Der scharfsinnige Georg Seeßlen schreibt im Freitag dieser Woche zum Start von Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" über die Traummaschine Hollywood und ihre stereotype Idee von den Nazis :
... Das ist das Wesentliche der Versuchsanordnung in vielen späteren Filmen: die Beziehung zwischen Nazi-Erscheinung und Nazi-Wesen. In Deutschland schreckte Carl Zuckmayer bei Aufführungen seines Stücks Des Teufels General auf, da ihm bewusst wurde, dass ein Großteil des Publikums nur gekommen war, um ungestraft Menschen in Nazi-Uniformen zu sehen. Der Genuss des Bildes und der Diskurs der Erzählung gingen im Film noch weiter auseinander. Immer wieder stellte sich auch im Hollywood-Film diese Frage: Der Inhalt ist die historische Wirklichkeit, eingeschlossen das Urteil, das die Nachwelt über die Nazis gesprochen hat. Die Form dagegen ist das unsterbliche Bild, das die Nazis von sich selber hatten und machten...
Mir fiel dazu diese Szene ein und mir stellt sich die Frage, ob dieser Film sich hier auch nicht von der ästhetischen Inszenierung des Faschismus lösen kann. (Ich meine, er kann: Ich empfand die Szene immer als die widerlichste - also gelungene - des Films, aber fragen Sie mich nicht warum ...)
... Ja, es war ein gigantischer Kindergarten, aber vor allem war Woodstock das Gegenteil der Volksgemeinschaft, das Gegenteil auch der "formierten Gesellschaft", in der versprengte Carl-Schmitt-Schüler noch in jenen mirakulösen Sechzigern das Heil sahen. Und deshalb wanderte Abbie Hoffman aus den USA aus und ließ sich in die "Woodstock Nation" einbürgern. Es gab sie bloß nie. Hoffman hatte sie zum Geisteszustand erklärt und Woodstock zum Land seiner Wahl. Die "Woodstock Nation" gab es auch nicht während der drei wundermilden Tage, die im August vor vierzig Jahren unter der Herrschaft des gütigen Reaktionärs Richard Nixon stattfanden.
Aber dort entstand ein Lied, ein trauriges Lied, yes Sir, ein besonderes Lied. Nein, es ist nicht "Star Spangled Banner", Jimi Hendrix" zerhackte Version der Nationalhymne, es ist auch nicht Country Joe McDonalds Vietnam-Rag, sondern die "Suite: Judy Blue Eyes", mit der - angeblich die Hosen voll im Premierenfieber - die Band Crosby, Stills, Nash & Young debütierte. (Genau genommen war es schon der zweite Auftritt.) "Remember what we"ve said and done and felt about each other/Oh babe, have mercy/Don"t let the past remind us of what we are not now." Dieser Song schläft in allen Dingen, die da träumen fort und fort. Ladies and gentlemen of the Woodstock Nation: Thank you so very much.
WILLI WINKLER
via Totally Fuzzy
This is Part 2/2 of the documentary. Since this was already posted in 2007 on google video this is the older documentary not the 40th anniversary version released recently.
16. Crosby, Stills & Nash "Suite: Judy Blue Eyes"
17. Ten Years After "I'm Going Home"
18. Jefferson Airplane "Saturday Afternoon" / "Won't You Try" **
19. - "Uncle Sam's Blues" **
20. John Sebastian "Younger Generation"
21. Country Joe McDonald "FISH Cheer / Feel-Like-I'm-Fixing-to-Die-Rag"
22. Santana "Soul Sacrifice"
23. Sly and the Family Stone "Dance To The Music" / "I Want To Take You Higher"
24. Janis Joplin "Work Me, Lord" **
25. Jimi Hendrix "Voodoo Child (Slight Return)" (credited as "Voodoo Chile" in the film) **
26. - "The Star-Spangled Banner"
27. - "Purple Haze"
28. - "Woodstock Improvisation" **
29. - "Villanova Junction"
30.* Crosby, Stills, Nash & Young "Woodstock" / "Find the Cost of Freedom" **
Der Regisseur Michael Wadleigh, der den Film zum Festival drehte (den ihm der noch völlig unbekannte Martin Scorsese zur Oscar-Reife schnitt) hat vielleicht doch den treffenden Vergleich für das Festival gefunden: Es war nicht nur das Gegenteil von, sondern auch das Gegenstück zu Leni Riefenstahls Reichsparteitagsfilm "Triumph des Willens". Die Nazis und Hitlers Lieblingsregisseurin feierten die schiere Masse, die Überwältigung durch die straff organisierte Menge, also den Rausch an der eigenen Macht. So dumm konnte nicht einmal Leni Riefenstahl sein, als dass sie nicht gesehen hätte, was in Nürnberg passierte: Der Masse war jede Individualität ausgetrieben, sie war, in der Formulierung Kracauers, als Ornament aufgezogen, angetreten zum Opfergang für den unersättlichen Führer, sein künftiges Schlachtvieh. Wie harmlos dagegen die Massen in Bethel, ganz weit oben im Bundesstaat New York. Nicht Kanonen-, sondern bloß Schwenkfutter für die gierigen Kameras: freischwingende Schwänze, unbearbeitete Brüste, ein sorgloses Spielen im Schlamm, das Ravi Shankar an die Wasserbüffel in seiner indischen Heimat erinnerte. Wer sich nicht vorstellen kann, welche Freiheit Woodstock wenigstens vorübergehend brachte, soll mal versuchen, seine noch nicht schulpflichtigen Kinder nackt an einem amerikanischen Hotelpool herumlaufen zu lassen.
s.o. Winkler in der sz: Ich empfehle den Artikel ganz zu lesen!
Diesen auch: Apple und der Schweinebauch ::
... Werben, sagt der Philosoph Christoph Türcke in seiner "Philosophie der Sensation" (München 2002), bedeutet unter solchen Voraussetzungen: "eine ganze Wahrnehmungsweise einüben, worin das Angepriesene seinen festen Platz hat". Das hat Folgen für den Leser oder Zuschauer: Eher dass er ein Adressat wäre, ein Kunde, der verführt werden soll, ist er ein Kenner, ein Mitwisser, ein Fachmann, der eigentlich keine Werbung braucht, sondern zusammen mit dem Hersteller das Produkt genießen will.
Die perfekte Werbung geht daher heute in das Produkt selber ein. Es selbst muss eine konditionierende Kraft besitzen. Es muss eine Verkörperung sein von Sinn und Rettung - und überzeugender als jede Art von verweisender Werbung ist es deswegen, wenn das Produkt in sich Ausdruck seiner verführerische Kraft ist. Die Werbung geht also ins Design, und wenn im Design etwas glückt, wie bei den Produkten von Apple, wie bei Audi oder Bionade, so geht die Eigenwirklichkeit des Produkts weit über jeden Appell an eine Kaufentscheidung hinaus...
Beide Artikel zusammengelesen könnten Aufschluss geben über eine interessante Veränderung: Könnte man schließen, dass Woodstock für einen Augenblick steht, in dem das Design von vielen Menschen selbst gemacht, d. h. gelebt und dadurch hervorgebracht wird - man könnte das demokratisch nennen (mit allen Einschränkungen, die Winkler klug formuliert) - , und Design im oben bezeichneten, heutigen Sinn Leben(-sstil) hervorbring, das/der nur nachgelebt werden kann? - Der kleine, aber entscheidende Unterschied zwischen dem - manchmal verzweifelt hilflos tastenden, aber letztlich doch selbstbestimmten Einüben einer Wahrnehmungsweise und dem Eingeübt-Werden! Letztlich die Frage danach, wer in einer Gesellschaft die "eine konditionierende Kraft" hat (Gramsci nennt das Hegemonie).
Freilich - Dialektik der Aufklärung - : Winkler arbeitet auch schön heraus, dass Woodstock eben auch genau das hervorgebracht hat: Auch wenn im zweiten Ansturm die Umzäunung draufging und in der Not der Eintritt doch noch freigegeben wurde, machte der Erlös aus den Nebenrechten, der legendären Dreifach-LP und dem Film, alle Beteiligten reich. Woodstock war nicht der Abschluss der sechziger Jahre - der kam vier Monate später in Altamont, wo ein Zuschauer vor den Augen der Rolling Stones abgestochen wurde -, sondern der Beginn der totalen Vermarktung der Pop-Musik.
We are stardust, we are golden ...
Nachtrag: BBC Radio 2 Programmes - The 40th Anniversary of Woodstock - oder hier!
American singer-songwriter John Sebastian marks the 40th anniversary of one of the most legendary events of the hippie movement. Featuring contributions from some of the musicians who were there including Richie Havens, Carlos Santana, Pete Townshend and Joni Mitchell, plus previously unreleased tracks recorded at Woodstock by Creedence Clearwater Revival, The Grateful Dead and Joe Cocker; this documentary sheds a light on the celebrated festival.
Generally regarded as the last major event of the hippie era, Woodstock has become idealized in American popular culture as the festival where nearly half a million "flower children" came together to celebrate the counter culture. At the time, it held the record for the largest music audience in the world.
Original festival organizers Artie Kornfeld and Michael Lang, along with Academy Award winning director Michael Wadleigh, talk about their memories of the festival and members of Santana, Creedence Clearwater Revival, Canned Heat and The Grateful Dead reveal their Woodstock highlights, interspersed with tracks by headline artists at the festival.
“Gerade die von der Stamokap-Theorie herausgestellte Integration des Staates in den ökonomischen Prozeß – verkörpert in Steuerungsmaßnahmen, öffentlichem Wirtschaftssektor und Infrastrukturbereich, staatlicher Umverteilung u. a. – könnte als Merkmal eines gemischten, nicht mehr nur kapitalistisch geprägten Gesellschaftssystems verstanden werden – liegt es doch nahe, vom demokratischen Staat nicht profit-, sondern wählerorientiertes Verhalten zu erwarten. Wenn die Stamokap-Theorie im Gegenteil hier vielmehr eine Zuspitzung kapitalistischer Ausbeutung, Widersprüche und Konflikte erblickt, so infolge ihrer Einschätzung des Staates als Stabilisator der Monopole mit der doppelten Aufgabe, sowohl die Monopolprofite zu steigern als auch die kapitalistische Ordnung insgesamt zu erhalten. Ausdehnung staatlicher Funktionen bedeutet in dieser Sicht also eine Stärkung der kapitalistischen Züge der Gesellschaft und nicht das Gegenteil.”
Les Paul, the inventor of the solid-body electric guitar, has passed away at the age of 94 today from complications of severe pneumonia at White Plains Hospital in White Plains, New York according to Northern New Jersey’s News 12 cable channel. The jazz guitarist’s invention led to the Rock n’ Roll revolution and over the years he’s played with many of the biggest names in the genre including Paul McCartney, Keith Richards and Steve Miller.
Recently, Paul had been performing every Monday the Iridium Jazz Club in New York City and spent most of his time at home in Mahwah, NJ with his extended family. Les Paul was one of the most important figures in the development of rock music and he will be sorely missed.
via mog Performing the Iridium Jazz Club in New York City
+ Billy Squier intro with Les Paul & Jeff Beck trading off riffs: Les Paul - Jeff Beck - Jamming Together
Note the wad of duct tape on JB's strat.. word was he knew LP was going to yank the cord out ... cause its not a Les Paul!
Herr List empfahl vor kurzem in seinem Blog diese Quelle für Dokumentarfilme. Vielen Dank!! - und die Empfehlung sei hiermit weitergegeben:
Früher habe ich gerne Spielfilme gesehen. Das ist schon lange her, denn mittlerweile sind Dokumentationen das, was ich am liebsten sehe. Denn nichts ist spannender als das reale, wahre, echte Leben. Nun gibt es für die Website für Fans wie mich: DocumentaryHeaven. Fein säuberlich in Kategorien eingeteilt, finden Sie dort Dokumentarfilme aus unterschiedlichsten Quellen im Internet. Das heißt, man kann die Filme sogar ins eigene Blog einbetten.
Ich kann das bestätigen: eine unglaubliche Auswahl, man könnte Tage und Nächte ... Hier zwei bis drei Anregungen:
1. Darwin’s Nightmare
A harrowing, hard-hitting documentary which shows the devastating effects of the “globalized” economy on the residents of a fishing village in Tanzania. The story starts four decades ago when a species of huge fish is introduced to Tanzania’s Lake Victoria. The fish are now harvested, chopped into filets and shipped to European and Japanese consumers while the Africans who catch and process them are left with rotting carcasses – and very little else. This film focuses on the fish for gun trade that has arisen and the impact it has had on life in the area.
2. War Photographer
A film about the American photographer James Nachtwey, about his motivation, his fears and his daily routine as a war photographer. If we believe Hollywood pictures, war photographers are all hard-boiled and cynical old troopers. How can they think about ‘exposure time’ in the very moment of dread?
Swiss author, director and producer Christian Frei followed James Nachtwey for two years into the wars in Indonesia, Kosovo, Palestine… Christian Frei used special micro-cameras attached to James Nachtwey’s photo-camera.
We see a famous photographer looking for the decisive moment. We hear every breath of the photographer. For the first time in the history of movies about photographers, this technique allowed an authentic insight into the work of a concerned photo-journalist.
3. Night and Fog Nacht und Nebel (Originaltitel: Nuit et brouillard) ist ein französischer Dokumentarfilm über die sogenannte Nacht-und-Nebel-Aktion des NS-Staates, bei der des Widerstandes verdächtige Personen spurlos verschwanden und heimlich in die Konzentrationslager des Dritten Reichs deportiert wurden. Der Film wurde 1955 von Anatole Dauman auf Initiative des Historikers Henri Michel produziert. Regie führte Alain Resnais. Die Filmmusik schrieb Hanns Eisler (1898–1962).
Rundgren performs "Hiroshima" Live in Japan 1992. Für mich immer noch ein kathartisch wirkendes Stück Rockmusik(falls es sowas gibt: vgl. 4:51 ff.)
Wollen Sie mehr über Atomwaffen lernen, erfahren, mitgestalten? Schauen Sie die Webseite des Projektkreises "Politische Bildung zu Atomwaffen" an:
» www.atomwaffenlernen.info
Den Hinweis auf der Seite atomwaffen A - Z finde ich problematisch: ich möchte nicht mehr über Atomwaffen mitgestalten!
Mit dem vorangegangenen Eintrag zum Botoxen der Großhirnrinde hat dieser nun insofern zu tun, als es in Herrn A.'s Roman um eine frühere Erscheinungsform des gleichen Phänomens geht, die man eher das Boxen der Großhirnrinde nennen muss und die in den 60er und frühen 70er Jahren beliebt war. Beiden gemeinsam ist das Ziel: die Optimierung von Lernprozessen zum Zwecke der sozialen Selektion. Wie gesagt: von der älteren Erscheinungsform des Phänomens handelt Herrn A.'s Roman, der hiermit nochmals empfohlen sei; - der folgende Auschnitt hat damit allerdings nur mittelbar zu tun:
Sie haben wie üblich in ihrer Ecke neben dem Flipper gehockt, der schon außer Betrieb ist, seit Appaz sich mit Kerschkamp am ersten Freitag jeden Monats im „Voss“ trifft. Und wie üblich war das Voss wieder brechend voll, nicht zum ersten Mal hat Appaz vorgeschlagen, dass sie sich vielleicht an einem anderen Tag treffen sollten...
Er und Kerschkamp haben jedenfalls ziemlich schnell hintereinander die ersten paar Bier getrunken, dann hat Kerschkamp sich "einmal Curry-Pommes“ bestellt. Appaz hat keinen Appetit gehabt, obwohl das Voss für seine Currywurst berühmt ist. Sogar der Ex-Kanzler ist für diese Currywurst früher ins Voss gekommen, noch zu seinen Juso-Zeiten, böse Zungen behaupten, dass von damals auch seine Abneigung gegen Lehrer rührt. Der Ex-Kanzler kommt jetzt nicht mehr, die Lehrer sind geblieben. Genauso wie die Dozenten, Ärzte und Anwälte, die den Stadtteil schon für sich entdeckt haben, als die Fünf- und Sechszimmerwoh-nungen in den ehemals hochherrschaftlichen Häusern aus der Jahrhundertwende auch für Wohngemeinschaften noch bezahlbar waren. Geblieben ist auch die Einrichtung, die, wenn überhaupt, das letzte Mal renoviert worden ist, lange bevor der Ex-Kanzler hier seine erste Currywurst bekommen hat. Und genauso geblieben ist der barsche Umgangston, mit dem die Bedienung jedem, der nicht zu den Stammgästen gehört, seinen Platz an einem der langen Holztische zuweist, ohne irgendeinen Widerspruch zu dulden. Geduzt werden ohnehin alle, und wer es aus Mangel an Erfahrung nicht besser weiß und sein Bier am Tisch bezahlen will, wird unwirsch mit den Strichen auf dem Deckel zur Theke geschickt; ein zweites Mal jeden-falls begeht keiner diesen Fauxpas. Seit kurzem hängt hinter der Theke eine Urkunde, die die Kneipe laut dem Londoner Guardian als „one of the best bars in Europe“ ausweist: „A typical German pub with local beer and delicious pub classics such as currywurst.“
Appaz’ Verhältnis zu dem Szenetreff ist eher gespalten, und als der Wirt Kerschkamp zu dessen fünfzigstem Geburtstag ausgerechnet hat, dass er im Laufe der Jahre bei ihm gut und gerne ein Reihenhaus in Bier umgesetzt hat, hat Appaz das bei weitem nicht so witzig gefun-den wie der überwiegende Teil der anderen Gäste. Allerdings ist auch Kerschkamp bei dieser Eröffnung merklich still geworden, was aber dennoch nicht zu einer Reduzierung seines Bier-konsums geführt hat. Und, ehrlich gesagt, kann man im Voss auch kaum etwas anderes tun, als Bier auf Bier zu trinken, die Akustik ist lausig und gleicht der einer Bahnhofshalle, spätes-tens ab zwanzig Uhr versteht man in den hohen Räumen kaum noch sein eigenes Wort.
An den Freitagabenden kommt erschwerend hinzu, dass sich im Keller eine Rockband ih-ren Übungsraum eingerichtet hat, Lehrer des benachbarten Gymnasiums, die die Jahre bis zu ihrer Pensionierung zählen und sich solange jeden Freitag aufs Neue mit respektabler Beharr-lichkeit ausgerechnet an Songs wie „Dead End Street“ versuchen. Meist aber scheitern sie schon an den ersten Taktwechseln, gleich nach der Zeile „What are we living for?“.
Appaz erinnert sich, wie die Glasscheibe des Flippers im Rhythmus der Bässe gezittert hat. Und wie Kerschkamp sich den letzten Bissen Currywurst in den Mund geschoben und gegen den Lärm angebrüllt hat: „Ich muss dir überhaupt noch eine Geschichte erzählen, du, was mir neulich passiert ist ...!“
Das war dann die Sache mit der Gummipuppe. Und Kerschkamp hat per Handzeichen noch mal zwei Bier geordert. Als kurz darauf die Bedienung kam und sich vorbeugte, um neue Kugelschreiberstriche auf ihre Deckel zu malen, brachte Kerschkamp seine Geschichte ein zweites Mal an. Diesmal allerdings war aus dem vorher nicht näher beschriebenen Mann ein Typ im Anzug geworden, der die Puppe aus dem Kofferraum seines Jaguars holte, „irgend so ein Banker oder Anwalt oder so was“, schrie Kerschkamp der Bedienung ins Ohr, und die Bedienung lachte und strich Kerschkamp im Weggehen wie zufällig über den Arm. Appaz ist sich nicht mehr so ganz sicher gewesen, was an Kerschkamps Geschichte nun eigentlich dran war. Außerdem hat er sich gefragt, ob Kerschkamp und die Bedienung sich womöglich besser kannten, als er bisher dachte.
Wenig später haben die Lehrer im Keller nach einer verunglückten Version von „Death of a Clown“ endgültig aufgegeben. Nacheinander kamen sie durch die Hintertür ins Voss und quetschten sich dann mit ihren Bieren in die Ecke zu Appaz und Kerschkamp. Sie kennen sich schon länger, einer der Lehrer hat Appaz’ Tochter früher in Deutsch unterrichtet. Und einige Male hat es Appaz auch durchaus genossen, sich in irgendwelche Diskussionen über den de-solaten Zustand des Bildungssystems verwickeln zu lassen. Heute allerdings hat er keine Lust auf die Mischung aus Wut und Verzweiflung und den zunehmenden Zynismus gehabt, mit dem die Lehrer versuchen, die letzten Jahre ihres Berufslebens zu überstehen.
Kerschkamp schien es ähnlich zu gehen, er hat Appaz einen kurzen Blick zugeworfen und sein Tabakpäckchen aus der Tasche geholt. Appaz hat sich vor ihm her zur Tür gedrängt.
Sie sind dann nicht die einzigen gewesen, die rauchend vor dem Voss auf dem Fußweg standen. Eine Frau nickte Appaz zu, er konnte sie beim besten Willen nicht einordnen, grüßte aber freundlich zurück. Kurz darauf hat er zum ersten Mal den Hund bellen gehört. Er erinnert sich jetzt auch, dass Kerschkamp noch irgendeinen Kommentar zu dem Bellen abgegeben hat. Vielleicht auch zu Hunden im Allgemeinen, zu herrenlosen Hunden, die einem nachts auf dem Rückweg aus der Kneipe plötzlich den Weg verstellen. Oder so ähnlich. Jedenfalls lehnte Kerschkamp an der Hauswand und laberte ohne Pause, als wollte er die durch die Lautstärke im Voss verlorengegangene Redezeit wieder wettmachen. Und er hat schon deutlich Mühe gehabt, die Konsonanten klar voneinander zu trennen.
Aber Appaz hat sowieso nur halb hingehört. Weil er sich ärgerte, nicht vor der Raucher-pause noch mal pinkeln gegangen zu sein, und jetzt überlegen musste, ob er sich wieder den langen Weg zurück durch die Menschenmassen bis zum Klo quetschen sollte.
Und dann hat Kerschkamp plötzlich gesagt: „Wir gehen da hin, du und ich. Wir beide. Und dann mischen wir den Laden mal so richtig auf.“
„Was? Wohin?“
„Habe ich doch eben erzählt! Ein Abitreffen, von unserem alten Jahrgang. Wo sie uns im-mer nicht einladen, du weißt schon. Aber diesmal hab ich den Termin im Netz entdeckt. Und wir gehen dahin, ist doch wohl klar!“
Appaz hat einen Moment gebraucht, bis er begriff. Ein Klassentreffen, dreiunddreißig Jah-re nach dem Abitur, bei dem sie damals mit Pauken und Trompeten durchgefallen sind. Wes-halb sie auch bisher nie eingeladen wurden, wenn ihre ehemaligen Mitschüler irgendein run-des Jubiläum feierten. Aber jetzt hatte Kerschkamp den Termin also in irgendeiner Leute-Such-Maschine entdeckt und war offensichtlich wild entschlossen, es ihnen allen heimzuzah-len.
„Ohne mich“, hat Appaz nach kurzem Zögern erklärt, „ich will da nicht hin.“
„Du musst! Alleine mache ich das nicht.“
Und dann hat Appaz so was wie einen Filmriss. Sie müssen wohl noch eine Weile mit den Lehrern zusammengesessen haben, Appaz meint sich undeutlich an eine hitzige Diskussion über die neue CD von Jack Bruce erinnern zu können, dass Robin Trower zwar ohne Frage ein exzellenter Gitarrist ist, aber kaum Raum für Jack Bruce selber lässt. Und dass solche Ex-perimente ohnehin keinen Sinn machen, nachdem Bruce, Clapton und Baker ja mit ihrem Reunion-Konzert in der Royal Albert Hall bewiesen haben, dass nichts über die alten Songs von Cream geht, in der alten Besetzung! Später dann hat Kerschkamp sein Fahrrad neben Ap-paz hergeschoben, um ihn noch bis zur nächsten Ecke zu bringen. Es hat angefangen zu nie-seln, Appaz hat sich den Reißverschluss seiner Lederjacke zugezogen, als Kerschkamp pin-keln musste, hat Appaz solange das Fahrrad gehalten. Und kurz vor ihrem Abschied hat Kerschkamp noch zu einem erleuchteten Fenster hinaufgezeigt und gesagt: „Weißt du noch? Da oben waren wir mal zusammen auf einer Fete! Das muss elfte Klasse oder so gewesen sein, mit den ganzen alten Leuten noch. Wäre doch vielleicht sogar ganz schön, die alle mal wieder zu sehen, oder? Also überleg es dir, Alter, ich rufe dich an!“
Damit hat er sich auf sein Rad geschwungen und ist in Schlangenlinien in die Fußgänger-zone eingebogen.
Und Appaz hat den Mann mit dem Beil im Kopf gesehen.
Schon im Freitag vom 30.06. - aber zu Beginn des Schuljahres in Niedersachsen hübsch passend - schrieb Wieland Elfferding über eine notwendige, aber unmögliche Reform des Gymnasiums:
...
Nebenbei dürfte nun der letzte merken, dass die noch vor Jahren von Gymnasialvertretern begrüßte Verkürzung der Schulzeit zur Schraubzwinge für nicht wenige Schulen wird. Nun heißt es süffisant, das Abitur in zwölf Jahren könnten sowieso nur die Besten schaffen. Die bildungsbeflissenen Eltern sind mittlerweile aufgewacht und bemerken, was sie schon vor fünf Jahren hätten wissen können: Werden die in der 11. Klasse verlorenen Stunden nach unten umverteilt, kommt fast jeden Tag eine Stunde dazu und Sohn oder Tochter kommen nach Cello- und Segelunterricht um 19 Uhr nach Hause, wenn Mutti schon wieder zum Yogakurs aufbricht. Interessierten sich diese Eltern noch für die laufenden Unterrichtsreformen, so stießen sie auf einen bemerkenswerten Widerspruch: Die methodischen Veränderungen zielen alle auf einen höheren Grad an Selbständigkeit der Lernenden ab, auf eigene Entwicklung von Interessen und Aufgaben – etwa in der Vorbereitung der Präsentationsprüfungen im Mittleren Schulabschluss wie beim Abitur –, auf Selbsttätigkeit statt Befolgung von Lehrervorschriften. Was derartiges Lernen braucht, ist Zeit. Keine Verdichtung der Schuljahre, keine Erhöhung des Leistungsdrucks.
Nun sind Zweifel daran berechtigt, dass derlei Beobachtungen allzu tief in die bildungsnahen Schichten eindringen. Schließlich sind diese nach Lektüre von Ergebnissen der Hirnforschung oft besessen von der Idee, ihre Kinder hätten Chancen etwa des Sprachenerwerbs bereits versäumt und müssten sich mächtig ranhalten, um mit der sich selbst beschleunigenden Generation Schritt halten zu können. Es könnten sogar Zweifel daran aufkommen, dass die heute meinungsbildende Elterngeneration noch lebendige Beziehungen zur Gutenberggalaxis unterhält. Wir sprechen von der Generation, welche die Reduktion des Textanteils ihrer Tageszeitung in den vergangenen zehn Jahren um 20 bis 30 Prozent klaglos hingenommen hat. Wir sprechen von denjenigen, die ihre Kinder in der Woche durch fünf verschiedene Freizeitbeschäftigungen jagen, die oft verdeckte Schulfächer darstellen; von denjenigen, die nervös werden, wenn es nach dem Regionalwettbewerb „Jugend forscht“ und „-musiziert“ nicht weitergeht.
Es ist das Bürgertum, das, anders als seine Elterngeneration, den Grundsatz multum, non multa – viel, nicht vielerlei solle man lernen – nicht mehr kennt und längst ins postmetaphysische Zeitalter eingetreten ist, in dem es keine Tiefen, sondern nur Oberflächen gibt. Bei ihm löst die Vorstellung eines Bildungserlebnisses, in dem man sich verlieren kann und als Anderer wieder herauskommt, also die Vorstellung von Brüchen und Veränderungen, die riskant sind und Zeit brauchen, einen horror vacui aus. Diesen Menschen erschließt sich ein Zusammenhang durch eine Abfolge von Folien oder auch nicht. Sie husten, völlig unerkältet, im Konzert, wenn es leise, langsam und kompliziert wird. Bildung betrachten sie als eine Dienstleistung wie eine Schönheitsoperation. Kommt beim Botoxen der Großhirnrinde durch die pädagogischen Operateure nicht das gewünschte Ergebnis heraus, muss über Regressforderungen nachgedacht werden.
...
1
From the once conquered celestial heights
We are descending to earth down the charred stairs
Through the aimed salvos of slander and lying.
We are leaving, leaving, leaving, leaving....
Refrain
Farewell, mountains, you have the better sight
To tell who we were in that remote land,
It is not up to an one-sided judge -
A mere office bureaucrat.
2
Good bye, Afghanistan - the realm of shadowy ghosts
It seems, no memory of you should hold good meaning,
And still, our combat commander is in sadness and grieving,
We are leaving, leaving, leaving, leaving
Refrain
Farewell, mountains, you have the better sight
To judge what makes up our pain and our glory
But how will you, our Great Motherland,
Live down our mothers tears and mourning?
3
Its certain we will never come back,
How many of us fell in this long campaign in that land!
So much has not been accomplished, but still -
We are leaving, leaving, leaving, leaving...
Refrain
Farewell, mountains, you have the better sight
To see what price we have paid and what sorrow,
Which friends we have had to leave behind,
What enemy escaped the finishing blow.
4
My friend, split in three your alcohol draught
So many survived of the daring reconnaissance squad
Third toast - for the dead; and the wind is silently grieving.
We are leaving, leaving, leaving, leaving...
Refrain
Farewell, mountains, you have the better sight
To know what we have had, what gave away,
To deem how our sorrows, hopes and way
Will stamp and form in future peoples mind.
5
Our lives in CV's will be squeezed in few lines
Sociologists are those who are forming opinion.
But the Orient will never be ruled by science
We are leaving from Orient, leaving, leaving...
Refrain
Farewell, mountains, you have the better sight
To tell who we were in that remote land,
It is not up to an one-sided judge -
A mere office-bureaucrat.
Farewell, mountains, you have the better sight
To see what price we have paid and what sorrow,
Which friends we have had to leave behind,
What enemy escaped the finishing blow.
We are leaving the Orient
We are leaving the Orient
We are leaving...
via ronjiort/youtube
Wenn die Bundeswehr nun mit Schützenpanzern, Mörsern und amerikanischer Luftunterstützung in einer Großoffensive mit insgesamt weit über 1000 Soldaten gegen die Taliban vorgeht, dann ist das eine Eskalationsstufe, die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht erreicht worden ist. Es ist auch die höchste Eskalationsstufe eines asymmetrischen Krieges: Die Armee packt ihr Arsenal an schweren Waffen aus, um die Aufständischen zu bekämpfen.
schreibt die Financial Times Deutschland!
Ich möchte dem nichts hinzufügen; nur vielleicht noch dies: Ich hatte in Verfolgung meines gesetzlich fixierten Bildungsauftrages im Politikunterricht darauf Wert gelegt, dass zwischen Isaf und OEF getrennt wird. Wenn das nicht mehr gewünscht wird, möge man mir Bescheid geben ...
Sehr schön dazu ad sinistram: Der 18. Brumaire der Wüstenfüchse
... und auch: "Selbstverständlich ist es ein Krieg" - Johan Galtung über den militärischen Einsatz in Afghanistan. Text / Audio
Herr Rau berichtet, dass er die liminale Phase der letzten Schulwochen mag: Liminale Phase: Schwellenzustand, in dem sich Individuen oder Gruppen befinden, nachdem sie sich rituell von der herrschenden Sozialordnung gelöst haben. (Wikipedia)
Ich mag liminale Phasen auch, aber ich beobachte auch, dass Liminalität nicht nur ein Phänomen der letzten Schulwochen ist!
Es lohnte, das Konzept zur Interpretation von Desintegrationsprozessen (nicht nur) in der Schule fruchtbar zu machen.
... war wieder am Werk:
1. Jeff Beck and Tal Wilkenfeld play a bass duet at The Fillmore New York at Irving Plaza April 10 2009. At one point early in the piece, Tal Wilkenfeld moves Jeff Beck's fingers out of the way as they both reach for the same note.
Nach der Rückkehr aus aktuellem Anlass hier noch einmal mein Beitrag vom November 2007 - mit einigen Neuigkeiten:
Er hat seinem Ruf als profitabelster Autohersteller der Welt mal wieder alle Ehre gemacht: Der Sportwagenbauer Porsche hat im abgelaufenen Geschäftsjahr seinen Vorsteuergewinn auf 5,857 Milliarden Euro nach 2,110 Milliarden Euro im Vorjahr gesteigert. Das teilte das Unternehmen heute nach einer Aufsichtsratssitzung in Stuttgart mit.
Dazu beigetragen haben vor allem die Aktionsoptionsgeschäfte und der erfolgreiche Einstieg bei Volkswagen , die allein rund 3,6 Milliarden Euro vom Vorsteuerergebnis ausmachten. Porsche ist aktuell mit knapp 31 Prozent größter Einzelaktionär von Volkswagen. Es wird erwartet, dass Porsche seinen Anteil an Europas größtem Fahrzeughersteller aufstocken wird. Der Europäische Gerichtshof hatte vor kurzem wichtige Teile des VW-Gesetzes gekippt.
Der Konzernjahresüberschuss verdreifachte sich auf rund 4,2 Milliarden Euro (Vorjahr rund 1,4 Milliarden Euro). Porsche hatte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von rund 7,4 Milliarden Euro erzielt - damit lagen Umsatz und Gewinn diesmal nicht mehr weit auseinander.
Morgen will Porsche nun die neue Porsche Holding SE in das Handelsregister eintragen lassen, die neben dem Sportwagengeschäft auch den Anteil an VW hält. Sie ist umstritten, weil sich die VW-Betriebsräte für den Fall einer Übernahme von VW durch Porsche im Aufsichtsrat der Holding unterrepräsentiert fühlen. Obwohl wesentlich größer, sollen VW-Arbeitnehmervertreter dann wie Porsche-Arbeitnehmervertreter jeweils drei Aufsichtsräte stellen. Dagegen hatte der VW-Betriebsrat geklagt, war aber zunächst unterlegen. Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück hatte sich laut der Mitteilung von Porsche in der Aufsichtsratssitzung vom Montag dafür bedankt, dass sich alle Anteilseigner klar für die umstrittene Mitbestimmungsvereinbarung der künftigen Holding ausgesprochen hatten - also auch VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. "Dieses eindeutige Bekenntnis zeigt mir, dass die Vereinbarung den vollen Rückhalt der Familiengesellschafter Porsche und Piëch hat." SPIEGEL ONLINE
Zur Vorgeschichte:
18.08.2007
"Die Porsche-Holding"
"Die Familien Piech und Porsche bündeln ihre Unternehmensbeteiligungen in der Porsche-Holding, die den Clans zu 100 Prozent gehört. Formal ist die Porsche-Holding ein Fahrzeughändler mit Sitz im österreichischen Salzburg. Inzwischen haben die Familien auch ihre VW-Beteiligungen in die Holding integriert. Gewerkschafter befürchten, dass auf diesem Umweg eines Tages die deutsche Mitbestimmung bei Volkswagen ausgehebelt werden könnte."
RP vom 18. August 2007
18.08.2007
"Das Phänomen Porsche - Rund fünf Milliarden Euro hat der Sportwagenbauer sich die Machtübernahme beim Wolfsburger VW-Konzern kosten lassen. Wie kann Porsche einen fünfzehnmal größeren Konzern in die Knie zwingen? Eine Analyse."
Für ihren Anteil von jetzt über 30 Prozent an Volkswagen hat Porsche insgesamt fünf Milliarden Euro auf den Tisch gelegt. Dafür dürfen die Familien Piech und Porsche, denen der Sportwagenbauer gehört, als größter Einzelaktionär jetzt auch in Wolfsburg nach Belieben schalten und walten.
Woher nimmt ein Stuttgarter Familienunternehmen eigentlich das Geld, einen fünfzehnmal größeren Konzern zu kontrollieren? Die Antwort heißt Wendling Wiedeking. Der Vorstandschef hat aus dem einstigen Sanierungsfall Porsche in den vergangenen 15 Jahren den profitabelsten Autobauer der Welt gemacht. Das Rückgrat von Wiedekings Erfolg ist seine äußerst disziplinierte Markenstrategie. …
Porsche kreiert aus bemerkenswert wenigen Zutaten Modellpaletten, für die andere Hersteller ganze Heere von Entwicklern bezahlen.
Beispiel Porsche 911: Zwei Karosserievarianten (Coupé und Cabrio), zwei Antriebsachsen (Heck und Allrad), vier Performance-Varianten (Carrera, Carrera S, Turbo, Turbo S) ergeben zwölf Modelle, die Porsche zwischen 80 000 und über 150 000 Euro verkaufen kann.
Betriebswirtschaftlich brillierte Wiedeking, indem er als einer der ersten Kapazitätsrisiken systematisch an Zuliefer-Firmen ausgelagert hat. Denn nichts ruiniert einen Autohersteller schneller als Überkapazitäten: Die teuren Bänder müssen vollständig rollen. Also baut Porsche vereinfacht gesagt nur das selbst zusammen, was so gut wie immer gebraucht wird. Die meist ausländischen Partner „atmen“ hingegen die Kapazität. Geht die Nachfrage nach einem Fahrzeug einmal zurück, bleiben die Partner auf ihren Fixkosten sitzen – nicht aber Porsche. Der Cayenne zum Beispiel wird zu zwei Dritteln im Ausland gebaut. Im Leipziger Porsche-Werk erfolgt praktisch nur die Endmontage. Mit dieser internationalen Arbeitsteilung – dort die Produktion, hier die Veredelung – kann Porsche zudem die Kostenvorteile der Produktionsverlagerung ins Ausland nutzen. … RP vom 18. August 2007 Herr Dudenhöfer hat das mal genau ausgrechnet, sagt aber über den Cayenne-Deal auch nichts. Von dem weiß der ehemalige Chef der Salzgitter-AG, Herr Selenz, was, aber der verklagt immer den Piechund den Wulff und war auch mal bei Schills PRO. Und Schill ist ja auch wieder da, während Marrakesch-Wolfgang längst weg ist (Ende Januar 2007 verließ Bernhard den VW-Vorstand und arbeitet seitdem als Berater für Cerberus Capital Management, das sich im Mai eine 80-Prozent-Mehrheit bei Chrysler sicherte), und Volkerts und Gabriel sind auch weg, während Osterloh noch da ist. Jedenfalls behauptet der Selenz, das Ganze hinge mit dem Cayenne-Deal zusammen:
Osterloh weiß inzwischen, das Geld, mit dem Porsche VW kauft, stammt von VW. Von den VW-Werkern selbst erarbeitet. VW baut für den Konkurrenten Porsche den Geländewagen Cayenne. Für Porsche war dies technologisches Neuland. Neben dem Wissen fehlten 1999 auch
die finanziellen Mittel für ein solches SUV-Projekt. Das gibt Hück offen zu. Der Porsche- Cayenne basiert auf der Plattform des VW-Touareg. Gebaut wird er in Bratislava. Selbstverständlich auf einer VW-Anlage. Nur Reifen und Motor installiert man in Leipzig. Ein gigantisches Täuschungsmanöver - nicht nur für die Porsche-Kunden. Aber extrem profitabel. In der Slowakei zahlt Porsche nur 1/6 der deutschen Löhne. Bei einem Cayenne Turbo S verbleiben somit bis zu 50.000 Euro Profit in der Porsche-Kasse. Osterloh weiß, dass es für VW strategisch sinnvoller und außerdem sehr viel profitabler gewesen wäre, den hochpreisigeren SUV ebenfalls im VW- Konzern zu belassen. Z. B. bei der VW-Tochter Audi. Die Milliardengewinne wären so bei VW geblieben. Nun kauft sich Konkurrent Porsche mit den Milliarden, die von VW stammen, nicht nur bei VW ein. Das Weltunternehmen VW wird sogar zur Porsche-Filiale degradiert. ... Im Aufsichtsrat begleiteten auch die jeweiligen Ministerpräsidenten den für den Konzern extrem schädlichen Cayenne-Deal. Bar jeder Managementerfahrung dürfen sie dort dilettieren.
Find ich spannend: vielleicht kriegt ja noch mal jemand raus, wie die Re-Privatisierung des KdF-Konzerns gelaufen ist und wer alles daran beteiligt war. Immerhin weiß man so schon mal, dass ein mit einem Preis von 61 000 € ausgezeichneter Durchschnitts-Cayenne nach gängigen Kalkulationsmethoden zu Fertigungskosten von 34 000 € hergestellt wird. Da Porsche einen Fertigungsanteil von 12% nennt, kommen also 30 000 € des Cayennes aus Bratislava und 4 000 € aus Leipzig.
Hat Dudenhöfer ausgerechnet, aber wie stellten wir kürzlich fest:
Die Werte der Waren sind direkt proportional den auf ihre Produktion angewandten Arbeitszeiten und umgekehrt proportional der Produktivkraft der angewandten Arbeit: Karl Marx: Lohn, Preis und Profit ...
Aktuell 15.11.:
Volkert sagt im Prozess, was auch schon in der ARD-Dokumentation dazu (wen es interessiert: dort anzufordern: das Sendemanuskript als .pdf!) zu hören war: Piech war's ...
Im Leipziger Porsche-Werk produzieren die Angestellten nach FOCUS-Informationen für einen Hungerlohn den Luxusgeländewagen Cayenne. Ein Porsche-Manager fürchtet um das Image der Nobelkarossen.
Nach FOCUS-Informationen verdienen die rund 140 Mitarbeiter, die die Luxusgeländewagen herstellen, zwischen 750 und 1000 Euro netto im Monat. Sie sind unter anderem für die Logistik in der Fabrik zuständig und unterstehen der Schnellecke-Unternehmensgruppe, die dem Wolfsburger Oberbürgermeister Rolf Schnellecke gehört. Porsche will nun gegen die Firma des CDU-Politikers vorgehen. Der Sportwagenhersteller befürchtet massive Imageverluste durch die Schnellecke-Gruppe, deren Hauptkunde Volkswagen ist und die von Porsche den Logistik-Auftrag für Leipzig erhielt. In Stuttgart ist von „Dumpinglöhnen“ und „Knebelverträgen“ die Rede. Porsche gilt als ein beliebter Arbeitgeber mit den höchsten Gehältern und Erfolgsprämien in der Branche.
Aufgeschreckt wurden die Stuttgarter durch einen Brief der Schnellecke-Betriebsräte aus Leipzig, die sich über „gravierende Probleme hinsichtlich der Mitarbeitermotivation“ beklagten. In dem Schreiben an Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück hieß es: „Ausschlaggebender Punkt ist die geringe Bezahlung durch die Schnellecke GmbH Leipzig.“ Festangestellte bei Schnellecke bekämen monatlich zwischen 900 und 1000 Euro, Leiharbeiter zwischen 750 und 850 Euro netto bei einer 38-Stunden-Woche. Einem FOCUS vorliegenden Arbeitsvertrag zufolge beträgt der Stundenlohn für einen Leiharbeitnehmer 5,77 Euro brutto. Durch eine Zulage von 0,84 Euro kommt er auf 6,61 Euro pro Stunde.
via arbeit3000.blog
Und: Porsche stärkt Schnellecke den Rücken
11. Dezember 2008
Die Vorwürfe gegen die Wolfsburger Unternehmensgruppe Schnellecke, die in einem Magazinbericht über Zeitarbeiter im Porsche-Werk Leipzig erhoben wurden, werden von den betroffenen Unternehmen zurückgewiesen. In einem Gespräch mit Rolf Schnellecke, Oberbürgermeister der Stadt Wolfsburg und Gesellschafter des gleichnamigen Unternehmens, konnten Porsche-Vorstandsvorsitzende Dr. Wendelin Wiedeking und Konzernbetriebsratsvorsitzender Uwe Hück die Missverständnisse ausräumen.
Wiedeking erklärte, dass die Schnellecke bei Porsche einen guten Ruf genieße und ein verlässlicher Partner sei. Das Vertrauen in die Wolfsburger Logistikfirma sei ungebrochen, weshalb man sich auch von der öffentlichen Diskreditierung des Gesellschafters und Oberbürgermeisters Schnellecke distanziere. Selbstverständlich würden sämtliche Verträge erfüllt.
Der Wolfsburger Oberbürgermeister hat Vorstand und Aufsichtsrat von Porsche eingeladen, die Stadt zu besuchen, um die historische Verbundenheit zwischen Porsche und Volkswagen vor Ort zu demonstrieren.
2009:
Na dann, mal sehen, wer am 23.07. noch alles kommt ....
24.07.09 OKW-Fanfare: Der Konzern, wie der Führer ihn sich vorgestellt hat, ist geschmiedet! Fuck GM and Toyota!
Vor der Abreise ein bescheidenes Zwischenfazit:
Ich will ja gar nicht Recht haben, aber meine Ideen zu Schaeffler, Schickedanz, Opel und Porsche waren so daneben nicht .... Keep an Eye on Summer!!!!
"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt."
Charles Lewinsky, Der A-Quotient
Wise Man Says II
"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater."
Frank Zappa
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