarrazin, die Treuhand und die Abwicklung der DDR

via nds:


Frontal21 Beutezug OST

Zur Erinnerung:

Am Tag nach der Grenzöffnung formulierte

Sarrazin

zusammen mit Horst Köhler ein Schreiben von Minister Waigel an Bundeskanzler Kohl über »mögliche Hilfsmaßnahmen«. Der »Akt der Formulierung«, so erinnert sich Sarrazin, »war die erste von ungezählten geistigen Fingerübungen im Lauf der nächsten Monate, die schließlich im Konzept der Wirtschafts- und Währungsunion mündeteten.«

Am 21. Dezember, rechtzeitig vor der Weihnachtspause, eröffnete Sarrazin einen Weg ... zur Einheit, die er später so definierte: »Dieser zweite – der offensive Lösungsweg – endete stringent durchdacht, bei der Schaffung einer Wirtschafts- und Währungsunion zum frühestmöglichen Zeitpunkt.«

Am 9. Januar forderte Finanzminister Waigel eine Stellungnahme des Hauses von Köhler an, und Sarrazin legte schon am nächsten Tag einen Vermerk vor, mit dem er die bisherigen Pläne zu einer Wirtschafts- und Währungsunion mit der DDR ad acta legte. Es bleibe nur noch eine »ganz andere Form von Währungsunion« formulierte er mit Köhlers Billigung: »die Aufnahme der DDR als wirtschaftspolitischer Pflegefall«.

Später, 1995, gestand Horst Köhler in einem Interview – es trug den generösen Titel »Ich kann den Verdruß verstehen« – mit der Zeit: »Hinterher ist man immer schlauer. Sie dürfen nicht vergessen: die Wirtschafts- und Währungsunion war eine Sturzgeburt.«

... Es gab noch einen Dritten: Gert Haller, Leiter der Abteilung Geld und Kredit, mit Köhler so gut befreundet, daß er später – bis zur Pensionierung aus Altersgründen – sein Staatssekretär im Bundespräsidialamt wurde. Mitte Januar 1990 setzte sich Köhler mit Haller und Sarrazin zusammen. Sie überlegten. Soll man die DDR-Mark stabilisieren? Mit festen Kursen konvertibel machen? Unsinn. Haller, der während der Weihnachtsferien grübelnd durch den deutschen Wald spaziert war, hat die Idee: »Was wäre, wenn wir keine Währungsreform im eigentlichen Sinne machen, sondern die D-Mark in die DDR bringen?«
... Das Problem war doch, so bekannte Haller später: »Die weitreichenden Überlegungen, den Anschluß der DDR über den Artikel 23 des Grundgesetzes herzustellen, durfte man überhaupt nicht in den Mund nehmen.« Schlimmer noch: »Das Wort ›Anschluß‹ war tabu, weil man befürchtete, mit solchen Vokabeln würde die Aufbruchstimmung in der DDR massiv beeinträchtigt.«

... Schon in der zweiten Hälfte des Januar 1990 war im Eiltempo ausgebrütet, was Sarrazin später so skizzierte: »Währungseinheit sehr schnell, aber zeitgleich mit umfassender und vollständiger Einführung der Marktwirtschaft.«
Sarrazin gestand: »Die Überlegung war kühn und für den typischen Denkstil eines Finanzministeriums geradezu unerhört.«

Aber der Komplize hat diesen Denkstil mit seiner Hilfe überwunden, Sarrazin: »Nach vielen Diskussionen erhielt ich schließlich von Dr. Köhler den Auftrag, das Konzept im Zusammenhang zu Papier zu bringen.«

Sarrazins Papier

Am 29. Januar 1990 hatte Sarrazin Köhlers Auftrag erfüllt und einen Plan vorgelegt, die DDR schleunigst in den Machtbereich der D-Mark einzugliedern. Was da entstand, hat das Leben Millionen Ostdeutscher verändert. »Sarrazins Papier spielte eine Schlüsselrolle in der Geschichte der Wirtschafts- und Währungsunion«, räumt 2006 auch der westdeutsche Historiker Andreas Wirsching in seinem »Abschied vom Provisorium« ein.

Sarrazin nannte sein Papier »Vorschlag zur unverzüglichen Einführung der D-Mark in der DDR im Austausch gegen Reformen.« Der Vorschlag wurde dank Köhlers Beihilfe zum »Grundsatzpapier« des Finanzministeriums erhoben.

Es traf dann fast alles ein. Das Papier: »Mit der schlagartigen Einbeziehung der DDR-Wirtschaft in den D-Mark-Wirtschafts- und Währungsraum gewinnt der Reformprozeß eine neue gänzlich anders geartete Qualität: Die hirnzermarternden, fast unlösbaren Fragen, wie in einem planwirtschaftlichen System zügig und ohne zu große soziale Kosten ein funktionierendes Preissystem, Wettbewerb, ein funktionierender Kapitalmarkt verwirklicht werden können, lösen sich in ein Nichts auf, denn mit dem Tage der Umstellung ist dies alles da.«

Andere Probleme, kleinere soziale Kosten, mag es da noch geben, Arbeitslosigkeit etwa: Sie ist fest eingeplant für den Osten in dem von Köhler in Auftrag gegebenen und gebilligten Sarrazin-Papier: Wer arbeitslos wird – oder wie Horst Köhler auch gern sagt – »freigesetzt« werden muß, das bestimmt ganz objektiv die westdeutsche Statistik für die Ostdeutschen.

Deren Industriesektor sei, das ist ganz gewiß, »künstlich überdimensioniert«. Denn: »Hier arbeiten in der DDR 3,48 Millionen Erwerbstätige, das sind 20,9 v. H. der Wohnbevölkerung. In der Bundesrepublik liegt dagegen die vergleichbare Zahl nur bei 14,2 v.H. der Wohnbevölkerung.«

Noch bevor »zusammenwuchs, was zusammengehört« (Willy Brandt), plädierte Sarrazin für jene Gleichheit der Lebensverhältnisse bei der Arbeitslosigkeit, die Horst Köhler später als Bundespräsident beim Lebensstandard für Mutterland und Beitrittsgebiet weniger gern hatte. Darum den Stiefel ins Genick der ehemaligen Brüder und Schwestern: »Hier wird und muß es erhebliche Freisetzungen geben. Bei Freisetzungen im Umfang von ca. 35 bis 40 v.H. der Industriebeschäftigten wäre der in der Bundesrepublik übliche Anteil der Industriebeschäftigten an der Wohnbevölkerung erreicht.«

Und damit arbeiteten Köhler und Sarrazin, von nun an, bis aus den »Industriebeschäftigten« in der DDR ganz schnell Menschen im Anschlußgebiet und schließlich am Ende ihrer Entwicklung folgsame Hartzviermenschen geworden waren.

Allerdings machten sie noch am 25. Juni 1990 – fünf Tage, bevor die D-Mark kam – im Kabinettsausschuß »Deutsche Einheit« deutliche »Bedenken gegen eine uneingeschränkte Überleitung der Bundesgesetzgebung geltend, soweit Leistungen sowie Sach- und Verwaltungskosten damit verbunden wären.«
»Freisetzen«.

Aber Arbeitslosengeld eher nicht. Jedenfalls nicht aus der Staatskasse. Das wurde dann – ein tiefer Griff – der westdeutschen Arbeitslosenversicherung entnommen, in die die Ostdeutschen nie einbezahlt hatten. Sarrazin hatte richtig prognostiziert, und die Freigesetzten in Ost und schließlich auch die in West tragen Reformpullover und füttern sich mit Sarrazin-Menü. Das sind Kosten der Einheit.

»Die Frage der Kosten der Einheit, so bedeutend sie für sich genommen war, hatte für mich«, so Sarrazin später, »stets akzessorischen Charakter«. Nur akzessorisch. Hinzutretend. Nebensächlich. Weniger wichtig.

Wichtig war etwas anderes. Die Klandestinität aller Pläne zur Einverleibung der Ostdeutschen mußte strikt gewahrt werden. Schließlich gab es auch im Westen Leute, die Alarm schlagen könnten. Sarrazin: »Alle Überlegungen fanden damals zunächst noch in strengster Vertraulichkeit statt, ohne Beteiligung eines anderen Ressorts, auch nicht der Bundesbank.«

Sogar ohne Beteiligung des Ministers? Am selben 29. Januar 1990, an dem Sarrazin seinem Staatssekretär das Papier vorlegte, das Köhler billigte, verkündet der Pressedienst der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag: »Waigel: Für eine Währungsunion ist es zu früh«. Die Einführung der D-Mark löse »keine realwirtschaftlichen Probleme«, vielmehr werde dadurch der »desolate Zustand der DDR erst richtig offenbart«. Der Effekt dieses »falschen Signals« sei deshalb nicht die Beendigung, sondern die Beschleunigung des Exodus.

Doch da kam der 30. Januar des Bundesfinanzministeriums. »Der Wendepunkt hin zu dieser Währungsunion als konkreter und lösbarer Aufgabe war aus meiner Sicht eine Klausurtagung der Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium am 30. Januar 1990.« Das schreibt Peter Klemm, ebenso wie Köhler Staatssekretär im Finanzministerium. Er bestätigt, daß es »bereits in der Vorphase« eine »sehr grundsätzliche Verständigung« zwischen den Ressorts und Abteilungen gegeben habe, was »vor allem das Verdienst von Staatssekretär Horst Köhler« gewesen sei.

Er hatte alles schon sorgsam vorbereitet. Staatssekretär Klemm: »Auch wenn danach noch einige äußerst schwierige Streitpunkte zu klären waren, konnte bei allen Problemen im Detail der zuvor abgesteckte Rahmen unseres Entwurfs gewahrt werden.«

Horst Köhler hat sich durchgesetzt mit seinem von Sarrazin ausgearbeiteten Plan zur »schlagartigen Einbeziehung«, zur Eroberung der DDR durch die D-Mark.

Von nun an geht alles immer schneller. Am 31. Januar 1990 offenbart Kohl seinem schwarzgelben Kabinett, daß er nichts mehr von einer Vertragsgemeinschaft mit der DDR wissen wolle. Und kündigt – statt dessen – die »Ausarbeitung eines weitergehenden Konzeptes« an. Er nannte auch das einen »Stufenplan«, aber einen, »dessen letzte Stufe der deutsch-deutschen Einigung schon sehr kurzfristig und plötzlich erreicht werden könnte«.

Allzu kurzfristig, allzu plötzlich. Mit dem Tag der von Köhler und Sarrazin angestoßenen Währungsunion krachte die Wirtschaft der DDR zusammen. Das sei so ähnlich, sprach damals Bundesbankchef Karl Otto Pöhl, »als wenn man heute die D-Mark in Österreich einführen und den Schilling 1:1 umstellen würde.« Österreichs Wirtschaft – damals war das Währungsverhältnis 1:7 – wäre nur noch Schrott...


Otto Köhler: Der Freund, der gute Freund

Nachtrag SupperIllu vom 07.07.2010:
Sarrazin enthüllt, warum es keine andere Möglichkeit gab, als 1:1 umzustellen (... und dass keine wissen konnte, dass dann die DDR-Wirtschaft zusammenbrechen würde!!):

Dachten Sie da schon an Währungsunion?
Anfang Dezember wurde mir jedenfalls klar, dass alle Modelle, die man bisher entwickelt hatte, um der DDR zu helfen, nicht funktionieren würden.

Warum?
Damals konnte eine westdeutsche Familie mit etwa 700 bis 800 D-Mark Sozialhilfe rechnen. Der Umtauschkurs zwischen DDR-Mark und D-Mark betrug 7:1. Es musste also nur jemand von Magdeburg nach Braunschweig fahren, dort einen Wohnsitz anmelden und Sozialhilfe beziehen, tatsächlich aber weiter im Osten leben, um mit dem getauschten Geld ein Einkommen von etwa 5000 bis 6000 DDR-Mark zu erzielen. Ein absolut rationales Verhalten. Dass erst wenige DDR-Bürger dies entdeckt hatten, hieß ja nicht, dass es ewig so bleiben würde.
... Hinzu kam der von niemandem so vorausgesehene Zusammenbruch des Handels mit der Sowjetunion...


Endlich sagt's mal einer: Sozialhilfemissbrauch als Ursache des Zusammenbruchs der DDR-Ökonomie (auch wenn der Ossi noch zu doof war, drauf zu kommen ....)!!

Ansonsten: viele weitere nützliche Informationen zu Sarrazin hier:
Brandsätze - Gegen den Extremismus der Mitte
Analyse – Die seltsamen Methoden des Thilo Sarrazin

Trackback URL:
https://gebattmer.twoday.net/stories/8352673/modTrackback

Wise Man Says

"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt." Charles Lewinsky, Der A-Quotient

Wise Man Says II

"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater." Frank Zappa

Haftungsausschluss

The music featured on this blog is, of course, for evaluation and promotion purposes only. If you like what you hear then go out and try and buy the original recordings or go to a concert... or give money to a down on his luck musician, or sponsor a good busker, it may be the start of something beautiful. If your music is on this blog and you wish it removed, tell us and it shall be removed.

Archiv

Mai 2018
April 2018
März 2018
Februar 2018
Januar 2018
Dezember 2017
November 2017
Oktober 2017
September 2017
August 2017
Juli 2017
Juni 2017
Mai 2017
April 2017
März 2017
Februar 2017
Januar 2017
Dezember 2016
November 2016
Oktober 2016
September 2016
August 2016
Juli 2016
Juni 2016
Mai 2016
April 2016
März 2016
Februar 2016
Januar 2016
Dezember 2015
November 2015
Oktober 2015
September 2015
August 2015
Juli 2015
Juni 2015
Mai 2015
April 2015
März 2015
Februar 2015
Januar 2015
Dezember 2014
November 2014
Oktober 2014
September 2014
August 2014
Juli 2014
Juni 2014
Mai 2014
April 2014
März 2014
Februar 2014
Januar 2014
Dezember 2013
November 2013
Oktober 2013
September 2013
August 2013
Juli 2013
Juni 2013
Mai 2013
April 2013
März 2013
Februar 2013
Januar 2013
Dezember 2012
November 2012
Oktober 2012
September 2012
August 2012
Juli 2012
Juni 2012
Mai 2012
April 2012
März 2012
Februar 2012
Januar 2012
Dezember 2011
November 2011
Oktober 2011
September 2011
August 2011
Juli 2011
Juni 2011
Mai 2011
April 2011
März 2011
Februar 2011
Januar 2011
Dezember 2010
November 2010
Oktober 2010
September 2010
August 2010
Juli 2010
Juni 2010
Mai 2010
April 2010
März 2010
Februar 2010
Januar 2010
Dezember 2009
November 2009
Oktober 2009
September 2009
August 2009
Juli 2009
Juni 2009
Mai 2009
April 2009
März 2009
Februar 2009
Januar 2009
Dezember 2008
November 2008
Oktober 2008
September 2008
August 2008
Juli 2008
Juni 2008
Mai 2008
April 2008
März 2008
Februar 2008
Januar 2008
Dezember 2007
November 2007
Oktober 2007
Juli 2007
Juni 2007
Mai 2007
April 2007
März 2007
Februar 2007
Januar 2007
Dezember 2006
November 2006
Oktober 2006
September 2006
August 2006
Juli 2006
Juni 2006
Mai 2006
April 2006
März 2006
Februar 2006
Januar 2006
Dezember 2005
November 2005
Oktober 2005
September 2005
August 2005
Juli 2005
Juni 2005
Mai 2005
April 2005
März 2005
Februar 2005
Januar 2005

Credits


Aesthetik
Archäologie
Ästhetik des Widerstands
Aus der sozialen Überdruckkammer
Bildung
Futurologie
Kritische Psychologie
Lernen
Literatur unterrichten
Medial
Musik
Musikarchiv
Politik unterrichten
Trash
Unterrichten
Welterklaerung
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren