Locked In: Pantke, Augen-Blicke, Rotempfindung=pt563 & Johnny Got His Gun
In der Süddeutschen Zeitung vom vergangenen Freitag war eine bewegende Reportage von Charlotte Frank zu lesen: "Pantke lebt". Karl-Heinz Pantke ist einer der wenigen Menschen, die das Locked-In-Syndrom überlebt haben. Ich wusste bis dahin nichts darüber: Eine Existenz, "reduziert auf das nackte, körperlose Ich", schreibt Frank. Nicht einmal als Gedankenexperiment lässt sich das erfassen: Ein waches Bewusstsein in einem nicht mehr vorhandenen Körper ...
Dann ein Bild im Kopf \ Wo gespeichert? \ Als Bild? \ Als Erinnerung an ein Bild?
Johnny? \ goes to war? \ ein Torso, der spricht \ zu sich selbst \ zu mir?
Das Gehirn des Prothesengotts hilft:
Dalton Trumbo verarbeitet eben dieses Gedankenexperiment in "Johnny Got His Gun" von 1971 zu einem der stärksten Antikriegsfilme überhaupt; - ich muss ihn vor Jahren gesehen haben - im Kino? - im "Free-TV" nachts in einem 3. Programm? - das ist nicht mit gespeichert \ nur das Bild? \ Bilder? \ Teile der Geschichte, die sich nach und nach \ wie? \ zusammenfügen:
Joe, a young American soldier, is hit by a mortar shell on the last day of World War I. He lies in a hospital bed in a fate worse than death --- a quadruple amputee who has lost his arms, legs, eyes, ears, mouth and nose. He remains conscious and able to think, thereby reliving his life through strange dreams and memories, unable to distinguish whether he is awake or dreaming. (Die Traumszenen wurden i. Ü. von Bunuel geschrieben ...)
Jede Nacht ziehen phantastische Geschichten und Erlebnisse an uns vorbei, ohne dass wir sie bewusst erleben. Dann klingelt der Wecker. Wir nehmen es als selbstverständlich hin, dass das Ich des gestrigen Tages wieder auftaucht und wir einfach weitermachen, als wäre nichts geschehen. Anders als im Traum haben wir nach dem durchdringenden Weckton sofort eine persönliche Perspektive auf die Welt. Aber wie schaltet das Gehirn zwischen einer Welt mit und ohne Ich um?
Gebrauchtes Ich, günstig abzugeben - Jörg Wittkewitz tp 05.05.2012
Bei der Erforschung des Bewusstseins ziehen Philosophen und Neurowissenschaftler erstmals an einem Strang. Neuerdings schaffen sie dabei gemeinsam eine alte Gewohnheit namens Ich ab:
Das Bemühen der Hirnforscher, das ganze Geschehen besser zu beschreiben ohne den Rückgriff auf eine subjektive "Rotempfindung", ist so albern wie hilflos, weil pt563 nie erfassen kann, was Karl-Heinz Pantke, als er endlich ein Auge wieder öffnen konnte, beim Blick auf Christine Kühns Bilder empfunden und gedacht haben mag \ Rotempfindung = pt563 \ oder was des Torsos Johnny verbliebenes Hirn erinnert, wenn es körper- und wahrnehmungslos die Synapsenverbindung abruft zu diesem Bild des roten Schals seiner ersten Liebe ...
Dann ein Bild im Kopf \ Wo gespeichert? \ Als Bild? \ Als Erinnerung an ein Bild?
Johnny? \ goes to war? \ ein Torso, der spricht \ zu sich selbst \ zu mir?
Das Gehirn des Prothesengotts hilft:
Dalton Trumbo verarbeitet eben dieses Gedankenexperiment in "Johnny Got His Gun" von 1971 zu einem der stärksten Antikriegsfilme überhaupt; - ich muss ihn vor Jahren gesehen haben - im Kino? - im "Free-TV" nachts in einem 3. Programm? - das ist nicht mit gespeichert \ nur das Bild? \ Bilder? \ Teile der Geschichte, die sich nach und nach \ wie? \ zusammenfügen:
Joe, a young American soldier, is hit by a mortar shell on the last day of World War I. He lies in a hospital bed in a fate worse than death --- a quadruple amputee who has lost his arms, legs, eyes, ears, mouth and nose. He remains conscious and able to think, thereby reliving his life through strange dreams and memories, unable to distinguish whether he is awake or dreaming. (Die Traumszenen wurden i. Ü. von Bunuel geschrieben ...)
Jede Nacht ziehen phantastische Geschichten und Erlebnisse an uns vorbei, ohne dass wir sie bewusst erleben. Dann klingelt der Wecker. Wir nehmen es als selbstverständlich hin, dass das Ich des gestrigen Tages wieder auftaucht und wir einfach weitermachen, als wäre nichts geschehen. Anders als im Traum haben wir nach dem durchdringenden Weckton sofort eine persönliche Perspektive auf die Welt. Aber wie schaltet das Gehirn zwischen einer Welt mit und ohne Ich um?
Gebrauchtes Ich, günstig abzugeben - Jörg Wittkewitz tp 05.05.2012
Bei der Erforschung des Bewusstseins ziehen Philosophen und Neurowissenschaftler erstmals an einem Strang. Neuerdings schaffen sie dabei gemeinsam eine alte Gewohnheit namens Ich ab:
- Das Selbst ist überflüssig (?)
Der amerikanische Philosoph Paul M. Churchland ist ein Vertreter des so genannten eliminativen Materialismus. Er vergleicht unser Sprechen vom Subjekt und seinen Empfindungen mit dem Reden über "Hexen" oder über das "Phlogiston". Das ist ein Stoff, den man früher als Ursache für das Feuer angesehen hatte. Erst Antoine Lavoisier konnte 1785 nachweisen, dass alle Verbrennungsprozesse auf eine Oxidation, also letztlich auf Sauerstoff, zurückzuführen sind. Churchland und andere eliminative Materialisten behaupten daher, dass Begriffe wie Seele oder Gedanken nur unser Unvermögen dokumentieren, präziser über neuronale Vorgänge zu sprechen, weil unser Alltagswissen im Kern über 2000 Jahre altes Denken repräsentiert. Er wirft uns auch vor, dass wir, wenn wir über uns und unsere Gedanken und Empfindungen sprechen, gar nicht objektiv erforschen können, was wir denn meinen.
Insofern könnte man mit dem amerikanischen Philosophen Daniel C. Dennett annehmen, dass es Qualia eigentlich gar nicht gibt. Doch soweit geht Churchland nicht, er betrachtet sie einfach als rein physikalisches Geschehen, das sogar vorhersagbar ist. Denn die Naturwissenschaften können in einer Gehirnregion namens V4 ein Areal identifizieren, das bei der Unterscheidung von Farben eine essenzielle Rolle spielt. Es sei nur eine Frage der Zeit, das ganze Geschehen besser zu beschreiben ohne den Rückgriff auf eine subjektive "Rotempfindung". In Zukunft bedeutet dann Karminrot einfach pt563, weil wir den neuronalen Prozess dieses speziellen Rottons dann kulturübergreifend beschreiben können mit dem Aktivitätsmuster pt563 im Gehirn.
Damit ist er nahe an der Theorie, die chemischen und elektrischen Vorgänge im Hirn mit den Gedanken und Empfindungen gleichzusetzen...
Das Bemühen der Hirnforscher, das ganze Geschehen besser zu beschreiben ohne den Rückgriff auf eine subjektive "Rotempfindung", ist so albern wie hilflos, weil pt563 nie erfassen kann, was Karl-Heinz Pantke, als er endlich ein Auge wieder öffnen konnte, beim Blick auf Christine Kühns Bilder empfunden und gedacht haben mag \ Rotempfindung = pt563 \ oder was des Torsos Johnny verbliebenes Hirn erinnert, wenn es körper- und wahrnehmungslos die Synapsenverbindung abruft zu diesem Bild des roten Schals seiner ersten Liebe ...
- „Sie fragen: Was ist das, was Philosophen ‚qualitative Zustände‘ genannt haben? Und ich antworte, nur halb im Scherz: Wie Louis Armstrong schon sagte, als man ihn fragte, was Jazz sei: Wenn du erst fragen musst, wirst du es nie verstehen.“ – Ned Block: Troubles with Functionalism
gebattmer - 2012/05/07 19:38
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