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Archäologie XXII - 11. April 1968

Dutschke-Zit
... Ein paar Schritte vom SDS-Zentrum entfernt sah ich eine Menschenmenge auf dem Bürgersteig, am Straßenrand Kreidestriche. Kaum war ich zuhause angekommen, rief eine Freundin an: Attentat auf Rudi. Das Radio meldete, er läge schwerverletzt im Krankenhaus. Bald wurde hinzugefügt: der Täter sei ein junger Arbeiter aus München. In dem Gemisch aus maßloser Trauer und Wut überwog der Schmerz.

Die Wut entlud sich, als sich am Abend der erste Zug zum Springerhaus formierte. Diese Stunden haben viele Beteiligte verändert. Bommi Baumann formulierte in seiner Reinickendorfer Proll-Diktion: "Bei dieser Demonstration auf dem Weg zur Kochstraße ist bei mir mein ganzes Leben, alles nochmal abgelaufen, verstehst du. Alle Schläge, die ich gekriegt habe, was du so erlebst, was du als Ungerechtigkeit empfindest ... Als ich denn über die Strasse bin und diese Fackeln und dieses rufen Ru-di Dutsch-ke, das war eben für mich eine Verkörperung der ganzen Geschichte. Die Kugel war genauso gegen dich, da haben sie das erste Mal voll auf dich geschossen." ...

aus: Eckhard Siepmann: Drei Kugeln auf Dutschke ... im Freitag. Lesen!





Als Alternative steht vielleicht Barbarei
Ende 1967 interviewte Günter Gaus in seiner Reihe "Zu Protokoll" Rudi Dutschke:


Teil 2 - 3 - 4 - 5 - der Text des Gespräches hier.

Irgendwie schon klar: Im Vergleich zum 27jährigen Soziologie-Studenten D. ( fallen vierzig Jahre später gleichaltrige Analysten oder BWL-Absolventen, die sowas absondern
(: Gründung einer speziellen Emissionsgesellschaft durch die TSI Services GmbH oder einen sonstigen Dritten; Verkauf von Forderungen des Originators an die Emissionsgesellschaft/Zweckgesellschaft; Zweckgesellschaft refinanziert aus Emissionserlösen (Emission von so genannten Asset-Backed Securities) den Erwerb der Forderungen; Den Investoren der ABS Wertpapiere stehen ausschließlich die Zahlungsansprüche aus dem Forderungspool für ihre eigenen Ansprüche zur Verfügung)
etwas ab und man versteht, warum so viel getan wird, die Erinnerung zu vernichten!

Im April 1968 im BeatClub: This Wheel's On Fire

Der Eine und der Andere

Der-Eine-und-der-Andere

größer hier

CasinoKapitalismus - hier: TSI

Im Anschluss an mehrere Beiträge („Ramschhypotheken, etc. …“ vom 7.4., „Die Verantwortung des Steinbrück-Ministeriums…“ vom 6.4. und die „Verstaatlichung …“ vom 7.4.)
schickt uns einer unserer Leser einen „weiteren Beleg für
die Verantwortung des BMF für die Finanzkrise in Deutschland. Im
Mittelpunkt steht dabei wieder mal Ministerialdirektor Jörg
Asmussen.“ Albrecht Müller

2004 wurde die Lobbyorganisation True Sale International GmbH (TSI) gegründet.
Das Ziel der Initiative war und ist es, Verbriefungsgeschäfte * und
Co. in Deutschland zu fördern und zu etablieren. Also genau das,
was die US-Finanzkrise -nach Deutschland getragen hat.

Die Gesellschafter und Partner der TSI sind die Creme de la Creme der deutschen Kapitalbranche.
Besonders auffällig: Zwei Landesbanken, die Bayern LB und der West
LB, sind beteiligt - genau die beiden Landesbanken, welche besonders
von der Finanzkrise betroffen sind.
risikocontrolling
Die KfW ist natürlich auch dabei. Und jetzt erklären die
Verantwortlichen, dass sie von den Verbriefungsgeschäften
eigentlich nichts gewusst haben wollen!

Ein Mitglied der TSI ist übrigens die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die ja bis vor kurzem
jahrelang die Berichte der IKB als völlig in Ordnung abgezeichnet
hatte.

Nun wird es richtig interessant:
Auf der Website der TSI kann man eine Briefesammlung [PDF - 1.8 MB]
von 2006 abrufen, in der die TSI und der BDI gemeinsam Finanzminister
der Länder, Staatsekretäre des Bundes und diverse
Bundestagsabgeordnete (außer Linke) mit der Bitte anschreiben,
Verbriefungsgeschäfte doch von der Gewerbesteuer zu befreien.

Tja, und was schreibt Ministerialdirektor Asmussen denn in seinem Aufsatz von 2006, der schon auf den NDS thematisiert wurde:

Auch das BMF wird nach der für 2007 geplanten
Unternehmenssteuerreform erneut prüfen, ob eine Änderung der
Rechtslage (Erweiterung der in § 19 Abs. 3
Gewerbesteuerdurchführungsverordnung in 2003 neu eingeführten
Regelungen für Bankkredite auf andere Finanzierungen –
insbesondere jedoch auf die Verbriefung von Mezzanine-Kapital)
erforderlich und machbar sein wird.

Ein Blick
ins Gesetz zeigt, dass sich § 19 tatsächlich um
Gewerbesteuerbefreiungen dreht. So viel Gehorsam seitens der Politik
gegenüber der Finanzindustrie ist bemerkenswert. Das kann aber
einen nicht überraschen, wenn man perplex feststellen muss, dass
Asmussen Mitglied im Gesellschafterbeirat der TSI ist...


via NachDenkSeiten

(+ eigene Links)

* Schöne Erklärung auch hier--> gehe zu Lesezeichen: Verbriefungsverfahren
Im Übrigen: Casinokapitalismus: Robert Kurz, Schwarzbuch Kapitalismus
Hauke Fürstenwerth, Geld arbeitet nicht - wer bestimmt über Geld, Wirtschaft und Politik?

Archäologie XXI - 4. April 1968

Forty years ago today, Reverend Martin Luther King Jr. was tragically
shot and killed at the Lorraine Motel in Memphis. King was in
Memphis to lead that city's 1300 sanitation workers in a strike,
eventually settled in favor of the workers, over the right to
unionize. In the aftermath of the assassination, riots erupted in
over 100 cities though somehow not in King's hometown of Atlanta.
This page features a sampling of how the streets of Chicago looked after two days of tumult. In 1991, the former Lorraine Motel was converted to the National Civil Rights Museum.

via WFMU


Die Kultusministerin bleibt blass



eZeitung

Beim Auftritt vor dem Schulleitungsverband erntet Elisabeth Heister-Neumann Unmut
Bei ihrem ersten Auftritt vor dem Schulleitungsverband wird die neue Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann grundsätzlich. Viel zu grundsätzlich, finden viele der rund 1000 Schulleiter, die am Donnerstag zur Tagung ihres Verbandes nach Hannover gekommen sind.
Nachdem die CDU-Politikerin ausführlich über den „Weg in die Wissensgesellschaft“, „Bildung als Kapital und Leiter nach oben“ und den Spardruck, unter dem das Land stehe, gesprochen hat, schwillt der Unmut in den Reihen der Zuhörer hörbar an. „Völlig unpräzise“, murmelt ein Mann. „Unverschämtheit“, erregt sich sein Nachbar. „Vor 20 Jahren wäre das eine tolle Rede gewesen, jetzt bin ich enttäuscht“, meint eine Grundschulleiterin aus der Region Hannover.
Später wird die Ministerin dann doch konkret. Sie verspricht den Schulleitern Entlastung bei den Unterrichtsstunden sowie bei Verwaltungsaufgaben. Heister-Neumann will eine eigene Arbeitszeitverordnung für die Schulleiter umsetzen, aber darauf, dass Schulleiter nicht mehr als zwei Stunden Unterricht täglich geben dürfen, will sie sich nicht festlegen. Das hatte Helga Akkermann, Vorsitzende des Schulleitungsverbandes, zuvor gefordert. Ihrer Meinung nach sollten Leiter großer Schulen wegen der zahlreichen Verwaltungsaufgaben zudem überhaupt nicht mehr unterrichten müssen. „Ich glaube nicht, dass man eine Stundenzahl verbindlich festschreiben kann, das müssen die Schulen selbst entscheiden“, entgegnet Heister-Neumann.
„Schulleiter haben eine Präsenzpflicht“, sagt die Ministerin. Den Zusatz aus ihrem Redemanuskript, dass sich diese auch auf Ferientage beziehen kann, soweit diese den Erholungsurlaub übersteigen, lässt sie in ihrem Vortrag dann doch lieber weg. Während die Schulferien rund zwölf Wochen im Jahr umfassen, liegt der Jahresurlaub in den meisten Branchen bei sechs Wochen. „Wir sind schon auch jetzt während der Ferien oft in der Schule“ sagt eine Sprecherin des Schulleitungsverbands.
Heister-Neumann spricht sich für mehr Lehrer und kleinere Klassen aus. Der Philologenverband verweist darauf, dass derzeit in jeder zweiten Gymnasialklasse 30 oder mehr Schüler sitzen. „Bei solchen Rahmenbedingungen zu verlangen, dass der Lehrer auf die individuellen Stärken und Schwächen jedes einzelnen Schülers eingehen soll, kommt der Forderung gleich, mit einem 100-PS-Auto Formel-1-Rennen zu gewinnen.“, kritisiert Verbandsvorsitzender Guillermo Spreckels.
Weitere Strukturreformen plane sie nicht, sagt die neue Ministerin. Das heiße aber nicht, dass sie Reformen ihres Vorgängers wie die Eigenverantwortliche Schule zurückdrehen werde. Aber: „Bildung braucht Muße, wir wollen die Langsamkeit neu entdecken.“
Was die Schulleiter zu Beifall hinreißt, stößt bei den Oppositionsparteien, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und zahlreichen Initiativen auf massive Kritik. Sie wollen Tempo, keine Langsamkeit. Im Streit um die Gründung neuer Gesamtschulen werfen sie Ministerpräsident Christian Wulff „Wortbruch“ vor. Dieser hatte vor der Wahl angekündigt, das Errichtungsverbot für Gesamtschulen aus dem Schulgesetz zu streichen.
„Die Regierung hält uns hin“, bemängelt GEW-Landesvorsitzender Eberhard Brandt und verlangt einen „umgehenden Gesetzentwurf“ der Koalition, damit neue Gesamtschulen bereits im August 2008 gegründet werden könnten. SPD, Grüne und Die Linke werden in die Landtagssitzung in der nächsten Woche eigene Gesetzentwürfe einbringen.

Ausgabe: HAZ Datum: 04.04.2008

update:
... wird aber rhetorisch immer brillanter:

... Anrede,
ich fasse zusammen:

Wir wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler im Wettbewerb auf Augenhöhe mit ihren Freunden aus den anderen Bundesländern stehen.

Das verlangt von allen Beteiligten, den Schülern, den Eltern, den Schulen, den Kommunen und dem Land Anstrengungen und Einsatzbereitschaft. Ich bin davon überzeugt, das Können und Motivation vorhanden sind und wir die Herausforderungen bestens bewältigen werden.

Wir werden dafür Sorge tragen, damit G8 in Niedersachsen ein Erfolg wird. Unsere Kinder sollen für Studium und Beruf ideal vorbereitet sein.

Und zuletzt ein Appell an Sie, meine Damen und Herren! Alle gemeinsam sollten wir das Abitur nach 12 Jahren als Chance sehen. Am Montag am runden Tisch habe ich zumindest festgestellt: Wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen, dann wird G8 zu einer einmaligen Chance für die junge Generation!


"Wettbewerb auf Augenhöhe" ist gut, besser jedenfalls als weiter unten; was die Sprachrichtigkeit angeht: ein paar Fehler drin* ... aber das wird noch ... via Bildungsclick

*... so ähnlich wie bei Netto heute: Plakat über der Kasse, das für sowas wie die Nettopaybackkarte wirbt:
(Abb. ec-Karte:) "ohne Punkte" - (Abb. nettocard:) "mit Punkte"
logonetto

Siehe auch G8 revisited

Archäologie XX - Janis&Grace

1968_Grace_-_Janis1
Janis & Grace - these two ladies were the most prominent female vocalists that emerged from the Bay area during the psychedelic summer of love days... :

We are here to make a better world.

No amount of rationalization or blaming can preempt the moment of choice each of us brings to our situation here on this planet. The lesson of the 60's is that people who cared enough to do right could change history.

We didn't end racism but we ended legal segregation.

We ended the idea that you could send half-a-million soldiers around the world to fight a war that people do not support.

We ended the idea that women are second-class citizens.

We made the environment an issue that couldn't be avoided.

The big battles that we won cannot be reversed. We were young, self-righteous, reckless, hypocritical, brave,silly, headstrong and scared half to death.

And we were right.

Abbie Hoffman

The Fine Art Of Playing The Drums

Have
you ever wondered why Ringo Starr's style is so distinctive? His odd
pauses and curious fills? Turns out there's a reason Ringo sounds the
way he does. He's "a left-handed, right-handed drummer." Ringo explains
it all - while on drums - on this 1:48 treat, "
A Major Demonstration of My Drum Work."

via Never Get Out Of The Boat

Träume verwehen ...

Träume verweh'n, wenn sie nicht wissen, wo sie schlafen sollen,
und bevor der Tag kommt, zieh'n sie mit dem Wind davon.
Die Welten dreh'n, wer von uns weiß, wer seine Freunde sind?
Wenn ein neuer Tag kommt, seh'n wir alle anders aus.

Die Zeit vergeht und so viel bleibt im Straßenstaub.
Wird uns fremd, wie ein Bild von daheim.
Alles längst verschwunden, alles überwunden und doch
war da viel mehr als ein Spiel.

Träume erfrieren, wenn niemand da ist, der sie träumen will,
und bevor der Tag kommt, sind sie mit der Nacht davon.
Jetzt steh'n wir hier, wer von uns weiß noch, welchen Weg er geht?
Wenn ein neuer Tag kommt, ist nichts, wie es einmal war.

Die Zeit vergeht und so viel bleibt im Straßenstaub.
Wird uns fremd, wie ein Bild von daheim.
Alles längst verschwunden, alles überwunden und doch
war da viel mehr als ein Spiel.

Alle Rechte liegen beim jeweiligen Interpreten bzw. Verlag
Rio Reiser: Träume - aus: "Himmel & Hölle" (1995), seinem letzten Album.

Udo Lindenbergs „Stark wie Zwei" erinnert in Produktion und Duktus an Reisers Album. Es ist wirklich gut: kaum noch - oder nur noch unaufdringlich - Lindenbergs Manierismen: man höre "Verbotene Stadt".
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Archäologie XIX

sophia
Sophia

Und dennoch leben sie (1960)
Regie: Vittorio De Sica
Drehbuch: Vittorio De Sica, Cesare Zavattini und Alberto Moravia (Roman)
# Sophia Loren: Cesira
# Jean-Paul Belmondo: Michele
...
loren_und-dennoch
La Ciociara -> IMDb

Faust II revisited

Allüberall wird heuer festgestellt, dass Goethes Faust deshalb aktuell ist, weil erstmals 1808 zu Ostern – im Rahmen der Gesamtausgabe – erschienen. So rankt sich manches um das Ostermotiv : sehr schwurbelig in der ZEIT mit Frau von Thadden, klarer schon bei Seibt in der SZ, aber weshalb es wirklich lohnen könnte, gerade jetzt im "Faust" zu lesen, bleibt dabei eher verborgen:
Interessanter als die allzumenschliche Streberei ist Goethes im Faust II poetisch entfaltete Theorie gesellschaftlicher Entwicklung: Nachdem Faust und Mephisto die kleine Welt (und das doofe Gretchen) hinter sich gelassen haben, geht es um Einsichten in den Verlauf der Geschichte (u. a. der Finanzmärkte!) … ---- die viel aktueller sind, als die Schreiberlinge des bundesdeutschen Feuilletons, die offenbar so weit weg sitzen von der Wirtschaftsredaktion, zu erkennen vermögen. Im „Faust“ findet sich eine Erklärung für den aktuellen Crash, der nicht so genannt, nur umschrieben werden darf …
Goethe lesen!

kaiser
Ich grüße die Getreuen, Lieben,
Versammelt aus der Näh' und Weite; -
Den Weisen seh' ich mir zur Seite,
Allein wo ist der Narr geblieben?

junker
Gleich hinter deiner Mantelschleppe
Stürzt' er zusammen auf der Treppe,
Man trug hinweg das Fettgewicht,
Tot oder trunken? weiß man nicht.

zweiter junker
Sogleich mit wunderbarer Schnelle
Drängt sich ein andrer an die Stelle.
Gar köstlich ist er aufgeputzt,
Doch fratzenhaft, daß jeder stutzt;
Die Wache hält ihm an der Schwelle
Kreuzweis die Hellebarden vor -
Da ist er doch, der kühne Tor!

mephistopheles
Was ist verwünscht und stets willkommen?
Was ist ersehnt und stets verjagt?
Was immerfort in Schutz genommen?
Was hart gescholten und verklagt?
Wen darfst du nicht herbeiberufen?
Wen höret jeder gern genannt?
Was naht sich deines Thrones Stufen?
Was hat sich selbst hinweggebannt?

kaiser
Für diesmal spare deine Worte!
Hier sind die Rätsel nicht am Orte,
Das ist die Sache dieser Herrn. -
Da löse du! das hört' ich gern.
Mein alter Narr ging, fürcht' ich, weit ins Weite;
Nimm seinen Platz und komm an meine Seite.

gemurmel der menge
Ein neuer Narr - Zu neuer Pein -
Wo kommt er her? - Wie kam er ein? -
Der alte fiel - Der hat vertan -
Es war ein Faß - Nun ist's ein Span -

kaiser
Und also, ihr Getreuen, Lieben,
Willkommen aus der Näh' und Ferne!
Ihr sammelt euch mit günstigem Sterne,
Da droben ist uns Glück und Heil geschrieben.
Doch sagt, warum in diesen Tagen,
Wo wir der Sorgen uns entschlagen,
Schönbärte mummenschänzlich tragen
Und Heitres nur genießen wollten,
Warum wir uns ratschlagend quälen sollten?
Doch weil ihr meint, es ging' nicht anders an,
Geschehen ist's, so sei's getan.



schatzmeister
Wer wird auf Bundsgenossen pochen!
Subsidien, die man uns versprochen,
Wie Röhrenwasser bleiben aus.
Auch, Herr, in deinen weiten Staaten
An wen ist der Besitz geraten?
Wohin man kommt, da hält ein Neuer Haus,
Und unabhängig will er leben,
Zusehen muß man, wie er's treibt;
Wir haben so viel Rechte hingegeben,
Daß uns auf nichts ein Recht mehr übrigbleibt.
Auch auf Parteien, wie sie heißen,
Ist heutzutage kein Verlaß;
Sie mögen schelten oder preisen,
Gleichgültig wurden Lieb' und Haß.
Die Ghibellinen wie die Guelfen
Verbergen sich, um auszuruhn;
Wer jetzt will seinem Nachbar helfen?
Ein jeder hat für sich zu tun.
Die Goldespforten sind verrammelt,
Ein jeder kratzt und scharrt und sammelt,
Und unsre Kassen bleiben leer.



kaiser
Sag, weißt du Narr nicht auch noch eine Not?



mephistopheles
Wo fehlt's nicht irgendwo auf dieser Welt?
Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.
Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen;
Doch Weisheit weiß das Tiefste herzuschaffen.
In Bergesadern, Mauergründen
Ist Gold gemünzt und ungemünzt zu finden,
Und fragt ihr mich, wer es zutage schafft:
Begabten Manns Natur- und Geisteskraft.

mephistopheles
Daran erkenn' ich den gelehrten Herrn!
Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern,
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar,
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr,
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht,
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.

kaiser
Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,
Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff es denn.

mephistopheles
Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr;
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer;
Es liegt schon da, doch um es zu erlangen,
Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?
Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,
Wo Menschenfluten Land und Volk ersäuften,
Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte,
Sein Liebstes da- und dortwohin versteckte.
So war's von je in mächtiger Römer Zeit,
Und so fortan, bis gestern, ja bis heut.
Das alles liegt im Boden still begraben,
Der Boden ist des Kaisers, der soll's haben.
…..

157864-featInzwischen – während des „Heiteren Fests“ - sind aus der blinden Bereitschaft des Kaisers und seines Hofes, das müßige Leben weiterzuführen und auf Schein-Reichtümer zu bauen, auf Mephistos Initiative, aber doch nur im Sinne des Hofes die praktischen Konsequenzen gezogen worden.
Der Schatz, den der Kaiser noch vor dem Mummenschanz sofort ausgraben wollte, ist schon gehoben: Es ist das Papiergeld. Das Papiergeld, das als allgemeines Äquivalent schon seit dem 12. Jahrhundert bekannt ist, beginnt seinen Siegeszug als Mittel des kapitalistischen Kredits mit John Law zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die Bedeutung des Kredits für die Ankurbelung der kapitalistischen Wirtschaft und damit den positiven Zusammenhang zwischen Papiergeld und sich entwickeln dem Kapitalismus wird Goethe kaum durchschaut haben. Er sieht in der Zeit der Französischen Revolution nur die viel auffälligeren Gefahren des Kreditsystems (Inflation, Spekulation), nicht auch dessen belebende ökonomische Wirkung und begreift deshalb - gemäß seinen Erfahrungen - das Papiergeld in erster Linie als Mittel des Parasitentums. In diesem Verständnis geht es in den »Faust« ein. Wenn Mephisto das Papiergeld erfindet, so führt er nicht etwas am Kaiserhof Fremdes ein, sondern gibt ihm ein Mittel zum parasitären Genuss an die Hand, das seinem Wesen gemäß ist. Das Papiergeld bescheinigt hier einen Wert, der nicht erarbeitet, also gar nicht vorhanden ist. Es verlängert das müßige Leben des Kaiserhofs, ohne dass jemals die Absicht bestünde, dem Vorschuss tatsächliche Arbeit folgen zu lassen.
In der Fastnacht hat der Kaiser - so erfahren wir jetzt - als großer Pan im Vertrauen darauf, dass im Boden seines Reiches Schätze verborgen liegen, die man nur auszugraben braucht, durch seine Unterschrift den Wert dieser Schätze auf ein Blatt Papier übertragen und damit »alles Weh in Wohl verwandelt« (6056). Das »schicksalschwere Blatt« (6055) wurde noch in der Nacht »durch Tausendkünstler schnell vertausendfacht« (6072) und zur Begleichung ausstehender Zahlungen unter die Leute gebracht. Und schon herrscht, wie die Minister freudig meinen, überall im Lande eine neue Prosperität.
(Heinz Hamm: Goethes Faust – Werkgeschichte und Textanalyse, Berlin (Volk und Wissen) 1977, S. 165 ff.)

Lustgarten


kaiser
Welch gut Geschick hat dich hieher gebracht,
Unmittelbar aus Tausend Einer Nacht?
Gleichst du an Fruchtbarkeit Scheherazaden,
Versichr' ich dich der höchsten aller Gnaden.
Sei stets bereit, wenn eure Tageswelt,
Wie's oft geschieht, mir widerlichst mißfällt.

marschalk
Durchlauchtigster, ich dacht' in meinem Leben
Vom schönsten Glück Verkündung nicht zu geben
Als diese, die mich hoch beglückt,
In deiner Gegenwart entzückt:
Rechnung für Rechnung ist berichtigt,
Die Wucherklauen sind beschwichtigt,
Los bin ich solcher Höllenpein;
Im Himmel kann's nicht heitrer sein.

heermeister
Abschläglich ist der Sold entrichtet,
Das ganze Heer aufs neu' verpflichtet,
Der Landsknecht fühlt sich frisches Blut,
Und Wirt und Dirnen haben's gut.

kaiser
Wie atmet eure Brust erweitert!
Das faltige Gesicht erheitert!
Wie eilig tretet ihr heran!

schatzmeister
Befrage diese, die das Werk getan.

faust
Dem Kanzler ziemt's, die Sache vorzutragen.

kanzler
Beglückt genug in meinen alten Tagen. -
So hört und schaut das schicksalschwere Blatt,
Das alles Weh in Wohl verwandelt hat.
"Zu wissen sei es jedem, der's begehrt:
Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.
Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,
Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.
Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,
Sogleich gehoben, diene zum Ersatz."

kaiser
Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!
Wer fälschte hier des Kaisers Namenszug?
Ist solch Verbrechen ungestraft geblieben?

schatzmeister
Erinnre dich! hast selbst es unterschrieben;
Erst heute nacht. Du standst als großer Pan,
Der Kanzler sprach mit uns zu dir heran:
"Gewähre dir das hohe Festvergnügen,
Des Volkes Heil, mit wenig Federzügen."
Du zogst sie rein, dann ward's in dieser Nacht
Durch Tausendkünstler schnell vertausendfacht.
Damit die Wohltat allen gleich gedeihe,
So stempelten wir gleich die ganze Reihe,
Zehn, Dreißig, Funfzig, Hundert sind parat.
Ihr denkt euch nicht, wie wohl's dem Volke tat.
Seht eure Stadt, sonst halb im Tod verschimmelt,
Wie alles lebt und lustgenießend wimmelt!
Obschon dein Name längst die Welt beglückt,
Man hat ihn nie so freundlich angeblickt.
Das Alphabet ist nun erst überzählig,
In diesem Zeichen wird nun jeder selig.

kaiser
Und meinen Leuten gilt's für gutes Gold?
Dem Heer, dem Hofe gnügt's zu vollem Sold?
So sehr mich's wundert, muß ich's gelten lassen.

marschalk
Unmöglich wär's, die Flüchtigen einzufassen;
Mit Blitzeswink zerstreute sich's im Lauf.
Die Wechslerbänke stehen sperrig auf:
Man honoriert daselbst ein jedes Blatt
Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt.
Nun geht's von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken;
Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken,
Wenn sich die andre neu in Kleidern bläht.
Der Krämer schneidet aus, der Schneider näht.
Bei "Hoch dem Kaiser!" sprudelt's in den Kellern,
Dort kocht's und brät's und klappert mit den Tellern.

mephistopheles
Wer die Terrassen einsam abspaziert,
Gewahrt die Schönste, herrlich aufgeziert,
Ein Aug' verdeckt vom stolzen Pfauenwedel,
Sie schmunzelt uns und blickt nach solcher Schedel;
Und hurt'ger als durch Witz und Redekunst
Vermittelt sich die reichste Liebesgunst.
Man wird sich nicht mit Börs' und Beutel plagen,
Ein Blättchen ist im Busen leicht zu tragen,
Mit Liebesbrieflein paart's bequem sich hier.
Der Priester trägt's andächtig im Brevier,
Und der Soldat, um rascher sich zu wenden,
Erleichtert schnell den Gürtel seiner Lenden.
Die Majestät verzeihe, wenn ins Kleine
Das hohe Werk ich zu erniedern scheine.

faust
Das übermaß der Schätze, das, erstarrt,
In deinen Landen tief im Boden harrt,
Liegt ungenutzt. Der weiteste Gedanke
Ist solchen Reichtums kümmerlichste Schranke;
Die Phantasie, in ihrem höchsten Flug,
Sie strengt sich an und tut sich nie genug.
Doch fassen Geister, würdig, tief zu schauen,
Zum Grenzenlosen grenzenlos Vertrauen.

mephistopheles
Ein solch Papier, an Gold und Perlen Statt,
Ist so bequem, man weiß doch, was man hat;
Man braucht nicht erst zu markten, noch zu tauschen,
Kann sich nach Lust in Lieb' und Wein berauschen.
Will man Metall, ein Wechsler ist bereit,
Und fehlt es da, so gräbt man eine Zeit.
Pokal und Kette wird verauktioniert,
Und das Papier, sogleich amortisiert,
Beschämt den Zweifler, der uns frech verhöhnt.
Man will nichts anders, ist daran gewöhnt.
So bleibt von nun an allen Kaiserlanden
An Kleinod, Gold, Papier genug vorhanden.


07_cover_mSchon deutlich, dass man schon 1808, spätestens aber nach einer genaueren Analyse des so genannten "fiktiven Kapitals" aus dem späteren 19. Jahrhundert wissen konnte, dass das Drucken von Papier nur bei einigen wenigen Reichtum zu erzeugen vermag- und dass man Mephistos Ironie verstehen können muss, sonst fällt man auf ihn als Anlageberater herein - wie der Kaiser, der ja eigentlich eher der Realökonomie vertrauen möchte ... aber nichts weiß; - wie die Kanzleramtsökonomen einschließlich des unglaublichen Ackermann heute.

Archäologie XVIII: In Hannover nach dem Krieg

John_Kay_Steppenwolf
Ostersonntag 20.05 - NDR INFO: "Vom Flüchtlingskind zum Rockstar": Wie aus Joachim Krauledat Steppenwolf wurde. Eine Sendung von Uli Kniep

"Born To Be Wild": Vor 40 Jahren erschien das erste Album der Rockband Steppenwolf. Sänger Joachim Krauledat alias John Kay war als Kind von Tilsit nach Hannover geflüchtet, dann als Jugendlicher nach Kanada ausgewandert, von wo er seine Karriere startete. Durch den Film "Easy Rider" wurde seine Band Steppenwolf weltberühmt.

Dazu Mathias Greffraths schöner Text:
Hannover nach dem Krieg: Zwei Jungs spielen Fußball. Der eine singt später "Born To Be Wild", der andere wird Journalist und schreibt über ihr Wiedersehen nach 50 Jahren: Der Wilde von nebenan:
An der Stimme hätte ich den Jungen nicht erkannt, der mich, ein halbes Jahrhundert ist das her, auf dem Fensterbrett eines Treppenhauses in Hannover für ein paar kostbare Minuten seine Gibson J200 halten ließ. Die war weiß und sah aus wie die von Elvis – aber sie war aus Hartfaserplatte gebastelt und der Hals zu schwach, um Saiten zu halten. Damit stand der Junge stundenlang vor dem Spiegel seiner Mutter, rockte und sang Wörter, die er nicht verstand. Der Spiegel war groß, denn die Mutter war Änderungsschneiderin, und ihr Mann fuhr Zigaretten aus. Das war in der Kronenstraße 37 in Hannover, Mitte der fünfziger Jahre, in einem dieser hellhörigen Nachkriegsmiethäuser mit ihren 40-Quadratmeter-Familieneinheiten, in denen man immer leise sein musste.

Ich fand den Jungen aus dem dritten Stock etwas unheimlich, auf jeden Fall für mich unerreichbar. Mit zwölf schon rannte er im schwarzen Trenchcoat herum, trug Röhrenhosen, seine Schuhe waren braun mit weißem Deckblatt. Immer trug er diese dunkle Brille, immer nahm er ein paar Stufen auf einmal, vielleicht musste er zum Essen und war spät dran, oder er wollte nicht angesprochen werden. Er war nur gut anderthalb Jahre älter als ich, aber schon durch den Stimmbruch und groß wie 18. Ich sang Sopran im Schulchor der Leibnizschule: die Freimaurerhymne von Mozart. »Brüder, reicht die Hand zum Bunde.« Das trieb mir die Tränen in die Augen, verschmolz mit den Wochenschaubildern vom 17. Juni und ein paar Jahre später umstandslos mit der ersten Brecht-Lektüre. What If Mozart Wrote Born to Be Wild? – so heißt der Titel einer alten CD, einer Hommage verschiedener Künstler an Steppenwolf. Gute Frage. What if Adorno had liked jazz? War aber nicht so. ...


KayandFonda
John Kay and Peter Fonda, 2004

Sleeveface

one or more persons obscuring or augmenting any part of their body or bodies with record sleeve(s) causing an illusion:

sleeveface1
sleeveface2

Ein Lob dem schönen alten LP-Cover, - mit CD-Booklets ist das schlecht zu machen ...

Update 2010:
muscatello_mink_deville

Zuweilen VII - Zum Tod von Erwin Geschonneck

bemerkt man erst, wenn man vom Tod eines Menschen erfährt, dass er einem eigentlich schon länger gefehlt hat. Mir wird dieses Gesicht immer in Erinnerung bleiben: Erwin Geschonneck in Frank Beyers Verfilmung von Jurek Beckers einzigartigem Roman Jakob der Lügner:
erwin_geschonneck_jakub-the-liar
Jacob1

Ausnahmsweise sei hier der Nachruf der HAZ zitiert, weil nicht wie üblich bei seinem Ableben auf einen Kommunisten gepisst werden musste:
Er hat mit vielen zusammengearbeitet, die im 20. Jahrhundert Film- und Theatergeschichte geschrieben haben: vor dem Krieg mit Erwin Piscator an der Jungen Volksbühne, nach dem Krieg mit Ida Ehre an den Hamburger Kammerspielen und mit Bertolt Brecht am Berliner Ensemble. Da hatte ihn auch schon der Regisseur Helmut Käutner fürs Kino entdeckt.
Erwin Geschonneck hat selbst Film- und Theatergeschichte geschrieben. Der Sohn eines Flickschusters und Nachtwächters war der vielleicht bekannteste Schauspieler in der DDR. In weit mehr als 100 Film- und Fernsehfilmen hat er mitgespielt. „Das kalte Herz“ (1950), „Fünf Patronenhülsen“ (1960), „Nackt unter Wölfen“ (1962), „Karbid und Sauerampfer“ (1963) zählen zu den bekanntesten. Gestern ist Erwin Geschonneck im Alter von 101 Jahren gestorben.
Was hätte der am 27. Dezember 1906 in Ostpreußen geborene Schauspieler für eine Weltkarriere machen können: Er spielte mit in dem Gettodrama „Jakob der Lügner“ (1974). Frank Beyers Film war der einzige aus der Defa-Produktion, der je für den Oscar nominiert wurde. Doch blieb der Kommunist Geschonneck seinem Staat treu, ohne sich je mit ihm gemein zu machen. Die Akademie der Künste würdigte ihn gestern als einen „aufrechten, unbeugsamen Zeitgenossen“. Wurde Geschonneck gefragt, warum er nie versucht habe, seiner Berliner Plattenbauwohnung und dem ganzen eingemauerten Land zu entkommen, antwortete er: „Mir genügte es auch, ein guter Schauspieler zu sein.“
Kraftvollen, knorrigen, oft mit viel Selbstironie ausgestatteten Figuren hauchte er Leben ein. Nicht immer konnte er mit seinen Rollen hohe Sympathiewerte erzielen: In „Das Beil von Wandsbek“ (1951) war er der unauffällige Familienvater, der den Nazis als Henker diente. In „Sonnensucher“ (1958) spielt er einen aufrechten Kommunisten, der sich gegen verbohrte Funktionäre zur Wehr setzte – beide Filme waren in der DDR zunächst verboten. In „Karbid und Sauerampfer“ schlug er sich als „Karbid-Kalle“ nach Schwejkscher Art durch die Zone, um sieben Fässer Karbid zu ergattern. In „Nackt unter Wölfen“ (1963) gehört er zu den Häftlingen im KZ-Buchenwald, die sich der SS entgegenstellen.
Seinen letzten Film „Matulla und Busch“ drehte er 1995 unter der Regie seines Sohnes Matti Geschonneck. Für Heiner Müller und dessen Projekt „Duell Traktor Fatzer“ kehrte er in den neunziger Jahren noch einmal ans Berliner Ensemble zurück.
Es war wohl kein Zufall, dass in Geschonnecks Filmen immer wieder der Kampf gegen den Faschismus auftaucht: Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ging er ins Exil, bis nach Odessa in die Sowjetunion verschlug es ihn. Er wurde ausgewiesen und 1939 in Prag verhaftet, überlebte die Todeslager Sachsenhausen, Dachau und Neuengamme. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges zählte er zu den 4000 KZ-Häftlingen auf dem Schiff Cap Arcona, das von der Royal Airforce versenkt wurde. 350 KZ-Häftlinge kamen damals mit dem Leben davon. Einer davon war Geschonneck.
Seine letzte Ruhe wird er auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof finden, dem traditionsreichen Künstlerfriedhof in Berlin. Seine Grabstätte liegt gleich neben der von Bertolt Brecht und Helene Weigel. Das ist ein würdiger Platz für den Volksschauspieler Erwin Geschonneck.

Ausgabe: HAZ Datum: 13.03.2008
erwin_geschonneck

Sehenswert: Jakob der Lügner (DEFA/Frank Beyer 1974)

Unbedingt hörenswert:
„Widerstand und Anpassung – Überlebensstrategie“
Erinnerungen eines Mannes an das Lager Dachau
Originaltonfeature von Thomas Heise
Rundfunk der DDR, 1987 verboten
Ursendung: 1989

Archäologie XVII - 16. März 1968

My_Lai_massacre

Am Morgen des 16. März 1968, gegen acht Uhr Ortszeit, werden mehrere Kompanien der US-Sondereinheit Task Force Barker auf dem Gebiet des Gemeindeverbandes My Lai abgesetzt, um dieses Terrain in der mittelvietnamesischen Küstenprovinz Quang Ngai zu durchkämmen. Man vermutet dort ein Aufklärungsbataillon der Nationalen Befreiungsfront (FLN), im Westen seinerzeit "Vietcong" (VC), von den amerikanischen Frontsoldaten "Charly" genannt.

Als die Helikopter knapp drei Stunden später, gegen elf Uhr, zurückkehren, um die Männer abzuholen, ist Son My ausradiert. Etwa 500 Tote liegen in Wassergräben und Reisfeldern, auf Feldwegen oder im Dorf selbst - Frauen und Kinder, Männer mittleren Alters, Greise und Säuglinge. Die C-Kompanie unter dem Kommando des Leutnants William Calley hat keinen Vietcong aufgespürt, keine Waffen gefunden, keine Verluste erlitten, keine Gefangenen gemacht, aber einige tausend Schuss abgefeuert.

Ronald Haeberle, Fotograf für die Armeezeitung Stars & Stripes, ist von Anfang an dabei. Was er sieht, wird ihn nicht wieder loslassen, er wird seinen Job aufgeben und ein Jahr danach über diese drei Stunden schreiben, er habe es als Soldat nicht fertiggebracht, seine Kameraden beim Töten zu fotografieren. "Ich fotografierte nur ihre Opfer."

Haeberle wird zum Chronisten des Grauens, er wird es auch wegen der knappen Kommentare, mit denen er seine Bilder versieht. Wer das Massaker nacherleben, wer es rekonstruieren will, muss sich daran halten. In Haeberles Bildlegenden ist zu lesen: "Frauen und Kinder werden zusammengetrieben. In Todesangst sehen sie, dass die Soldaten ihre Gewehre auf sie richten." - "Um das Feuer anzufachen, wirft ein Soldat Strohmatten, die zum Trocknen von Reis benutzt werden, über die Toten." - "Der Körper vor dem brennenden Haus zuckt noch. Ein GI sagt mir, er sehe seither Gespenster."

Als Haeberle ein Jahr nach dem Massaker, inzwischen aus der Armee entlassen, öffentliche Vorträge hält und dabei Bilder aus My Lai zeigt, die bis dahin niemand außer ihm gesehen hat, hört er den Vorwurf, Handlanger des Vietcong zu sein und Fälschungen zu verbreiten. Doch beschreibt Ron Ridenhour - als Soldat 1968 in Mittelvietnam stationiert - zur gleichen Zeit in ungezählten Briefen und Petitionen an Kongressabgeordnete, Senatoren und Journalisten immer wieder, was ihm Calleys Männer über den 16. März 1968 erzählt haben - bis auch die Army einräumt, dass an jenem Tag "die Dinge etwas aus dem Ruder gelaufen sind". Sie ringt sich zu halbherzigen und zähen Recherchen durch, bei denen zu guter Letzt ein Einzeltäter übrig bleibt: Leutnant William Calley, kein monströser Killer, sondern ein überforderter junger Offizier, wie es heißt, dem einfach die Sicherungen durchgebrannt seien und mit ihm den Soldaten der C-Kompanie. Vorsätzliche Tötung gewiss, aber kein Mord, werden später beim Calley-Prozess die Richter sagen

"Wir hatten einen Weg gefunden, wie wir uns keine Vorwürfe zu machen brauchten", räsoniert Captain Willard in Francis Coppolas Vietnam-Film Apocalypse Now über den Umgang mit Zivilisten in Vietcong-Gebiet, "wir zerhackten sie mit Maschinengewehren in zwei Hälften und legten ihnen dann einen Verband an."

...
Hier weiterlesen:
Lutz Herden: Ausflug nach Pinkville - MY LAI 1968 * US-Truppen säubern in Südvietnam ein Vietcong-Gebiet
democracy_vietnam_mylai03

Vgl. auch: Über My Lai und besondere Morde im Krieg


Erich Fried
Antiquitätenladen in Saigon


Durchbrochene Elfenbeinkugeln
geschnitzt noch im alten Annam
umschließen kleinere Kugeln
die wieder Kugeln umschließen
alle vielfach durchbrochen
und frei beweglich
ineinander geschnitten
in mühsamer Arbeit
aus einem Stück
ohne erkennbaren Zweck
Auch der Krieg in Vietnam
ist vielfach durchbrochen
und durch die Löcher
bestaunt man kleinere Kriege
umschlossen vom großen
im Inneren frei beweglich
und hört sie rasseln
alle von Menschenhänden
in mühsamer Arbeit geschnitten
aus einem Stück

....
Sie berechnen die Masse des Nichts den Kurswert der Explosionen und die Halbierungsperiode der Intelligenz und die Transformationen von Menschen in strahlenden Staub zur Erhaltung der Energie der bestehenden Ordnung ...
Erich-Fried

Archäologie XVI

eddieedithcharles
Eddie Constantine, Edith Piaf and Charles Aznavour.
Schönen Abend noch.

G8 revisited

Zu dem Bericht vom 4. März:
Dass unsere Kinder in der Schule belastet werden, steht außer Frage. Ob das Maß jedoch so hoch ist, dass Inhalte gekürzt werden sollten, ist fraglich. Schließlich sind die Schulen die Hälfte des Jahres völlig geschlossen (104 Sonnabende und Sonntage, 80 Ferien- und Feiertage). In der verbleibenden Schulzeit fällt der Unterricht flächendeckend bis zu 20 Prozent dann irgendwie aus. Im Abiturjahr fällt der Unterricht nach den schriftlichen Arbeiten zwei Monate bis zu 95 Prozent aus. Auch 32 Schüler in einer Klasse sind immer noch ein Lehrerorganisationsproblem. Statistisch stellte der Staat schon 2001 für 13 Schüler einen Lehrer zur Verfügung (laut Bundesamt für Statistik). Das dürfte sich noch verbessert haben. Durch Abschaffung der 13. Klasse des Gymnasiums wurden bundesweit weitere 50 000 Lehrer völlig vom Unterricht befreit. Was machen die eigentlich? Und Ruhe ist das Letzte, was die Schulen brauchen. Wir leben auf keiner Insel, sondern in globaler Konkurrenz. Nicht nur in Singapur, selbst in den Niederlanden sind viele Kinder freiwillig bereits bis 20 Uhr in der Schule.
Burgwedel Gerolf K.
Gymnasiallehrer


Dies war ein Leserbrief in meiner LieblingsHAZ zu einem Artikel, in dem ich zitiert wurde. Wie auch immer: Ich finde, so etwas darf man als verantwortlicher Redakteur nicht veröffentlichen: Der Mann zeichnet immerhin mit seinem Namen und einer Berufsbezeichnung und wird durch die Veröffentlichung als pisamäßig unterste Stufe und bar jeder Kompetenz, einen Gedanken verständlich zu äußern und mit dem nächsten sinnvoll zu verknüpfen, geoutet!
Was die 50 000 Lehrer machen werden, die durch die Einführung des G8 hoffentlich völlig vom Unterricht befreit sein werden, wenn das denn eintritt, könnte ich sagen: Die schreiben den ganzen lieben langen Tag Blogs über das völlige Versagen des deutschen Schulsystems voll... Schließlich verstehen sie was davon ...

Update
... so wie Frau H-N (war wohl noch sehr früh!):
Interviews | 06.03.2008 07:20 Uhr
"Unsere Schüler müssen Freude am Lernen haben"
Elisabeth Heister-Neumann, CDU, Kultusministerin in Niedersachsen, im NDR Info Interview vom 6. März 2008


NDR Info: Muss das Turbo-Abitur für die Schüler erträglicher gemacht werden?

ElisabethHeister-Neumann: Ich bin zunächst erst einmal davon überzeugt, dass das G8-Abitur vernünftig ist. Wir sind in Deutschland quasi Schlusslicht in der Umstellung – das ist also weltweit Standard. Die andere Frage ist, wie man umsteuert vom G9 auf G8. Bei dieser Umsteuerung stellen wir fest, dass zumindest in einigen Schulen doch Klagen geführt werden, dass es nicht reibungslos läuft. Dann kommt es genau zu den Punkten, die Sie angesprochen haben – eben eine stärkere Belastung der Schülerinnen und Schüler. Das kann nicht sein. Wir müssen sehen, dass unsere Schüler auch in der Schule Freude am Lernen haben und deshalb müssen wir in die Feinheiten schauen. Das wird sicherlich heute auch noch mal Gegenstand der Diskussion während der Kultusminister-Konferenz sein.

NDR Info: Welche Feinheiten haben Sie denn da im Auge?

Elisabeth Heister-Neumann: In Niedersachsen haben wir übrigens schon angefangen, dass bei der Vermittlung der Inhalte wirklich auch darauf geachtet wird, dass die Umstellung von Rahmenrichtlinien auf curricular auch tatsächlich durchgeführt wird. (...). Wir haben bislang immer schwerpunktmäßig eine ganz bestimmte Stofffülle ins Auge gefasst und diese wird abgearbeitet. Bei dem curricular ist es so, dass man bestimmte Notwendigkeiten formuliert, mit Methodenlehre gleichzeitig und dann exemplarisch sagt – an ein, zwei, drei Beispielfällen soll gelernt werden, wie man mit diesen Fragen umgeht. Und das heißt nicht die Ansammlung von reinem Wissen, sondern das heißt, exemplarisch an bestimmten Dingen eben lernen, wie so etwas zu erlernen ist. Und das kann man sicherlich in einem Zeitraum von G8 auch erreichen.

NDR Info: Und wer müsste das dann entscheiden? Macht das dann der Lehrer jeweils vor der Klasse?

Elisabeth Heister-Neumann: Es sieht so aus, dass es von den Kultusministern der Länder über die Kultusminister-Konferenz auch sogenannte Bildungsstandards gibt - bestimmte Bereiche. Und diese Standards müssen eingehalten werden, sonst ist das gesamte Abitur natürlich in den deutschen Ländern nicht vergleichbar. Der Weg dorthin bleibt zu einem großen Teil auch wirklich der Schule vor Ort überlassen.

NDR Info: Würde das denn auch bedeuten, dass man womöglich auf ganze Fächer verzichtet?

Elisabeth Heister-Neumann: Nein, auf keinen Fall. Erstens sollte nicht auf Fächer verzichtet werden und zweitens, das mir auch ganz wichtig (...), dass wir auch die Hausaufgaben mit im Blick haben. Denn das ist etwas, wo ich die meisten Klagen höre. Dass auf der einen Seite diese Veränderung des Stoffplans, aber gleichzeitig die nicht in dem Maße durchgeführte Einbindung der Hausaufgaben ein Problem ist. (...) In seiner Freizeit muss der Schüler noch andere Dinge machen können, die für die Entwicklung und Bildung von Bedeutung sind. Und deshalb müssen die Lehrer, meines Erachtens, die Hausaufgaben stärker in die Lehrpläne miteinbeziehen.


Update vom 04.04.: Kultusministerin bleibt blass
Der unfreundliche HAZ-Artikel ist offenbar noch sehr freundlich gehalten. Teilnehmer berichten von fachlichem Desaster ....

Bodycount

Schon über 60 Tote beim aktuellen Militäreinsatz der israelischen Armee in Gaza. Das ist ganz und gar nicht schön.
„Schlimmer als der Holocaust“, sagt Mahmoud Abbas und hat damit vollkommen Recht, wenn man wie er davon ausgeht, dass der Holocaust gar nicht stattgefunden hat.
„Es handele sich um die höchste Opferzahl bei einem israelischen Militäreinsatz seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967“, stellt die EU-Ratspräsidentschaft erschrocken fest.
Und tatsächlich: Noch mal so viele Tote, und das
Massaker“ erreicht die Ausmaße des von der Hamas initiierten „Bruderkampfes“ vor knapp einem Jahr in Gaza, als sich Palästinenser gegenseitig abknallten.

Seitdem herrscht die Hamas über Gaza. Täglich wird von dort aus die israelische Zivilbevölkerung beschossen. Und in Israel wird seit Jahr und Tag darüber diskutiert, wie man darauf reagieren solle. Erste Option: militärisch eingreifen oder, zweite Option: den Forderungen der Gaza-Palästinenser entgegenkommen?
Letzteres ist gar nicht so einfach, weil keine Forderungen bekannt sind.
„Ende der Besatzung“? Gibt es schon seit drei Jahren. Und eine Öffnung der Grenzen kann ja wohl kaum eine Forderung der Palästinenser sein, wenn ihr Hauptziel ein souveräner eigener Staat ist. Man kann es drehen und wenden wie man will: Die Raketenangriffe auf israelische Bürger hatten und haben nur einen Sinn: Die israelische Armee zum Eingreifen zu zwingen. Also bitte, Ziel erreicht. Israel hat sich letztlich doch für die zweite Option entschieden.

Quelle: Planet Hop
vom 2. März 2008

2 Tipps

1. Open Source Jahrbuch 2008 kostenlos downloaden
Die Technische Universität Berlin hat das neue Nachschlagewerk "Open Source Jahrbuch 2008" zum kostenlosen Download ins Netz gestellt. Unter dem Motto "Zwischen freier Software und Gesellschaftsmodell" haben die Fach-Autoren wieder interessante Kapitel zu den ökonomischen und gesellschaftlichen Aspekten des Phänomens Open Source und freier Content verfasst.

2. Am 26. Februar diskutierten in der Reihe SWR2-Forum Otto Depenheuer, Reinhard Merkel und Herbert Prantl das Thema "Werden die Grundrechte ausgehölt?"(mp3).
Ich bewundere Herrn Prantl dafür sehr, dass er bei den Ausführungen von Herrn Depenheuer die Contenance waren konnte. Mir hat es teilweise bei dessen Äußerungen kalte Schauer über den Rücken gejagt. So weit sind wir also schon wieder? Unbedingt anhören, diese Diskussion hilft beim Aufwachen und beim Sinne schärfen.

via Interessante Zeiten

Alter Mann im Reading Room

logo_rr Die FAZ hat einen eingerichtet für Martin Walser, genauer für seinen neuen Roman, den sie auch vorab oder nur druckt. Was insofern erstaunt, als vor nicht allzu langer Zeit (2002) Schirrmacher Walser einen Brief schrieb, den er auch gleich veröffentlichte, in dem er ihm erklärte, warum die FAZ seinen Roman "Tod eines Kritikers" nicht abdrucken wolle: der sei antisemitisch! (Perlentaucher hat die Auseinandersetzung um den Roman dokumentiert.) Am treffendsten in dieser Debatte wohl Klaus Theweleit (über die Geschäftemacherei mit dem Antisemitismus), der den Vorgang einen "primitiven Rattenkrieg" nennt. Theweleit hält "sowohl Walser als auch Reich-Ranicki, seit dreißig Jahren schon, für absolut amoralische Typen: für Maulhelden, die jede Gelegenheit beim Schwanz packen, sich selbst ins Öffentliche zu schieben, egal womit". Wäre der Roman "Tod eines Kritikers" von einem unbekannten Autor, wäre er ignoriert worden. Für ihn sei Walser auch kein Nationalkonservativer, denn er habe keine Ideologie, "außer jener, im Mittelpunkt stehen zu müssen." Walser, Ranicki, Schirrmacher verfolgten vor allem Eigeninteressen: "Das sind Markt-Machos, die sich auf ekelhafteste Weise ihre Taschen füllen." Theweleit sieht Missbrauch von allen Seiten. Auch was die aktuellen Debatten um Israel betreffe: Deutsche hätten dazu die "Klappe" zu halten. "Alles andere ist unanständig."
Unanständig ist dann auch der FAZ-ReadingRoom, denn man geht doch wohl nicht in den Room mit dem, den man neulich einen Antisemiten nennen musste. Es sei denn, man hätte nicht gemusst. Oder es war halt nicht so schlimm.
martin_walser260- Mit Theweleits Analyse kommt man weiter; sie kann aber auch nicht erklären, warum einer, der in seinen Romanen bis Anfang der 80er Jahre die Kleinbürger der alten BRD so gnadenlos sezieren konnte (Anselm Kristlein!), mit der Entdeckung seines Leidens an der deutschen Teilung (Dorle und Wolf) abzudrehen begann. Es sei denn, man nehme an, Walser habe immer nur verkaufen wollen. Dazu aber war er zu gut, und manchmal ist er es auch jetzt noch - und daher hier der Hinweis, dass im erwähnten Room auf Walsers Lesungen aus seinem neuen Roman "Ein liebender Mann" (auf NDR Kultur) verlinkt wird: Von Zeit zu Zeit hör ich den Alten gern ... (auch wenn ich nicht den ganzen Roman lesen wollte: alter Mann und junge Frau, das nervt: vgl. auch Roths Zuckerman)
Gehen Sie. Jede Sekunde Ihrer Gegenwart ist … eine … Revolution. Ich habe Angst.
Sie sah ihn an, sagte nichts.
Jetzt sind Ihre Augen grün, sagte er. Rein grün.
Ich finde Angst nicht schlimm, sagte sie in einem lauten, harmlosen, nichtsnutzigen Umgangston.
Und er: Es wäre schön, einen Menschen zu haben, der genau die Angst empfindet, die man selber hat. Das wäre Nähe. Das wäre die Nähe selbst.
Oh, sagte sie, das ist wieder so ein Satz von Ihnen. Einen Menschen haben, der genau die Angst empfindet, die man selbst hat. Exzellenz, darf ich sagen, was ich denke?
Wer mir nicht sagt, was er denkt, beleidigt mich, sagte er. Schon wieder so ein Satz. Von Ihnen. Ihre Sätze wirken auf mich immer so endgültig. Kein Nachdenken mehr möglich oder nötig. Es ist, wie es ist beziehungsweise wie Sie es gesagt haben. Ich finde den Physik- und Chemieunterricht immer am spannendsten, weil da etwas passiert. Es kommt etwas heraus. Durch eine Versuchsanordnung. Wenn wir, natürlich nur Sie und ich, mit Ihren Sätzen oder überhaupt mit Sätzen, die diesen Geltungston haben, experimentieren würden, wäre das unerlaubt oder interessant?
Und er: Je unerlaubter, um so interessanter.
Schon wieder so eine Satzhoheit, sagte Ulrike, lachte aber ganz fröhlich. Also, sagte sie dann, bevor Sie weitere Erlasse erlassen, vielleicht waren Sie zu lange Staatsminister, komme ich jetzt und sage: Alle diese Sätze sind, wenn man sie umdreht, genau so wahr.
Goethe konnte nicht weniger fröhlich sagen, dass Ulrikes Satz an Gesetzhaftigkeitsdrang seine Sätze bei weitem übertreffe.
Aber, sagte Ulrike, ich trete sofort den Beweis an, dass das Gegenteil genau so wahr klingt. Ich sage nicht, ist, sondern klingt.
Ich bitte darum, sagte er.
Sie: Es wäre schön, einen Menschen zu haben, der genau die Angst nicht hat, unter der man selber leidet.
Er: Weiter!
Sie: Wer mir sagt, was er denkt, beleidigt mich. Bitte, Exzellenz, nicht jetzt prüfen, ob das mit Ihrer Erfahrung sich decke, nur, ob es genau so wahr klinge wie das Gegenteil.
Ulrike, sagte er, Sie werden mir auf die erwünschteste Weise gefährlich. Bitte, drehen Sie diesen Satz nicht um. Für heute reicht es.
Grollen Sie jetzt, Exzellenz?

Subprime in a nutshell

subprime

via NachDenkSeiten

Wise Man Says

"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt." Charles Lewinsky, Der A-Quotient

Wise Man Says II

"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater." Frank Zappa

Haftungsausschluss

The music featured on this blog is, of course, for evaluation and promotion purposes only. If you like what you hear then go out and try and buy the original recordings or go to a concert... or give money to a down on his luck musician, or sponsor a good busker, it may be the start of something beautiful. If your music is on this blog and you wish it removed, tell us and it shall be removed.

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