Katastrophe Weltmarkt
Was die Apologeten der kapitalistischen Weltordnung kalt erwischte, wußte einer ihrer prominentesten Gegner schon zu Beginn unseres Jahrtausends - nachzulesen in KONKRET 01/00:
"Die heute auf unserem Planeten vorherrschende Wirtschaftsordnung wird zusammenbrechen. Das kann sogar ein Schüler begreifen, der gut genug addieren, subtrahieren, multiplizieren und dividieren kann, um im Fach Rechnen die Note "Ausreichend" zu erhalten. Aber viele sind derartig infantil, daß sie jene als Skeptikerbezeichnen, die diese Themen ansprechen. Das gegenwärtige System ist unhaltbar, denn es fußt auf blinden, chaotischen, verderblichen und destruktiven Gesetzen der Gesellschaft und der Natur.
Selbst die Theoretiker der neoliberalen Globalisierung, ihre besten Leute, Verkünder und Verfechter des Systems, zeigen sich unsicher, schwankend, widerspruchsvoll. Es gibt tausend Fragen, auf die man keine Antwort hat. Es ist heuchlerisch, wenn gesagt wird, daß die Freiheit des Menschen und die absolute Freiheit des Marktes untrennbare Begriffe sind, so als ob die Gesetze des letzteren, die die egoistischsten, ungleichsten und erbarmungslosesten Sozialordnungen hervorgebracht und den Menschen zu einer bloßen Ware herabgestempelt haben, mit der Freiheit des Menschen korrespondieren würden. Die Millionen Kinder auf der Welt, die gezwungen sind, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten, sich zu prostituieren, Organe zu spenden und Drogen zu verkaufen; die Abermillionen Beschäftigungslosen, die Armut, der Handel mit Drogen und Immigranten sind, wie der Kolonialismus von gestern und seine dramatische Folgeerscheinung heutiger Unterentwicklung, das Produkt von Systemen, deren Fundament die Gesetze des Marktes waren. Es ist unmöglich zu vergessen, daß der Kampf um die Märkte die Ursache für das schreckliche Massenmorden beider Weltkriege dieses Jahrhunderts war.
Die heutige Weltordnung ist aus vielen Gründen unhaltbar.
Neue und unerwartete Phänomene treten auf, die sich jeglicher Kontrolle seitens der Regierungen und internationalen Finanzorgane entziehen. Es geht bereits nicht mehr nur um die künstliche Schaffung unermeßlichen Reichtums ohne jegliches Verhältnis zur realen Wirtschaft. Allein die Finanzkrise Rußlands, auf das nur zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes aller Länder der Welt fallen, bewirkte ein Sinken des Dow-Jones-Index an der New Yorker Wertpapierbörse um 512 Punkte an nur einem Tag. Panik brach aus, es drohte eine Art Südostasien in Lateinamerika und damit ein großes Risiko für die nordamerikanische Wirtschaft. Mit Mühe und Not konnte bislang die Katastrophe abgewendet werden.
Alle Welt spricht von einer internationalen Finanzkrise. Die einzigen, die noch nichts darüber erfahren haben, sind die nordamerikanischen Bürger. Sie haben mehr denn je ausgegeben und schreiben bereits rote Zahlen. Doch das macht nichts. Ihre transnationalen Konzerne investieren das Geld der anderen. Da der Binnenmarkt groß ist und hier mehr ausgegeben wird, hält sich die Wirtschaft anscheinend gut, wenngleich die Gewinne der Konzerne gesunken sind. Mega-Fusionen, Euphorie: Die Aktienpreise steigen erneut. Noch einmal wird russisches Roulett gespielt. Die Theoretiker des Systems haben den Stein der Weisen entdeckt. Sämtliche Zugänge werden überwacht, damit keine den Traum störenden Gespenster eindringen können. Schon wird das Unmögliche möglich. Krise? Niemals!
Ein Phänomen, das Tag für Tag riesige und unkontrollierbare Ausmaße annimmt, sind die
Spekulationsgeschäfte mit Währungen. Sie belaufen sich auf mindestens eine Billion Dollar täglich. Einige behaupten, es seien 1,5 Billionen. Vor knapp vierzehn Jahren betrug diese Spekulationssumme noch 150 Milliarden im Jahr. All das bezahlt die immense Mehrheit der Völker der Welt mit dem stetem Risiko ihres ökonomischen Zusammenbruchs. Bei der geringsten Unvorsichtigkeit entwertet der Ansturm der Spekulanten die Währung eines jeden ihrer Länder. Die Weltordnung hat dafür die Bedingungen geschaffen. Absolut niemand ist sicher oder kann es sein. Die Wölfe, in Rudeln und auf Computerprogramme gestützt, wissen, wo, wann und warum sie angreifen.
Ein Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften schlug vor vierzehn Jahren vor, als die Spekulationen ein Zweitausendstel der heutigen betrugen, jedes Spekulationsgeschäft dieser Art mit einem Prozent zu besteuern. Heute wäre dieses eine Prozent ausreichend für die Entwicklung sämtlicher Länder der Dritten Welt. Es wäre eine Form der Regulierung und Eindämmung der schädlichen Folgen der Spekulation. Doch regulieren? Das kollidiert mit der fundamentalistischen Doktrin und stört den idyllischen Traum vom Paradies des freien Marktes und des privaten Unternehmertums. Im Gegenteil gibt's noch allerhand zu deregulieren, sogar den Arbeitskräftemarkt. Die Arbeitslosenunterstützung ist auf ein Mindestmaß zu reduzieren, um nicht für "Bummelanten" und "Faulenzer" zu sorgen. Das Rentensystem ist zu privatisieren. Der Staat hat sich nur mit Polizei und Armee zu befassen, um für Ordnung zu sorgen, Protestaktionen zu unterdrücken und Krieg zu führen. Es ist nicht einmal zulässig, daß er an der Währungspolitik der Zentralbank teilhat. Diese hat absolut unabhängig zu sein.
Daß die gegenwärtige Wirtschaftsordnung unhaltbar ist, zeigt die Verletzlichkeit und Schwäche des Systems, das unseren Planeten in ein gigantisches Kasino, Millionen Menschen und gelegentlich sogar ganze Gesellschaften in Glücksspieler verwandelt und die Funktion des Geldes und der Investitionen verfälscht hat, denn ihr Streben ist weder auf die Produktion noch auf das Anwachsen der Güter der Welt gerichtet, sondern darauf, um jeden Preis Geld mit Geld zu gewinnen. Eine derartige Deformation führt die Weltwirtschaft unvermeidlich zum Desaster.
Es gibt viele andere Probleme der Weltwirtschaft. Die vorherrschende Ordnung hat zu kämpfen mit Inflation, Rezession, Deflation, möglichen Überproduktionskrisen, einem anhaltenden Sinken der Produkte des Grundbedarfs.
So unendlich reiche Länder wie Saudi Arabien haben bereits Haushalts- und Handelsbilanzdefizite, obwohl sie acht Millionen Barrels Erdöl pro Tag exportieren. Die optimistischen Wachstumsprognosen lösen sich in Rauch auf. Es gibt nicht die geringste Vorstellung, wie die Probleme der Dritten Welt zu lösen sind. Welches Kapitalvermögen, welche Technologien, Vertriebsnetze, Exportkredite stehen den unterentwickelten Ländern zur Verfügung, mit denen sie sich Zutritt zu Märkten verschaffen, konkurrieren und exportieren könnten? Wo sind die Verbraucher ihrer Produkte? Wie können die Mittel für das Gesundheitswesen in Afrika bereitgestellt werden, wo 22 Millionen Menschen HIV-positiv sind und die Bekämpfung nur dieser einen Krankheit nach dem heutigen Preisniveau 200 Milliarden Dollar jährlich kosten würde? Wie viele werden noch sterben müssen, bis ein schützender Impfstoff oder ein die Krankheit heilendes Medikament zur Verfügung steht?
Sechs Milliarden Menschen leben auf diesem Planeten. Es ist fast sicher, daß es in nur fünfzig Jahren 9,5 Milliarden sein werden. Die Gewährleistung von Nahrungsmitteln, Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Kleidung, Schuhwerk, Wohnraum, Trinkwasser, Elektrizität und Transport für eine derart große Anzahl von Menschen, die ausgerechnet in den ärmsten Ländern leben werden, wird eine kolossale Herausforderung sein. Man wird zuerst die Konsumptionsmuster definieren müssen, denn wir dürfen nicht weiterhin den Geschmack und den Lebensstil des Verschwendungsmodells der Industriegesellschaften nachahmen wollen. Das wäre Selbstmord. Die Entwicklung der Welt darf nicht den transnationalen Konzernen und den chaotischen Gesetzen des Marktes überlassen werden."
- Auszüge aus der Rede des Comandante en Jefe Fidel Castro Ruz anläßlich der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag des Sieges der Revolution in Santiago de Cuba am 1. Januar 1999 -
Aus aktuellem Anlass bei
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Im April 99 versucht es der Commandante nochmal einem zu erklären, aber der hört nicht zu oder versteht mal wieder nichts:
