Gotenhafen revisited - ein Seelischer Stunt
Vorbemerkung: Aus aktuellem Anlass wird hier ein Eintrag vom 6.4.07 wiederverwertet. Die Lohnschreiber verwerten ja auch ihre Wiederverwertung der ZDF-Pressemappen anlässlich der Ausstrahlung wieder! Dass sich seitdem nichts geändert hat (wie auch?), beweist Grimm heute: Es war die größte Katastrophe der Seefahrtsgeschichte und lange Zeit eine kaum vernarbte Wunde in der Seele der Deutschen, ein deutsches Trauma, das bisher erst einmal verfilmt wurde („Nacht fiel über Gotenhafen“ von 1959) und dann 2002 wieder ans Licht geholt wurde durch Günter Grass’ Novelle „Im Krebsgang“. Sein Buch löste damals eine überfällige Debatte über Deutsche als Opfer des selbstverschuldeten Krieges aus.
Die „Gustloff“ – das war ein Sehnsuchtsort für Tausende. „Gustloff“ hieß: Die letzte Chance auf Rettung. Ein großer Film hätte das werden können. Doch Regisseur Joseph Vilsmaier, sonst ausgewiesener Fachmann für die Kriegszeit – von „Rama Dama“ (1991) bis zu „Stalingrad“ (1993) und „Der letzte Zug“ (2006) –, lässt die Chance aus, das Schiff als mystischen Ort zu inszenieren, als Ziel von verzweifelten Hoffnungen. Es liegt einfach im Hafen, von der ersten Filmminute an. Schiff als mystischer Ort kommt gut, einfach im Hafen liegen ist doof = Filmkritik. Seinerzeit also schrieb ich:
Gerade bricht die Gräfin auf dem Eis ein (Tabu) und ich denk noch, Ferch spielt den Kapitän der Wilhelm Gustloff, da wird schon wieder endlich ein Tabu gebrochen und
Valerie Niehaus spielt die Marinehelferin Erika Galetschky, Kai Wiesinger den „Gustloff“-Kapitän Hellmut Kehding. (HAZ, 04.04.07)
Und Herr Grimm von der HAZ wird langsam zum Lordsiegelbewahrer des neudeutschen Tabubruchs (oder auch zum Herrn der Minen*):
„Flucht und Vertreibung“ (so der von der ARD ursprünglich geplante Titel) – das ist politisch vermintes Gelände, noch immer. ... (Grimm in der HAZ am 28.02.07)
Jahrzehntelang war das Drama nicht nur „politisch brisant“, wie ZDF-Redakteur Klaus Bassiner sagt. Es war politisch vermint. (Grimm in der HAZ am 04.04.07)
(Langsam schwant mir auch, wer die Minenleger gewesen sein müssen: Wenn Wisbar Nacht fiel über Gotenhafen 1959 drehen und 1960 aufführen konnte, muss das ja in den 60ern passiert sein ... Und seitdem war alles tabuisiert, was deutsches Leid thematisieren wollte: Keine Flakhelfer-Kurzgeschichten von Böll, keine Borchert-Schmonzetten in deutschen Lesebüchern mehr!?** - Nur gut, dass die Vertriebenenverbände über all die Jahre gerettet werden konnten!)
Nun weiß Grimm aber ganz viel über das Projekt, u.a. dass Heinz Schön, der live dabei war und schon Wisbar beraten hat (seitdem gilt der heute 81-Jährige als „Lordsiegelbewahrer der ,Gustloff‘-Geschichte“...), auch diesmal wieder - den Drehbuchautor Rainer Berg - inspirierend tätig war:
„Wir haben viele Tage und Nächte zusammengesessen“, sagt Berg. Die „Gustloff“ sei „der Untergang eines Traumschiffes als Sinnbild für den Untergang des Dritten Reiches“.
Wollen wir an diesen Satz mal ran? Da hat offenbar der alte KdF-Siegelbewahrer dem Berg so zugesetzt, dass ihm Satzbau und alle Metaphern verrutscht sind. Oder- fast wahrscheinlicher - die Tabubrecher denken so:
Einen der Kapitäne, Hellmut Kehding, spielt Wiesinger. „Das ist schon sehr starker Tobak“, sagt der 40-jährige Hannoveraner. „Es gibt Rollen, die spielen sich von alleine. Das ist hier anders.“ „Meine Großmutter hat sich mit meiner Mutter im Arm aus einem unter Beschuss stehenden Zug in den Wald gerettet“, erzählt Valerie Niehaus. „Wir alle haben diese Geschichten in unseren Seelen. Und wir dürfen und müssen uns damit beschäftigen.“ Ein „seelischer Stunt“ sei dieser Film. „Hier geht es um Herz und Mut.“
Stunt kommt aus dem Englischen und heißt soviel wie „besonders geschicktes oder gewagtes Kunststück“. Das Wort ist jedoch schon sehr eingedeutscht und wird vorrangig im Bezug auf Filmaufnahmen verwendet, bei denen die gefährlichen Szenen, die den Stars nicht zugemutet werden sollen, durch Stuntmen oder Stuntwomen erledigt werden.
Es gibt viele verschiedene Arten von Stunts. Die häufigsten sind:
* Stürze, z. B. von Treppen oder Gebäuden
* Sprünge z. B. aus Fenstern
* Inszenierte Kämpfe, auch mit (Schuss-) Waffen...
* Stunts mit Fahrzeugen z. B. Unfälle, Trickfahren
Die Stuntfirmen bieten meist komplette Leistungen an, als sogenannte 2nd Unit (Second Unit).
Seelischer Stunt, Herz und Mut ... so redet sie und so glotzt sie auch, die deutsche Marinehelferin von der Second Unit der Ufa ("inspiring people")
Nachträge:
* Bei "Minen" fällt mir immer Boris Vians "Die Ameisen" ein:
Ich stehe immer noch auf der Mine. Heute morgen sind wir auf Patrouille gegangen, und wie immer ging ich als letzter, sie sind alle daran vorbei gelaufen, aber ich habe das Klicken unter meinem Fuß gehört und bin sofort stehengeblieben. Die Dinger gehen erst los, wenn man seinen Fuß wegnimmt. Ich habe den anderen zugeworfen, was ich einstecken hatte und habe ihnen gesagt, sie sollen weggehen. Ich bin ganz allein. Ich soll warten, bis sie wiederkommen, aber ich habe ihnen gesagt, sie sollen nicht wiederkommen, und ich könnte versuchen, mich flach auf den Bauch zu werfen, aber ich habe Angst, dann vielleicht ohne Beine leben zu müssen. Ich habe nur mein Notizbuch und den Bleistift behalten. Ich werde sie wegwerfen, bevor ich mich auf das andere Bein stelle, und das muß ich, weil ich den Krieg satt habe und weil mir die Ameisen kommen.
[frz: j' ai les fourmilles = mir schläft (hier: das Bein) ein]
Vian verdient eine eigene Würdigung - hier erstmal dieser Hinweis und der Anfang der Geschichte. Ich kann das nicht genau rekonstruieren, aber vermutlich ist diese Geschichte der eigentliche Auslöser für meine Kriegsdienstverweigerung gewesen. Kennen gelernt habe ich Vian durch Werner Rosenthal, den Vater eines Freundes, der ein großer Kafka-Verehrer war und daher den Wagenbach-Verlag gut kannte; - in den 60er Jahren in Schule und Medien eher ein Tabu, Herr Grimm! Vian ist wohl auch ein gutes Beispiel dafür, dass Krieg literarisch anders zu verarbeiten ist als in deutscher Larmoyanz. Aber vielleicht braucht man dafür auch die Gnade der nicht-deutschen Geburt ...
** Jan Philipp Reemstma hat in einem bemerkenswerten Aufsatz (in einem bemerkenswerten Heft : Mittelweg 36 zum Thema "Aspekte der Nachkriegsliteratur", 1992) am Beispiel von Borcherts "Draußen vor der Tür" die adoleszente Geschwätzigkeit und den Kitsch der deutschen Nachkriegsliteratur nachgewiesen. Hier ein Auszug.
NadelUndHirn weist auf einen interessanten Text hin:
Chotjewitz, Peter O.: Mord als Katharsis, in: Kreuzer, Helmut [Hg.]: Emil Ludwig und Peter O. Chotjewitz: Der Mord in Davos. Texte zum Attentatsfall David Frankfurter, Wilhelm Gustloff, Herbstein 1986, S. 119-209.
Rolf Lyssy hatte schon 1974 in «Konfrontation» anhand von Gerichtsakten den Fall rekonstruiert, der 1936 weit über die Schweizer Grenze hinaus Aufmerksamkeit erregte. Der Rabbinersohn David Frankfurter, der sein in Deutschland begonnenes Medizinstudium an der Universität Bern weiterführt, ist bestürzt über die nationalsozialistische Judenverfolgung. Um ein Zeichen zu setzen, erschiesst er am 4. Februar 1936 in Davos den Leiter der Landesgruppe Schweiz der NSDAP, Wilhelm Gustloff. Der Prozess in Chur findet unter starkem Druck aus Deutschland statt. Latenter Antisemitismus durchzieht die Verhandlungen, das Gericht lässt weder politische noch psychologische Motive gelten und verurteilt Frankfurter zu 18 Jahren Zuchthaus und anschliessender Landesverweisung. 1945 erfolgt die Begnadigung, danach wandert Frankfurter nach Israel aus, wo er am Schluss des Films interviewt wird. Er bereut nichts.
Traumschiff in Gotenhafen
Bei Gotenhafen fällt mir ein, dass Robert Harris in "Vaterland" eine Karte des Großdeutschen Reiches in den Grenzen von 1964 hat (... sollten doch die Krim Gotenland und Sewastopol Theoderichshafen heißen... Das war schon so fertig wie die Nummernschilder der DDR-Kreise sofort nach dem Beitritt!)
Harris hatte die geniale Idee, die Geschichte 1942 anzuhalten und ihr eine andere Wendung zu geben, derzufolge die deutsche Wehrmacht nicht in Stalingrad steckenblieb, sondern bis in den Kaukasus und den Ural weitermarschierte. Dort allerdings wird sie in einen aufreibenden, von den Amerikanern unterstützten Partisanenkampf verwickelt. Die europäischen Länder haben längst ihre Souveränität verloren, und was heute als europäische Idee in langwierigen Verhandlungen nur zäh vorankommt, hat Deutschland unter seiner Vormachtstellung schon längst verwirklicht. Im gesamten Reich ist Deutsch Unterrichtssprache, die Reichsmark ist die Einheitswährung und der Volkswagen das Auto für den kleinen Mann. Das Europaparlament hat seinen Sitz in Berlin, wo Albert Speer seine gigantischen Pläne verwirklicht hat und sich das Empire State Building wie Spielzeug ausnimmt. Der St. Peters-Dom, wird dem staunenden Touristen erzählt, paßt sechzehn Mal in den Dom von Speers Großer Halle. (hier weiter zu dem Roman und der Geschichte seiner (fast nicht) Veröffentlichung)
Nachtrag zu der Karte:
Interessant, dass sie den Balkan fast so abbildet, wie er (jedenfalls was Serbien angeht) bald aussieht!
Was die Öffentlich-Rechtlichen so anbieten:
Reich bebilderte Informationen zur Wilhelm Gustloff und ihrer letzten Reise und ihren Passagieren auf den Seiten von Radio Bremen
Die „Gustloff“ – das war ein Sehnsuchtsort für Tausende. „Gustloff“ hieß: Die letzte Chance auf Rettung. Ein großer Film hätte das werden können. Doch Regisseur Joseph Vilsmaier, sonst ausgewiesener Fachmann für die Kriegszeit – von „Rama Dama“ (1991) bis zu „Stalingrad“ (1993) und „Der letzte Zug“ (2006) –, lässt die Chance aus, das Schiff als mystischen Ort zu inszenieren, als Ziel von verzweifelten Hoffnungen. Es liegt einfach im Hafen, von der ersten Filmminute an. Schiff als mystischer Ort kommt gut, einfach im Hafen liegen ist doof = Filmkritik. Seinerzeit also schrieb ich:
Gerade bricht die Gräfin auf dem Eis ein (Tabu) und ich denk noch, Ferch spielt den Kapitän der Wilhelm Gustloff, da wird schon wieder endlich ein Tabu gebrochen und
Valerie Niehaus spielt die Marinehelferin Erika Galetschky, Kai Wiesinger den „Gustloff“-Kapitän Hellmut Kehding. (HAZ, 04.04.07)
Und Herr Grimm von der HAZ wird langsam zum Lordsiegelbewahrer des neudeutschen Tabubruchs (oder auch zum Herrn der Minen*):
„Flucht und Vertreibung“ (so der von der ARD ursprünglich geplante Titel) – das ist politisch vermintes Gelände, noch immer. ... (Grimm in der HAZ am 28.02.07)
Jahrzehntelang war das Drama nicht nur „politisch brisant“, wie ZDF-Redakteur Klaus Bassiner sagt. Es war politisch vermint. (Grimm in der HAZ am 04.04.07)
(Langsam schwant mir auch, wer die Minenleger gewesen sein müssen: Wenn Wisbar Nacht fiel über Gotenhafen 1959 drehen und 1960 aufführen konnte, muss das ja in den 60ern passiert sein ... Und seitdem war alles tabuisiert, was deutsches Leid thematisieren wollte: Keine Flakhelfer-Kurzgeschichten von Böll, keine Borchert-Schmonzetten in deutschen Lesebüchern mehr!?** - Nur gut, dass die Vertriebenenverbände über all die Jahre gerettet werden konnten!)
Nun weiß Grimm aber ganz viel über das Projekt, u.a. dass Heinz Schön, der live dabei war und schon Wisbar beraten hat (seitdem gilt der heute 81-Jährige als „Lordsiegelbewahrer der ,Gustloff‘-Geschichte“...), auch diesmal wieder - den Drehbuchautor Rainer Berg - inspirierend tätig war:
„Wir haben viele Tage und Nächte zusammengesessen“, sagt Berg. Die „Gustloff“ sei „der Untergang eines Traumschiffes als Sinnbild für den Untergang des Dritten Reiches“.
Wollen wir an diesen Satz mal ran? Da hat offenbar der alte KdF-Siegelbewahrer dem Berg so zugesetzt, dass ihm Satzbau und alle Metaphern verrutscht sind. Oder- fast wahrscheinlicher - die Tabubrecher denken so:
Einen der Kapitäne, Hellmut Kehding, spielt Wiesinger. „Das ist schon sehr starker Tobak“, sagt der 40-jährige Hannoveraner. „Es gibt Rollen, die spielen sich von alleine. Das ist hier anders.“ „Meine Großmutter hat sich mit meiner Mutter im Arm aus einem unter Beschuss stehenden Zug in den Wald gerettet“, erzählt Valerie Niehaus. „Wir alle haben diese Geschichten in unseren Seelen. Und wir dürfen und müssen uns damit beschäftigen.“ Ein „seelischer Stunt“ sei dieser Film. „Hier geht es um Herz und Mut.“
Stunt kommt aus dem Englischen und heißt soviel wie „besonders geschicktes oder gewagtes Kunststück“. Das Wort ist jedoch schon sehr eingedeutscht und wird vorrangig im Bezug auf Filmaufnahmen verwendet, bei denen die gefährlichen Szenen, die den Stars nicht zugemutet werden sollen, durch Stuntmen oder Stuntwomen erledigt werden.
Es gibt viele verschiedene Arten von Stunts. Die häufigsten sind:
* Stürze, z. B. von Treppen oder Gebäuden
* Sprünge z. B. aus Fenstern
* Inszenierte Kämpfe, auch mit (Schuss-) Waffen...
* Stunts mit Fahrzeugen z. B. Unfälle, Trickfahren
Die Stuntfirmen bieten meist komplette Leistungen an, als sogenannte 2nd Unit (Second Unit).
Seelischer Stunt, Herz und Mut ... so redet sie und so glotzt sie auch, die deutsche Marinehelferin von der Second Unit der Ufa ("inspiring people")
Nachträge:
* Bei "Minen" fällt mir immer Boris Vians "Die Ameisen" ein:
Ich stehe immer noch auf der Mine. Heute morgen sind wir auf Patrouille gegangen, und wie immer ging ich als letzter, sie sind alle daran vorbei gelaufen, aber ich habe das Klicken unter meinem Fuß gehört und bin sofort stehengeblieben. Die Dinger gehen erst los, wenn man seinen Fuß wegnimmt. Ich habe den anderen zugeworfen, was ich einstecken hatte und habe ihnen gesagt, sie sollen weggehen. Ich bin ganz allein. Ich soll warten, bis sie wiederkommen, aber ich habe ihnen gesagt, sie sollen nicht wiederkommen, und ich könnte versuchen, mich flach auf den Bauch zu werfen, aber ich habe Angst, dann vielleicht ohne Beine leben zu müssen. Ich habe nur mein Notizbuch und den Bleistift behalten. Ich werde sie wegwerfen, bevor ich mich auf das andere Bein stelle, und das muß ich, weil ich den Krieg satt habe und weil mir die Ameisen kommen.
[frz: j' ai les fourmilles = mir schläft (hier: das Bein) ein]
Vian verdient eine eigene Würdigung - hier erstmal dieser Hinweis und der Anfang der Geschichte. Ich kann das nicht genau rekonstruieren, aber vermutlich ist diese Geschichte der eigentliche Auslöser für meine Kriegsdienstverweigerung gewesen. Kennen gelernt habe ich Vian durch Werner Rosenthal, den Vater eines Freundes, der ein großer Kafka-Verehrer war und daher den Wagenbach-Verlag gut kannte; - in den 60er Jahren in Schule und Medien eher ein Tabu, Herr Grimm! Vian ist wohl auch ein gutes Beispiel dafür, dass Krieg literarisch anders zu verarbeiten ist als in deutscher Larmoyanz. Aber vielleicht braucht man dafür auch die Gnade der nicht-deutschen Geburt ...
** Jan Philipp Reemstma hat in einem bemerkenswerten Aufsatz (in einem bemerkenswerten Heft : Mittelweg 36 zum Thema "Aspekte der Nachkriegsliteratur", 1992) am Beispiel von Borcherts "Draußen vor der Tür" die adoleszente Geschwätzigkeit und den Kitsch der deutschen Nachkriegsliteratur nachgewiesen. Hier ein Auszug.
NadelUndHirn weist auf einen interessanten Text hin:
Chotjewitz, Peter O.: Mord als Katharsis, in: Kreuzer, Helmut [Hg.]: Emil Ludwig und Peter O. Chotjewitz: Der Mord in Davos. Texte zum Attentatsfall David Frankfurter, Wilhelm Gustloff, Herbstein 1986, S. 119-209.
Rolf Lyssy hatte schon 1974 in «Konfrontation» anhand von Gerichtsakten den Fall rekonstruiert, der 1936 weit über die Schweizer Grenze hinaus Aufmerksamkeit erregte. Der Rabbinersohn David Frankfurter, der sein in Deutschland begonnenes Medizinstudium an der Universität Bern weiterführt, ist bestürzt über die nationalsozialistische Judenverfolgung. Um ein Zeichen zu setzen, erschiesst er am 4. Februar 1936 in Davos den Leiter der Landesgruppe Schweiz der NSDAP, Wilhelm Gustloff. Der Prozess in Chur findet unter starkem Druck aus Deutschland statt. Latenter Antisemitismus durchzieht die Verhandlungen, das Gericht lässt weder politische noch psychologische Motive gelten und verurteilt Frankfurter zu 18 Jahren Zuchthaus und anschliessender Landesverweisung. 1945 erfolgt die Begnadigung, danach wandert Frankfurter nach Israel aus, wo er am Schluss des Films interviewt wird. Er bereut nichts.
Traumschiff in Gotenhafen
Bei Gotenhafen fällt mir ein, dass Robert Harris in "Vaterland" eine Karte des Großdeutschen Reiches in den Grenzen von 1964 hat (... sollten doch die Krim Gotenland und Sewastopol Theoderichshafen heißen... Das war schon so fertig wie die Nummernschilder der DDR-Kreise sofort nach dem Beitritt!)
Harris hatte die geniale Idee, die Geschichte 1942 anzuhalten und ihr eine andere Wendung zu geben, derzufolge die deutsche Wehrmacht nicht in Stalingrad steckenblieb, sondern bis in den Kaukasus und den Ural weitermarschierte. Dort allerdings wird sie in einen aufreibenden, von den Amerikanern unterstützten Partisanenkampf verwickelt. Die europäischen Länder haben längst ihre Souveränität verloren, und was heute als europäische Idee in langwierigen Verhandlungen nur zäh vorankommt, hat Deutschland unter seiner Vormachtstellung schon längst verwirklicht. Im gesamten Reich ist Deutsch Unterrichtssprache, die Reichsmark ist die Einheitswährung und der Volkswagen das Auto für den kleinen Mann. Das Europaparlament hat seinen Sitz in Berlin, wo Albert Speer seine gigantischen Pläne verwirklicht hat und sich das Empire State Building wie Spielzeug ausnimmt. Der St. Peters-Dom, wird dem staunenden Touristen erzählt, paßt sechzehn Mal in den Dom von Speers Großer Halle. (hier weiter zu dem Roman und der Geschichte seiner (fast nicht) Veröffentlichung)
Nachtrag zu der Karte:
Interessant, dass sie den Balkan fast so abbildet, wie er (jedenfalls was Serbien angeht) bald aussieht!
Was die Öffentlich-Rechtlichen so anbieten:
Reich bebilderte Informationen zur Wilhelm Gustloff und ihrer letzten Reise und ihren Passagieren auf den Seiten von Radio Bremen
gebattmer - 2008/02/29 17:05
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