Archäologie LXXXII: 23. November 1936 - Friedensnobelpreis für Carl von Ossietzky

sukkulent wies dankenswerter Weise auf das Datum hin: Alle Menschen werden Brüder
Im Sudelblog findet sich ein sehr aktueller Artikel von Carl von Ossietsky, erschienen in der Weltbühne vom 16. Oktober 1929 (!!!)
Fusionen
Von Carl von Ossietzky
Nicht oft hat es so viele verdutzte Gesichter gegeben wie vor ein paar Tagen, als der Zusammenschluß der Deutschen Bank mit der Disconto-Gesellschaft bekannt wurde. Das gewiß schwierige Vorbereitungsstadium war in diskreteste Nachtfarbe gehüllt gewesen, und nicht ein Laut drang zu den findigen Finanzjournalisten, die sonst jedes wispernde Mäuschen im Keller eines Bankpalastes zu registrieren pflegen. Den größten Redaktionen blieb vor dieser Nachricht die Luft weg, und selbst in den längsten Kommentaren spürt man die noch nicht ganz wiedergewonnene Lungenkraft. Die Verblüffung ist berechtigt, denn mit dieser Vereinigung zweier ohnehin überragender Bankinstitute entsteht ein Finanzungetüm, ein Leviathan, dessen Pranken und Zähne bald fühlbar werden. Was ist daneben Vater Staat, in dem wir alle in rebellischen Momenten einen reißenden Oger zu sehen gewohnt sind? Eine Armenkasse, ein Klingelbeutel in der Kirche einer Hungergemeinde. Und, wenn nicht alles trügt, scheint grade der Staat von der neuen Geldübermacht als Trainingsobjekt für ein paar vorbereitende Exerzitien in Aussicht genommen zu sein. Auf der düsseldorfer Tagung des Reichsverbands der Deutschen Industrie hat neulich Herr Doktor Kehl, der Jüngste in der Gerusia der Deutschen Bank, mit jener frischen Vehemenz, über die Herr Hjalmar Schacht früher verfügte, als er noch nicht so viel Weihrauch inhaliert hatte, ein Programm vom Vorrang der Wirtschaft gegenüber dem Staat eingehend erörtert. Es ist wieder große Mode, auf die öffentliche Hand zu schimpfen, gegen die vom Staat auferlegten Soziallasten zu wettern. Lang ist es noch nicht her, da war der Staat gut genug, um Subventionen herzugeben, und die ach so sieche Wirtschaft ließ sich gern von ihm goldene Prothesen bezahlen. Das ist vorüber, und heute konzentriert sich alles, um den Staat da, wo er als Kapitalist und Unternehmer auftritt, zu enteignen und seine Betriebe in die private Hand zu bringen. Wir sind seit Thomas Morus an sozialistische Utopien gewöhnt, wir pflegten die Gesellschaft der Zukunft immer frei und heiter zu sehen, erlöst von dem Erbfluch der ungerechten Eigentumsverhältnisse. Nun, man kann sich auch kapitalistische Utopien denken. G. K. Chesterton hat eine geschrieben, »Der Napoleon von Nottinghill« heißt sie, eine nachdenkliche kleine Satire, die um 1970 spielt, in einer Zeit, die sich dadurch auszeichnet, daß alles, aber auch alles radikal entkommunalisiert ist; sogar Wasserwerke, Brücken und Straßenreinigung sind in die Privatwirtschaft übergegangen, der Staat, funktionslos geworden, wird vertreten von einem Bäckerdutzend Subalterner, die sich mangels Beschäftigung zu Tode langweilen und von denen einer den Titel König führt. »Die Sozialisierung marschiert«, sagten die Genossen Minister der Noskezeit, und vor ein paar Jahren waren die Kommunisten witzig genug, im preußischen Landtag einmal die Anfrage zu stellen, wohin die Sozialisierung denn marschiert sei. Niemals ist eine Antwort erfolgt.
Eines unterscheidet den Kapitalismus allerdings sehr gründlich von seinen Gegenspielern: er handelt nur nach den Geboten kältester Zweckmäßigkeit. Er kennt nicht Sentimentalität, nicht Tradition. Er würgt, wenn es sein muß, schnell und sicher den Verbündeten von gestern ab und fusioniert sich mit dem Feind. Die beiden Riesenbanken, die sich jetzt zu gemeinsamem Tun zusammengeschmolzen haben, waren intime Konkurrenten und standen sich herzlich schlecht. Abneigungsgefühle haben sie nicht gehindert, das Hausinteresse dem größern Gebilde zu opfern. Könnte dieser Vorgang nicht beispielhaft wirken? Der Kapitalismus erhöht und verstärkt seine Bollwerke, denn er hat alles zu verlieren, und seine einzelnen Glieder verzichten klug auf die Eigensüchte des Moments. Aber die Andern, die nichts zu verlieren haben als ihre Ketten und über nichts verfügen als über eine Reihe umstrittener Ideologien, die raufen sich um ihre Dogmatik, die spalten und splittern sich in kleinste Teile, so daß sie nicht einmal mehr durch Quantität zu wirken vermögen.
[...]
Die Weltbühne gibt es übrigens immer noch - unter dem Namen Ossietsky
Im Gedenken an Carl von Ossietzky
via sukkulent
























































Florian Rustler hat 2008 auf seinem 
Die Deutsche Bank stößt mit ihrem Rückkaufangebot für zwei Lebensversicherungsfonds auf heftigen Widerstand. Eine Gruppe von Anlegern wirft dem Institut vor, für die Fonds von vornherein ein ungeeignetes Portfolio an Lebenspolicen gekauft zu haben - und die Probleme jetzt verschleiern zu wollen. Die Bank weist die Vorwürfe zurück, ihre Argumente stoßen bei Experten aber auf Unverständnis.










Hannover. In der Auszahlungsanordnung des Landkreises Cuxhaven ist kein Empfänger vermerkt, keine Kontonummer, keine Bankleitzahl. Als Zweck ist lediglich „Passersatzbeschaffung“ notiert, die Höhe der Anweisung beträgt 2500 Euro. Mit dem Geld im Aktenkoffer ist am 17. März 2009 ein Beamter von Cuxhaven nach Hamburg gereist. In der Ausländerbehörde der Hansestadt fand noch am selben Tag ein Bargeschäft statt: Ein Vertreter der westafrikanischen Republik Guinea erhielt die 2500 Euro, der Beamte ein „Passersatzpapier“ des afrikanischen Staates. Eine Quittung werde, notierte der Amtsmann, „durch die Republik Guinea später ausgestellt“. Er war auch so zufrieden, denn jetzt kann der Landkreis den Schwarzafrikaner Alfa D. abschieben. Das war bisher daran gescheitert, dass der Mann keine Papiere besaß und außerdem behauptete, aus Guineas Nachbarland Sierra Leone zu stammen, wo Bürgerkrieg herrscht. Nun ist er, jedenfalls auf dem Papier, Guineer. Wie die Identifizierung stattgefunden hat, konnte beim Kreis später niemand beantworten. Hamburg unterhalte „nachhaltige Kontakte“ nach Guinea, heißt es dort. Niedersachsen bittet die Hansestadt in solchen Fällen daher regelmäßig um Amtshilfe. Flüchtlingsorganisationen wie 
