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Archäologie (CCXXIV): In diesen Tagen vor 47 Jahren

Oct 13, 1965, The Who recorded 'My Generation'.

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'My Generation' was named the 11th greatest song by Rolling Stone on their list of the 500 Greatest Songs of All Time and 13th on VH1's list of the 100 Greatest Songs of Rock & Roll. It's also part of The Rock and Roll Hall of Fame's 500 Songs that Shaped Rock and Roll and is inducted into the Grammy Hall of Fame for "historical, artistic and significant" value. High praise indeed. And it deserves it; the song is 3.19 of pure energy and attitude. (From The Vaults)

Dem ist ja unbedingt zuzustimmen, aber nun behauptet die Quelle, die Aufnahme sei in den Pye Studios, London gemacht worden. Die reklamieren das aber gar nicht für sich und thewho.com stellt klar, das die Aufnahme in den IBC Studios entstand:
UK: Brunswick 05944 Released: 29 October, 1965 Highest chart position: #2 US: Decca 3187 Released: 20 November 1965 Highest chart position: #74 MY GENERATION written by Pete Townshend Produced by Shel Talmy Recorded at IBC Studios, 13 October 1965 SHOUT AND SHIMMY written by James Brown Produced by Shel Talmy Recorded at IBC Studios, London, 12 April 1965 In the US the B-side was OUT IN THE STREET (subtitled YOU’RE GOING TO KNOW ME)written by Pete Townshend Produced by Shel Talmy Recorded at IBC Studios, London, 12-14 April 1965

... Aber fast alle Netz-Quellen übernehmen die Pye-Legende! - Das müsste musikgeschichtlich unbedingt mal klargestellt werden! Man stelle sich vor, das ginge so auch noch in die KernCurricula des Musikunterrichts ein und die Schülerinnen und Schüler würden für das Bundes-Musik-Zentralabitur Falsches lernen!

Shel Talmy hat i. Ü. die besten Rock-Alben der 60er Jahre produziert, u. a. my all time favourite album The Kink Kontroversy.

... Ich weiß nicht, ob ich schon erzählt habe, dass ich 1970 Keith Moon's Freundin im Bumpers Club in London Feuer gegeben habe! Offenbar hatte Keith kein Feuerzeug dabei, sonst wäre es ja zu diesem legendären Kontakt nicht gekommen.

Und lebend gehn wir nicht mehr aus der Welt

Died before he got old: Am 10. Oktober ist der Hamburger Musiker und Künstler Nils Koppruch (geb. 25.10.1965) gestorben.
Er hat mit diesem Lied ein wunderbar freundliches Vermächtnis hinterlassen.



Kirschen (wenn Der Sommer Kommt) :

„Herein“ steht an der Falltür
und „Willkommen“ sagt der Hai
es ist eine sonderbare Welt.
Du kannst in goldenen Schuhen durch die Gegend gehen,
und niemand sieht dir zu wenn du hinfällst.
Du kannst den Horizont in jeder Richtung sehen,
oder suchst den Boden ab nach Geld.
Manchmal steckst du fest und glaubst du kommst nicht wieder frei
und manchmal geht der Weg sich wie von selbst.

Jeder Tag ruft deinen Namen
ich wünsch' Glück an allen Tagen,
nichts ist besser als eine Liebe auf der Welt.
Kirschen gibt's an Sommertagen nur solang die Bäume tragen
und lebend gehen wir nicht mehr aus der Welt

Ich wünsch' dir alle Tage dass dein Licht hell brennt,
und einen der dich auffängt wenn du fällst.
Im Sommer einen Baum der voller Kirschen hängt
und einen den du liebst in dieser Welt.
In diesem Jahr gibt's Kirschen wenn der Sommer kommt
und wenn du deine Augen offen hältst,
kannst du dir die besten von den Bäumen nehmen.
Und lebend gehen wir nicht mehr aus der Welt.

In diesem Jahr gibt's Kirschen wenn der Sommer kommt
und bis zum Abend scheint die Sonne hell.
Ich kämm' dir deine Haare unterm Junimond,
du bist geboren in diese Welt.

CRISIS , WHAT CRISIS ? (LX): Box 1.1 - Neu berechneter Multiplikator von Veränderungen der Staatsausgaben - Ziegenpeter oder Tölpel?

... Von anderer, ebenfalls autoritativer Stelle wird die bisher verfolgte Politik der Krisenbekämpfung durch scharfe Austerität plötzlich hinterfragt. Das Eingeständnis des Internationalen Währungsfonds (IMF), dass der in Prognosen verwendete Multiplikator von Veränderungen der Staatsausgaben deutlich höher als bisher angenommen ist, wird von einigen Marktkommentatoren als aufsehenerregend – in der Formulierung von Steen Jacobsen von der Saxo Bank sogar als die wichtigste Makro-Geschichte des Jahres – bewertet. Beträgt der fiskalische Multiplikator nicht wie bisher verwendet 0,5 – das heisst, bei einer Kürzung der Staatsausgaben um 1% fällt das Bruttoinlandprodukt um 0,5% –, sondern bewegt er sich in Wahrheit in einer Bandbreite von 0,9 bis 1,7, dann rücken Austeritätsprogramme in ein neues Licht: Bei einem Multiplikator von über 1 wird Austerität zur falschen Medizin, denn die Wirtschaft schrumpft rascher als der Staatshaushalt, und die Schuldenproblematik verschärft sich. Die Gefahr einer Abwärtsspirale haben zwar einige Ökonomen und Marktkommentatoren häufig betont, aber Worte des IMF haben grösseres Gewicht.
In der Sicht von Marc Chandler, Währungsstratege bei Brown Brothers Harriman, verändert die vom IMF-Chefökonomen Olivier Blanchard angestellte Neuberechnung des Multiplikators das Gleichgewicht zwischen Schuldnern und Gläubigern massgeblich. Der IMF habe sich hinter die verschuldeten Staaten gestellt. Diese Neuorientierung zeige sich auch in der Empfehlung von IMF-Chefin Christine Lagarde, die Gläubigerländer sollten die Austeritätspolitik nicht überziehen und den Schuldnerländern einen längeren Zeithorizont zugestehen.

Austeritätspolitik in neuem Licht - NZZ

Ein schönes Beispiel für die verheerenden Folgen der Mathematisierung der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die gerade unten im letzten Eintrag angesprochen wurden: Was man schon lange wissen konnte, wird erst, wenn der Laden schon gegen die Wand gefahren ist, wahrgenommen, wenn von autoritativer Stelle, d.h. von einem Berechner, ein Faktor korrigiert wird!!!
Jede rationale Argumentation, wie - um nur ein Beispiel zu nennen - die von Heiner Fassbeck seit Jahre vorgetragene, wird ignoriert und dann rechnet einer und selbst der letzte Döllmer, z. B. ein Steen Jacobsen von der Saxo Bank [erkennt das] sogar als die wichtigste Makro-Geschichte des Jahres.
    Ooh baby, ich habe heute die wichtigste Makro-Geschichte des Jahres entdeckt. Der Faktor bewegt sich in Wahrheit in einer Bandbreite von 0,9 bis 1,7. - Oh ja, zeig mir den Faktor. Ich will den f****** Faktor sehen, aber steck mich nicht mit Mumps an ...
Infrage gestellt worden ist plötzlich von sachkundiger Seite auch die Fähigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB), die angekündigten unlimitierten Käufe von Staatsanleihen bedrängter Euro-Staaten tatsächlich umzusetzen. Lee Buchheit, Partner der Kanzlei Cleary Gottlieb Steen & Hamilton, und Mitu Gulati, Professor an der Duke Law School, argumentieren, dass der Kapitalmarkt die Bereitschaft der EZB zu unlimitierten Käufen gnadenlos testen könnte, falls sie die Schleusen ihres OMT-Programms öffnen muss. Es könnte zu heftigem Tauziehen zwischen den Märkten und der EZB kommen ... George Magnus von der UBS... bezeichnet die überbordende Notenbankliquidität als ansteckende Krankheit, als Mumps (most unusual monetary policies). (s. o. NZZ)

What the f******* hell are all these autoritative Stellen talking about?
Mumps oder Rubula (Parotitis epidemica, Salivitis epidemica), umgangssprachlich Ziegenpeter oder Tölpel, ist eine ansteckende Virusinfektion, welche die Speicheldrüsen und andere Organe befällt. Neben Kindern können sich auch empfängliche Erwachsene infizieren. Sie hinterlässt in der Regel eine lebenslange Immunität und gehört daher zu den klassischen Kinderkrankheiten. Häufige Komplikationen sind Hirnhautentzündung (Meningitis) und bei Jungen eine Hodenentzündung (Orchitis). Letztere kann zu Unfruchtbarkeit führen. Die Behandlung besteht in der Linderung der Symptome. (!?)



Update:
Zu den autoritativen Stellen und der Rolle der Medien aktuell im Bankhaus Rott&Meyer: Das große Bröckeln

Update 05.11.:
Es dauert, aber so langsam spricht es sich herum: Der IWF-Chefökonom sorgt für Aufregung (TagesAnzeiger)
    Viele hundert Seiten in insgesamt drei Studien hat der IWF Ende September präsentiert. Bis heute sorgt eine nur drei Seiten umfassende Box für Aufregung.

    Der Titel von Box 1.1 auf Seite 41 im ersten Kapitel des «World Economic Outlook» des Internationalen Währungsfonds (IWF) trägt den technischen Namen: «Are We Underestimating Short Term Fiscal Multipliers?». Verfasst wurde sie – und das ist aussergewöhnlich – gleich vom Chefökonomen des Fonds, Olivier Blanchard, und einem weiteren Ökonomen selbst, was auch explizit erwähnt wird.

    Konkret geht es um ein auf den ersten Blick kompliziertes Konstrukt: Fiskalmultiplikatoren.

    Diese Multiplikatoren zeigen, wie stark eine Veränderung der staatlichen Ausgaben oder Einnahmen (durch Steuersenkungen oder -erhöhungen) das Wirtschaftswachstum gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) beeinflussen. Sie gehen auf den Ökonomen John Maynard Keynes zurück. Wenn ein Multiplikator zum Beispiel grösser als 1 ist, dann wirkt sich eine Erhöhung der Staatsausgaben in einer überproportionalen Zunahme des BIP aus. Eine Sparmassnahme wirkt sich entsprechend überproportional in einer Schrumpfung der Wirtschaftsleistung aus. Wie ist das möglich? Ausgaben des Staates (oder Steuersenkungen) erhöhen die Einkommen, was zu Zweitrundeneffekten führen kann. Wer die Mittel erhält, gibt sie weiter aus und erhöht damit wieder die Einkommen von anderen usw. Genau so geht es aber auch in die andere Richtung. Wenn der Staat spart, schrumpft das Gesamteinkommen, so lange der Multiplikator grösser als null ist – ist er grösser als 1, schrumpft das Gesamteinkommen (bzw. das BIP) sogar überproportional. Je höher also der Multiplikator ist, desto schlechter lassen sich Austeritätsmassnahmen – harte sofortige Sparmassnahmen – rechtfertigen. Und solche Massnahmen sind überall ein Politikum ersten Ranges.

    Nun zum Inhalt der IWF-Box: Sie besagt, dass der IWF die Mulitplikatoren in seinen früheren Prognosen deutlich unterschätzt habe. Während die bisherigen Schätzungen von einem Multiplikator von rund 0,5 ausgegangen sind, schätzt der Fonds diese laut der Box neu auf Werte zwischen 0,9 und 1,7.

Archäologie (CCXXIII): Adorno - Rundfunkinterviews / Bertolt Brecht's Audio Works

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Ich empfehle mit No. 7 zu beginnen: Ungeheuer aktuell! Ich wollte den Eintrag zunächst For Collectors Only: nennen; das wäre aber irreführend gewesen! - Wobei ein Hinweis angebracht ist: Wenn von Verwaltung die Rede ist, ist nicht primär die durch staatliche Apparate gemeint, sondern wesentlich die von der ökonomischen Sphäre ausgehende, deren Funktion die staatlichen Apparate sind (vgl. Horkheimer in Teil 1 bei ca. 9'15ff.)!! D. h. potentielle Leser mit postmodern-neoliberaler Staatsphobie werden hier nicht auf ihre Kosten kommen. Was nicht heißen soll, dass sie sich das nicht anhören sollten ... Wir sehen ja am unten folgenden Beitrag, dass gerade failing states, die zu weiterer Entstaatlichung gezwungen werden, starke Apparate unterhalten müssen ...
Wenn ich diese über 50 Jahre alte Diskussion höre, muss ich zu dem Schluss kommen, dass wir schonmal weiter waren, Gesellschaft und Individuum zu verstehen, - als heute mit mathematisierten Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und sich BILD-gebender Verfahren bedienender Hirnforschung!!

Ein schönes Beispiel sind die Forschungsergebnisse der heute bekannt gegebenen Wirtschaftsnobelpreisträger (obwohl der Preis ja eigentlich so nicht heißt ...):
    Die Ökonomen erforschen seit Jahren, wie Märkte funktionieren, vor allem, wenn kein Geld im Spiel ist. Ein Beispiel für einen solchen Markt ist das Hochschulsystem, wo oft eine begrenzte Zahl von Studienplätzen einer gewissen Zahl an Bewerbern gegenübersteht.
    Während Shapley das theoretische Grundgerüst lieferte, hat Roth in den vergangenen Jahren seine Forschung dazu genutzt, Märkte so auszugestalten, dass sie das bestmögliche Ergebnis liefern.
    Roth, der an der Harvard Business School in den USA lehrt, war zum Beispiel am Aufbau eines Tauschmarktes für Spendernieren beteiligt.
Zum ersten Fall ist sagen, dass die Annahme ja niedlich ist, dass eine gewisse Zahl an Bewerbern am Markt auftritt; zum zweiten könnte man anmerken, dass die Forscher einen Tauschmarkt für SpenderNieren falsch modellieren, weil sie das Wesen des Tauschs nicht begriffen haben. Da hätten sie gar nicht nach Göttingen gehen müssen ... Was das Wesen der Ökonomie angeht, könnte Brecht helfen:

Zugabe: Bertolt Brecht's Audio Works A sweep of recordings and interpretations of Brecht's plays and speeches, both historical and contemporary. Includes Brecht singing two songs from "Die Dreigroschenoper" (rec. 1928/29), his testimony before the House Un-American Activities Committee (1947), plays by the legendary Berliner Ensemble from the mid-50s, as well as archival radio plays of Brecht's work including "The Resistible Rise of Arturo Ui," "Mr Puntila & His Man Matti," "In The Jungle of Cities," "The Life Of Galileo,"The Trial of Lucullus," "A Respectable Wedding," "Schweik in the Second World War," and "The Threepenny Opera." [MP3]


UbuWeb | Fall 2012

Ich nehme mal an, dass das alles copyrightmäßig in Ordnung ist. Andernfalls werden die Hinweise natürlich sofort gelöscht! - Wie unten das Brecht-Gedicht!

Folter aktuell: In der EU??

Greek anti-fascist protesters 'tortured by police' after Golden Dawn clash
Fifteen people arrested in Athens says they were subjected to what their lawyer describes as an Abu Ghraib-style humiliation
guardian.co.uk, Tuesday 9 October 2012

Vom Leben nach der Folter: Jean Améry zum 100. Geburtstag

Dass die Folter das fürchterlichste Ereignis sei, das ein Mensch sich bewahren könne - dieses kompromisslose Urteil stammt von Jean Améry, dem belgischen Schriftsteller österreichischer Herkunft. Nach seinen qualvollen Erfahrungen als KZ Häftling während der Zeit des Nationalsozialismus stellte er immer wieder fest, in der Welt nicht mehr heimisch werden zu können.
Aus Anlass des hundertsten Geburtstags von Jean Améry ein Essay von Astrid Nettling zum Thema "Vom Leben nach der Folter" (im dlf am 14.10. /hier zu hören)

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... Als "Ausweis" die Häftlingsnummer 172.364, die bleibend auf seinem linken Unterarm eintätowiert ist. Eine bloße Erfassungsnummer - kein Name, keine Herkunft, keine Zukunft, wie es die Vernichtungsmaschinerie des NS-Regimes vorgesehen hatte. Er ist zweiunddreißig Jahre alt, als er sich nach "642 Tagen in deutschen KZ-Lagern" in seiner von der Gestapo leergeräumten Brüsseler Wohnung wiederfindet ...
"Die Hölle, das sind die anderen", hatte Jean-Paul Sartre zugespitzt - Améry weiß dies zu bestätigen, aber ebenso weiß er, dass wir uns als Menschen immer auch in der Erwartung und im Vertrauen darauf begegnen,
    "dass der andere auf Grund von geschriebenen oder ungeschriebenen Sozialkontrakten mich schont, genauer gesagt: dass er meinen physischen und damit auch meinen metaphysischen Bestand respektiert".
"Weltvertrauen" nennt es Améry, diesen Kredit, den wir uns als soziale Wesen gleichsam unbesehen auf Treu und Glauben wechselseitig einräumen. Von Vertrauen, einem "schwer zu fassenden, aber grundsätzlichen Vertrauen in das Menschliche aller Menschen", hat auch Hannah Arendt gesprochen, ohne das menschliches Miteinandersein schlechterdings nicht möglich ist...
    "Um dieser oder jener zu sein, brauchen wir das Einverständnis der Gesellschaft. Wenn aber die Gesellschaft widerruft, dass wir es jemals waren, sind wir es auch nie gewesen."
Und wenn diese Gesellschaft wiederum ihren Widerruf nicht zurücknimmt, bleibt dieser oder jener der von ihr Hinausgestoßene und seine Heimkehr etwas, was eigentlich nicht vorgesehen war - auf beklemmende Weise bezeugt durch die Häftlingsnummer auf dem linken Unterarm. "Mir ist nicht wohl in diesem friedlichen, schönen, von tüchtigen und modernen Menschen bewohnten Lande", heißt es in seinem Essay "Ressentiments".

Gemeint ist Deutschland, durch das er während der 50er-Jahre einige Male reist. Ihm ist nicht wohl in dieser "mustergültigen Sauberkeit", unwohl ebenso unter den aufgeräumten Landesbewohnern, mehr als unwohl bei Gesprächen wie dem mit einem süddeutschen Geschäftsmann, der ihn davon zu überzeugen sucht, dass es Rassenhass in seinem Land nicht mehr gebe. Das deutsche Volk trage dem jüdischen nichts nach; als Beweis nannte er die großzügige Wiedergutmachungspolitik der Regierung.

Améry muss erfahren, dass abermals die Gesellschaft dabei ist, ihm und seiner Geschichte allen Grund und Boden zu entziehen. Man will von der "elenden Odyssee" durch "Tortur und Lagerhaft" im Grunde nichts wissen - "Objektive Wissenschaftlichkeit hat aus der Beobachtung von uns Opfern in schöner Detachiertheit bereits den Begriff 'KZ-Syndrom' gewonnen" -, ebenso ist die gesellschaftliche Nachkriegswirklichkeit längst auf kollektives Vergessen des Gewesenen ein- und ausgerichtet.

Wo also das deutsche Volk dem jüdischen nichts mehr nachträgt, da, so Améry, scheint er als Jude und Opfer an "geschichtlich schon abgeurteiltem Hass" festzuhalten, wenn er bekundet, dass er zur Minderheit derer gehört, die da nachtragen - die "hartnäckig Deutschland seine zwölf Jahre Hitler" nachtragen und ihr Ressentiment weder loswerden können, noch wollen...

Während einer Lesereise findet die Frage "Weiterleben - warum?" am 17. Oktober 1978 in einem Hotel in Salzburg ihre definitive Antwort. "Es ist nicht leicht, aber dennoch die Erlösung", heißt es im Abschiedsbrief an seine Frau. Seine Urne - bittere Ironie der Geschichte - wird in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof in Wien beigesetzt. Auf dem Grabstein ist neben dem Namen sowie den Geburts- und Sterbedaten seine Häftlingsnummer 172364 eingraviert. Ein biografisches Kürzel, das alles enthält. In seinem Essay "Über Zwang und Unmöglichkeit, Jude zu sein" hatte Jean Améry geschrieben:
    "Ich trage auf meinem linken Unterarm die Auschwitz-Nummer; die liest sich kürzer als der Pentateuch oder der Talmud und gibt doch gründlicher Auskunft. Sie ist auch verbindlicher als Grundformel der jüdischen Existenz. Wenn ich mir und der Welt sage: ich bin Jude, dann meine ich damit die in der Auschwitznummer zusammengefassten Wirklichkeiten und Möglichkeiten."

Bitte lesen und/oder anhören!
Vgl. auch Markus Brunner: „Wer der Folter erlag, kann nicht mehr heimisch werden in der Welt.“ (Jean Améry) – Zur Psychodynamik der Folter und ihren traumatischen Folgen

Ich erinnere mich an eine Podiumsdiskussion mit Améry, Martin Walser und Edgar Hilsenrath zum Neofaschismus - das muss kurz vor seinem Selbstmord gewesen sein - hier in Hannover im Pavillon. Ich habe ihn in Erinnerung als einen stillen, darf man sagen: "feinen" Menschen, der leise, suchend, aber ungeheuer eindrucksvoll vortrug (und auch dem dröhnenden Walser mit seiner Kostüm-Nazi-These nicht ins Wort fiel). Am Büchertisch gekauft und signieren lassen habe ich mir damals "Nacht" von Hilsenrath, bis heute für mich eines der eindrucksvollsten Bücher, - aber leider nichts von Jean Améry signieren lassen ...

Jean Améry im Gespräch mit Ingo Hermann (Aufzeichnung Sommer 1978 ) ... leider nicht ganz vollständig.

Archäologie (CCXXII): The Bitter Years Are Back

The Bitter Years gilt als legendär, aber kaum ein heute noch Lebender hat die Ausstellung gesehen. Das soll sich nun ändern. Exakt 50 Jahre nach der Schau in New York hat die Ausstellung ein neues Zuhause erhalten: In einem alten Wasserturm in Dudelange, eine halbe Stunde südlich der luxemburgischen Hauptstadt, wird sie nun dauerhaft gezeigt – so, wie es der ausdrückliche Wunsch von Steichen selbst war.
Damian Zimmermann - Die mageren Jahre sind zurück
Umzug der legendären Fotosammlung "The Bitter Years". Vom Museum of Modern Art in New York nach Luxemburg (im FREITAG)

bitter-years

Edward Steichen - THE BITTER YEARS:
1935-1941
Rural America Seen by the Photographers of the Farm Security Administration

... sollten Sie unbedingt ansehen. Zimmermann ist unbedingt zuzustimmen: The Bitter Years ist vor allem ein sehr eindrückliches Beispiel für eine humanistische Dokumentarfotografie, die gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Krise berührt.

Sticks: When those drums go boom boom boom ...

Sticks

Weshalb man Doom and Gloom anhören sollte: ein unglaublicher Drum-Track von Charlie Watts (72)



Na gut, jede Menge redundant-albernes "Baby, won't you dance with me" (wer wollte das schon noch) im Text, - aber when those drums go boom boom boom ist das einer der ersten echten Rolling-Stones-Songs seit langem: Sehr hart industrialmäßig abgemischte Stones-Gitarren über Charlie Watts' drivin' Drums. So noch nicht gehört. Kompliment.

Bei dieser Gelegenheit zu erwähnen:
The Rolling Stones & Solomon Burke - Everybody Needs Somebody (Live) - Official
The Rolling Stones Official
2120 South Michigan Avenue:

2120

Shooting Brake - Oder: Fuhrwerke, die man vorhielt, um den Widerstand ungezähmter Pferde zu brechen, und mit denen man zum Schießen fuhr: Holzboden gegen Aufpreis

Break [breɪk] oder gleichlautend Brake nannte man auf englisch früher Fuhrwerke, die man vorhielt, um den Widerstand ungezähmter Pferde zu brechen (to break) und ihren Bewegungsdrang zu bremsen (to brake), damit sie als Arbeitspferde nutzbar wurden. Weil Fuhrwerke dabei leicht beschädigt werden konnten, verwendete man keine, die man für andere Zwecke dringend benötigte. Man versah Brakes allenfalls mit leichten oftmals variablen Aufbauten, die beispielsweise nur dazu dienten, das zur Jagd Nötige mitzuführen. Ein solches Fahrzeug, mit dem man zum Schießen (engl. shooting) fuhr, nannte man (Shooting Brake. wikipedia)

Ich muss gestehen, ich wusste nicht, was ein Shooting Brake ist, aber meine Lieblings-HAZ berichtete am Wochenende: Mercedes-Benz und Porsche haben den Shooting Brake wieder entdeckt und ganz neu interpretiert und das hat meine Neugier geweckt:
Interessant im Hinblick auf den status praesens der herrschenden Art der Warenproduktion finde ich, dass nun schon Fuhrwerke, die man zu Zeiten feudal jagender Aristokraten vorhielt, um den Widerstand ungezähmter Pferde zu brechen, und mit denen man mit dem Nötigsten zum Schießen fuhr, überhaupt und dann auch noch postmodern und postdemokratisch neu interpretiert werden müssen. Das zu leisten wie zu berichten lässt auf große Not schließen und bedarf einer gehörigen Portion marktperverser Energie:

Holzboden gegen Aufpreis
Die lange Liste der Extras enthält auch einen Kofferraumboden aus amerikanischem Kirschbaumholz mit schwarzen Intarsien. Er soll an die Beplankungen einer Luxus-Yacht erinnern. Luxuriös ist auch der Aufpreis, denn zusammen mit dem dafür notwenigen Laderaum-Management-System verlangt Mercedes dafür mehr als 5000 Euro. Optisch mag der Ladeboden ein Highlight sein, der Nutzwert leidet aber: Vom Einkaufskorb bis zum Trolly kullern alle Gegenstände auf dem rutschigen Untergrund hin und her, und zwar deutlich mehr als das bei der mit Teppich ausgeschlagenen Serienvariante der Fall ist. Die Folge sind ziemlich schnell sichtbare Gebrauchsspuren im Holz. Abhilfe schafft entweder die konsequente Nutzung des Laderaum-Management-Systems, welches das Gepäck fixiert, oder aber echte Handarbeit: Mercedes liefert ein Pflegeöl mit, mit dem sich kleine Kratzer problemlos herauspolieren lassen sollen. (heise AUTOS)
- Ich wusste gar nicht, dass der Heise-Verlag auch so niedliche Fahrberichte vertreibt:
Der von uns gefahrene Dreiliter-Selbstzünder säuselt laufruhig und kaum wahrnehmbar vor sich hin. 265 PS und 620 Nm Drehmoment sorgen für kräftigen Durchzug. An Kraft- und Leistungsreserven mangelt es prktisch nie. Die serienmäßige Siebengang-Automatik schaltet samtweich. Der CLS absolviert den Spurt von null auf Tempo 100 in zügigen 6,6 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 250 km/h begrenzt. Den Verbrauch im NEFZ gibt Mercedes für den immerhin 1,9 Tonnen schweren CLS 350 CDI Shooting Brake mit 6 l/100 km an, was einem CO2-Ausstoß von 159 g/km entspricht.

Das ist ein enormer Fortschritt, allerdings:
Die angegebenen Werte wurden nach dem vorgeschriebenen Messverfahren (§ 2 Nrn. 5, 6, 6a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden Fassung) ermittelt. CO2-Emissionen, die durch die Produktion und Bereitstellung des Kraftstoffes bzw. anderer Energieträger entstehen, werden bei Ermittlung der CO2-Emissionen gemäß der Richtlinie 1999/94/EG nicht berücksichtigt. Die Angaben beziehen sich nicht auf ein einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil des Angebots, sondern dienen allein Vergleichszwecken zwischen den verschiedenen Fahrzeugtypen. (Mercedes-Benz Deutschland - Alle Fakten)

Schön finde ich da unter "alle Fakten" auch die Sportpedalanlage aus gebürstetem Edelstahl mit Gumminoppen ! Das klingt zwar mehr nach Beate Uhse als nach Daimler-Benz, aber bei einer PKW-Nachfrage im Krisenmodus muss man sich auf die Marktsegmente mit besonderen Bedürfnissen konzentrieren, in denen i. Ü. die Nachfrager ihre Autos (fast wäre ich versucht zu sagen: und ihre Prostituierten) nicht selber bezahlen ...

Ich schlage vor, Shooting Brake in Die Hitparade der 10 schönsten Ausdrücke aus dem Geld-Sprech (im Seeßlen-Blog) aufzunehmen. Könnte doch auch ein strukturiertes Finanzprodukt sein ... (oder ist sogar eines...)

Fuhrwerke bei GBlog:
Deutsche Unternehmer: Heute: Willi und Fritz, Adolph, Ludwig, Philipp und Jutta
Revisited: Der Frettchen-Cayenne-Krimi
Ekelhafte Kriegspropaganda & Audi Panzerspahwagen
Widersprüche des Systems : Die Krise der Automobilindustie
CRISIS , WHAT CRISIS ? (XLVII): Good News from Greece

DonnerstagsTippS: LA CARAVANE PASSE - T'AS LA TOUCHE MANOUCHE + DONALD FAGEN - SUNKEN CONDOS


LA CARAVANE PASSE Feat. Sanseverino & Stochelo Rosenberg
Auch mal reinsehenhören: La Caravane Passe (feat. R.Wan) - ZINZIN MORETTO

+ Album der Woche beim Freitag: Donald Fagan - Sunken Condos
Sehr gut gemachte Seite mit Hörproben, Videos, Biografie und einem Kapitel mit dem schönenTitel "Verehrungsgründe".

Fagan-NightKönnte von mir sein:
I own his first three solo classics, The Nightfly, Kamikiriad, and Morph The Cat. Combined they are considered The NightFly Trilogy. They are superb recordings with engaging musical scales, tasty lyrics, and top flight engineering production.

Sunken Condos builds on that Fagen sound excellence we’ve come to love and respect. It then expands his music vision to the next level of sophistication with new tapestries and stories that entertain our sensibilities.
(Music of our Heart)


- Ich hätte nur nicht gedacht, dass Nightfly schon dreißig Jahre alt ist !!


"'I'm Not the Same Without You' is a gloss on those anthemic tunes in which the singer tells a story about how she's going to make it through a recent breakup and bravely carry on. I say 'she' because I'm thinking of songs like Gloria Gaynor's 'I Will Survive' or 'These Boots Are Made for Walkin' by Nancy Sinatra," says Fagen. "In 'I'm Not the Same Without You,' the narrator not only survives but rapidly evolves into something a bit more than human – at least in his own mind." (Rolling Stone)

Read more: http://www.rollingstone.com/music/news/song-premiere-donald-fagen-im-not-the-same-without-you-20120917#ixzz29J4Ar4It


+ ein Teaser: am 22.10. erscheint Stephan Eichers neues Album "L'Envolée"

Eric Hobsbawm (1917-2012)

Gegen den Vormarsch in neue Barbareien
Es war in den ersten Tagen eines europäischen Krieges, als der britische Historiker Eric Hobsbawm in Leipzig einen Preis für europäische Verständigung überreicht bekam...

... Es ehrt mich, dass Sie glauben, ich hätte durch meine Bücher der europäischen Verständigung Dienste geleistet, obwohl ich mich als Historiker nur beiläufig mit Europa beschäftigt habe. Es bildet nur einen Teil unseres fast unfassbaren Zeitalters, das ich versuche, als Historiker und als Mensch zu verstehen und verständlich zu machen. Allerdings gehören schon philologisch verstehen, verständlich machen und Verständigung zueinander: denn wie könnte man sich ohne sprachliche und intellektuelle Verständigung an Menschen jenseits der nationalen und kulturellen Grenzen wenden? Was eine Konversation zwischen uns ermöglicht, ist nicht so sehr, dass ich, obwohl Engländer, zu Ihnen in einem allerdings holprigen und aus der fernen Jugend herübergeretteten Deutsch spreche, sondern dass Sie wissen, worüber ich spreche, dass wir uns alle sozusagen im gleichen intellektuellen Raum befinden. Ohne diesen gemeinsamen Raum, ohne die anerkannten Regeln eines gemeinsamen Diskurses, ohne den Teil unserer Identität, der allen Menschen gemeinsam ist, sprechen wir aneinander vorbei. Wie kann man sich mit anderen, ob in Europa oder sonstwo, überhaupt verständigen, wenn man sagt: «Meinem Wesen nach bin ich Kurde oder Serbe oder Schwarzer oder Frau oder Mohammedaner oder Schwuler oder Jude, und wenn ihr nicht meinesgleichen seid, so könnt ihr mich überhaupt nicht verstehen? Ihr wisst einfach nicht, was bei mir los ist. Meine Wahrheit ist nicht die eure.» In unserem Zeitalter der Suche nach einer ausschliesslichen Identität hört man diese Sprache leider zu oft, auch von Intellektuellen, die es besser wissen sollten. Zwischen nicht unmittelbaren Wahrheiten kann es weder Verstehen noch Verständigung geben, sondern bestenfalls nur die gegenseitige Abgrenzung. Und das genügt da nicht.
Ganz besonders nicht, wenn wir eine solche Sprache von den Ideologen und Politikern des Nationalismus hören. Da aber der Nationalismus sich und seine politischen Ziele immer durch Berufung auf die gemeinsame Vergangenheit des betreffenden Volkes legitimiert, sollte er notwendigerweise auf den Widerstand oder jedenfalls die Skepsis der Fachhistoriker stossen. Denn was die Ideologen, die Hetzer und auch die Töter, von der Vergangenheit wissen, kommt letzten Endes von denen, die sie erforscht haben: von Historikern. Ob wir es wollen oder nicht, auf unseren Feldern wachsen die Pflanzen, aus denen nicht nur das Rauschgift des Volkes, sondern auch Sprengstoff hergestellt werden kann...

Dankesrede anlässlich der Verleihung des «Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung» vom 26. März 1999 (Quelle: WOZ)
Hobsbawn-photo-by-Anne-Katrin-Purkiss
Foto: Creative Commons, Quelle: Critical Legal Thinking

Terry Eagleton reviews How to Change the World: Marx and Marxism 1840-2011 by Eric Hobsbawm

Gefährliche Zeiten - Wie kaum ein Zweiter hat der britische Historiker Eric Hobsbawm Entwicklung und Krisenanfälligkeit der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft beschrieben. Von Jakob Tanner (in der WOZ)
Die 2008 durch den Zusammenbruch der Lehman Bank ausgelöste Finanzkrise überraschte Hobsbawm wenig. In einem Interview mit dem Stern sagte er dazu, die Banker haben sich „absolut systemimmanent verhalten. Profit. Gewinn. Maximales Wirtschaftswachstum. Die marktradikalen Theorien sind ja wunderbar - wenn man von der Wirklichkeit absieht. Man konstruiert sich ein System, nennt es Freiheit, und in der Theorie funktioniert es: Jedermann, jeder Mensch, jede Firma sucht für sich den Vorteil, den rational kalkulierbaren Vorteil, und der Markt, jenseits des menschlichen Urteils, regelt alles zum Guten. Eine primitive Ideologie.“
Die Krise als solche war für ihn voraussehbar. Marx hatte sie 150 Jahre zuvor vorausgesagt. Hobsbawm schrieb dazu über das Kommunistische Manifest: „Was 1848 einem unvoreingenommenen Leser als revolutionäre Rhetorik oder bestenfalls als plausible Prognose erscheinen mochte, kann heute als eine knappe Beschreibung des Kapitalismus am Ende des 20. Jahrhunderts gelesen werden.“

Geschichte aus Sicht der Unterdrückten - VON SANDRO ABBATE (critica)

Wovon man möglichst einen Begriff haben sollte

Guido an Hugo

    Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat Venezuelas Staatschef Hugo Chávez zur Wiederwahl gratuliert und den Präsidenten aufgefordert, Verantwortung für das Land zu übernehmen. In dem Votum für Chávez sehe er den Auftrag der Wähler, "die Zukunft Venezuelas verantwortlich zu gestalten", erklärte Westerwelle am Montag. Er erwarte daher, dass Chávez und seine Regierung "nicht nur regional verantwortlich agieren", sondern auch innenpolitisch und wirtschaftlich konsequent die "Herausforderungen anpacken", vor denen das Land stehe... (Die WELT)
Das hätte der Hugo dem Guido seinerzeit mal so schreiben sollen! Womöglich hätte der Guido es sich verbeten, dass ein Hugo etwas von ihm erwartet... Oder wie ist das gemeint?

Ganz offensichtlich hat doch der Souverän, das venezolanische Volk, Verantwortung für das Land übernommen: Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben von Tibisay Lucena, Präsidentin des venezolanischen Wahlrates, bei 81 Prozent!
Das muss einem hiesigen Politiker zu denken geben: Die hohe Wahlbeteiligung hatte zu langen Schlangen an den Wahllokalen geführt - und zu einer Verzögerung bei der Auszählung der Stimmzettel. Chávez hatte erklärt, dass die Wahllokale länger geöffnet blieben, damit alle ihre Stimme abgeben könnten. Nach venezolanischem Recht sind all jene noch wahlberechtigt, die zur Schließung der Wahllokale bereits für die Stimmabgabe anstehen. (tagesschau.de)
Wahrscheinlich ist der Venezolaner - wie der Grieche - einfach zu spät aufgestanden, um rechtzeitig sich anzustellen! Da muss man den Präsidenten schonmal auffordern, nicht nur regional Verantwortung zu übernehmen, - könnte heißen: nicht nur dem massenhaft eigentlich zu spät wählenden Che-affinen Pöbel sich verpflichtet zu fühlen, der dann gleich im Dunkel der Wahlnacht mit seiner Latina Party macht!
In entwickelteren Staaten wählen schließlich nur noch die 50-60%, die wissen, dass innenpolitisch und wirtschaftlich die Herausforderungen konsequent angepackt werden müssen und dass man dazu früh aufstehen muss ... Die Herausforderungen in Deutschland, Europa und der Welt sind viel zu groß, als dass wir uns in Deutschland eine politische Lähmung leisten können. (Guido in BILD, heute)

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Vgl. auch How to ... Wie man ein Centro Financiero Confinanzas kreativ abwickelt: "Torre David/Gran Horizonte"

Ein Schein von Tiefe entsteht oft dadurch, daß ein Flachkopf zugleich ein Wirrkopf ist (III) - und ein Bilderberger: Steinbrück

Nachdem die SPD schon den besten CDU-Kanzler (Helmut Schmidt) und einzigen FDP-Kanzler (Gerhard Schröder) stellte, wird nun also Peer Steinbrück für weitere Abrissarbeiten am Gemeinwohl zur Verfügung stehen. Und da der Pöbel ja eher mit einem Kurzgedächtnis gesegnet ist, listet Duckhome hier einige seiner Heldentaten auf.
Die (zu ergänzende) Liste der grotesken Fehltritte des Herrn S. wird hier auch als .doc zur gefälligen Weiterverbreitung angeboten.
+ Material der NachDenkSeiten zu Herrn S.

Update 07.10.:
Na, jetzt ist ja was los: da geht's dem Herrn S. von der Sozialdemokratischen Partei ähnlich wie der Frau W. aus H.: Gibt man bei google seinen Namen ein, wird einem heute als erstes "Bilderberger" angeboten, gibt man "Steinbrück Knecht" ein, bekommt man 112000 Ergebnisse in 0,24 Sekunden...

Ich darf hier darauf hinweisen, dass ich seinerzeit auf die Final List of Participants des Bilderberg Meetings, St. Moritz, Switzerland, 9-12 June 2011, verwies:
  • ... die geladenen Deutschen: Steinbrück, Peer, Member of the Bundestag; Former Minister of Finance; Nass, Matthias, Chief International Correspondent, Die Zeit; Löscher, Peter President and CEO, Siemens AG; Enders, Thomas CEO, Airbus SAS; Ackermann, Josef Chairman of the Management Board and the Group Executive Committee, Deutsche Bank AG.
[Vgl. heute: Steinbrück: Noch kein Bundeskanzler, aber schon Bilderberger - Marcus Klöckner bei tp]

Im Übrigen geht es nicht um ein feudalistisches Herr-Knecht-Verhältnis der möglichen Abhängigkeit von einzelnen Kapitalisten oder ihren Funktionären, sondern um die vornehmste Aufgabe der Politik, nämlich auszubaldowern, wie man am besten den ideellen Gesamtkapitalisten macht, wie - wenn ich das richtig verstanden habe -der kluge Herr Fülberth (im Freitag) erklärt:
  • ... Als die FDP 2009 ihr Rekordergebnis erzielte, waren die Voraussetzungen für eine Realisierung ihrer Verheißungen – noch weniger Steuern und mehr Deregulierung – aufgrund der Krise des Vorjahres schon entfallen. Das wurde allerdings erst mit den Bankenrettungen der Folgezeit deutlich. Zugleich war klar: Die Entfesselung der Finanzmärkte – beginnend mit der Aufhebung der festen Wechselkurse 1973 und dem „Big Bang“ an der Londoner Börse 1986 – gefährdet auf Dauer die Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems.

    Für eine Teilreform steht nun Peer Steinbrück bereit. Die hohen Renditen, die bislang beim Zocken erzielt wurden, müssen nun eben anderwärts hereingeholt werden: durch weitere Senkung der Lohnstückkosten und der Sozialabgaben, beides günstig für den Export. Dass Steinbrück ein Schröder-Mann* ist, wird ihm dabei nicht schaden...

    Man wird sogar inhaltlich Gefallen an Steinbrück finden: wegen seines Versprechens, die Finanzmärkte bändigen zu wollen. Dies ist ja das Mantra all derer – innerhalb und außerhalb der SPD – die sich der Linken zurechnen. Die antikapitalistische Rhetorik der Feuilletons, die seit Jahren im Schwang ist, ja sogar die Demonstrationen gegen die Welt der Banken – sie werden Steinbrücks Wahlkampf beflügeln, ohne dass er ihren radikaleren Wortführern das geringste Zugeständnis machen muss.

    Weil: Der frisch gekürte SPD-Kanzlerkandidat gehört der IG Bergbau, Chemie, Energie an. Die ist gegen eine umverteilende Steuer- und Abgabenpolitik, die IG Metall letztlich auch. Mit diesen beiden stark an der Ausfuhr orientierten Gewerkschaften wird Steinbrück keine Schwierigkeiten haben. Und: Indem er eine Ampelkoalition nicht völlig ausschließt, ermutigt er die Sponsoren der FDP. Es rentiert sich wieder, in diese so oft totgesagte Partei zu investieren. Dass die SPD sich Steinbrück leisten zu können meint, zeigt, dass sie keine Angst vor der Linkspartei mehr hat...

* Zum Vergleich:
Die Gerhard-Schröder-AG (manager magazin online 09.04.2010)
Spitzenverdiener im Parlament - abgeordnetenwatch.de 08.10.12

Archäologie (CCXXI) / Trash (II): Gesungene Totalitarismustheorie / Right-Wing Pop

janet-greeneAus der Reihe: Die größten Hits des organisierten Antikommunismus - oder The Golden Age of Homeland Security
(von Wenzel Storch vermutlich in einem Atemzug mit Pater Leppichs "Jesus auf der Reeperbahn" genannt!):

Janet Greene, The Anti-Baez during her anti-Communist heyday working for Dr. Fred Schwarz as Music Director at the Christian Anti-Communism Crusade (CACC).
(Oh my Lord, - die gibt's immer noch - also Schwarz seine Cacc!!)

Janet Greene - Fascist Threat mp3

via If Charlie Parker ... Art at 45 Revolutions per Minute #6

Von Janet hat man gar nichts mehr gehört, dabei hätte sie doch eine f******* super-group mit Staff Sergeant Barry Sadler (The Ballad of the Green Berets) gründen können (dem übrigens mit einem f******* Wikipedia-Eintrag gehuldigt wird: Barry hatte früh angefangen, patriotische Songs über das Leben in der Armee zu schreiben. Eins davon war ein Lied über seine Einheit, die Green Berets, die sich durch ihre Härte und Brutalität in Vietnam einen gewissen Ruf geschaffen hatte.
Diesem gewissen Ruf folgend erschoss er 1978 im Streit um eine Frau den Country-Sänger Lee Emerson, was ihm eine mehrjährige Gefängnisstrafe einbrachte. In den 1980er Jahren arbeitete er als militärischer Ausbilder in Guatemala. Dort erhielt er 1988 einen Kopfschuss ....). Da war Janet sicherlich sehr traurig.
(Schöne Formulierung übrigens: Kopfschuss erhalten --- Kopfschuss erhalten, Sergeant? - Yes, Sir! - Wegtreten, Sergeant! - Danke, Sir ... Urrgh, ächz, äggnnn ...)

Update:
Right-Wing Pop - eine interessante Collection by Any Major Dude With Half A Heart:
... The more right-wing you get, the worse the music gets. This lot proves it.... This mix may serve as a companion piece to a fantastic Right-Wing Rock mix posted on the Internet a few years ago by the fine British music journalist Taylor Parkes.

Trash I: Schwarz und Weiß

Archäologie (CCXX) : Lyrik im Simplicissimus: worship oil

Heute aus der Ausgabe vom 11.02.1929

700 Intellektuelle beten einen Öltank an
Von Bertolt Brecht


Ohne Einladung
Sind wir gekommen
Siebenhundert (und viele sind noch unterwegs)
Überall her,
Wo kein Wind mehr weht,
Von den Mühlen, die langsam mahlen, und
Von den Öfen, hinter denen es heißt,
Daß kein Hund mehr vorkommt.

Und haben Dich gesehen
Plötzlich über Nacht,
Öltank.

Gestern warst Du noch nicht da,
Aber heute
Bist nur Du mehr.

Eilet herbei, alle,
Die ihr absägt den Ast, auf dem ihr sitzet,
Werktätige!

Gott ist wiedergekommen
In Gestalt eines Öltanks.

Du Häßlicher,
Du bist der Schönste!
Tue uns Gewalt an,
Du Sachlicher!

Lösche aus unser Ich!
Mache uns kollektiv!
Denn nicht wie wir wollen,
Sondern wie Du willst.

Du bist nicht gemacht aus Elfenbein und Ebenholz,
sondern aus Eisen.
Herrlich, herrlich, herrlich!
Du Unscheinbarer!

Du bist kein Unsichtbarer,
Nicht unendlich bist Du!

Sondern sieben Meter hoch.
In Dir ist kein Geheimnis,
Sondern Öl,
Und Du verfährst mit uns
Nicht nach Gutdünken, noch unerforschlich,
Sondern nach Berechnung.

Was ist für Dich ein Gras?
Du sitzest darauf.
Wo ehedem ein Gras war,
Da sitzest jetzt Du, Öltank!
Und vor Dir ist ein Gefühl
Nichts.

Darum erhöre uns
Und erlöse uns von dem Übel des Geistes
Im Namen der Elektrifizierung,
Der Ratio und der Statistik!


... verdruckste Intellektuelle bei der Verrichtung ihres täglichen kleinen Verrats: Das ist kein schöner Anblick. (GBlog-Archiv).
Nichts wird entschuldigt bei Brecht: Ohne Einladung / Sind wir gekommen.
Einiges wird erklärt: Die fehlende Bereitschaft, die Mühen zu ertragen in den Mühlen zu arbeiten, die langsam mahlen; die Zwänge des Marktes, jeden Tag, um den eigenen Marktwert zu erhalten, den Hund mit neuer Aufregung hinter dem Ofen hervorzulocken, der aber gar nicht vorkommen will, weil er weiß, dass er, lässt er sich hervorlocken, schon damit den Ast absägt, auf dem er sitzt ...
In Zeiten des frühen Fordismus beten sie den Öltank an. Noch vor wenigen Jahren konnte man lesen: Ich bin zwei Öltanks. Das war das alte Wachstumsmodell.
Ist Peak Oil erreicht, das Öl verbrannt, kommt Gott wieder - in postfordistisch reinerer Gestalt : der Finanzmärkte, der reinen Zahl, der Chiffre (aus G - W - G' wird G - G' - G''...), der reinen Abstraktion.
Setzen Sie probeweise einmal dies oder jenes für den angebeteten Öltank ein. Das Gedicht beginnt dann zu arbeiten ...

... und/oder lesen Sie in der neuesten Ausgabe der
real-world economics review - Issue no. 61, 26 September 2012

z. B. den Artikel Degrowth, expensive oil, and the new economics of energy
von Samuel Alexander, download hier oder hier - und dann das Gedicht noch einmal.

energy_forecast
Note: Forecast using energy estimates in Figure 6 divided by UN world population estimates. Amounts before the black line are actual; after the black line are estimates.
Source: Gail Tverberg, OurFiniteWorld.com

Archäologie (CCXIX): Musik im Simplicissimus

Fundstück im Simplicissimus vom 11.02.1929

Parlophon_1929

Parlophon war ein Plattenlabel der deutschen Carl Lindström AG. Anfang des 20. Jahrhunderts begann der gebürtige Schwede Lindström in Berlin mit der Herstellung von Grammophonen und Schallplatten unter dem Markennamen Parlophon.
Später kaufte Lindström andere Firmen hinzu, darunter Odeon, die dann in Deutschland zur Hauptmarke des Konzerns wurde. Während des Ersten Weltkriegs verlagerte das transatlantisch operierende Unternehmen seinen Sitz in die Niederlande. 1927 erwarb das britische Unternehmen Columbia Graphophone Company die Carl Lindstrom Company und damit auch Parlophon.
1931 fusionierte Columbia dann mit der Gramophone Company zur EMI. Parlophone wurde damit ein Sublabel von EMI. Innerhalb der EMI Group veröffentlichte Parlophone vor allem Hörbücher. Dies änderte sich, als der junge A&R-Manager George Martin Anfang der 60er Jahre die Liverpooler Band The Beatles unter Vertrag nahm.
Vor einigen Tagen haben die Kartellbehörden - unter Auflagen - den Verkauf der EMI an Universal genehmigt. Von den vier großen Schallplattenkonzernen, die bislang etwa drei Viertel des weltweiten Tonträgermarkts beherrschen, bleiben jetzt nur noch drei: Warner, Sony und – als unangefochtener Marktführer – Universal.

Du Häßlicher,
Du bist der Schönste!
Tue uns Gewalt an,
Du Sachlicher!

Lösche aus unser Ich!
Mache uns kollektiv!
Denn nicht wie wir wollen,
Sondern wie Du willst.

Parlophone_4359


    Thirsting for some fresh Beatles vinyl? Take a look at this one, then:
    The Beatles Love Me Do Limited Edition 50th Anniversary 7 Inch

parlophone-beatlesOctober 4th 1962 saw a review in trade magazine Record Retailer of a debut single from a new band that was coming out the next day. It read: "A new group from the Liverpool area. Their first record but they already have a strong following and this seems to be the strongest outsider of the week." Love Me Do by The Beatles was released on 5th October 1962 and that band of outsiders were off on their journey that would eventually lead them to conquer the world. Within a week the single entered the UK chart at 49 and it was eventually to go as high as 17 while spending 18 weeks on the chart.

To celebrate this important date in the history of British rock, it looks like we're in for a re-release "replica" of the original single in the original colourful house Parlophone sleeve. The audio is taken from the mono remaster of 2009, and it's a limited edition which will not be re-manufactured.
Tracks
- Side 1 Love Me Do (Original Single Version) (2009 - Remaster)
- Side 2 P.S. I Love You (2009 - Remaster)
Release date will of course be October 5th, 2012.
Found over at WogBlog

Archäologie (CCXVIII): The Beatles Perform Shakespeare



Hat nichts weiter zu bedeuten: via Retronaut

Archäologie (CCXVII): Cover of the Rolling Stone



"The Cover of the Rolling Stone" is a song written by Shel Silverstein and first recorded by American rock group Dr. Hook & the Medicine Show. The song satirizes success in the music business; the song's narrator laments that his band has not been featured on the cover of Rolling Stone magazine despite having the superficial attributes of a successful rock star, including drug usage, "teenage groupies, who'll do anything we say" and a frenetic guitar solo.

Heute ist das einfacher; - mit Funny.Pho.to kommen Sie auf alle möglichen Cover!

GB_Rolling-Stone

Ein Photo, dass nicht nur Cover of the Rolling Stone (gewesen) sein müsste, weil es alles ausdrückt, was RockMusic - oder wie immer Sie das nennen wollen - war:
My old friend Jürgen Rosenthal (Scorpions, Eloy, EGO) 1979 in Holland:

JRo_Holland-79_net
[aus Privatbesitz]

... ließe sich einordnen in die Reihe der großen Bilder ...

Ein Schein von Tiefe entsteht oft dadurch, daß ein Flachkopf zugleich ein Wirrkopf ist (II) : Wallraff 2

... "passend dazu" (Michael Schmidt-Salomon - Respekt? Wovor denn?) meinen die NachDenkSeiten heute verweisen zu müssen auf ein Interview mit Günter Wallraff – “Die Medien mit Religions-Karikaturen überschwemmen” im Tagesspiegel:
    Die muslimische Welt ist in Aufruhr wegen eines Films und einiger Karikaturen. Wie weit darf Meinungsfreiheit gehen? Der Journalist Günter Wallraff spricht darüber im Tagesspiegel-Interview und nimmt Stellung zu Salman Rushdie und Blasphemie. [...]
    Tagesspiegel: Wenn religiöse Leute hochempfindlich sind, ist es dann sinnvoll, noch Öl ins Feuer zu gießen, indem man, wie jetzt die französische Satirezeitung „Charlie Hebdo“, schon wieder Karikaturen von Mohammed abdruckt?
    Wallraff: Solange sich nur einzelne Individuen oder Medien an dieser Demonstration von Freiheit beteiligen, wird nicht viel erreicht. Man müsste im Grunde die Zeitungen, Illustrierten, Magazine jetzt überschwemmen mit Karikaturen – und zwar zu allen Religionen. Das wäre eine deutliche Botschaft. Das würde denen, die es noch nicht begriffen haben, direkt vor Augen führen, dass wir uns nicht einschüchtern lassen. Die Gegner ermüden dann nämlich, denn so viel können sie gar nicht demonstrieren. Sie können nicht täglich gegen alles Aufstände anzetteln, was gedruckt und gesagt wird...
Wo Schmidt-Salomon aufklärerisch differenziert argumentiert, haut Wallraff nur auf die Sahne (DerWesten titelte denn auch WAZ-qualitätsjounalismusmäßig daneben, aber wahrscheinlich treffend: Günter Wallraff fordert viel mehr Mohammed-Karikaturen in den Medien) und mich wundert, dass Müller, Lieb und Berger das nicht merken:
  • Was ist das für ein "wir", das sich nicht einschüchtern lässt - vom "Gegner"?
  • Und was ist das für eine Strategie: Die Gegner ermüden dann nämlich, denn so viel können sie gar nicht demonstrieren. Sie können nicht täglich gegen alles Aufstände anzetteln, was gedruckt und gesagt wird. ??
    Hat sich wahrscheinlich Cameron letztes Jahr auch gedacht, und denken Merkels Spin Doctors jetzt auch über die Demonstrierenden in Athen, Madrid, Lissabon ...
Will sagen: könnte man nicht verlangen, dass zwischen Ursachen und Anlässen versucht wird zu unterscheiden, dass ein Ansatz von Differenzierung gewagt wird:

Die große Mehrheit der muslimischen Weltbevölkerung hat auf das amerikanische Hassvideo nicht mit Gewalt reagiert. Vor Millionen von Fernsehgeräten, in den Höfen unzählbarer Moscheen und an Hunderttausenden Abendbrottischen haben Muslime ihren Ärger, ihre Bitterkeit ausgetauscht, ohne ihre Gefühle instrumentalisieren zu lassen. So ist es in Bosnien, wo ich gerade herkomme. Und so war es damals, in der Karikaturen-Krise: Ich saß im islamischen Norden Nigerias; ein Lehrer lud mich zum Essen ein, er sagte: „Wir sind alle furchtbar verletzt.“ Dann bezahlte er meine Rechnung.

Mehrheiten aber interessieren uns nicht. Fünfhundert radikale Demonstranten in der Zehn-Millionen-Stadt Jakarta: Breaking news! Was wir „die islamische Welt“ nennen, legen wir uns nach Belieben zurecht, genauso wie den westlichen Freiheitsbegriff: Muss ein Jemenite verstehen, warum die US-Regierung jemenitische Hassprediger per Drohne exekutieren darf, während amerikanische Hassprediger die Freiheit der Kunst genießen? ...
Weiterlesen!

Sehr empfehlenswert: Charlotte Wiedemann im Freitag
Muslimische Gesellschaften sind komplex
Wir glauben zu wissen, was Islam bedeutet. Doch selbst viele Muslime wissen das immer weniger - in der Printausgabe unter dem Titel:
Die Unfähigkeit zum Plural


Zu Wallraff: Ein Schein von Tiefe entsteht oft dadurch, daß ein Flachkopf zugleich ein Wirrkopf ist
Anstatt jetzt massenhaft Karikaturen für Wallraff zu zeichnen, sollten "wir" uns nicht einschüchtern lassen und Karlheinz Deschner lesen:
Hauptwerk ist die auf 10 Bände angelegte
«Kriminalgeschichte des Christentums»
von der bisher 9 Bände erschienen sind. --> mehr


"Ich bin Kritiker, auch meiner selbst.
Ich habe ein Schafott in mir."
Karlheinz Deschner

Archäologie (CCXVI): The Wonder City of the Future -Metropolis

Passend zum letzten Eintrag unten: hier
retronaut-logo finden Sie das komplette Programmheft (Englisch) zu Fritz Langs Film:

metropolis-magazine

via Art for Art's Sake

How to ... Wie man ein Centro Financiero Confinanzas kreativ abwickelt: "Torre David/Gran Horizonte"

dezeen_Torre-David_Gran-Horizonte_1

“When you look inside you will find that the apartments are actually like any middle class apartments in the world,” said Urban-Think Tank founder Alfredo Brillembourg at the preview on Monday.
“So this is not a slum; the slum is in your head.”




"Why should the poor live in slums if there are empty offices in the city?" asks Justin McGuirk. The Curator tells us why his Golden Lion-winning installation about a community living in a vertical slum in Caracas could set an example for new forms of urban housing, in this movie (Text und Bilder im Dezeen Magazine):

With the aim of developing the debate over Torre David and similar sites in other cities, U-TT has created this web page to document and encourage a local and global discussion.

Faszinierende Bilder und eine interessante Diskussion, - und eine interessante Perspektive:
Was wäre, wenn der der Torre David zur Ikone der 2010er Jahre würde, wie es die Twin Towers für die 2000er waren? Symbolgehaltsmäßig ist da viel drin: Aus den Ruinen des Casinokapitalismus entsteht Neues ... Teile der Türme wurden nicht mehr glasverspiegelt, aber handwerklich zurückerobert ... community living in a vertical slum.

Hier interessante An- und Aufsichten; - aus einem Reisebericht aus Caracas Atlas Hoods: Venezuela's Skyscraper Slum by Julia King. Das erste Photo ist noch aus der Perspektive des besuchten Onkels im Finanzdistrikt von Caracas gemacht: I went to visit my uncle Gabriel, and let myself into the tower for a little sightseeing:

torre-de-david-carracas2

Aufmerksam geworden auf den Torre David bin ich durch die sehr lesenswerte Reportage "Der Turm" von Peter Burghardt (in der Süddeutschen Zeitung vom 21.09. - no link available).
Schade dass Bolano und Saramago nicht mehr leben; - beide hätten daraus phantastische Erzählungen machen können! Aber vielleicht ... Und könnte nicht der Torre David die Fortsetzung von Saramagos "Das Zentrum" in der Wirklichkeit sein??

Ansonsten: Planet der Slums

Wise Man Says

"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt." Charles Lewinsky, Der A-Quotient

Wise Man Says II

"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater." Frank Zappa

Haftungsausschluss

The music featured on this blog is, of course, for evaluation and promotion purposes only. If you like what you hear then go out and try and buy the original recordings or go to a concert... or give money to a down on his luck musician, or sponsor a good busker, it may be the start of something beautiful. If your music is on this blog and you wish it removed, tell us and it shall be removed.

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