House of Cards. Die zweite Staffel und die Edathy-Dossiers: The Majority Whip und die Aufmerksamkeitsstrategien
Niemand stoppt Frank Underwood. Hauptdarsteller Kevin Spacey verrät, worauf wir gefasst sein müssen. (FAZ 14.02.2014)
... Als Underwood in seinem alten Büro die Abgeordnete empfängt, der er die Peitsche des Oberaufsehers über die Fraktion weiterreichen will, verständigen sie sich vor einem Johnson-Foto an der Wand rasch darüber, dass sie dieselben Vorstellungen von Menschenführung haben. Dann zeigt Underwood ihr die Dossiers, die er über ihre Konkurrenten angelegt hat – und über sie. Kevin Spacey, den Spezialisten für die Verkörperung von Selbstkontrollfreaks, fasziniert an Johnson, dass er die Kraft hatte, Kraftausdrücke an sich abprallen zu lassen. „Schon während seiner Karriere im Kongress nannte man ihn einen Machiavellisten, Hundesohn und Bastard. Die Leute hassten ihn, aber es gelang ihm, dass der Kongress drei Bürgerrechtsgesetze verabschiedete – während einer sehr kurzen Präsidentschaft. Es gibt hier eine interessante moralische Rätselfrage, die die Zuschauer unserer Serie in Gespräche verwickelt.“
Wer stoppte Edathy? Verrät Kevin Spacey, worauf wir gefasst sein müssen?
"Nach bestem Wissen und Gewissen" habe er sich verhalten - sprach der Bundeslandwirtschaftsminister, vormals Bundesinnenminister, seinen Rücktritt erklärend. Das ist, was die Gefühlslage von Hans-Peter Friedrich angeht, glaubwürdig; zur Verstellung neigt dieser Politiker nicht, Durchtriebenheit gehört nicht zu seinen Eigenschaften... Aber wie kam er in Sachen Edathy zu seinem "besten Wissen"?
Hans-Peter Friedrichs "bestes Wissen" - Ein Experte für Geheimes gab den Anstoß. Arno Klönne, tp 15.02.2014
Was die vorläufige Bewertung der Angelegenheit angeht, muss ich doch einmal dem Chefredakteur meiner LieblingsHAZ, Hendrik Brandt, zustimmen, der im Leitartikel vom Wochenende darauf hinweist, dass
Tritt man einen Schritt zurück, dann zeigt sich das wenig ansehnliche Bild der „Edathy-Affäre“ als dreigeteilt. Es hat eine rechtliche, eine politische und nicht zuletzt eine moralische Dimension.... Dass Gabriel und andere diese Unterscheidung nicht mehr machen, dass sie ihre Interessen und die des Staates schon selbstverständlich als Einheit wahrnehmen, ist erschreckend... Juristisch ... ist das Bild der Affäre noch unscharf, politisch erscheint es finster und abschreckend. Doch viele Betrachter werden gar nicht so genau hinsehen wollen. Für sie stützt die ganze Geschichte nur die allgemeinen moralischen Urteile über die vermeintliche Verkommenheit von Politik, die Ohnmacht (oder wahlweise Unfähigkeit) der Justiz und die Kumpanei zwischen den Mächtigen. Und da liegt auf Sicht das eigentliche Problem. Mag sein, dass manche Menschen noch immer erwarten, dass Politiker die besseren Bürger sein müssen, die als tägliches Vorbild die Gesellschaft gestalten... Es würde schon reichen, wenn die Spitzen des Staates einfach seriös ihre Arbeit machten und sich dabei an die Regeln und Gesetze halten, die sie sich in unserem Wählerauftrag erarbeitet haben. [15.02.2014 / HAZ Seite 1 Ressort: TITEL]
Was eine differenzierte Bewertung der Angelegenheit angeht, ist Heribert Prantl (in der Süddeutschen Zeitung vom 16.02.) dann doch wieder sehr viel schärfer in der Analyse und also hilfreicher zur eigenen Urteilsbildung:
Strafrecht ist kein Moralrecht
Kinderpornografie gilt als Terrorismus des Alltags. Entsprechend massiv und exzessiv wird ermittelt. Bisweilen wird das Strafrecht missbraucht, um dann über die Moral eines Beschuldigten öffentlich herzuziehen. Geht es beim Fall Edathy um die Verfolgung eines strafrechtlich Unschuldigen? ... Lesen!
Und? Wer war nun hier The Majority Whip?
Feststellen lässt sich ohne nachrichtendienstliche Bemühungen: Für die NSU-Geschichte und die Gegenwart der NSA interessiert sich die deutsche Öffentlichkeit nun kaum noch; sie hat Edathy im Blick, Friedrich, und die Affäre ist noch nicht zu Ende. Aufmerksamkeitsstrategisch ein politisch bemerkenswerter Vorgang. (s. 0. Arno Klönne)
Insofern ist es völlig egal, ob sie Oppermann opfern oder nicht: Interessanter sind die Fragen nach der Majoritiy Whip und der Aufmerksamkeitsstrategie.
Zu beiden Fragen vgl. Re: "I love that woman. I love her more than sharks love blood." (House of Cards) - Mit einer Empfehlung von Jürgen Trittin.
... Als Underwood in seinem alten Büro die Abgeordnete empfängt, der er die Peitsche des Oberaufsehers über die Fraktion weiterreichen will, verständigen sie sich vor einem Johnson-Foto an der Wand rasch darüber, dass sie dieselben Vorstellungen von Menschenführung haben. Dann zeigt Underwood ihr die Dossiers, die er über ihre Konkurrenten angelegt hat – und über sie. Kevin Spacey, den Spezialisten für die Verkörperung von Selbstkontrollfreaks, fasziniert an Johnson, dass er die Kraft hatte, Kraftausdrücke an sich abprallen zu lassen. „Schon während seiner Karriere im Kongress nannte man ihn einen Machiavellisten, Hundesohn und Bastard. Die Leute hassten ihn, aber es gelang ihm, dass der Kongress drei Bürgerrechtsgesetze verabschiedete – während einer sehr kurzen Präsidentschaft. Es gibt hier eine interessante moralische Rätselfrage, die die Zuschauer unserer Serie in Gespräche verwickelt.“
Wer stoppte Edathy? Verrät Kevin Spacey, worauf wir gefasst sein müssen?
"Nach bestem Wissen und Gewissen" habe er sich verhalten - sprach der Bundeslandwirtschaftsminister, vormals Bundesinnenminister, seinen Rücktritt erklärend. Das ist, was die Gefühlslage von Hans-Peter Friedrich angeht, glaubwürdig; zur Verstellung neigt dieser Politiker nicht, Durchtriebenheit gehört nicht zu seinen Eigenschaften... Aber wie kam er in Sachen Edathy zu seinem "besten Wissen"?
Hans-Peter Friedrichs "bestes Wissen" - Ein Experte für Geheimes gab den Anstoß. Arno Klönne, tp 15.02.2014
Was die vorläufige Bewertung der Angelegenheit angeht, muss ich doch einmal dem Chefredakteur meiner LieblingsHAZ, Hendrik Brandt, zustimmen, der im Leitartikel vom Wochenende darauf hinweist, dass
Tritt man einen Schritt zurück, dann zeigt sich das wenig ansehnliche Bild der „Edathy-Affäre“ als dreigeteilt. Es hat eine rechtliche, eine politische und nicht zuletzt eine moralische Dimension.... Dass Gabriel und andere diese Unterscheidung nicht mehr machen, dass sie ihre Interessen und die des Staates schon selbstverständlich als Einheit wahrnehmen, ist erschreckend... Juristisch ... ist das Bild der Affäre noch unscharf, politisch erscheint es finster und abschreckend. Doch viele Betrachter werden gar nicht so genau hinsehen wollen. Für sie stützt die ganze Geschichte nur die allgemeinen moralischen Urteile über die vermeintliche Verkommenheit von Politik, die Ohnmacht (oder wahlweise Unfähigkeit) der Justiz und die Kumpanei zwischen den Mächtigen. Und da liegt auf Sicht das eigentliche Problem. Mag sein, dass manche Menschen noch immer erwarten, dass Politiker die besseren Bürger sein müssen, die als tägliches Vorbild die Gesellschaft gestalten... Es würde schon reichen, wenn die Spitzen des Staates einfach seriös ihre Arbeit machten und sich dabei an die Regeln und Gesetze halten, die sie sich in unserem Wählerauftrag erarbeitet haben. [15.02.2014 / HAZ Seite 1 Ressort: TITEL]
Was eine differenzierte Bewertung der Angelegenheit angeht, ist Heribert Prantl (in der Süddeutschen Zeitung vom 16.02.) dann doch wieder sehr viel schärfer in der Analyse und also hilfreicher zur eigenen Urteilsbildung:
Strafrecht ist kein Moralrecht
Kinderpornografie gilt als Terrorismus des Alltags. Entsprechend massiv und exzessiv wird ermittelt. Bisweilen wird das Strafrecht missbraucht, um dann über die Moral eines Beschuldigten öffentlich herzuziehen. Geht es beim Fall Edathy um die Verfolgung eines strafrechtlich Unschuldigen? ... Lesen!
Und? Wer war nun hier The Majority Whip?
Feststellen lässt sich ohne nachrichtendienstliche Bemühungen: Für die NSU-Geschichte und die Gegenwart der NSA interessiert sich die deutsche Öffentlichkeit nun kaum noch; sie hat Edathy im Blick, Friedrich, und die Affäre ist noch nicht zu Ende. Aufmerksamkeitsstrategisch ein politisch bemerkenswerter Vorgang. (s. 0. Arno Klönne)
Insofern ist es völlig egal, ob sie Oppermann opfern oder nicht: Interessanter sind die Fragen nach der Majoritiy Whip und der Aufmerksamkeitsstrategie.
Zu beiden Fragen vgl. Re: "I love that woman. I love her more than sharks love blood." (House of Cards) - Mit einer Empfehlung von Jürgen Trittin.
gebattmer - 2014/02/16 18:30
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