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Stress ohne Grund - Shit I Dont Like

Not my kind of music, aber wenn Sie mal was hören wollen, an das der jüngste, nun indizierte Versuch HipHop aus Deutschland zu machen - textlich und musikalisch selbst nach Genre-Maßstäben äußerst dürftig geraten, eine ausgesprochen hohlbirnige Ansammlung von bemerkenswert schlechten Reimen, unterlegt mit einem Billigsoundtrack, der direkt aus den mitgelieferten Presets des „Magix Music Maker“ stammen könnte - (Spießer With Attitude, FREITAG) - nie rankommen kann:



Wenn Sie das interessiert: Free Download des Albums "Reservation" hier!

Bilderwelten - Weltbilder: Wenn es keine Metzgermeister mehr gibt, könnten Kriegselefanten helfen ...

In Brixen kann man etwas lernen über Weltbilder bzw. darüber, wie man sich ein Bild macht von etwas, von dem man nichts oder nur wenig weiß. Also in der Lage, in der sich die meisten Menschen befunden haben und andauernd befinden: Mach ich mir ein Bild von der Lage in Griechenland oder eines von einem Elefanten (den ich noch nie gesehen habe; - wie ich ja auch nichts weiß über Griechenland). Heraus kommt dies

Elefant_Brixen

... ein Bild, das man
    neben dem Dom (in) dem faszinierendsten Kreuzgang Südtirols bestaunen (kann) - seiner berühmten Fresken und ihrer ungeahnt belehrenden Darstellungen wegen, und weil dort die Brixner Elefantengeschichte beginnt. Damals im 15. Jahrhundert, als diese Wände und gotischen Gewölbe ausgeschmückt wurden, bestand die Bevölkerung - von einer winzigen Oberschicht abgesehen - leider komplett aus Analphabeten. Sie wussten nichts von der Welt, abgesehen von dem, was ihnen jemand gepredigt oder erzählt hatte. Doch wenigstens Bilder konnten sie sich erklären lassen, so etwa in vielen Kirchen die Freskogemälde, die in fortlaufenden Szenen auch ganze Lebensläufe vorstellten. So gedieh der Kreuzgang zu einer Galerie der Wunder: Lebhafte Illustrationen von Engeln und Teufeln, David und Goliath, Tugend und Laster, von Jesus, Maria und Heiligen ohne Zahl dekorieren die Mauern. Dazu irgendwo hoch an der Decke auch ein nie gesehenes Fabeltier, ein schlankes Pferd mit zur Trompete gerolltem Elefantenrüssel, auf dem Rücken ein hölzerner Gefechtsturm mit eisernen Rittern. Und unter dem Bauch hingestreckt ein Verteidiger mit gezackter Lanze, womit er diesen "Pferdefant" gleich tötet und daraufhin selber stirbt, denn das Untier wird zusammenbrechen und ihn erdrücken. Nur intime Kenner biblischer Ereignisse wissen, um welche Episode es sich dabei handelt: die des judäischen Priesters Eleazar, der lange vor Christus in einer Schlacht bei Jerusalem gegen die Syrer einen gewaltigen Kriegselefanten erlegte und dergestalt selbst ums Leben kam. Es war nur so, dass der Freskenmaler Leonhard von Brixen seinerzeit (um 1470) zwar diese Überlieferung kannte, doch keinen Schimmer davon hatte, wie syrische oder makkabäische Krieger gerüstet waren. Und nur vom Hörensagen glaubte er zu wissen, wie Elefanten aussahen. Wenige Sommer später wurde in der benachbarten St.-Leonhards-Kirche von Klerant das Thema sogar erneut variiert; Besucher des Gotteshauses sehen sich deshalb dort einem sehr ähnlichen, nun allerdings mit Helm und Harnisch bewehrten Eleazar gegenüber, wohingegen der "Pferdefant" einen mittelalterlichen Schuppenpanzer trägt. Im nächsten Jahrhundert aber, im Dezember 1551, trabte dann ein leibhaftiges Rüsseltier durchs Eisacktal, so ungläubig angestarrt, als wären grüne Männchen vom Mars gelandet. Seine Eskorte nannte ihn "Soliman" - nach dem allseits gefürchteten türkischen Sultan, dessen Heere gerade Mitteleuropa bedrohten. Der Elefant "Soliman" war aber entschieden friedlicher; er wurde über den Brenner bis nach Wien getrieben, wo er ein Jahr später in der Menagerie des Schlosses Kaiserebersdorf verendete.
(Hamburger Abendblatt 08.06.02)

Die Geschichte des Elefanten Soliman hat José Saramago in seinem letzten, wunderbaren Roman Die Reise des Elefanten erzählt. Der sei zur Lektüre unbedingt empfohlen!

Kfz1 Hier ein Auszug, der in Saramagos einzigartiger Art zu erzählen erkennen lässt, wie Gewalt im Kopf entstehen und wie sie eskalieren kann ...

So kürzlich in Südtirol nahe Fanes von anderen Tieren dargeboten:

Bock

Lohnsklaven in Deutschland (III): Wenn es keine Metzgermeister mehr gibt ...

Am Mittertor in Kelheim findet sich ein Wandbild, das die Gefangennahme der österreichischen Besatzung durch Metzgermeister Kraus am 12. Dezember 1705 darstellt. Das Original des Gemäldes befindet sich im Nationalmuseum in München.

Metzgermeister

Wenn es nun, wie es sich ergibt, kaum Metzgermeister mehr gibt, da die für den täglichen Fraß zu metzgernden Tiere werkvertragsmäßig von osteuropäischen Kolonnen für einen Hungerlohn zerlegt werden - siehe unten -, stellt sich die Frage, wer denn die Vaterstadt bzw. das - land gegen die Österreicher (oder sonstwen) verteidigen soll.

Die Frage ist freilich leicht zu beantworten: Für das Schlachten und Zerlegen eines Angreifers bekommen osteuropäische Kolonnen zwischen 1,02 Euro bis 1,66 Euro. 16 Arbeiter schaffen schätzungsweise 60 Angreifer die Stunde. Da lässt sich der Stundenlohn leicht berechnen. Das ist günstig und solch eine Söldnerarmee würde unseren Haushalt schwer entlasten.

Andererseits: Es dürfte auch die einheimische - oder touristisch kurzfristig zugereiste - Bevölkerung qua Abschreckung durch Bein, Sandale und Hund zur Vertreibung möglicher Aggressoren genügen ...

Bein_Hund

... Was einem bei einem Stadtrundgang so ein- und auffällt ...

Proteste sind zur Zeit nicht zu erwarten ...

Vier Tage vor der Haushalts-Klausurtagung verdichten sich die Anzeichen auf eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für die Lehrer an Gymnasien. Anstelle von bisher 23,5 Stunden in der Woche sollen es künftig offenbar 24,5 Stunden sein. Damit würden in den Gymnasien mehr als 500 Lehrerstellen entbehrlich....
Große Proteste dagegen sind jetzt nicht zu erwarten, denn die Schulferien haben begonnen. Aber bis zum endgültigen Beschluss über den Etat im Dezember vergeht noch viel Zeit, Rot-Grün wird noch manche Demonstration gegen die Pläne aushalten müssen. (wieder die HAZ)

Lohnsklaven in Deutschland (II): HAZ-Hetze

Erstaunlich: 1 x in dieser Woche macht die HAZ mit den Beschäftigungsverhältnissen in der niedersächsischen Fleischindustrie (chicken & chicks) auf, - und dann so:
kindergeld

Na also, - es ist das deutsche Sozialsystem, das die Arbeit in der niedersächsischen Fleischindustrie für Osteuropäer so attraktiv macht!! Wer nutzt denn hier wen aus??
Perfide an gängige Muster anknüpfend verdreht der HAZ-Titel die Verhältnisse und sogar noch die Fakten, die mit Hilfe eines CDU-Landtagsabgeordneten herbeigeschleppt werden:
    „Häufig verpflichten sich die Arbeitnehmer, einer Schlepperfirma eine hohe Provision für eine erfolgreiche Vermittlung ins deutsche Sozialsystem zu zahlen“ sagt Stephan Siemer, CDU-Landtagsabgeordneter aus Vechta. „Dieses Vorgehen ist ein Missbrauch und muss künftig unterbunden werden.“

    Aktuelle Zahlen der Arbeitsagentur in Vechta, die die gesamte Fleischindustrie im Südoldenburger Land abdeckt, bestätigen die Entwicklung. Im Mai 2012 wurden von rumänischen und bulgarischen Antragstellern noch 300 Anträge auf Kindergeld für ihre im Heimatland lebenden Kinder gestellt, ein Jahr später waren es bereits mehr als 600 Anträge. Das ist legal. EU-Ausländer haben als Arbeitnehmer in Deutschland ebenso wie Einheimische Anspruch auf Kindergeld – auch für Kinder, die in einem anderen EU-Staat leben.

    In der niedersächsischen Fleischindustrie arbeiten schätzungsweise bis zu 10 000 osteuropäische Werkarbeiter. Sie sind nicht direkt bei den Schlachthöfen angestellt, sondern bei Subunternehmern, die ihrerseits für Behörden oft schwer zu greifen sind. Auch in der Landwirtschaft, etwa beim Spargelstechen, sind Osteuropäer im Einsatz. „Der Missbrauch von Werkverträgen für menschenunwürdige Arbeit ist nicht erlaubt“, betont Frank Halbsguth von der Agentur für Arbeit in Vechta. Der CDU-Abgeordnete Siemer hat festgestellt, dass immer mehr rumänische und bulgarische Arbeitnehmer beim Finanzamt die Erstattung von regelmäßigen Heimfahrten beantragen und so der Besteuerung entgehen können. Auch dies gehöre zum „Gesamtpaket“, das Schlepperorganisationen den Betroffenen vorab anbieten....
    Gemutmaßt wird, dass viele Osteuropäer zudem illegal als Schwarzarbeiter in Deutschland tätig sind.
600 Antragsteller von geschätzten 10000 Werkvertragssklaven: - das rechtfertigt schon den Generalverdacht der Ausnutzung des deutschen Kindergeldsegens?? (- und wenn nachgeschoben wird, der eben noch zumindest als Abzocke angespielte Anspruch sei "legal", muss man sich als Leser doch wohl fragen, welch Brüssler Idiot uns das denn wieder eingebrockt hat ...)!

Perfider noch ist Siemers und der HAZ' Schuldumkehr: „Häufig verpflichten sich die Arbeitnehmer, einer Schlepperfirma eine hohe Provision für eine erfolgreiche Vermittlung ins deutsche Sozialsystem zu zahlen“ sagt Siemer ...„Dieses Vorgehen ist ein Missbrauch und muss künftig unterbunden werden.“ - Wenn grammatische Bezüge noch gelten, dann sagt der, dass es einen Missbrauch bedeutet, die Verpflichtung einzugehen; - verantwortlich ist also der, der die Provision zahlt! Nicht der Menschenhändler und nicht der Abnehmer der Ware Mensch. Und dann auch noch Heimfahrten , die von der Steuer abgesetzt werden ...

Der Herr Abgeordnete – einer der Abgeordneten mit den meisten Nebenjobs im Niedersächsischen Landtag (Tätigkeiten und Funktionen nach Abschnitt I der Verhaltensregeln) - kennt sich im Übrigen in der Branche aus, ist er doch auch Vorsitzender des Beirates der Nils Bogdol GmbH, Holdorf und deren rayne Freude ist u. a. die "Arbeitnehmerüberlassung" !!
Kann ja nicht schaden, wenn einer seine professionellen Kenntnisse in die Arbeit als Abgeordneter einbringt ...
Ich kenne übrigens den Vorsitzenden des Beirats der FuckMeRunning GmbH in Böckelmömme. Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann ...

Die Story im Ersten: Lohnsklaven in Deutschland - Oder: Von proportionalen zu dialektischen Zuordnungen

Zur Psychopathologie der alten Bundesrepublik: Person und Gewissen

Wenn (mit einem Seminar) eine Bibliothek umzieht, kann vieles nicht mehr mitgenommen werden. Beim Aussortieren fehlt die Zeit sich einzulesen, um zu prüfen, ob Aufheben lohnte. So verschwindet vieles, was wohl nur noch Historiker interessieren würde (in diesem Falle Pädagogik-Historiker mit Forschungsschwerpunkt 50er bis 70er Jahre). Also weg!
Das eine oder andere Buch bleibt länger in der Hand, lohnt einen zweiten Blick, vielleicht einen ins Inhaltsverzeichnis ... Dies aufheben? ... wahrscheinlich eher ein Fall für Wenzel Storch!

Scanx

Vielleicht doch eher dies (erschienen 1961):

Scan3

- da findet sich nämlich folgender Text (S. 332ff. -hier nur Anfang und Schluss, das muss reichen ...):

Am Grabe der Opfer von Brettheim
In dem kleinen Dorffriedhof, auf dem wir uns heute zusammengefunden
haben, wurden einen Monat vor Ende des zweiten Weltkrieges drei Bürger
aus Brettheim, der Bauer Hanselmann, der Bürgermeister Gackstatter und der
Lehrer Wolfmeyer, hingerichtet. Das Todesurteil gegen diese drei Männer
war binnen knapp vier Tagen beschlossen und ausgeführt worden. Das Straf-
verfahren gegen diejenigen, die damals deren Tod beschlossen hatten, dauert
schon fünf Jahre an, und keines der drei Schwurgerichte, die sich mit dem Fall
zu befassen hatten, konnte ein Urteil finden, das die Erregung in der Öffent-
lichkeit beschwichtigt hätte.
Heute wird es in Deutschland nur wenige geben, die nicht anerkennen, daß
Hanselmann, Gackstatter und Wolfmeyer 1945 himmelschreiendes Unrecht
zugefügt worden ist. Die schließlich doch erfolgte Verteidigung des Dorfes
Brettheim war sinnlos, wie letztlich alle Opfer, welche die deutsche Zivil-
bevölkerung und die deutschen Soldaten im vergangenen Kriege brachten,
sinnlos waren. Wenn wir die kriegerische Zielsetzung anschauen, war die
Sinnlosigkeit des Widerstandes in Brettheim - vier Wochen vor dem Kriegs-
schluß - so offensichtlich, daß man es heute nicht mehr versteht, wie damals
noch viele glauben konnten, daß durch Fortsetzung des Widerstandes die
Niederlage Deutschlands verhindert werden könne. ...

Wir alle haben zu danken denen, die ihr Liebstes verloren haben und
seitdem schmerzvoll vermissen. Wir neigen uns in Ehrfurcht vor ihrer Trauer,
und wir wollen ihnen sagen, daß wir brüderlich und schwesterlich mit ihnen
empfinden. Wenn etwas ihren Schmerz lindern kann, dann ist es das Bewußt-
sein, daß in aller Sinnlosigkeit des Geschehens der Sinn nicht verborgen
geblieben ist, daß das Verständnis dieses geheimen Sinnes in der deutschen
Jugend lebt.
Wenn ein Volk von den Mächtigen betört und in die Irre geleitet wird
und wenn es im Verhängnis steht, dann wird die böse gewordene Macht nur
besiegt durch die äußerste Entschlossenheit der Guten, durch ihr Bekenntnis
zu den wahren Werten einer Nation. Dieses ist die eigentliche Lehre von
Brettheim, und dafür danken wir denen, die das Opfer ihres Lebens gebracht
haben.


Der Fall, dem sich der Redner hier widmet, ist vielfach dokumentiert, auch der Prozess gegen den ehemaligen Generalleutnant der Waffen-SS Max Simon. - Was einem beim Lesen der im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg vom 3. Dezember 1960 abgedrucketen Rede den Atem raubt, ist der Name des Verfassers: Es war der der damalige Innenminister des Landes Baden-Württemberg, Hans Filbinger! Jener "furchtbare Jurist", der (neben drei weiteren Todesurteilen, die er als Militärrichter der Kriegsmarine 1943 und 1945 beantragt oder gefällt hatte) am Todesurteil gegen den Deserteur Walter Gröger vom 16. Januar 1945 als Vertreter der Anklage mitgewirkt hatte und der „Leitender Offizier“ des Exekutionskommandos war, das den 22-jährigen Gröger im März 1945 erschoss.
Das alles wurde freilich erst bekannt, als Rolf Hochhuth Filbinger in einem Vorabdruck seines Romans Eine Liebe in Deutschland vom 17. Februar 1978 als „Hitlers Marinerichter, der sogar noch in britischer Gefangenschaft nach Hitlers Tod einen deutschen Matrosen mit Nazi-Gesetzen verfolgt hat“, bezeichnete. Er sei „ein so furchtbarer Jurist gewesen, daß man vermuten muß – denn die Marinerichter waren schlauer als die von Heer und Luftwaffe, sie vernichteten bei Kriegsende die Akten – er ist auf freiem Fuß nur dank des Schweigens derer, die ihn kannten.“
Im Zuge seiner Verteidigung sprach Filbinger gegenüber Journalisten des „Spiegel“ den Satz aus, der bis heute diese Tätergeneration charakterisiert:
„Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein.“
Das alles kann man z.B. hier nachlesen: Der Fall Filbinger - Vortrag von Prof. Dr. Wolfram Wette

Wie aber kann man erklären, wie so einer solche Rede halten kann? Glaubt der auch nur im Ansatz, was er da sagt? Ist er stolz darauf, jetzt den Moralkeulen-Gedenkredner machen zu können, sozusagen angekommen zu sein im neuen Deutschland? Zittert der innerlich? - Um nicht falsch verstanden zu werden, - es geht mir überhaupt nicht um die Befindlichkeit eines Hans F., sondern um eine Erklärung für die pathologische Umdeutung von Wissen und Erfahrung im Sinne einer wahrscheinlich subjektiv völlig hinreichenden vollständigen Entschuldung, - die i.Ü. ein Großteil der Eliten der frühen BRD auszeichnet. Wie funktioniert sowas? Schade, dass die Hirnforscher da nicht mehr herankommen, das wäre mal ein lohnendes Forschungsgebiet gewesen!

Ein schönes Aperçu:
Im Jahre 2000 setzte die damalige Kultusministerin des Landes Baden-Württemberg, Annette Schavan, Hochhuths historischen Roman „Eine Liebe in Deutschland“ als Unterrichtsstoff ab. Das Buch war bis dahin Pflichtlektüre auf dem Lehrplan für das Abitur an allen beruflichen Gymnasien in Baden-Württemberg.
Das wäre doch ein veritabler Rücktrittsgrund gewesen: Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung

Und noch eines zu Hochhuth:
Dass der zuweilen auch nicht ganz dicht in der Birne ist, weiß man, seit er im März 2005 in einem Interview mit der Jungen Freiheit den britischen Publizisten David Irving verteidigt hatte, der mehrfach gerichtlich als Holocaustleugner verurteilt wurde (München 1993, London 2000, Wien 2006) und in Deutschland mit einem Einreiseverbot belegt ist. Hochhuth sagte: „Irving ist ein fabelhafter Pionier der Zeitgeschichte, der großartige Bücher geschrieben hat. Ganz zweifellos ein Historiker von der Größe eines Joachim Fest. Der Vorwurf, er sei ein Holocaustleugner, ist einfach idiotisch!“ Gegenüber dem Berliner Tagesspiegel bekräftigte Hochhuth die Parteinahme einen Tag später. Hier sagte er, dass Irving „sehr viel seriöser (sei) als viele deutsche Historiker“. Irving, mit dem er eine persönliche Freundschaft pflege, sei ein „ehrenwerter Mann“....
Die Farce um das Berliner Ensemble mag durchschauen, wer will: Hochhuth, dessen Stiftung das Haus gehört, hat den Mietvertrag gekündigt. Er zürnt dem Intendanten Claus Peymann, weil der sein Stück "Der Stellvertreter" nicht auf den Spielplan setzt.

Nachbemerkung zum Aufräumen:
Dieses Heft habe ich denn auch nicht wegwerfen mögen:

Scan1

P – 2013 Leaks

P-281x300It’s hard to imagine what P is thinking these days – marketing wise – with his recent spate of leaks, teases and official digital releases. With his new band, the all female trio 3rd Eye Girl, P has embraced yet another in a series of seemingly temporary self-marketing vehicles, this time using a Twitter account and a bare minimal website (HERE) .... But, P has also been using surrogates to leak a number of live tracks and group rehearsals, that show up on quickly announced live streams and third-party YouTube accounts, before disappearing as fast as they appeared. None of it makes much sense, from a marketing standpoint...



Unbedingt mal hier reinhören:

Postcards From Hell

The top ranks of this year’s Failed States Index, prepared by the Fund for Peace and published by Foreign Policy, are depressingly familiar. Perennial stalwarts Chad, Afghanistan, and the Democratic Republic of the Congo have returned, while Somalia has the dubious honor of being the world’s No. 1 failed state for the sixth straight year. - Eventuell müssen Sie sich bei Foreign Policy anmelden, um die Postcards sehen zu können. Das sei hiermit empfohlen!

postcards-from-hell

Die Story im Ersten: Lohnsklaven in Deutschland - Oder: Von proportionalen zu dialektischen Zuordnungen

Spontane Skizze einer Unterrichtseinheit auf der Basis des Kerncurriculums Mathematik (Niedersachsen) mit Fächerübergriff und ausgewiesener Kompetenzorientierung (mE sogar als bundeseinheitliche Abituraufgabe geeignet!):

Probleme mathematisch lösen
Erkunden
einfache vorgegebene inner- und außermathematische
Problemstellungen erfassen, in eigenen Worten wieder-
geben, mathematische Fragen stellen und überflüssige
von relevanten Größen unterscheiden.

[KC Mathematik Niedersachsen Klasse 7 ... zitiert nach Klett]

Schlachthof

Das Problem
Für das Schlachten und Zerlegen eines Schweins in verkaufsfertige Portionen bekommen osteuropäische Kolonnen meist Summen zwischen 1,02 Euro bis 1,66 Euro in deutschen Schlachthöfen. 16 Arbeiter schaffen schätzungsweise 60 Schweine die Stunde. Da lässt sich der Stundenlohn leicht hochrechnen. Die belgische Konkurrenz, die 12,88 Euro Mindestlohn hat, zahlt rund 4,50 Euro pro Schwein.

Die Lösung:
Belgische Betriebe haben damit begonnen, die geschlachteten Tiere in Deutschland zu verarbeiten und dann das Fleisch zu importieren. Trotz der Transportkosten ist das ein Geschäft.

Die zu erkennende relevante Größe erfassen:
Das deutsche Lohndumping ist für einen Teil der Fleischbranche in Europa ein echtes Ärgernis geworden. Die deutsche Fleischindustrie hat einen Aufschwung hingelegt, weil die Unternehmen in der Regel niedrigere Löhne zahlen können als in Nachbarländern.

Das System der Werkverträge sollte mal helfen, Arbeitsspitzen oder spezielle Aufträge zu bewältigen. In der Fleischbranche ist es System geworden. Die zumeist osteuropäischen Arbeiter werden von Subunternehmen angestellt. Sie dürfen maximal nur für zwei Jahre verpflichtet werden, geben den Job kurz vor Ablauf der Frist auf, kehren dann wieder zurück oder werden durch andere Angestellte eines anderen Subunternehmens ersetzt.

In der Schlachtindustrie gehören nach Schätzungen des Vize der Gewerkschaft NGG, Claus-Harald Güster, 'im Schnitt mehr als 50Prozent der Beschäftigten nicht mehr zur Stammbelegschaft. In einzelnen Betrieben beträgt der Anteil der Werkvertragsleute bis zu 90 Prozent'.

Das komplizierte Geflecht der Eignerstrukturen der Subunternehmer hat viele Knoten, und es gibt immer wieder Indizien, dass Fleisch- oder Schlachtkonzerne selbst hinter den Strohmännern stecken. Neuerdings tummeln sich auch Rocker, die früher durch Geschäfte in der Rotlicht-und Türsteher-Szene auffielen, im Fleischgeschäft. In der Regel müssen sie nur erscheinen, um einzuschüchtern. In diesem Geschäft geht es um Gewalt und Angst.


Die Zitate ausweisen: Sozialdumping - ley/SZ vom 24.06.2013; vgl. auch: Hans Leyendecker - Lohnsklaven in Deutschland, ebd. S. 19

Mehr außermathematische Problemstellungen erfassen : "Lohnsklaven in Deutschland" - Montag, 24.06.2013 22:45 Uhr im Ersten
Stundenlöhne von fünf Euro brutto, ungeregelte Einsatzzeiten und Jobs ohne Versicherung: In der deutschen Fleischindustrie werden zahlreiche osteuropäische Arbeiter ausgenutzt, von Betrieben und dubiosen Vermittlungsfirmen. Eine Reportage.


Noch mehr außermathematische Problemstellungen erfassen: dialektische Zuordnungen bei Bertolt Brecht - Die Heilige Johanna der Schlachthöfe

(Verstümmelte) Hörspielfassung der «Heiligen Johanna der Schlachthöfe» in der Aufnahme von Radio Berlin (1932), der Regisseur Alfred Braun wurde u.a. dafür 1933 im KZ Oranienburg inhaftiert.

Dann ist eine Kluft zwischen oben und unten*, größer als
Zwischen dem Berg Himalaja und dem Meer
Und was oben vorgeht
Erfährt man unten nicht
Und nicht oben, was unten vorgeht
Und es sind zwei Sprachen oben und unten
Und zwei Maße zu messen
Und was Menschengesicht trägt
Kennt sich nicht mehr.

Die aber unten sind, werden unten gehalten
Damit die oben sind, oben bleiben
Und der Oberen Niedrigkeit ist ohne Maß
Und auch wenn sie besser werden, so hülfe es
doch nichts, denn ohnegleichen ist
Das System, das sie gemacht haben
Ausbeutung und Unordnung, tierisch und also
Unverständlich.

Weitere Fragen stellen und noch mehr überflüssige von relevanten Größen unterscheiden: Angebot und Nachfrage - Setzen Sie für Reis einfach Fleisch ein!



Interessant in diesem Zusammenhang:
Jürgen Kreft: Realismusprobleme bei Brecht oder: Wie realistisch ist Brechts Realismus? S. 18ff.
Interessant in *diesem Zusammenhang auch:
"Demokratie ist, was die Eliten darunter verstehen" - Elitenforscher Michael Hartmann über den Glauben der Eliten, besser zu wissen, was gut für das Volk ist (Jens Wernicke bei tp)
Interessant in diesem Zusammenhang auch noch:
„Im Schlachthaus“ Lovis Corinth, 1893 - und dazu Wolfgang Sofsky - Todesarten. Über Bilder der Gewalt

546px-Lovis_Corinth_006
    "Und auch die, welche ihnen sagen, sie könnten sich erheben im Geiste
    Und steckenbleiben im Schlamm, die soll man auch mit den Köpfen auf das
    Pflaster schlagen. Sondern
    Es hilft nur Gewalt, wo Gewalt herrscht, und
    Es helfen nur Menschen, wo Menschen sind.“[*]

Von Griechenland lernen ... Wie man einen Staatssender abschaltet (III)

Offener Brief des ehemaligen Nachrichten-Direktors der ERT, Giorgos Kogiannis, an den griechischen Premierminister - Auszüge:
    Herr Premierminister,

    Ich las mit besonderer Aufmerksamkeit Ihren Artikel in der Zeitung “Kathimerini” und fragte mich: Warum wurden Sie plötzlich dermaßen hart zu Ihren “eigenen Kindern”, denen sie seit einem Jahr “in blanko” die ERT überlassen haben?

    Sie fragen, Herr Premierminister, “Kann man Reformen machen, ohne diejenigen zu stören, die es sich bequem gemacht haben?”

    Ich nehme an, Sie beziehen sich auf jene, die entweder Sie selbst oder ihre Wegbegleiter und Regierungspartner untergebracht haben. Sie beziehen sich offensichtlich auf die 30 – in ihrer Mehrheit fürs Nichtstun bezahlten – Sonderberater und Bediensteten in Sonderpositionen, die Sie bereits ab dem ersten Tag Ihres Amtsantritts bei der ERT einstellten.

    Ich nehme an, Sie beziehen sich auf Ihren Trauzeugen Herrn Giorgos Antoniou, dem Sie eine Stelle mit monatlichen Bezügen von 3.500 Euro verschafften.

    Ich nehme an, Sie beziehen sich ebenfalls auf den Trauzeugen des Direktors Ihrer Pressestelle Herrn Giorgos Mouroutis, den Herrn Menelaos Sevastiadis, der ebenfalls 3.500 Euro im Monat erhält.

    Ich nehme an, Sie beziehen sich auch auf die Landsmännin ihres für die Presse zuständigen Ministers Herrn Simos Kedikoglou und Kandidatin – mal mit der PASOK-Partei und mal mit der ND – Frau Matina Retsa, die mit 3.000 Euro im Monat entlohnt wird. Die in Rede stehende Dame ist bei der ERT, von der sie bezahlt wird, niemals aufgetaucht und hebt einfach nur das persönliche Telefon des Herrn Kedokoglou ab, wenn man ihn anruft.

    Ich nehme an, dass Sie sich ebenfalls auf den – zufälligerweise? – aus Messinien stammenden Herrn Stavros Ikonomopoulos, der mit 3.500 Euro pro Monat entlohnt wird.

    Ich nehme sich an, Sie beziehen sich auf den Herrn Manousos Kampanelis, von Beruf Sportlehrer, – ebenfalls zufälligerweise? – aus Euböa stammend und Parteifunktionär des Herrn Kedikoglou, den Sie als Leiter des Büros des geschäftsführenden Vorstands der ERT mit einem monatlichen Gehalt von 3.500 Euro einsetzten. Offensichtlich wurde jemand benötigt, der das “Auge” und das “Ohr” des Ministers in der Unternehmensleitung ist … .

    Sie fragen, Herr Premierminister, ob “man von den Menschen verlangen kann, zuzuschauen wie die um ihn herum Bollwerke der Intransparenz und der Korruption unbehelligt bleiben?”.

    Ich denke, Sie beziehen sich auf die Meldungen, welche Kollegen von mir – als “Beschäftigte der ERT” unterzeichnend – bei dem Staatsanwalt und dem Inspektor der öffentlichen Verwaltung bezüglich der Handlungen der von Ihnen bei der ERT eingesetzten Leitung einreichten. [...]

    Ihre Antworten, Herr Premierminister, zu all diesem wären von besonderem Interesse.

    Giorgos Kogiannis
    Journalist
    ehemaliger Nachrichten-Direktor der ERT
Den vollständigen Brief können Sie lesen im Griechenland-Blog!!
Interessant dort auch: Selbstkritik einer Beschäftigten des Staatsfernsehens in Griechenland
Eine Beschäftigte der geschlossenen öffentlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt ERT geht mit sich ins Gericht, weil sie 150 Euro mehr als vergleichbare Arbeitnehmer verdiente (= 620 Euro netto).

- Von Griechenland lernen .../ Von Deutschland lernen: Wie man stilvoll einen Staatssender abschaltet
- Wie man stilvoll einen Staatssender abschaltet (II): No More Pomp and Circumstance

CRISIS , WHAT CRISIS ? (LXXI): Zur Verflechtung von Finanzmärkten und Politik a. B. Griechenland-"Hilfe"

Nach der aktuellen Attac-Studie sind 77 Prozent der so genannten "Griechenland-Hilfe" in den Finanzsektor geflossen.
Man kann sich mit den Ergebnissen, die von den EU-Verantwortlichen Kern bestätig wurden, gut munitionieren für Debatten (...möchte ich das nicht nennen: in Klassenräumen, im Bekanntenkreis wo auch immer ...). Eine Zusammenfasssung hier:

attac_greece

Seit März 2010 haben die Europäische Union (EU) und der Internationale Währungsfonds (IWF) in 23 Tranchen 206,9 Milliarden Euro für die sogenannte “Griechenland-Rettung” eingesetzt. Wofür diese große Summe öffentlicher Gelder im Detail verwendet wird, dokumentieren die Verantwortlichen jedoch so gut wie gar nicht. Attac hat daher nachrecherchiert: Mindestens 77 Prozent der Hilfsgelder lassen sich direkt oder indirekt dem Finanzsektor zuordnen.

Die Ergebnisse im Detail:

58,2 Milliarden (28,1 Prozent) wurden für die Rekapitalisierung griechischer Banken verwendet – anstatt den zu großen und maroden Sektor nachhaltig umzustrukturieren und die Eigentümer der Banken für deren Verluste haften zu lassen.
101,3 Milliarden (49 Prozent) kamen Gläubigern des griechischen Staats zugute. Davon wurden 55,44 Milliarden verwendet, um auslaufende Staatsanleihen zu bedienen – anstatt die Gläubiger das Risiko tragen zu lassen, für das sie zuvor hohe Zinsen kassiert hatten. Weitere 34,6 Milliarden dienten dazu, die Gläubiger für den Schuldenschnitt im März 2012 zu gewinnen. 11,29 Milliarden wurden im Dezember 2012 für einen Schuldenrückkauf eingesetzt, bei dem der griechische Staat Gläubiger beinahe wertlose Anleihen abkaufte.
46,6 Milliarden (22,5 Prozent) flossen in den griechischen Staatshaushalt oder konnten nicht eindeutig zugeordnet werden.
0,9 Milliarden (0,4 Prozent) gingen als griechischer Beitrag an den neuen Rettungsschirm ESM.

Eine genaue Auflistung der Tranchen, ihrer Verwendung und der Quellen unter: http://www.attac.at/uploads/media/hintergrundmaterial_bailout_deutsch.pdf

“Das Ziel der politischen Eliten ist nicht die Rettung der griechischen Bevölkerung, sondern die Rettung des Finanzsektors”, fasst Lisa Mittendrein von Attac die Ergebnisse zusammen: “Sie haben Hunderte Milliarden an öffentlichen Geldern eingesetzt, um Banken und andere Finanzakteure und vor allem deren Eigentümer vor den Folgen der von ihnen verursachten Finanzkrise zu retten.”

Politik stellt "Rettungspakete" falsch dar
Die weit verbreitete und von europäischen Politikern öffentlich vertretene Position, dass das Geld der sogenannten „Rettungspakete“ den Menschen in Griechenland zugutekommen würde, ist damit widerlegt. Die griechische Bevölkerung muss die Rettung von Banken und Gläubigen vielmehr mit einer brutalen Kürzungspolitik bezahlen, die die bekannten katastrophalen sozialen Folgen hat. ...


Alexander Hagelüken fasste in der Süddeutschen Zeitung vom 10. März 2013 seine Erkenntnisse als leitender Redakteur des Wirtschaftsressorts über Profite der Banken in der Krise zusammen und nannte den Artikel:
Die Blutspur des Geldes
Von Irland bis Spanien, von Großbritannien bis Zypern: Die Banken nehmen mit ihren Problemen ganz Europa in Geiselhaft. Die Steuerzahler blechen dafür - mit 1600.000.000.000 Euro. Die Politik muss sich von dieser modernen Pest befreien.


CRISIS , WHAT CRISIS ? (LXX): Europe’s Social Contract, Lying in Pieces

Viramundo: Gilberto Gil

gilberto-gil

El músico brasileño Gilberto Gil, que asegura que la lucha ha sido la contraparte de su exitosa carrera musical, hace un viaje en la película "Viramundo" para buscar sus orígenes musicales en Brasil, África y Australia.
El documental del cineasta suizo Pierre-Yves Borgeaud, que usa la lente de las comunidades indígenas que luchan para preservar su identidad cultural después de los gobiernos coloniales, se estrenó el sábado por la noche en el festival internacional de documentales "Visions du Reel", en Nyon (Suiza).



Via AfroCubanLatinJazz (leider abgeschaltet!)

Wenn Sie Gilberto Gil noch nicht kannten, empfehle ich hier mal reinzuhören: Gilberto Gil - Drão oder ins aktuelle Album: Estrela von Gilberto Gil oder Piece of Land von Miriam Mekeba (!)

Guantanamo Limbo: Hölle des Vergessens - Oder: Wem gehört eigentlich Guantanamo Bay?

von Marjolaine Grappe, Christophe Barreyre, Emmanuel Charieras - ARTE GEIE / Babel Press – United Kingdom 2013

Guantanamo zu schliessen war eines der Wahlversprechen von Barack Obama. In dem auf einem Militärstützpunkt auf Kuba gelegenen Gefängnis sitzen seit 2002 sogenannte “kämpfende Feinde” der USA ein, wie sie George Bush nach den Attentaten vom 11. September 2001 in seinem ‘Krieg gegen den Terrorismus’ genannt hat.
Usbeken, Syrer oder Algerier. Alle verhaftet aufgrund von Verdächtigungen oder Verleumdungen. Unter ihnen auch pakistanische und afghanische Hirten, die man einfach irrtümlich eingesperrt hat. Mehrere Jahre nun haben diese Männer im Gefängnis auf Cuba verbracht. Umsonst und vergeblich. Auch unter Folter – kein Geständnis. Sie haben nichts, was sie gestehen könnten. Einer nach dem anderen wurden sie in die Freiheit entlassen, ohne Prozess, ohne grosses Aufhebens. Offiziell will Amerika seine Irrtümer nicht eingestehen…

Aber auch heute noch, 11 Jahre nach ihrer Überstellung, warten zig Unschuldige hinter Stacheldraht. Sie sind zu Parias geworden, gebrandmarkt durch ihren Aufenthalt in Guantanamo und müssen in ihren Heimatländern um ihr Leben fürchten. Immer öfter kommt es zu Hungerstreiks in der Haftanlage. Inzwischen sollen 60% der Gefangenen die Nahrung verweigern – um so auf ihre willkürliche Gefangennahme aufmerksam zu machen.

Nach langer Recherche konnten unsere Reporter in Guantanamo drehen und mit Zeugen aus dem amerikanischen Gefangenenlager auf Kuba sprechen.




Nur noch bis zum 24.06. zu sehen bei Arte+7 (ab Min 14:46). Unbedingt ansehen !! - und vgl. auch : Vergessene Kriege und die Meldung von heute: Das US-Verteidigungsministerium beugt sich dem öffentlichen Druck. Erstmals hat das Pentagon eine Liste aller Namen der Gefangenen von Guantanamo vorgelegt. Darunter sind auch 46 sogenannte unbefristete Häftlinge. (SPON)


Wem gehört eigentlich Guantanamo Bay?

Man kann ja der Partido Comunista de Cuba sicherlich so manches vorwerfen. Den Vorwurf, nichts gegen die fortdauernden schweren Menschenrechtsverletzungen in der Guantanamo Bay Naval Base unternommen zu haben, habe ich noch nicht gehört. Immerhin könnte man eine Mitverantwortung annehmen, denn
    In Artikel 1 des Vertrags von 1903 gewährte Kuba tatsächlich die Pacht "für die Zeit, die für die Zwecke einer Bunkerstation und Marinebasis erforderlich ist". Doch in Artikel 3 heißt es: "Während die Vereinigten Staaten die fortdauernde Oberhoheit der Republik Kuba über die oben beschriebenen Land- und Wasserflächen anerkennen, gesteht die Republik Kuba zu, daß die Vereinigten Staaten während der gesamten Zeit der nach den Bestimmungen dieses Vertrags erfolgenden Besetzung der besagten Flächen die vollständige Jurisdiktion und Kontrolle über besagte Flächen und innerhalb dieses Gebiets ausüben."
Wem also gehört Guantanamo Bay, - wer hat die Oberhoheit?

Wikipedia zur (Vor-)Geschichte:
    Am 23. Februar 1903 wurde von der verfassunggebenden Versammlung Kubas aufgrund des Platt-Amendments ein Leihvertrag mit den USA vereinbart. Kuba trat das Gebiet für 99 Jahre ab, wobei es das Recht für die freie Durchfahrt kubanischer Handelsschiffe eingeräumt bekam. Das gepachtete Gebiet ist 117,6 km² groß und heute mit Flughafen und Befestigungsanlagen ausgestattet. Ebenfalls in diesem Vertrag enthalten war ein weiterer Hafen in Bahía Honda, der aber schon 1912 an Kuba zurückgegeben wurde. Bis 1934 bezahlten die USA 2000 US-Dollar pro Jahr als Pachtgebühr.

    GuantanamoIm Jahr 1934 wurde der kubanische Präsident Ramón Grau San Martín abgesetzt, der Vertrag wurde aufgehoben. Nach einer Erneuerung des Vertrages im selben Jahr blieb nur Abschnitt 7 über das Recht der Nutzung der Bucht als Marinestützpunkt erhalten. Weiterhin wurde der Pachtvertrag nachträglich auf unbestimmte Zeit verlängert. Ab dem Jahre 1938 wurde die Pachtgebühr auf 4085 US-Dollar erhöht.

    Seit der Revolution 1959 und der Machtergreifung Fidel Castros akzeptiert Kuba die amerikanische Präsenz auf kubanischem Boden nicht mehr und fordert die Rückgabe der Bucht. Die Pachtzahlungen der USA werden jährlich in Form eines Schecks im Juli zugestellt. Im Jahr 1959 wurde dieser einmal eingelöst. Kuba bestreitet seither die Gültigkeit des geänderten Vertrages, da er durch militärischen Druck zustande gekommen sei, während die USA die einmalige Scheckeinlösung als Bestätigung der Fortsetzung der Pacht ansehen....

    Da Kuba den US-Stützpunkt in den 1960er Jahren vom Strom- und Wassernetz abkoppelte, wird dieser seither von den USA aus mit Schiffen und Flugzeugen versorgt. Um den Verbrauch der Dieselgeneratoren zu senken, wurden im Jahre 2005 vier Windkraftanlagen installiert, die bei Betrieb unter Volllast in der Lage sind, ein Viertel des Spitzenverbrauchs des gesamten Stützpunkts zu decken.[4] Eine eigene Meerwasserentsalzungsanlage produziert Trinkwasser. Ein 28 Kilometer langer Grenzzaun mit 44 Türmen sowie ein Minenfeld umschließen die Bucht.

    Die ursprüngliche militärische Bedeutung des Stützpunktes für die USA als Nachschubbasis für den Kohle-, Wasser- und Munitionsbedarf der Dampfschiffe der US-Flotte ist mit Ende der Dampfschifffahrt nicht mehr gegeben. Die jüngste Nutzung von kleinen Teilen der Basis seit 2002 als Gefangenenlager hängt damit zusammen, dass die zivile Gerichtsbarkeit der USA auf das vom Militärrecht bestimmte Gelände außerhalb des US-Territoriums keinen unmittelbaren Zugriff hat....

    Zwischen 1962 und 1999 wurden 8.262 Verletzungen des kubanischen Hoheitsgebietes und 5.236 "provocaciones" durch "US-Bürger" registriert. Das Militärgebiet war bis Ende 2001 durch einen Vorhang stacheliger Kaktusstauden geschützt. Mitte Januar 2002 wurde ein starker Stacheldrahtverhau gebaut, 28 Kilometer lang, mit 44 Wachtürmen. Rund 4.000 zusätzliche Soldaten schützen diesen neuen Zaun: Offiziell hieß es: "The most recent addition to the base is the Southern Command Joint Task Force Guantanamo. Following the attacks on New York and Washington on September 11, 2001, Joint Task Force 160 returned to Guantanamo Bay to stand up the War on Terrorism Detainee Mission. JTF 160 was later joined by JTF 170 and recently the two forces and their related missions were merged into the current Joint Task Force Guantanamo."
    (zitiert aus: www.usgtmo.navy.mil)

Die Rechtslage um den Stützpunkt der Vereinigten Staaten / Alfred de Zayas (der - das muss erwähnt werden - nicht unumstritten ist ob seiner obskuren Positionen zu Flucht und Vertreibung im Umfeld des Zweiten Weltkriegs; der aber andererseits bei den Vereinten Nationen als Völkerrechtsexperte anerkannt ist) dazu in einem Artikel für die FAZ (!!) aus dem Jahre 2003:
    Seit 1959 behauptet Kuba im bilateralen Verhältnis und vor den Vereinten Nationen, daß die Pachtverträge von 1903 und 1934 nach dem modernen Völkerrecht nichtig seien und Guantánamo "illegal und gegen den Willen des kubanischen Volkes besetzt gehalten" werde. Natürlich hat Kuba keine Möglichkeit, die Vereinigten Staaten aus Guantánamo zu vertreiben. Es kann nur protestieren, und diese Proteste haben völkerrechtlich die Funktion, die Vereinigten Staaten daran zu hindern, den Kubanern eine stillschweigende Zustimmung zu unterstellen. Dadurch ist es den Vereinigten Staaten unmöglich, die Hoheit über das Gebiet mit dem Hinweis auf die Besetzung und ein altbewährtes Recht zu beanspruchen.

    Kuba argumentiert weiter, der Pachtvertrag sei nichtig, weil die Vereinigten Staaten einen schwerwiegenden Verstoß gegen dessen Bestimmungen begangen hätten. In Artikel 1 und 2 des Vertrags ist eindeutig bestimmt, zu welchen Zwecken das Pachtobjekt genutzt werden darf, nämlich "als Bunkerstation und Marinebasis und zu keinem anderen Zweck". Nach Artikel 60 der Wiener Konvention über das Vertragsrecht ist ein Vertrag bei schwerwiegenden Verstößen gegen seine Bestimmungen nichtig. Eine Verwendung des Territoriums als Internierungslager (für knapp vierzigtausend haitianische Flüchtlinge von 1991 bis 1994, später für gut zwanzigtausend kubanische Bootsflüchtlinge) oder als Kriegsgefangenenlager und Verhörzentrum, in dem möglicherweise Prozesse und Hinrichtungen durchgeführt werden sollen, ist offensichtlich unvereinbar mit Ziel und Zweck des Vertrages und stellt einen schwerwiegenden Verstoß dar, der eine einseitige Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kuba rechtfertigt.
Nachzulesen hier - und ausführlicher hier:
Institut für Rechtspolitik an der Universität Trier - Rechtspolitisches Forum:
Alfred de Zayas - Die amerikanische Besetzung von Guantánamo


Will man auf der offiziellen Seite der Guantanamo Bay Naval Base Näheres erfahren, wird man freundlicherweise vom Firefox gewarnt. Das finde ich ganz nett in PRISM-Zeiten; - man weiß ja gar nicht, was die andere Seite einer https-Verbindung bei einem ausliest, wenn der Commander des Navy Installations Command nicht mal ein gültiges Sicherheitszertifikat hat, weil er keine Zertifikatsausstellerkette angibt! Man sollte annehmen, " pw: obama" wäre als Angabe für das Ende der Kette hinreichend vertrauenswürdig gewesen, aber womöglich traut der Commander dem Oberkommandierenden schon nicht mehr:
The entire moral edifice on which Obama built up his presidency and the values he espoused at the core of his "audacity of hope" when he began his long march to the White House five years ago - transparency, accountability, legitimacy, multilateralism, consensus - lie exposed today as a pack of lies. (Asia Times)

Cnic

Ich kenne das Risiko: Im Skandal um die Überwachung des Internets in den Vereinigten Staaten hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die USA vor deutscher Kritik verteidigt. „So geht man nicht mit Freunden um, die im Kampf gegen den Terrorismus unsere wichtigsten Partner sind“, sagte der Minister der „Welt am Sonntag“.
Fuck me running: ... die im Kampf gegen den Terrorismus unsere wichtigsten Partner sind:
Das Außenministerium der USA und die »Agentur der Vereinigten Staaten für Internationale Entwicklung« (United States Agency International Development/USAID) haben für das Jahr 2014 erneut 20 Millionen US-Dollar für Programme zur Herbeiführung eines Systemwechsels in Kuba bereitgestellt.

No Pasarán: Im Sinne eines notwendigen - wenn auch historisch nicht mehr begründbaren - Optimismus denn doch noch dieses Lied (unbedingt lesen: Was hat "Guantanamera" mit Taliban und Al Quaida zu tun? in: Matices -
Zeitschrift zu Lateinamerika, Spanien und Portugal)
Pete Seeger erkärt's auch nochmal !!

Archäologie CCXLXI: Der 17. Juni 1953

Die dominierende Charakteristik jenes Tages vor sechs Jahrzehnten lautet: Volksaufstand gegen das diktatorische SED-Regime in der Ostzone. Die Hauptbegründung: 701 Städte und Gemeinden waren seinerzeit Schauplatz der Proteste. Das klingt gut. Auch dass 1,2 Millionen Menschen auf den Straßen demonstrierten. Allerdings waren das nur etwa sechs Prozent der damals 18,2 Millionen DDR-Bewohner. In annähernd 1.000 Betrieben wurde am 17. und 18. Juni gestreikt! Sicher beachtlich, aber in den übrigen 19.000 Industriebetrieben ging offenbar alles seinen gewohnten Gang. ...

... drei unterschiedliche Gesichter wies der 17. Juni 1953 auf – Gesichter, die sich im Laufe des Tages ablösten und die zu drei unterschiedlichen Interpretationen der Geschehnisse führten. Die eine verschwand mit dem Ende der DDR, die zweite hat die vergrößerte Bundesrepublik unbesehen übernommen. Zu einer dritten – der von einer Arbeiterrevolte, aus der schon mangels politischer Führer und eines ausformulierten Programms keine Volksrevolution werden konnte – bekennen sich heute viele Zeithistoriker.


Erhellend: Jörg Roesler - Die drei Gesichter - neulich schon im FREITAG und in der aktuellen Ausgabe:
Georg Fülberth -Versunkener Feiertag

... Die deutsche Arbeiterklasse konnte als ebenso zuverlässiger Faktor des Antikommunismus gelten wie das Groß- und Kleinbürgertum. Auch das war Bestandteil der Amerikanisierung der fünfziger Jahre gewesen. Seit der neoliberalen Wende nach 1973 schien diese Klasse nicht mehr so wichtig. Dabei hat sie mehr zum Sturz der SED beigetragen als die Pfarrer und Künstler im Vordergrund: 1989 nicht durch einen Aufstand, sondern dadurch, dass viele Bau- und Fabrikarbeiter via Ungarn der DDR ihre Arbeitskraft entzogen. Der bürgerliche 3. Oktober in Entgegensetzung zum proletarischen 17. Juni lässt das vergessen.
Siehe unten Europe’s Social Contract ...!!!

Vgl. auch 17. Juni 1953 - Sozialrevolte oder deutscher Aufstand? Peter Nowak - Telepolis

Forms & Feelings (V): Stonedance

Stonedance

Gefunden in der Hohwachter Bucht im Juni - Forms & Feelings

CRISIS , WHAT CRISIS ? (LXX): Europe’s Social Contract, Lying in Pieces

By DAVID C. UNGER, foreign affairs editorial writer for The New York Times, visiting Professor at Johns Hopkins University, Bologna and member of Council on Foreign Relations
Published: June 8, 2013
    What began as a debt and currency crisis in the European Union risks becoming a crisis of liberal democracy itself. Four years of grinding austerity across much of the Continent has caused millions of middle- and working-class voters to lose faith in the ability of mainstream political parties to protect their basic interests. It would be a sad paradox if the European movement, conceived in the ruins of fascism and two world wars, and for decades democracy’s best advertisement to the Communist East, undermined its democratic achievements in pursuit of a perverse economic dogma. ...

    The European Union’s recent offer to let Spain, France and five other hard-pressed nations extend their budget-cutting deadlines is not nearly enough. These countries need to stimulate their economies, not merely slow down their economic contraction. (And while it is refreshing that the International Monetary Fund now acknowledges that it underestimated the negative effects of Greece’s first bailout and austerity program, it shows no inclination to reduce the similarly negative effects of the successor program now in place.) ...

    After World War II, Socialist and Christian Democratic parties jointly fashioned safety net programs that reduced poverty, enhanced living standards, reduced inequality and made European social policy the envy of much of the developed world. That social contract now appears to be shredded. ...

    The Germans, too, should be nervous. They have benefited from the austerity policies in a temporary and narrow sense, by reducing the tax burden of bailouts and gaining an export edge from the rest of the euro zone’s weakness. But these policies are perhaps irrevocably changing the Europe that Germans live and trade in. While the debt crisis seems to be in temporary remission for now, the larger crisis of European governance and democracy is visibly deepening.

    In the decades after the First World War, most continental European governments responded to economic crisis with variants of austerity and ended up losing liberal democracy. That is a history that Europe must take care not to repeat.
Via NYT International Weekly - Süddeutsche Zeitung 14.06.

Lesenswert!! Gerade weil Unger kein Linker ist, sondern ein klassischer Liberaler, der vom Standpunkt der parlamentarischen Demokratie, aber auch von dem eines nicht nur formal begriffenen Gesellschaftsvertrages her argumentiert. Vgl. The Emergency State:How to End America’s Obsessive Quest for National Security and Reclaim our Democracy oder auch hier:



Es ist ja nicht zu leugnen, dass das europäische Sozialstaatsmodell der Nachkriegszeit (- wieviel auch immer davon Ideologie war!!), über Integrationskräfte verfügte, deren Notwendigkeit zur Stabilisierung bürgerlich-kapitalistischer Ordnungen vor dem Hintergrund des Scheiterns der Weimarer Republik bzw. der Austeritätspolitiken der 30er/30er Jahre und der Katastrophe des vom faschistischen Deutschland organisierten WK II kaum bezweifelt wurde:
    „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“
    CDU: Ahlener Programm 1947
Das hatte sich dann in dieser (Verbal-) Radikalität schnell erledigt, aber das Problem ist weiterhin virulent, so dass Karl-Hermann Flach 1971 in seiner den Sozialliberalismus theoretisch fundierenden Streitschrift Noch eine Chance für die Liberalen - noch oder wieder - ähnlich argumentiert wie Unger und die CDU von 47; - letztlich in Anlehnung an Rousseau:
    Worin besteht nun das höchste Wohl aller, das der Zweck ... der Gesetzgebung sein soll?
    Es besteht in Freiheit und Gleichheit ...
    Unter Gleichheit ist nicht zu verstehen, dass alle eine durchaus gleichgroße Kraft und einen genau ebenso großen Reichtum besitzen, sondern dass Gewalt nur Kraft Gesetz im Staat ausgeübt werden darf, dass ferner kein Staatsbürger so reich sein darf, um sich einen anderen kaufen zu können, noch so arm, um sich verkaufen zu müssen... Will man dem Staat Bestand verleihen, so darf man weder zu Reiche noch Bettler dulden.
Die sozial-liberalen Knabenblütenmorgenträume währten bekanntlich nicht lange; - Schmidts Immelmann-Turn zur Austeritätspolitik und des Grafen Papier beendet diesen - intellektuell immerhin redlichen - Versuch, Liberalismus im Sinne von Citoyennetée zu denken. Seitdem geben die Liberalen wieder den petit bougeois.
In dem von Unger aufgezeigten historischen Kontext erweist sich denn auch die historische Mission der Sozialdemokratie als accomplished (vgl. auch Wolfgang Streeck: Das Ende der Nachkriegsdemokratie) und insofern ist es nur konsequent, wenn diese sich nach 150 Jahren abschaltet mit diesen Herren und dem Herrn S., der einen Kandidaten macht, der aktuell von einem abgehalfterten BILD-Mann gecoacht wird, der bis zum letzten Sonntag noch Lobbyist bei der Firma Deutsche Annington war* .

150-jahre-spd-056

Und so mag denn der Festakt in Leipzig durchaus erinnern an die letzten Sendeminuten des DFF am 31.12.1991!!

* Nachtrag zu Rolf Kleine: Jeder Euro ist zu schade! ... für die Griechen, - so der Kampagnenchef des Kandidaten seinerzeit in dem Drecksblatt. [Via Michalis Pantelouris: Für diesen Text bin ich aus der SPD ausgetreten.] Ich hätte dem Kandidaten ja den Jan W. Schäfer (Ran an die Jobs!) empfohlen! Das wär tabubruchmäßig für ehemalige Stammwähler noch schwerer zu verkraften; aber vielleicht gewinnt man ja - wenn die sowieso nicht mehr wählen gehen - den einen oder anderen ehemaligen FDP-Wähler: Projekt 18% ...

"Schüler als kognitive Mastschweine" - Zur Kritik der PISA-Vermessung des Menschen

Auf ihrem Gewerkschaftstag vom 12. bis 16. Juni wird die Bildungsgewerkschaft GEW auch darüber diskutieren, was von den PISA- und ähnlichen Studien zu halten und ob diesen zukünftig vielleicht sogar mit genereller Ablehnung zu begegnen ist. Telepolis sprach hierzu mit Wolfram Meyerhöfer, Professor für Mathematikdidaktik an der Universität Paderborn, der derlei "Vergleichsstudien" seit langem kritisiert und die gewerkschaftliche Auflehnung hiergegen wissenschaftlich fundiert und unterstützt hat.
Auszuge aus dem sehr lesenswerten Interview:

Sie wollen doch aber nicht bestreiten, dass ein Test besser als eine Schulnote ist?

Wolfram Meyerhöfer: Doch. Nur ist der Testwert anders problematisch als eine Note und zudem kein bisschen aussagekräftiger. In Bezug aufs Menschenmessen stellt sich die Frage aber noch anders. So ist es die eine Sache, dass wir mit Noten Menschen selektieren, um Zukunftschancen nach den Kriterien der Institution Schule zu vergeben. Dafür hat man sich halt entschieden, wenn man Lehrer wird. Es ist aber eine völlig andere Sache, wenn wir alles Kognitive und Seelische auf eine Zahlenskala pressen wollen. Das gilt insbesondere, wenn Schüler keine Möglichkeit haben, sich diesem Vermessen zu entziehen. Letztlich degradieren wir unsere Kinder mit derlei Verfahren zu kognitiven Mastschweinen.

Wir entmenschlichen sie also durch Verfahren, die ihren, man muss schon sagen, "gesellschaftlichen Wert" umso höher einstufen, umso weniger sie faktisch selbstständig, individuell, kreativ, ja, schlicht Kinder sind. Und das ist es, dieses Denken, was die PISA-Macher unserem Bildungssystem in Summe als neue Doktrin einverleiben und dabei euphemistisch "Qualität" oder ähnlich nennen, wobei sie im Hintergrund vor allem einen Bildungsmarkt im bisher noch staatlich geschützten Segment vorbereiten, also auf eine noch weitere Ökonomisierung von Bildung und Individuen abzielen. Umgekehrt muss man aber doch zugeben, dass PISA endlich die Debatte um die soziale Selektivität des Bildungssystems in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt hat.

Wolfram Meyerhöfer: Nein, das ist nichts weiter als ein Marketing-Märchen. Die soziale Selektivität des Bildungssystems ist seit Jahrzehnten bekannt, die hat man mit den im Schulsystem vorhanden Daten schon lange aufzeigen können. In der ersten PISA-Runde ging es auch nicht um soziale Selektivität, sondern um angeblich schlechte deutsche Schul-Leistungen. Diese wurden ertestet, indem man Tests mit in Deutschland völlig fremden Aufgaben konstruierte.

Nachdem man mit dieser Skandalisierungsstrategie PISA als bedeutsam konstruiert hatte, brauchte man für die zweite Runde dann einen neuen Skandal. Da hat man sich auf die soziale Selektivität gestürzt und alte Hüte als vermeintliche Neuigkeiten vermarktet. Die dritte Runde im Jahr 2009 wurde dann kaum noch zur Kenntnis genommen, denn alle verfügbaren Skandale waren bereits verbraucht. Zudem werden inzwischen auch die Testwerte besser, denn mittlerweile wird in Schulen zunehmend auf PISA-Aufgaben hin unterrichtet.

Sie bleiben also dabei, was Sie auch bereits zusammen mit dem Landesverband Hessen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erklärt haben: "PISA ist der falsche Weg!"? Zu welchen Konsequenzen aber führt das dann?

Wolfram Meyerhöfer: PISA konnte deshalb so viel Reformdruck in die falsche Richtung, nämlich jene von Ökonomisierung und Standardisierung von Bildung entfalten, weil es seit langem eine riesige Unzufriedenheit mit dem Schulwesen gab und gibt. Schule entkleidet die bildsamen Gegenstände von nahezu allem Bildsamen und unterrichtet das, was übrig bleibt. Mathematik, Literatur oder Geografie sind faszinierend, solange sie keinen Eingang in ein Klassenzimmer finden. Langeweile, Frust und die Wut des enttäuschten Geistes nähren daher jede Schulschelte. Entsprechend wurde die PISA-Beschämung begrüßt. Dabei wurde dann nur leider übersehen, dass PISA gar keinen Weg aufzeigt, um den bildsamen Gegenständen im Unterricht wirklich Raum zu verschaffen...


Vgl auch:
- Kompetenzgehirnwäsche: Machtausübung durch Individualisierung und
- Diagnostik für lernwirksamen Unterricht: What Dubs Can But Data Can't Do

Wie man stilvoll einen Staatssender abschaltet (II): No More Pomp and Circumstance

Dass man heutzutage einfach abschaltet, hat vermutlich mit einem Wechsel der Inszenierungsweise staatlicher Machtausübung zu tun. Die Technokraten der Troika brauchen und verlangen keine pomp-and-circumstance-Inszenierung, der kalte TINA-Marktlogik-Sachzwang reicht völlig aus:

Fahr' wohl, mein wiehernd Roß und schmetternd Erz,
Mutschwell'nde Trommel, muntrer Pfeifenklang,
Du königlich Panier, und aller Glanz,
Pracht, Pomp und Rüstung des glorreichen Kriegs! –
Und o du Mordgeschoß, des rauher Schlund
Des ew'gen Jovis Donner widerhallt,
Fahr' wohl! Othellos Tagwerk ist getan! –

Othello:
O farewell,
Farewell the neighing steed, and the shrill trump,
The spirit-stirring drum, th' ear-piercing fife;
The royal banner, and all quality,
Pride, pomp, and circumstance of glorious war!
And O you mortal engines, whose rude throats
Th' immortal Jove's dread clamors counterfeit,
Farewell! Othello's occupation's gone.
Othello Act 3, scene 3, 350–357

If there were one speech that revealed Othello's "tragic flaw," this would be it. The noble Moor, who has led a life of astounding exploits and military glory, has ultimately staked his self-image and peace of mind on his marriage to a Venetian woman of privilege. When the villain Iago craftily persuades Othello that his wife has been unfaithful—a highly improbable event—the general bids farewell not just to marital bliss, but to his livelihood ("occupation"). No longer, he cries, can he experience "all quality,/ Pride, pomp, and circumstance of glorious war!"

Othello obviously isn't talking about his high school graduation. "Pomp and circumstance" (and "quality" and "pride") are the glories and ceremonies of warfare. In war's splendid rituals, Othello has forged his identity. Although we often use "pomp and circumstance" negatively, to denote affectation and overwrought exhibitionism, the Renaissance would have been more generous: pomp and circumstance were considered inherent, positive duties of the exalted classes.


No more pomp and circumstance as inherent, positive duties der herrschenden Klassen: es reicht die schlichte Hosenanzug-Inszenierung des Merkelianismus.
Ein bisschen schade und fade ist das schon, weil die "Pomp and circumstance"-Inszenierung ja immer auch etwas Anrührendes hatte (- das Massenornament der deutschen Faschisten ausdrücklich ausgenommen!).
Ein schönes Beispiel ist Edward Elgars Pomp and Circumstance March no.1 in D major - hier von ihm selbst dirigiert at the opening of the Abbey Road Studios, London, on November 12 1931 (!!) - und bis heute gespielt bei der Last Night of the Proms ( ('Land of Hope and Glory')!!



Ein anderes schönes Beispiel ist die Hymne of the Soviet Union, original 1984 promotional version played by USSR TV for many years. (Fully restored, converted to stereo and widescreen.)
Dass sie nicht mehr gespielt wird vom USSR TV, liegt wohl erstmal daran, dass auch dieser Staatssender abgeschaltet wurde, zum anderen aber wohl auch daran, dass solche Inszenierung von Herrschaft obsolet geworden ist. Wo wir sie noch sehen, empfinden wir sie als albern und aus der Zeit gefallen. Das ist einerseits sicherlich gut, andererseits kann man fragen, welche Integrationskräfte Herrschaftsverbände überhaupt noch haben ...



Es lohnte, den Clip einmal genauer zu analysieren. Mein Eindruck: brillant gemacht im Hinblick auf das Wort-Ton-Bild-Verhältnis, -nicht zu vergleichen mit den hilflos-doofen Social-Marketing-Kampagnen wie "Du bist Deutschland" o. ä. - Das ist eben der Unterschied zwischen P&C und PR!




Im Übrigen ...
kann Georg Seeßlens vorzügliche Definition nicht oft genug wiederholt werden:

Merkelianismus besteht aus einfachen Grundzutaten: Erzeugung eines Nebels von Harmonie, egal wie erkauft, gelogen, geträumt. Darunter: Stärkung der staatlichen Gewalt, Polizei, Überwachung, Militär, Geheimdienst. Darunter: Abbau des Staates als fürsorgendes und beschützendes Instrument der Gemeinschaft, Übereignung des Geschehens an die großen Spieler des Marktes. Darunter (und da schließt sich der Kreis): Erzeugung eines neuen Wir-Gefühls, in dem die Politik des Neoliberalismus als Schicksal angesehen wird, dem gegenüber nur familiäre Wärme und gleichzeitig Härte helfen kann.

Wise Man Says

"Es gibt so viele Arschloch-Typen wie es menschliche Funktionen, Tätigkeiten und Interessengebiete gibt. Und auf jedem Gebiet kann das Verhältnis von AQ zu IQ ein anderes sein. Kein noch so kopfdenkerisches Verhalten bei einem Thema bietet Gewähr dafür, dass nicht schon beim nächsten der Arschdenk mit voller Wucht einsetzt." Charles Lewinsky, Der A-Quotient

Wise Man Says II

"The illusion of freedom will continue as long as it's profitable to continue the illusion. At the point where the illusion becomes too expensive to maintain, they will just take down the scenery, they will pull back the curtains, they will move the tables and chairs out of the way and you will see the brick wall at the back of the theater." Frank Zappa

Haftungsausschluss

The music featured on this blog is, of course, for evaluation and promotion purposes only. If you like what you hear then go out and try and buy the original recordings or go to a concert... or give money to a down on his luck musician, or sponsor a good busker, it may be the start of something beautiful. If your music is on this blog and you wish it removed, tell us and it shall be removed.

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