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Archäologie XXXII - DDR revisited

Berlin-Alexanderplatz
Berlin Alexanderplatz
via citronengras.de
Lutz Schramm zeigt bei Flickr eine schöne Diashow DDR 1975 - 1989.
Sehenswert!

Schuss ins Knie - oder: Ziel für Hinterkopf

Bundeseinheitlicher Einbürgerungstest - allgemeine Fragen (Download) - Gesamtkatalog der für den Einbürgerungstest zugelassenen Prüfungsfragen

300 allgemeine Fragen aus den Themenfeldern

* "Leben in der Demokratie",
* "Geschichte und Verantwortung" sowie
* "Mensch und Gesellschaft"


entsprechend dem Rahmencurriculum zum Einbürgerungskurs

sowie 10 landesbezogene Fragen, die nur für das jeweilige Bundesland zu beantworten sind:
...
* Niedersachsen
...
(BMI)

Aus dem niedersächsischen Fragebogen --> klick it!
EinbuergNds

Dazu passt: Da gehörst Du hin
Jens Thomas 11.07.2008 -tp

Die Europameisterschaft ist vorbei: Millionen von Menschen haben gefeiert und sich Nationalfarben ins Gesicht gemalt. Ein kollektives "Wir" wurde konstruiert, das es unter globalen Wettbewerbsbedingungen aber kaum mehr geben kann. Und jetzt?

... Hakan Balta und Hamit Altintop sind gute Spieler. Gelegentlich schießen sie auch Tore. Sie treten heute für die türkische Nationalmannschaft an, sie sind aber in Deutschland geboren. Hakan Balta kam in Berlin-Charlottenburg zur Welt, die Altintop-Zwillinge (Hamit und Halil) stammen aus Gelsenkirchen. Hakan Balta, Hamit und Halil Altintop gingen in Deutschland zur Schule und lernten das Fußballspielen in der Bundesrepublik Deutschland. Spielberechtigt für Deutschland sind sie nicht.

Balta, Altintop und viele andere stehen exemplarisch für eine verfehlte Integrationspolitik der Bundesrepublik Deutschland der letzten Jahrzehnte. Zwar spielen viele türkische Spieler für die Türkei, weil sie oder ihre Väter (oder die Familien) das wollen und sie auch von der türkischen Nationalmannschaft rechtzeitig angeworben werden. Zugleich wird an ihnen deutlich, dass sich Deutschland ein halbes Jahrhundert Menschen in einem Wohlfahrtsstaat als "Ausländer" gehalten hat und ihnen immer wieder zeigte, dass sie im Grunde woanders hingehören. Im Team der deutschen Elf kam bisher mit Mustafa Do?an auch nur ein einziger Türkischstämmiger zu zwei Kurzeinsätzen und versank anschließend wieder in der Bedeutungslosigkeit.

Bis heute wird in Deutschland zwischen Unionsbürgern und Nicht-EU-Bürgern unterschieden. Und in diesem Punkt spiegelt sich das Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei wider. Nicht-EU-Bürger besitzen weder das kommunale noch das allgemeine aktive und passive Wahlrecht (EU-Bürger besitzen nur das kommunale Wahlrecht und das Recht zur Wahl des Europaparlaments). Sie dürfen in der Regel auch erst einen Job annehmen, wenn kein Deutscher oder anderer Unionsbürger in Frage kommt (es sei denn, sie haben eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit unbeschränkter Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit).

Zudem soll "Mehrstaatigkeit" in Deutschland, wenn möglich, noch immer vermieden werden, was dem europäischen Trend hin zum Doppelpass widerspricht. Davon sind vor allem Nicht-EU-Bürger betroffen; zwei Drittel aller Ausländer in Deutschland und somit auch alle Türkischstämmigen, die nicht eingebürgert sind, sind keine EU-Bürger. Bei der Einbürgerung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union wird heute generell nicht mehr zur Einbürgerungsvoraussetzung gemacht, dass zuvor dessen Staatsangehörigkeit aufgegeben wird (§ 12 Abs. 2 StAG). Für Nicht-EU-Ausländer gilt das nicht.

Die Abwehr von Doppelstaatigkeit ist der unmissverständliche Versuch, lineare Staatsloyalitäten in einer Welt hervorzubringen, in der sich das Prinzip von Transnationalität immer mehr durchsetzt. Was in Frankreich und Großbritannien schon seit Jahrhunderten üblich ist, dass die ursprüngliche Staatsangehörigkeit trotz Einbürgerung beibehalten werden kann, ist inzwischen auch in vielen europäischen Ländern möglich, so beispielsweise in Italien, den Niederlanden oder Portugal (auch Spanien bietet mittlerweile in Kooperation mit einigen lateinamerikanischen Ländern die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft an).
...
Die Nützlichkeitskriterien, nach denen Migrierende heute angeworben werden, sind wiederum Folge eines Wandels im Rassismusdiskurs des letzten Jahrhunderts, durch den man zunächst aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges lernen wollte. Die Erfahrung aus dem Dritten Reich lehrte ein grausames Ausmaß der Bewertung des Körperlichen für die Menschheit.

An Stelle des Körperlichen trat das Kulturelle. Menschen wurden nicht mehr per se durch phänotypische (äußerliche) Merkmale bewertet, die Unterschiede zwischen Menschengruppen wurden kulturell begründet. Allerdings wurden so auch die Ausschließungspraxen den Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt "angepasst", der Körper wurde in der Arbeitswelt bedeutungsloser. Jetzt brachte man die Kultur in Stellung und bewertete zunehmend (wieder) Sprachkriterien, die für eine kommunikativ ausgerichtete Gesellschaft maßgeblich sind.

In dieser Hinsicht kommt es im Fußball zu einer paradoxen Situation: Einerseits werden im Profibetrieb der oberen Ligen, und mittlerweile auch in durchmischten Nationalteams, wie in keinem anderen Arbeitsbereich ausländische "Arbeitnehmer" nach dem Nützlichkeitsprinzip angeworben. Das ist Folge eines globalen Wettbewerbs und auch von einer Demokratisierung. Andererseits erleben wir im Fußball (noch immer) eine Reduzierung auf das Biologische.

Im Fußball zählt körperlicher Einsatz, das macht Fußball gerade (auch) so populär. Fußball ist ein körperbetontes Kollektiverlebnis in Zeiten einer Entkörperlichung. Menschen werden darum aber (immer noch) anhand physischer Merkmale bewertet, ein Kollektiv wird aufgrund biologistischer Vorstellungen konstruiert, das sich unter demokratischen Spielregeln nicht verteidigen ließe. ...


Dazu wiederum passt:
Unbenannt1
Unbenannt
heute in meiner LieblingsHAZ

Herr Appaz sagt (II):

seine Lieblingskritik sei diese:

0000446064(Der Roman) reduziert sich im Wesentlichen auf
das bekannte Spaßprogramm aus Saufen, Kiffen und Sex.
(...) Von Literatur keine Spur,
an dem Autor scheint die Moderne
völlig vorbeigegangen zu sein.
Insgesamt ein postpubertärer Quatsch
in einem, zugegeben, schön gestalteten Buch.
Bewertung: 1 von 5 Punkten"
(Financial Times Deutschland)

Ich nehme ihm das nicht ganz ab. Andererseits redet Appaz für gewöhnlich nicht unüberlegt daher. Und überhaupt ist "1975 ..." kürzlich als Taschenbuch erschienen und sei als Urlaubslektüre schwer empfohlen.

Schulpolizei für das Lumpenproletariat ...

Interessantes Interview mit Freerk Huisken (s.u. weitere Links zu Texten und Vortrags-mp3s) --- via tp:

Migrantische Jugendliche als Problemfall – das wurde durch den SPD-Politiker Buschkowsky und einen zustimmenden FDP-Ausschuss wieder einmal Thema. Die öffentliche Debatte über Jugendliche beschäftigt seit langem den Professor für Pädagogik Dr. Freerk Huisken in Bremen, der über den Schwerpunkt Ausbildungssektor arbeitet. Nach dem Neuköllner Rütli-Schulen-Eklat schrieb er das Buch "Über die Unregierbarkeit des Schulvolks", in dem er eine zunehmend autoritäre Ordnungspolitik anprangert, die von den gesellschaftlichen Problemen der Jugendlichen nichts wissen will.

"Politik gegen die, die sich nicht in ihr Elend schicken"

Herr Huisken, Mittlerweile will der Bürgermeister von Neukölln bereits "Repression" gegen Jugendliche anwenden, die nicht sofort einen Job annehmen. "Sozialverhalten" und das Wahrnehmen von Jobangeboten möchte er gerne kontrollieren, und bei Verstößen Sozialleistungen kürzen.

AQ: Da liegt der Sozialdemokrat voll im Trend der übrigen Parteien von FDP über CDU bis zur NPD. Erst sorgen Politik und Wirtschaft mit schulischer, ökonomischer und ausländerpolitischer Sortierung selbst dafür, dass immer mehr hier lebende Jugendliche keine Chance besitzen, sich unter den eingerichteten Konkurrenzbedingungen eine einigermaßen haltbare Lebensgrundlage zu verschaffen, und dann erklärt dieselbe Politik, dass gegen diese Jugendlichen nur das "Null-Toleranz-Konzept" hilft, sofern sie sich nicht brav und rechtskonform in ihr Elend schicken. Deswegen sind seine Vorstellungen zum "Erwerbsleben" auch reine Ordnungsmaßnahmen und haben mit "Erwerb", da ist wohl irgendwann einmal Gelderwerb mit gemeint gewesen, gar nichts mehr zu tun.

Buschkowsky will sie von der Straße haben, und deswegen kann ein Sozialdemokrat seines Schlages heute auch kein Verständnis dafür aufbringen, dass Jugendliche vielleicht nicht so scharf auf "Jobs" sind, von deren Entgelt man nicht leben kann, die als Arbeit unzumutbar sind und in denen sie – besonders als "migrantische" Jugendliche – Schikanen ausgesetzt sind, die über das normale Maß der Schikaniererei einheimischer Lohnarbeiter hinausgehen.

"Disziplinierung" und "aktives repressives Durchgreifen" – Lieblingsworte von Buschkowsky. Er wünscht sich nach Londoner Vorbild eine Schulpolizei, die auf Bedarf eingreifen soll. Wie schätzen Sie diesen Vorschlag ein?

Freerk Huisken: Völlig unzureichend: Er müsste dringend ergänzt werden um Schuleingangskontrollen mit Detektoren, Lehrerbewaffnung und die Wiedereinführung des Karzers, wie früher der Schulknast hieß. Oder man verordnet allen Schulen gleich die Schuluniformierung nebst Fahnenappell, Strammstehen und Nationalhymne vor Schulbeginn. Das ist doch offensichtlich, dass das Einbläuen "kultureller Werte" wie der "Ächtung von Gewalt" – so Buschkowsky im Tagesspiegel – nur mit dem Einsatz von Staatsgewalt, die natürlich von jeder Ächtung ausgenommen ist, erfolgen kann.

"Gängige Rassismen: Schwarze, die offen dealen"

Buschkowsky bezeichnet die Einwohner mit migrantischem Hintergrund in Neukölln als "Minderheit", unter der "die Mehrheit zu leiden" habe. Wohin geht eine Gesellschaft mit solchen politischen Repräsentanten?

Freerk Huisken: Wenn Buschkowsky als gewählter Vertreter einer Volkspartei die herrschende Mehrheit repräsentiert, dann muss einem um die Sicherheit der Mehrheit vor der Minderheit wirklich nicht bange sein. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Dreistigkeit der Bezirksbürgermeister die Dinge unter kalkulierter Benutzung aller gängigen Rassismen – von "Schwarzen", die offen dealen, von Frauen in "Ganzkörperverhüllung", die nicht hierher gehören, vom "Kinderreichtum" armer Leute, die bloß Sozialknete abgreifen wollen, auf den Kopf stellt: Als ob sich diese Menschen ihr Armutsschicksal selbst ausgesucht hätten, um dann von dort aus die "Mehrheit" zu tyrannisieren. Wer tyrannisiert hier eigentlich wen?

Wohin die Gesellschaft mit den Buschkowskys geht? Geradewegs in jenes kapitalistische Zeitalter, in dem immer mehr ökonomisch überflüssig gemachte Menschen als Lumpenproletariat ausgesondert und ordnungspolitisch eingehegt werden. Was das Konzept der G8-Staaten für die Herkunftsländer von Immigranten ist – einhegen, Grenzen dicht und Lagerleben -, das lässt sich im Innern der Metropolen mit durchorganisiertem Gewaltmonopol und Sozialerpressungen allemal bewerkstelligen.

Buschkowsky kritisiert ja auch, dass Jugendliche die Schule mangelhaft besuchen, und dann für einen Ausbildungsplatz nicht qualifiziert genug seien. Würden Sie zustimmen, dass da ein Problem vorliegt?

Freerk Huisken: Problem sicher, es fragt sich nur, welches und für wen? Was der Herr Sozialdemokrat als Probleme auflistet, das sind allemal nicht diejenigen, die die jugendlichen oder erwachsenen Angehörigen des hiesigen Prekariats haben, sondern solche Probleme, die sie der staatlichen Aufsicht machen! Wenn er "Probleme ernst nimmt", wie es im Interview heißt, dann allein seine eigenen. Wenn Jugendliche irgendwann anfangen, die Schule zu schwänzen, da ihre Chancen, wenigstens einen Zipfel von geordnetem Leben nebst gesichertem Lebensunterhalt zu erwischen, ohnehin gegen Null abgesunken sind, dann nur, weil sie wissen, dass Schule ihnen keinerlei "Perspektive" bietet. Dann erfinden sie sich ihre "Perspektive" auf der Straße. Wo auch sonst. Das stört die Ordnung der Buschkowskys!

Ich gehe sogar noch weiter und meine, wenn jugendliche "Schulvermeider" nach zehn Jahren Staatsschule nicht gescheit lesen, schreiben und rechnen können, dann liegt das sicher nicht an den versäumten Stunden, sondern vielmehr an denen, die sie nicht versäumt haben: Als Migranten ohne Sprachförderung vom schulischen Mitkommen ausgeschlossen, von Mitschülern aus gepflegtem Elternhaus von vornherein im Leistungsvergleich abgehängt und dann noch von der Lehrerschaft in die Restschule abgeschoben – so produziert das hiesige Schulsystem mit Fleiß Analphabeten. Das stört – auf Ämtern und die Dienstherren.

Schule würde gerade Analphabeten hervorbringen? Was könnten dann Ihrer Ansicht nach herrschende Politiker mit "Qualifikation" meinen?

Freerk Huisken: Wenn nun Buschkowsky die Kids mit der Schulpolizei in die Schule karren will, dann "qualifiziert" sie das ungeheuer. Da lernen sie einiges fürs Leben. Z.B.: In die Schule muss man, weil die Schulpflicht keine Ausnahmen zulässt. Auch wenn die Lehrerschaft über Schüler längst das Versagerurteil gesprochen hat, und der Schulbesuch damit ziemlich sinnlos wird. Sie lernen auch: Hierzulande regiert die Gewalt, von der man sich nicht erwischen lassen darf, wenn man es schon nicht schafft, stärker zu sein. Und sie lernen: Ihr "Leben" findet nur außerhalb von Schule und Polizeiaufsicht statt.

"Du hast keine Chance, also nutze sie – gilt heute für migrantische Jugendliche"

"In Brixton sehen Sie nur Schwarze auf der Straße"- offenbar ein Schrecknis in den Augen Buschkowskys. Welche gesellschaftlichen Chancen haben migrantische Jugendliche unter solch einem Bürgermeister?

Freerk Huisken: Es ist schon etwas Merkwürdiges mit diesen deutschen Politikern, die jedermann empfehlen, so sie es sich leisten können, im Urlaub fremde Menschen und Kulturen kennen zu lernen: schwarze, gelbe, rote Menschen, in ungewohnter Bekleidung – "Ganzkörperverhüllung" – und mit fremdartigen Gebräuchen. Da entdeckt man am Elend nur Pittoreskes. Hier entdeckt man umgekehrt am "Pittoresken" nur das Elend, das man in seinen Erscheinungsformen dann prompt zur Ordnungsstörung erklärt. Die Chancen, welche migrantische Jugendliche unter so einem Lokal- , Regional- oder Nationalregime haben, folgen der alten Sponti-Parole: Du hast keine Chance, also nutze sie. Also: Brav jede Ablehnung von Betrieben akzeptieren, jeden Ein-Euro-Job dankbar annehmen, weil der bekanntlich dem Leben einen Sinn und dem Tag einen Rhythmus gibt, und darauf hoffen, dass bei etwaigen Entgleisungen nicht gleich die Ausweisung droht.
chavs
Null-Toleranz für "auffällige Jugendliche" (.doc-Download)

Die Schulreform nach PISA, oder: Was warum alles nicht reformiert wird - Vortrag Juni 2008- mp3

Erfurt, Emdstetten: Der nächste Amoklauf kommt bestimmt –
Über erwünschte und unerwünschte Behauptungsstrategien von Konkurrenzverlierern - Vortrag 02.2007 - mp3

... und mehr hier

Der ästhetische Reiz des Verfalls

Opablog hat einige interessante Fotografien des Lumix-Festivals zusammengestellt - mit Schwerpunkt Russland -
Die Bilder von Armut, Ausweglosigkeit und menschlicher Degradation in Folge des Untergangs des sowjetischen Staatssozialismus und der Zerstörungen der Jelzin-Ära sind wieder und immer noch bedrückend.
Aufgehörte Menschen“, von Alkohol, Prostitution, Aids und Gewalt gezeichnet... Hier einmal ein Beispiel von David Monteleone für den ästhetischen Reiz des Verfalls
:
Russland12

Archäologie XXXI - Chicago XXXII


The Stone Of Sisyphus, the great ‘lost’ Chicago album. Recorded in 1993 and originally intended as Chicago XXII, the disc marked a return to the genre-transcending, adventurous fusion of sounds that defined the group’s 1970s-era heyday. “Powered by Chicago’s celebrated horn section, the tracks on Sisyphus have bite, power and swing .... nun doch noch bei Rhino erschienen!

Archäologie XXX - The Jeremy Days

Zufällig wiedergefunden: richtig gute Popband aus Hamburg. Tolles Debutalbum Ende der 80er. Anfang dieses komischen Jahrhunderts verliert sich die Spur ...

Schlüsselerlebnis - 26.06.08

Es ist Mittwoch, der 25.06.2008, gegen 23.30 und gerade bricht etwas endgültig zusammen: Die deutsche Nationalmannschaft hat gerade gewonnen, - was mich nicht interessiert. Ich habe auch das Spiel nicht gesehen. Ich habe Klausuren korrigiert - 11. Klasse zur Frage: Warum muss Emilia sterben. Die Ergebnisse sind geeignet, einen in tiefe Verzweiflung zu stürzen (nur kurz: es spielt auch in diesem Zusammenhang keine Rolle: die Deutungsmuster sind die der daily soaps: ... dass Emilia mit dem Prinzen Sex hatte ... ), aber dann zappt man nebenbei und kommt bei der ARD vorbei, die gerade irgendeinen BILD-Zirkus übertägt, der an eine Oscar-Verleihung erinnern soll und auch so ähnlich heißt und da kündigt so ein Straßenjunge einen Zetsche an, der eine Lautatio auf den Preisträger Wirtschaft halten soll. Und dieser Zetsche, der mit diesem anderen Verrückten Chrysler ruiniert hat und jetzt Daimler führt und Nina Ruge, hält da im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das sich nicht entblödet, diese Veranstaltung dieses Zuhälterblatts zu zelebrieren, eine Rede, die so unter dem Niveau der Klausuren liegt, dass ich gewillt bin, alle eine Note raufzusetzen: Eine Wortkotze ohnegleichen, syntaktisch hemmungslos und mit schwach verankerten Sinngeländern ... geeignet für eine Ansprache zur Ehrung des Brandstifters von Böckelmömme, der dort oberster Feuerwehrmann ist: Zetsche ehrt Mehdorn und dann sendet die ARD ein Propaganda-Video zur Bahnprivatisierung. - Nun höre ich gerade noch, dass Frau Merkel den offenen Verfassungsbruch propagiert, - ... wenn einer nur beherzt zugreift.... Und Helmut Schmidt, der da zugegriffen hat, lobt gerade die Bildzeitung als Stimme des Volkes, lieber Herr Dieckmann... Ende - aus - ich mach nicht mehr mit! Und weiß auch wirklich nicht mehr, wie ich junge Menschen dazu bringen soll, ansatzweise differenziert über igendetwas nachzudenken, wenn das das in der BRD herrschende Niveau ist. Und von draußen hupt es auf mich ein ... weil da irgendwer irgendwas gewonnen hat . Der Gaga-Schmidt deliriert gerade noch gemeinsames öffentliches Wohl, - man kann die Rede wahrscheinlich demnächst irgendwo nachlesen. Das Protofaschistische wäre dann im einzelnen nachzuwiesen ...
Aber wie gesagt: Zetsche war noch besser, weil offen blöd ....

Das anschließende Nachtmagazin der Tagesthemen überträgt gerade noch die Feiern vor dem Brandenburger Tor ....
Es ist Donnerstag, der 26.06.2008, 00.20 Uhr ....

Augen-Blick revisited

Gerade gefunden & fasziniert: Das Foto des tschechischen Fotografen Jan Saudek habe ich irgendwann in den 80ern als Poster aus Prag mitgebracht. Es hing jahrelang im Wohnzimmer. Schon länger ist es verblichen. Schön, das Original - wenigstens so - nochmal zu sehen: Ich weiß wieder, was ich so faszinierend daran fand:
saudek
Ich wusste nicht, dass es einen Titel hat:
David, Lonely Forever, 1969
... oder dies:
Fate Descends towards the River Leading Two Innocent Children, 1970
70-03a

Archäologie XXIX - 23.06.1977

Led Zeppelin: L.A. 6/23/77 (w/ Keith Moon - ab ca. 5:30)
Ein 8mm-Film, der ahnen lässt, was Rock'n'Roll war, - mit Keith Moon an der Kesselpauke:

Archäologie XXVIII - 28. Dezember 1983

"Dennis died actually a long time before his body died." (Barbara Wilson)
dennis

DENNIS WILSON - PACIFIC OCEAN BLUE PODCAST SERIES
dennis1We are now happy to launch this three-part podcast series celebrating the 2-CD Legacy Edition of DENNIS WILSON - PACIFIC OCEAN BLUE in stores from Caribou/Epic/Legacy on June 17. This 1977 album was the first solo release by any of the Wilson brothers and is widely regarded as one of the great lost gems of the late 1970s. The life and music of Dennis Wilson is a a rarely-told, though absolutely essential chapter in the history of the Beach Boys and the Wilson family.
Wilson’s close friends, family and collaborators - including Brian Wilson - discuss how his musical passions both reflected and contradicted his hard, fast lifestyle. We also hear from Dennis, himself, in excerpts of a 1977 radio interview.
The show is hosted by another great drummer named Dennis…Dennis Diken of the Smithereens, who has also authored liner notes for many of the recent Beach Boys CD reissues.

The Dennis Wilson Podcast Episode 1
The Dennis Wilson Podcast Episode 2
The Dennis Wilson Podcast Episode 3
dennistracks


Update 20:44
Nach Rauskramen und Anhören der alten Schallplatte: ein unglaubliches Album. Warum habe ich das jahrelang nicht gehört?

Sieg der Vernunft

Ach wie groß kündigen sie auf Seite 1 immer an, dass einer eine Idee hat, einen Plan verfolgt, sich um irgendwas kümmern will, - was dabei rauskommt landet dann auf Seite 18:
CO2HAZ
- wie in meiner LieblingsHAZ heute.
Abgesehen von dem sowas von brilliant formulierten Titel und davon, dass die CO2-Reduktion, derer sich die BRD immer rühmt, auf der Basis von 1990 berechnet wird und so wesentlich dadurch zustande gekommen ist, dass die DDR-Industrie Anfang der 90er Jahre plattgemacht wurde, könnte man ja auch nochmal fragen, wer denn die Kunden sind, die die schadstoffarmen Autos nicht nachfragen: Seit Jahren sinkt der Anteil der Privatkunden an den Neuzulassungen!

Und wahrscheinlich wird morgen gemeldet werden, dass Horst in seiner Berliner Rede sich für Bildung für alle ausgesprochen hat. Hat er zwar 2006 auch schon gemacht und seitdem ist der Bildungskarren schön weiter gegen die Wand gefahren worden; - aber wer erinnert sich noch und wen interessiert das eigentlich? Müller zeigt an einigen Beispielen auf, wie diese Symbolpolitik funktioniert. Immerhin sinkt das Vertrauen in die Marktwirtschaft weiter ...
080617_wachsende_mehrheit

Archäologie XXVII

oder:
BEFORE AND AFTER II
oder:
When I was young: Frauen, die ich liebte ...
M-Hunt_1968


marsha_hunt_3
______________________________________
oder:
BEFORE AND AFTER III
oder:
When I was young: Frauen, die ich liebte ...
driscoll1

juliedriscoll

Danke, Jools, immer noch diese kleinen Schauer, wenn Du singst:
I been travellin'
Gone a long long time
Don't know what I'd find
Scared of what I'd find
I can't I just can't walk down this road ...

Was mir schön häufiger auffiel: wie die gerade Anfang Zwanzigjährigen damals existenzielle Erfahrungen so ausdrücken konnten, dass man immer noch das Gefühl hat, sie hätten eigentlich die Lebenserfahrung von heute (In my Life von den Beatles oder von Sean Connery auf dem gleichnamigen Album von George Martin(!) ... oder auch Lieder der ersten BeeGees LP...)


A fella told me
This here road leads to Cairo
I got to get me a ride
I got to go back
Go back to my children
I got to see my little bride

I been travellin'
Gone a long long time
Don't know what I'll find
Scared of what I'll find
But I just got to see them again

Hey thanks for stoppin'
Are you headed down to Cairo?
I wrecked my Lincoln in Saint Jo
Why to little old Cairo?
No special reason
Look up some folks I used to know

Me I travel some
Have my share of fun
Now that's a life a man can live
Sure I've played and lost
But who minds the cost
You got to take more than you give

Hey you got another cigar?
Son I sure like this car
Oh from your daddy as a gift
Say on second thought
There's gifts I haven't bought
Just drop me here
Thanks for the lift

Yes I've travelled some
Yes I've been a bum
Never have a dime for gin
Left to make my way
Told her I can't stay
To see my children poor as sin

I know this road
It leads straight into Cairo
Twenty-two miles straight ahead
I can't I can't walk down this road to Cairo
They're better thinkin' I'm dead

I been travellin'
Gone a long long time
Don't know what I'd find
Scared of what I'd find
I can't I just can't walk down this road

David Ackles

Before and After

Aus Tom Sutpens Serie:
Brian Wilson
brianbefore

brianafter

Winkelemente in den Farben unseres Landes

ULTIMO FREITAG 24*

6096532Engagiert bringt die Arbeiterklasse in diesen Tagen wieder ihre Verbundenheit mit der deutschen Fußballmannschaft zum Ausdruck. Großer Beliebtheit erfreuen sich dabei einmal mehr Winkelemente in den Farben unseres Landes. Vor allem die Werktätigen in den Städten zeigen Auto fahrend Flagge, hupend unterstützt von diversen Parallelgesellschaften. Für die von bürgerlichen Feuilletonisten als "unverkrampfter Patriotismus" verkannte Solidarität mit den Diplomaten im Trainingsanzug wird sogar auf die freie Sicht verzichtet. Radfahrer können den Frohsinn nicht bremsen. Auf Empörung stießen Sabotageversuche so genannter Grüner, die auf das Symbol deutscher Fried- und Triebfertigkeit uriniert haben sollen. In Berlin zog die Spaßgesellschaft statt Schwarz-Rot-Gold sogar einen Regenbogenfeudel auf, um unsere Helden herabzuwürdigen. Pech auch für die Angehörigen der Sicherheitsorgane: An ihren Dienstmühlen herrscht leider Fahnenverbot. Innenminister Schäuble fährt aus Protest bereits mit einem riesigen Deutschlandwimpel herum. Aber Achtung, ab 40 Zentimeter müssen Anbaugeräte mit einer Lampe gesichert sein. Auf die kann man sich nach dem nächsten Sieg dann ordentlich einen gießen.

Nachtrag - mit der Frage, ob das so geht:
tucholskyNun haben wir auf vielen Seiten Nein gesagt, Nein aus Mitleid und Nein aus Liebe, Nein aus Haß und Nein aus Leidenschaft – und nun wollen wir auch einmal Ja sagen. Ja –: zu der Landschaft und zu dem Land Deutschland.

Dem Land, in dem wir geboren sind und dessen Sprache wir sprechen.

Der Staat schere sich fort, wenn wir unsere Heimat lieben. Warum grade sie – warum nicht eins von den andern Ländern –? Es gibt so schöne.

Ja, aber unser Herz spricht dort nicht. Und wenn es spricht, dann in einer andern Sprache – wir sagen ›Sie‹ zum Boden; wir bewundern ihn, wir schätzen ihn – aber es ist nicht das.

Es besteht kein Grund, vor jedem Fleck Deutschlands in die Knie zu sinken und zu lügen: wie schön! Aber es ist da etwas allen Gegenden Gemeinsames – und für jeden von uns ist es anders. Dem einen geht das Herz auf in den Bergen, wo Feld und Wiese in die kleinen Straßen sehen, am Rand der Gebirgsseen, wo es nach Wasser und Holz und Felsen riecht, und wo man einsam sein kann; wenn da einer seine Heimat hat, dann hört er dort ihr Herz klopfen. Das ist in schlechten Büchern, in noch dümmeren Versen und in Filmen schon so verfälscht, dass man sich beinah schämt, zu sagen: man liebe seine Heimat. Wer aber weiß, was die Musik der Berge ist, wer die tönen hören kann, wer den Rhythmus einer Landschaft spürt ... nein, wer gar nichts andres spürt, als dass er zu Hause ist; dass das da sein Land ist, sein Berg, sein See, auch wenn er nicht einen Fuß des Bodens besitzt ... es gibt ein Gefühl jenseits aller Politik, und aus diesem Gefühl heraus lieben wir dieses Land. Wir lieben es, weil die Luft so durch die Gassen fließt und nicht anders, der uns gewohnten Lichtwirkung wegen – aus tausend Gründen, die man nicht aufzählen kann, die uns nicht einmal bewußt sind und die doch tief im Blut sitzen.

Wir lieben es, trotz der schrecklichen Fehler in der verlogenen und anachronistischen Architektur, um die man einen weiten Bogen schlagen muß; wir versuchen, an solchen Monstrositäten vorbeizusehen; wir lieben das Land, obgleich in den Wäldern und auf den öffentlichen Plätzen manch Konditortortenbild eines Ferschten dräut – laß ihn dräuen, denken wir und wandern fort über die Wege der Heide, die schön ist, trotz alledem.

Manchmal ist diese Schönheit aristokratisch und nicht minder deutsch; ich vergesse nicht, dass um so ein Schloß hundert Bauern im Notstand gelebt haben, damit dieses hier gebaut werden konnte – aber es ist dennoch, dennoch schön. Dies soll hier kein Album werden, das man auf den Geburtstagstisch legt; es gibt so viele. Auch sind sie stets unvollständig – es gibt immer noch einen Fleck Deutschland, immer noch eine Ecke, noch eine Landschaft, die der Fotograf nicht mitgenommen hat ... außerdem hat jeder sein Privat-Deutschland. Meines liegt im Norden. Es fängt in Mitteldeutschland an, wo die Luft so klar über den Dächern steht, und je weiter nordwärts man kommt, desto lauter schlägt das Herz, bis man die See wittert. Die See – Wie schon Kilometer vorher jeder Pfahl, jedes Strohdach plötzlich eine tiefere Bedeutung haben ... wir stehen nur hier, sagen sie, weil gleich hinter uns das Meer liegt – für das Meer sind wir da. Windumweht steht der Busch, feiner Sand knirscht dir zwischen den Zähnen ...

Die See. Unvergeßlich die Kindheitseindrücke; unverwischbar jede Stunde, die du dort verbracht hast – und jedes Jahr wieder die Freude und das »Guten Tag!« und wenn das Mittelländische Meer noch so blau ist ... die deutsche See. Und der Buchenwald; und das Moos, auf dem es sich weich geht, dass der Schritt nicht zu hören ist; und der kleine Weiher, mitten im Wald, auf dem die Mücken tanzen – man kann die Bäume anfassen, und wenn der Wind in ihnen saust, verstehen wir seine Sprache. Aus Scherz hat dieses Buch den Titel ›Deutschland, Deutschland über alles‹ bekommen, jenen törichten Vers eines großmäuligen Gedichts. Nein, Deutschland steht nicht über allem und ist nicht über allem – niemals. Aber mit allen soll es sein, unser Land. Und hier stehe das Bekenntnis, in das dieses Buch münden soll:

Ja, wir lieben dieses Land.

Und nun will ich euch mal etwas sagen:

Es ist ja nicht wahr, dass jene, die sich ›national‹ nennen und nichts sind als bürgerlich-militaristisch, dieses Land und seine Sprache für sich gepachtet haben. Weder der Regierungsvertreter im Gehrock, noch der Oberstudienrat, noch die Herren und Damen des Stahlhelms allein sind Deutschland. Wir sind auch noch da.

Sie reißen den Mund auf und rufen: »Im Namen Deutschlands ... !« Sie rufen: »Wir lieben dieses Land, nur wir lieben es.« Es ist nicht wahr.

Im Patriotismus lassen wir uns von jedem übertreffen – wir fühlen international. In der Heimatliebe von niemand – nicht einmal von jenen, auf deren Namen das Land grundbuchlich eingetragen ist. Unser ist es.

Und so widerwärtig mir jene sind, die – umgekehrte Nationalisten – nun überhaupt nichts mehr Gutes an diesem Lande lassen, kein gutes Haar, keinen Wald, keinen Himmel, keine Welle – so scharf verwahren wir uns dagegen, nun etwa ins Vaterländische umzufallen. Wir pfeifen auf die Fahnen – aber wir lieben dieses Land. Und so wie die nationalen Verbände über die Wege trommeln – mit dem gleichen Recht, mit genau demselben Recht nehmen wir, wir, die wir hier geboren sind, wir, die wir besser deutsch schreiben und sprechen als die Mehrzahl der nationalen Esel – mit genau demselben Recht nehmen wir Fluß und Wald in Beschlag, Strand und Haus, Lichtung und Wiese: es ist unser Land. Wir haben das Recht, Deutschland zu hassen – weil wir es lieben. Man hat uns zu berücksichtigen, wenn man von Deutschland spricht, uns: Kommunisten, junge Sozialisten, Pazifisten, Freiheitliebende aller Grade; man hat uns mitzudenken, wenn ›Deutschland‹ gedacht wird ... wie einfach, so zu tun, als bestehe Deutschland nur aus den nationalen Verbänden.

Deutschland ist ein gespaltenes Land. Ein Teil von ihm sind wir.

Und in allen Gegensätzen steht – unerschütterlich, ohne Fahne, ohne Leierkasten, ohne Sentimentalität und ohne gezücktes Schwert – die stille Liebe zu unserer Heimat.

Kurt Tucholsky - 1929 - gerade via Likedeeler

Cognitive Enhancer - oder: Aus Käse kann man keine Funken schlagen

Jörg Auf dem Hövel: Die Diskussion um Cognitive Enhancer - bei tp

Im April 2008 veröffentlichte [extern] Nature die [extern] Ergebnisse einer Online-Befragung,
in der die Teilnehmer Auskunft über ihre Einnahme von Medikamenten
zur kognitiven Leistungssteigerung gaben. Tatsächlich gaben 20 %
der 1400 Befragten an, schon einmal Modafinil (Provigil),
Methylphenidate (Ritalin) oder einen Beta Blocker wie Propranolol
eingenommen zu haben, um sich konzentrierter zu fühlen oder das
Gedächtnis zu unterstützen. Dieser Off-Label-Use hat
unterschiedliche Ausprägungen, 27.3 % der Teilnehmer nehmen ein
solches Arzneimittel nur einmal im Jahr, rund ein Viertel nehmen es
monatlich oder einmal die Woche, wiederum ein Viertel täglich.

Die Befragung ist gleich aus mehreren Gründen
interessant. Zum einen deutet sie auf ein Phänomen hin, das unter
der Bezeichnung "cognitive enhancement" seit einiger Zeit in den USA
und Großbritannien [extern] diskutiert wird (zu ethischen Fragen siehe die [extern] Zusammenstellung von Martha J. Farah).
Die zugrunde liegende Annahme ist, dass weithin nebenwirkungsfreie
Medikamente zur Verfügung stehen, die der Hirnleistung von
gesunden Menschen förderlich sind. Eine Analyse der zur
Verfügung stehenden Studien zeigt allerdings die Unhaltbarkeit
einer solchen These...


Lesenswert! Das Problem scheint mir zu sein, dass Hirnleistung bei den Hirnforschern als etwas ähnliches angenommen wird wie das Übertragungspotential von Funknetzen, bei denen man auch nicht weiß, was sie eigentlich übertragen sollen. Kurz gesagt: wenn einer nicht denken gelernt hat, keine Theorien sich hat aneignen können, die ihm mehr Weltaufschluss ermöglichen als ein Denken ohne, dann ist da auch nichts zu enhancen ... vgl. Schadenfreude ...

Menschen haben das Gleiche im Hirn wie Ratten - txt

(Ratten-) Hirnforschung stellt Kinderpsychologie auf den Kopf (?!)

Zerebral aufgepeppte Reformpädgogik
Die Neurodidaktiker, so der Einwand ihrer Kritiker, fördern Erkenntnisse zutage, die verzichtbar sind. "Zuhauf werden altbekannte reformpädagogische Ideen aufgegriffen und neurowissenschaftlich aufgepeppt", ärgert sich Becker und spricht von einer "Zerebralisierung" der Pädagogik. Dabei sei doch jedem klar, der die Neuro-Metaphorik einmal hinter sich lasse: "Nervenzellen haben keinen Willen, Moleküle können sich nicht für etwas interessieren, und schließlich ist es auch nicht das limbische System, das in Prüfungssituationen Angst hat."
Nikolas Westerhoff über Neurodidaktik im Freitag 46/08

Freiheit stirbt mit Sicherheit

Zwei Vorträge von Prof. Dr. Peter-Alexis Albrecht über "Die nach-präventive Sicherheitsgesellschaft"


albrecht ... der Bevölkerung endlich zu verdeutlichen, dass die Kriminalität in diesem Land für die Bürger kein wirkliches Problem darstellt. Seit Kaiser Wilhelms Zeiten werden pro Jahr etwa ein Prozent der Bevölkerung von Strafgerichten verurteilt – in 2/3 der Fälle zu Geldstrafe oder Bewährungsstrafen. Die Kriminalität bleibt also konstant niedrig und ist keineswegs besorgniserregend. Anstatt sich von der immer wieder kursierenden Zahl, dass alle 3 Minuten eine Straftat begangen werde, Angst einjagen zu lassen, sollte man sich vor Augen führen, dass man nach dieser Rechnung im Durchschnitt in Deutschland 450 Jahre alt werden müsste, um Opfer auch nur einer harmloseren Straftat zu werden.

:::: .... Unter dem Motto "Freiheit stirbt mit Sicherheit" ordnete er die aktuellen Diskussionen um das neue Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz in die seit einigen Jahren zu beobachtenden Tendenzen einer Erosion des Rechtsstaats zugunsten eines präventiven Sicherheitsdenkens ein.
Der Vortrag von Peter-Alexis Albrecht wurde aufgezeichnet und kann online angehört werden.

Scham heute III - WEIBLICHER KöRPER

Andrea Roedig - Der Himmel ist Phantasie, die Erde Fiktion und im Keller waltet das Reale: Charlotte Roches "Feuchtgebiete", die Tochter von Josef F. und die neuen Louis-Vuitton-Handtaschen
vuitton-0
[...]
Was haben die Handtaschen der Vogue-Models, Helen Memels Hämorrhoiden und Tochter F.s Leibesfrüchte miteinander zu tun? Alles, denn sie zeichnen sich durch eine schmerzhafte Fühllosigkeit aus, die das Charakteristikum des weiblichen Körpers zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu sein scheint. Wir wüssten derzeit nicht zu sagen, worin denn weibliche Sexualität besteht. Und nichts haben sie miteinander zu tun, denn das Weibliche ist zerstreut in alle Winde, es siedelt in unzusammenhängenden Paralleluniversen: Es siedelt im Himmel irrealer Dekadenzen, wo Hypersex sich in sich selbst auflöst und die Handtasche zum Riesenphallus mutiert, es siedelt auf Erden, wo man verzweifelt versucht, selbst zur Agentin der eigenen Verstümmelung zu werden und sich mit 18 rasch sterilisieren lässt (das rettet dich nicht, Helen Memel), und es lebt im Keller, wo der Hadesvater archaisch wütet mit Sex, Macht und blinder Fortpflanzung. Der Himmel ist die reine Phantasie, die Erde eine Fiktion mit Wirklichkeitskern, im Keller (der von den Medien gerne als die "Hölle" bezeichnet wurde) waltet das Reale. Es ist das, was wir uns am wenigsten vorstellen können.

Andererseits:
legs

Nachtrag I:
Scham und Schaulust, Macht und Ohnmacht ...
Dr.med. Till Bastian, Bodnegg, Vortrag, 18. April 2007

Nachtrag II:
Skammen
(Shame)
(Ingmar Bergman; 1968)


skammen

Scham heute II

als-ob-leben kündigt einen Beitrag zum thema objektivität und soziopathie an. Die Ankündigung und den kommenden Beitrag empfehle ich unbedingt zu lesen:

... und aufgreifen werde ich da auf jeden fall auch ein zitat von einem jener schreibtischtäter, die sich in der quasikriminellen vereinigung namens "initiative neue soziale marktwirtschaft" organisieren, von der die folgen ihres treibens bspw. im gerade erschienenen armutsbericht zwar nur unvollständig abgebildet, aber immerhin doch zu erahnen sind. sein name lautet bernd raffelhüschen, und in einem interviewlassen sich folgende sätze bestaunen:



(...)"ZG: Als Experte für sozialstaatliche Themen stehen Sie sicherlich in einem besonderen Verhältnis zu den Gesellschaftsgruppen, welche Sie unter die akademische Lupe nehmen.
Inwieweit versuchen Sie sich in die Lage der jeweils Betroffenen
hineinzuversetzen?




Raffelhüschen: Das dürfen sie gar nicht oder zumindest erst dann, wenn sie fertig sind. Politikberatung müssen sie nach dem Gesetz der großen Zahl machen! Es geht gar nicht anders, denn rationale Politik darf nicht an individuellen Spezialsituationen festgemacht werden. D.h. man braucht da eine grobe Linie, die auch erstmal abstrahiert, die erst einmal gar nicht sieht, dass ein Rentner eben ein Mensch ist, dass ein Junkie ein Mensch ist, usw. Das dürfen sie nicht machen. "(...)




"rationale Politik" = empathiebefreit. (und auf menschen dürfen Sie dabei nicht achten, bzw: Sie dürfen menschen nicht achten. genau so sieht das, was hier so unter "politik" verkauft wird, dann auch aus). das ist echte
objektivistische logik, die sich da frech artikuliert. aus dem gerade verlinkten beitrag auch noch das folgende zitat von j. erik mertz, weil´s so schön
passt:



"Die Psychose beginnt in der Regel nicht erst mit dem offensichtlichen Wahnsinn, der auffällig störenden Verrücktheit, sondern lange, lange vorher, die Psychose beginnt haargenau als beliebig rationales, im objektiven Sinne beliebig realitätstüchtiges Kontrollbewußtsein, das allerdings in einer funktionalen Monopolposition operiert.(...)




"Weicht die stets objektive Realitätsbewältigung des Psychotikers von den jeweils geltenden objektiven Realitätsnormen seiner Bezugskultur ab, so gilt er als `verrückt´, gelingt ihm eine flächendeckende Anpassung an die geltenden objektiven Realitätsnormen, so könnte er z.B. die unauffällige Existenz eines theoretischen Physikers führen oder vielleicht sogar durch die Konstruktion einer wissenschaftlichen Theorie, etwa einer Relativitätstheorie, auffallen."



oder aber die existenz eines professors für finanzwirtschaft führen.



*




passend zum oben erwähnten armutsbericht (und ebenfalls als
übelriechender ausfluß objektivistischer logik zu begreifen)
ein weiteres
interview :



(...)WELT ONLINE: Es geht also darum, welche Behandlungen
notwendig oder sinnvoll sind und welche den Patienten nicht mehr
bezahlt werden.




Hoppe: Ja. Es ist inzwischen so, dass wegen der strikten Ausgabenbegrenzung nicht mehr alles für alle bezahlbar ist. Das heißt, eine Form von Rationierung medizinischer Leistung ist unumgänglich. Aber diese Rationierung soll transparent sein, und sie soll nicht vom behandelnden Arzt getroffen werden müssen.




WELT ONLINE: Bisher haben Sie sich immer gegen Rationierung gewehrt. Woher der Sinneswandel?




Hoppe: Es gibt seit Jahren eine heimliche Rationierung. Wir Ärzte haben sie bisher nicht akzeptiert und versucht, sie zu kompensieren. Inzwischen ist klar, dass es Rationierung in jedem Land der Welt gibt, eben auch bei uns in Deutschland. Die Rationierung muss aber offen diskutiert werden, und dabei wollen auch wir Ärzte mitreden. Die Politik und die Kassen dürfen nicht länger behaupten, die Patienten bekämen die notwendige Versorgung, und in Wirklichkeit wird dieses Notwendige dem Finanzierbaren angepasst."(...)




da hatte der
herr hipp damals ja einen offensichtlich wahrhaft prophetischen moment.

Vgl dazu auch:

Scham heute - der allgegenwärtige Pannwitz-Blick


Wise Man Says

"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt." Charles Lewinsky, Der A-Quotient

Wise Man Says II

"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater." Frank Zappa

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